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Grundzüge des Anglizismen-Diskurses

Anglizismen-Debatte in der deutschsprachigen Presse

3 Ergebnisse der Analyse

3.1 Grundzüge des Anglizismen-Diskurses

Wie oben angeführt, besteht das untersuchte Korpus aus Medientexten, die Textsorten wie Bericht, Glosse und Interview repräsentieren. Auf-grund der Schwerpunkte und Inhalte sind die Artikel (stark vereinfacht) in zwei Gruppen einzuordnen: diejenigen Texte, die sich auf die Beiträge von Sprachwissenschaftlern stützen, und diejenigen, die statt des Zitie-rens von anderen Autoren eher die subjektiven Einstellungen und Sicht-weisen des Journalisten in den Vordergrund stellen (der in den meisten Fällen zur Gruppe der Nicht-Linguisten gehört).

Die erste Klasse ist durch starke Intertextualität gekennzeichnet (in Form von Zitaten und Redewidergaben), wo die eigene Stimme der Ver-fasser der Artikel meist verborgen bleibt, während die zweite Klasse eben von diesen subjektiven Haltungen und Beobachtungen des Autors zur Fremdwortproblematik dominiert wird, die Hinweise auf andere Autoren (Sprachwissenschaftler, Journalisten, Politiker) sind in diesen Texten marginal. Hinsichtlich der Einstellung den Anglizismen gegenüber spie-geln die Texte zwei Positionen wider: die der Anglizismen-Befürworter und die der Anglizismen-Gegner (wobei diese dichotomische Einord-nung wiederum vereinfachend zu verstehen ist). Die Grenzen zwischen diesen Positionen (und auch innerhalb der einzelnen Lager) sind nicht trennscharf, in der Tat steht die Gegenüberstellung eher einem Konti-nuum nahe.

Im Folgenden wird versucht, die beobachteten Merkmale des Angli-zismen-Diskurses auf den oben erwähnten Ebenen ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erläutern, danach werden die zwei ausgewählten

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spieltexte vorgestellt, die meines Erachtens als Repräsentanten für die oben erwähnten zwei Textgruppen betrachtet werden können.

3.1.1 Die Ebene der lexikalischen Einheiten

Auf der lexikalischen Ebene sind zahlreiche wertende und beurteilende Ausdrücke zu finden, welche die positive oder negative Seite der Entleh-nungen aus dem Englischen, mittels Evozieren von Konnotationen her-vorheben. Zwei Beispiele für diese beiden Phänomene:

(1) Es gibt nichts, was sich in der deutschen Sprache nicht ausdrücken ließe, das mag stimmen. Aber englische Begriffe sind oft so schön catchy, so on point. Und sie werden gerade in digitalen Umfeldern gern genutzt, wie die User unserer Community natürlich wissen. (Zeit Online, 18.11.2014) (2)Viele finde ich grauenhaft. Sie sind oft unhöflich, denn sie grenzen aus.

(Spiegel Online, 02.12.2017)

Ähnliche Wertungen vermitteln auch oft okkasionelle Wortbildungs-konstruktionen, konkreter Zusammensetzungen wie „Deutsch-Englisch-Mix“, „Deutsch-Englisch-Stilblüten“, „Denglisch-Sünden“ und „Ange-ber-Anglizismen“.

Die Bewertungen können nicht nur die Anglizismen selbst, sondern vielfach auch ihre Benutzung in deutschen Äußerungen (etwa im Sinne von Code-Switching bei Riehl 2009: 20ff.) betreffen, sowie sogenannte Pseudo-Anglizismen oder Scheinanglizismen (Muhr 2002: 34).

(3)Ich rede nicht über Selbstverständlichkeiten wie Computer, Handy oder Airbag. Niemand sagt in einer Werkstatt: Mein Luftsack ist nicht in Ord-nung. Aber es werden zum Beispiel immer neue kuriose Worte erfunden, die eigentlich nichts bedeuten und die auch kein Kunde versteht. Oder können Sie mir sagen, was coming home und leaving home bedeutet?

(Spiegel Online, 03.06.2015)

Die Wertzuschreibungen betreffen jedoch nicht nur die Anglizismen, bzw. ihren Gebrauch sondern auch ihre einheimischen Gegenstücke (dar-unter können sowohl okkasionelle Eindeutschungen als auch vorhandene deutsche Synonyme verstanden werden). Die Opposition von

Lehnwör-Anglizismen-Debatte in der deutschsprachigen Presse ∙ 69 tern und deutschen Wörtern (eventuell Eindeutschungen oder Überset-zungen) ist dadurch gekennzeichnet, dass den Anglizismen Attribute wie modern, schick, international, wettbewerbsfähig, passend usw. zugeordnet werden, die deutschen Entsprechungen werden dagegen oft abgewertet und als langweilig, unbeholfen, altmodisch usw. charakterisiert (wobei an-zumerken ist, dass diese Gegenüberstellung häufig ironisch ist). Ein Bei-spiel dafür:

(4)Da steht nicht mehr Headquarter, sondern Konzernzentrale, Product groups sind wieder Produktgruppen, Quick access heißt ganz altmodisch Schnellzugriff. (Spiegel Online, 03.06.2015)

Neben den wertenden Wörtern und Ausdrücken dominieren im Diskurs lexikalische Einheiten, die bestimmte Sachbereiche benennen oder diesen zugeordnet werden können. Es sind Bereiche, die in den Texten als ‚angli-siert‘, also vom englischen Einfluss besonders betroffen vorgestellt wer-den. Solche Bereiche sind: Technik, Musik, Unternehmenskommunika-tion, Jugendsprache usw.

