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Entwicklung der ungarischen Parteien

C. Interaktivität auf Twitter

1. Entwicklung der ungarischen Parteien

In Ungarn hat Twitter bei Weitem nicht die Relevanz und Verbreitung wie Facebook.

Nichtsdestotrotz hat Jobbik im August 2009 begonnen, Twitter zu nutzen. Seitdem hat die Partei bis zum Beginn des Untersuchungszeitraumes im Oktober 2013 im Schnitt 3,1 Tweets pro Tag verschickt. Während des Untersuchungszeitraumes von Oktober 2013 bis Dezember 2014 hat sich diese Zahl moderat auf 3,5 pro Tag erhöht. Eine genauere Analyse zeigt, dass es hinsichtlich der Anzahl der Tweets eine starke Kontinuität aufseiten Jobbiks gibt. In keinem Zeitintervall wurden mehr als vier oder weniger als zwei Tweets pro Tag getwittert. Dies zeigt eine klare Linie in der Kommunikationspolitik Jobbiks auf Twitter: In mäßigem Umfang aber kontinuierlich Neuigkeiten verbreiten, unabhängig davon, ob gerade Wahlkämpfe anstehen oder nicht. Stichproben legen nahe, dass diese Kommunikationspolitik auch auf Facebook verfolgt wird. Dies ist sehr wahrscheinlich, da nahezu viele Tweets einen Link zum entsprechenden Eintrag auf Facebook beinhalten.

Die Anhängerzahl Jobbiks auf Twitter ist während der Studie in geringem Maße gestiegen. Im Oktober 2013 lag die Anzahl der gefolgten Accounts bei 4424. Insgesamt kamen im Schnitt 3,9 neue Follower pro Tag hinzu, sodass am Ende der Untersuchungsperiode 6136 Nutzer Jobbik auf Twitter folgten. Zuvor stieg die Zahl neuer Anhänger pro Tag etwas geringer mit durchschnittlich 2,9 neuen Followern. Von Oktober 2013 bis Mai 2014, also bis zum Abschluss der Parlaments- und Europawahlen, wurden Wachstumsraten von fünf bis sieben Prozent erreicht. Danach lagen die Raten zwischen ein und fünf Prozent. Deutlich ist bereits der eklatante Unterschied zu Facebook sowohl in der absoluten Zahl, als auch hinsichtlich der Steigerungsraten. Dies mag zwar auch von der Kommunikationspolitik von Jobbik auf Twitter beeinflusst worden sein, in erster Linie dürfte diese Tatsache jedoch durch die vergleichsweise niedrige Relevanz von Twitter im ungarischen Kontext begründet werden.

Interessant ist in diesem Kontext die vergleichsweise hohe Zahl von gefolgten Accounts von Jobbik, welche im Untersuchungszeitraum relativ konstant blieb und leicht sank von 2288 gefolgten Nutzern im Oktober 2013 auf 2260 im Dezember 2014. Diese Tatsache zeigt, dass Jobbik grundsätzliches Interesse an anderen Nutzern hat, weil einer großen Zahl von Accounts gefolgt wird und somit Jobbiks Twitterprofil über Neuigkeiten dieser Nutzer informiert wird.

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Eine kursorische Übersicht über die Struktur der gefolgten Accounts zeigt keine eindeutigen Muster und Trends. Zu erwarten und zutreffend ist, dass ungarische Einzelpersonen, Newsseiten und internationale rechtsradikale Parteien und Individuen gefolgt werden. Allerdings wird auch Accounts gefolgt, die prima facie nicht im Zusammenhang mit Jobbik stehen, wie beispielsweise Big Brother Albanien. Es ist zu vermuten, dass solche Accounts, denen wahrscheinlich aus einer Laune heraus von der oder den Personen, die den Twitter-Account pflegen gefolgt wurde wieder

„entfolgt“ werden. Dies erklärt das Sinken der Zahl der gefolgten Accounts. Interessant ist weiterhin, dass neben englisch- und deutschsprachigen auch einigen russisch-, spanisch-, chinesisch-, japanisch- und türkischsprachigen Accounts gefolgt wird. Diese gehören zumeist den offiziellen Webpräsenzen rechter oder nationalistischer Parteien oder Individuen. Daneben werden auch viele Profile, die sich mit sozialen Netzwerken, Marketing und Webdesign befassen, gefolgt.

Es ist ein Hinweis darauf, dass einige der Jobbik-Follower im Umkehrschluss von Jobbik gefolgt werden – auch oder gerade aus anderen Ländern und linguistischen Zonen. Insgesamt ist festzuhalten, dass Jobbiks Zahlen hinsichtlich der eigenen Anhängerschaft im Vergleich zu Facebook absolut nicht außergewöhnlich sind. Auffällig ist jedoch die vergleichsweise hohe Zahl von Profilen, denen die Partei selber folgt. Das Tweet-Verhalten weist hingegen keine Besonderheiten auf.

Wie Jobbik tweetet die MSZP regelmäßig. Im Schnitt wurden im Untersuchungszeitraum pro Tag 2,7 Tweets versandt. In der Zeit davor sind es 3,3 gewesen. Auffallend ist, dass Ende 2014 nur noch im Schnitt ein Tweet pro Tag versandt wurde. Das ist vor allem daher bemerkenswert, da es seit Ende August 2014 bis Ende 2014 einen rasanten Anstieg der Follower-Zahlen festzustellen gibt. In der Zeit vor der Untersuchung und währenddessen sind pro Tag im Schnitt zwischen zwei und sechs neuen Profilen hinzugekommen. Danach steigt diese Zahl in den zweistelligen Bereich.

In der Periode vom 17. Oktober 2014 bis zum 13. November 2014 sind im Schnitt täglich 35 neue Nutzer der MSZP auf Twitter gefolgt. Dementsprechend sind auch die Wachstumsraten, die vor Ende August bei zwei bis neun Prozent lagen auf 17 bis 20 Prozent bis Ende des Jahres gestiegen.

Da sich die Tweet-Frequenz in dieser Zeit genauso wenig erhöht hat wie die Anzahl der gefolgten Accounts (die den gesamten Untersuchungszeitraum konstant zwischen 432 und 425 lag) dürfte es wahrscheinlich politische Gründe für diese Steigerung geben.

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Manipulationen darf man zwar nicht ausschließen, jedoch ist der Anstieg wahrscheinlich mit der ursprünglich für Ende Oktober 2014 vorgesehenen Einführung einer Internetsteuer und Zensur, sowie den dagegen durchgeführten Massenprotesten mit mehr als 100.000 Teilnehmern,201 zu begründen. Schließlich hatte sich die MSZP dagegen positioniert und sich auf die Seite der Facebook-Gruppe Százezren az internetadó ellen (100.000 gegen die Internetsteuer) geschlagen.

Insgesamt folgten zu Anfang der Untersuchung 2872 Nutzer der MSZP. Diese Zahl ist stark gestiegen auf 6527 am Ende der beobachteten Periode. Damit hat die Partei gegen Ende 2014 Jobbik überholt hinsichtlich der Followerzahlen auf Twitter. Bezüglich Twitter sind Jobbiks Anhängerzahlen also bereits im ungarischen Vergleich nicht sonderlich aufsehenerregend. Die Zahl der gefolgten Accounts ist hingegen deutlich höher, was für eine höhere Interaktivität seitens Jobbiks spricht. Möglich wäre es, dass Jobbiks Anhänger überproportional häufig Facebook nutzen, während die Anhänger von MSZP vergleichsweise viel bei Twitter aktiv sind.

Das Verhalten von Fidesz auf Twitter ist kurios, betrachtet man die Entwicklung der Followerzahlen. Obgleich seit November 2013 nicht mehr getwittert wurde und nur fünf andere Accounts von Fidesz gefolgt werden, haben sich die Followerzahlen mehr als verdoppelt und sind von 6028 im Oktober 2013 auf 13561 im Dezember 2014 gestiegen. Die Zahl der Follower ist damit bereits am Anfang der untersuchten Periode annähernd so hoch wie die Jobbiks und MSZPs am Ende. Gegen Ende der Studie war die Anhängerschaft doppelt so groß wie Jobbik- und MSZP-Follower zusammengerechnet. Eine Erklärung, die nicht Manipulation der Nutzerzahlen beinhaltet, ist schwer vorstellbar. Es mag sein, dass Fidesz nach dem Wahlsieg neue inländische Follower bekommen hat und das sich aufgrund der vermehrten Berichterstattung im Ausland nach dem Bekanntwerden der geplanten Internetgesetzgebung mehr Ausländer entschlossen haben Informationen aus erster Hand zu bekommen. Dennoch ist es eher unwahrscheinlich, dass diese beiden Faktoren allein für das rasante Wachstum trotz Nicht-Nutzung verantwortlich sind.