3.1.2 Die propositionale Ebene: Metaphern

Auf der propositionalen Ebene sind einige Metaphern und bildliche Aus-drücke zu beobachten, Anglizismen werden u.a. als „Einwanderer“ (Beleg 5), als Krankheiten (Beleg 6), und auch als Getränke konzeptualisiert, die man durch die Einmischung fremder Elemente auch „panschen“ kann (Beleg 7):

(5)Allerdings gibt es einen kleinen englischen Einwanderer, der nervt. ( Spie-gel Online, 20.10.2015)

(6)Er will seine neuen deutschen Landsleute von der Sucht nach englischen Wörtern heilen, die oft ohne Sinn und Verstand benutzt werden. (Welt Online, 20.05.2014)

(7)Panschen kann man nach Auskunft des Grimmschen Wörterbuchs Wein oder Bier, es geschieht aus Gier oder Schlamperei. Wer aber sagt, dass die Sprache ein Gebräu sei, das Reinheitsgeboten unterliegt? (Sueddeutsche, 08.10.2013)

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3.1.3 Argumentation und Topoi

Als typische Argumentationstechniken einzuordnen sind z.B. das his-torische Argument:

(8) »Also auch Worte, die aus dem Englischen übernommen wurden, die aber überhaupt kein Ärgernis mehr sind«, sagte der Kieler Germanistik-professor. »Auch früher wurde die deutsche Sprache schon von anderen Sprachen beeinflusst, etwa vom Lateinischen oder später vom Franzö-sischen.« (Stuttgarter Nachrichten, 21.09.2013)

Zahlen-Topos (Bezugnahme auf Statistiken, Fundierung der Gültigkeit der Argumente mit Hilfe von zahlenmäßigen, als ‚zuverlässig‘ geltenden Daten):9

(9) Die Webseiten der 30 Dax-Konzerne strotzen vor Anglizismen – mit-unter ist jedes dritte Wort englisch. (Spiegel Online, 02.03.2017) Das „anti-puristische“ Argument (keine Sprache ist rein von fremden Einflüssen):

(10) Wer sich unbedingt mit englischen Worten aushelfen oder schmücken möchte, soll es tun. Keine Sprache war jemals rein und abgeschottet von fremden Einflüssen. (Spiegel Online, 20.10.2015)

3.1.4 Ebene der Akteure

In Bezug auf die Akteursebene muss man zuerst unter die Lupe nehmen, wie die einzelnen Diskursteilnehmer auf andere referieren:

(11) Bei der vorherigen Neuauflage des Duden hatten sich viele über Angli-zismen beschwert. Der Verein Deutsche Sprache etwa verlieh 2013 Du-den Du-den Negativ-Titel »Sprachpanscher des Jahres« mit der Begrün-dung, es seien »lächerliche Angeber-Anglizismen« aufgenommen wor-den. (Spiegel Online, 08.08.2017)

‚Sprachpanscher‘ werden Leute genannt, deren Sprache voller „lächerli-chen Angeber-Anglizismen“ ist, diese Bezeichnung wird von dem

9 Siehe auch Wengeler 2003.

Anglizismen-Debatte in der deutschsprachigen Presse ∙ 71 servativen“ Lager zur Abwertung gebraucht. Die ‚tolerante‘ Gruppe be-zeichnet die Sprachkonservativen als „Sprachwächter“, die eine ‚Angli-zismenjagd‘ betreiben:

(12) Die Anglizismenjagd, eine Schwundstufe der Sprachkritik, erfasst nur einen kleinen Teil dieses Geschehens. (Sueddeutsche, 08.10.2013) Es könnte auch interessante Ergebnisse liefern, wie die Verfasser auf sich oder auf die befragten Personen bzw. auf sich selbst Bezug nehmen:

(13) Adam Fletcher lebt in Berlin und liebt die deutsche Sprache. So sehr, dass er sie beschützen will. (Welt Online, 20.05.2014)

(14) Nein, ich bin weder Oberlehrer noch Purist. Aber ich möchte, dass möglichst viele möglichst viel verstehen. (Spiegel Online, 03.06.2015) Außerdem halte ich es für erwähnenswert, dass das Referieren auf un-bekannte, allgemeine Gruppen und Schichten auch eine geläufige Metho-de ist, die eigenen Sichtweisen zu untermauern:

(15) Wer auf eine andere Sprache als die eigene zurückgreifen muss, um sich auszudrücken, ist schlampig, faul oder beschränkt. So lautet zumindest die gängige Leserkritik. (Zeit Online, 18.11.2014)

(16) Englische Ausdrücke statt deutscher Worte: Für viele Menschen ist das ein Graus. (Stuttgarter Nachrichten, 21.09.2013)

(17) Manches spricht dafür, dass die Deutschen selbst das Deutsche nicht mehr für konkurrenzfähig halten. (Zeit Online, 27.03.2018)

3.2 Textanalyse 1: So viel Englisch steckt wirklich im Deutschen10