Wahrscheinlicher ist der Kauf von neuen Followern über dafür spezialisierte Firmen. Weiterhin sticht hervor, dass bis zum 19. November insgesamt 36399 Tweets verfasst wurden und damit im Schnitt 25-mal am Tag getwittert wurde. Ein kursorischer Überblick lässt darauf schließen, dass dies daran liegt, weil sämtliche Meldungen von der Fidesz-Homepage getwittert wurden – ohne Bilder, Videos oder Verlinkungen –nur der Titel der Meldung und der Link dazu.

201 Bei den Massenprotesten ging es darum, dass die Regierung Besteuerung des Online-Datenverkehrs je nach Volumen plante. Nach den Protesten wurde das Projekt ad acta gelegt.

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Dies ist eine nahezu primitive Methode der Twitter-Nutzung. Gerade im Vergleich zur Nutzung von Facebook erscheint diese Annahme sehr wahrscheinlich, genauso wie die Vermutung, dass die Werte manipuliert worden sind. Somit fällt es schwer, die Twitter-Werte von Fidesz mit denen von Jobbik und der MSZP zu vergleichen. Aufgrund der Inaktivität des Fidesz-Profiles während nahezu der gesamten Untersuchungsperiode und der kuriosen Entwicklung – besonders vor dem Hintergrund der geringen Popularität Twitters in Ungarn – werden folglich die Zahlen nicht in Beziehung zu Jobbik und der MSZP gesetzt. Beide Parteien sind somit die einzigen validen Quellen aus Ungarn, um die Twitter-Nutzung zu bewerten.

Együtt 2014 war in der Untersuchungsperiode nämlich nicht auf Twitter präsent und Magyar Hajnal de facto ebenso wenig. Zwar wurde ein Tweet versandt vom offiziellen Account von Magyar Hajnal, aber das war der Einzige und folglich „folgen“ nur 17 Accounts dem Angebot auf Twitter. Da Magyar Hajnal und Fidesz Twitter nicht (mehr) aktiv nutzen bzw. es mutmaßlich manipulieren, ist es innerhalb der untersuchten Parteien Ungarns nur möglich die Entwicklung von Jobbiks auf Twitter mit jener der MSZP zu vergleichen.202 Wie bereits beschrieben, hat die MSZP Jobbik im November 2014 auf Twitter eingeholt. Jobbiks Wachstum der Followerzahlen ist gleichmäßiger und kontinuierlicher als das der MSZP. Tweeten tun beide Parteien regelmäßig und ungefähr gleich häufig. Jobbik folgt jedoch deutlich mehr anderen Accounts auf Twitter als die MSZP. Festzuhalten ist, dass anhand der erhobenen Followerzahlen nicht geschlussfolgert werden kann, ob Jobbik in Ungarn am erfolgreichsten Twitter nutzt. Die Zahl der Follower ist am Ende des Untersuchungszeitraums geringer als die Zahl von Fidesz und MSZP. Im Gegensatz zu beiden ist der Zuwachs bei Jobbik jedoch sehr kontinuierlich und erscheint im Vergleich zu Fidesz realistisch. MSZP und Jobbik sind die einzigen beiden ungarischen Parteien, die während der gesamten Periode Twitter auf Twitter aktiv waren. Die Zahl der gefolgten Accounts liegt bei Jobbik allerdings konstant über 2000, wohingegen MSZP nur über 400 anderen Nutzern folgt.

Dies weist daraufhin, dass die Art der Kommunikation Jobbiks eher dem Medium entspricht, nämlich interaktiver ist, als die der MSZP. Insofern ist Jobbik die modernste Partei Ungarn in Bezug auf die Twitter-Nutzung, wenngleich eben nicht die Erfolgreichste.203

202 Inwiefern eine Manipulation tatsächlich vorliegt, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht zweifelsfrei bewiesen werden. Genauso wenig können Jobbik oder die anderen Parteien in den Samples dieser Arbeit von jeglichen Manipulationen frei gesprochen werden.

203 Diese Feststellung trifft ebenfalls zu, wenn man die LMP berücksichtigt. Sie folgte am 24. März 2015 mehr als 400 Accounts und wurde von mehr als 4000 Nutzern gefolgt.

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Die Ergebnisse dieses Kapitels sind weniger deutlich als die Untersuchung Facebooks gezeigt hat, dennoch erscheint Jobbik in der Tat als Partei des Internetzeitalters, wenngleich die Partei abgesehen von der Zahl der gefolgten Accounts im ungarischen Kontext nicht stark hervorsticht.