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Fremdwortdiskussion und sprachpolitische Handhabung von Anglizismen

Anglizismen-Debatte in der deutschsprachigen Presse

1 Theoretische Fundierung

1.3 Fremdwortdiskussion und sprachpolitische Handhabung von Anglizismen

Niehr 2002 und Glück 2004 zufolge sind die Auseinandersetzungen mit Fremdwörtern, darunter auch Anglizismen, alles andere als eine neue Erscheinung. Die Sprachgeschichte des Deutschen kann laut Muhr (2002:

20) als Kreislauf von fremden Einflusswellen und Sprachreinigungsbe-mühen interpretiert werden, in dem gesellschaftliche Entwicklung und Fremdwortdiskussion miteinander eng verbunden sind. Auf die

Ge-Anglizismen-Debatte in der deutschsprachigen Presse ∙ 63 schichte der Sprachpflege sowie sprachkritische Bewegungen in Deutsch-land wird hier aus Platzgründen nicht näher eingegangen werden (s. dazu Muhr 2002: 20–25).

Die Auseinandersetzung mit Fremdwörtern ist die Aufgabe der Sprachpolitik (auch als „Sprachplanung“, „Sprachkritik“, „Sprachlen-kung“ etc. bezeichnet – vgl. Glück 2004). Die sprachkritische Beschäfti-gung mit Lehngut kann sowohl in den Kreisen von Linguisten als auch von Nicht-Linguisten erfolgen (vgl. nyelvvédelem bei Balázs 2002). Die sprachplanerische und -kritische Beurteilung von Entlehnungen ist die Aufgabe bzw. das Ziel des Sprachpurismus (auch „Sprachreinigung“, vgl.

Glück 2004). Diese Ideologie hat fließende Grenzen und kann von radi-kalen Maßnahmen (wie der Förderung des Gebrauchs einheimischer Wörter aufgrund von Wertzuschreibungen wie „Schönheit“ und „Ange-messenheit“) bis hin zu satirischen Initiativen (vgl. „Sprachpanscher des Jahres“) reichen und damit von Bestrebungen wie Fremdwörterbücher, Übersetzungslisten mit Eindeutschungsversuchen und Gründungen von Sprachakademien begleitet werden (ebd.). Wie schon in Kapitel 1 ange-führt, ist die Sprachpolitik der einzelnen Länder in unterschiedlichem Maße von Purismus gekennzeichnet. In Deutschland wird der Kampf gegen Fremdwörter heutzutage eher negativ beurteilt, weil es mit dem Nationalsozialismus assoziiert wird, obwohl der ADSV (Allgemeiner Deutscher Sprachverein) eben von Hitler verboten wurde (vgl. Glück 2004). Doch muss die Beschäftigung mit Anglizismen nicht unbedingt umsonst, d.h. eine Art „schöngeistige Liebhaberei“ sein (nach Munske 2004), da diese sowohl in sprachkorpusplanerischer (also in Bezug auf das Sprachsystem), als auch in sprachstatusplanerischer (also im Hinblick auf die Beziehung der einzelnen Sprachen und Sprachvarietäten zueinander) Hinsicht eine Problemquelle darstellen. Die am häufigsten zitierten potentiellen Gefahren im Zusammenhang mit dem englischen Einfluss sind die folgenden (s. Munske 2004 und Frank 2014):

Verständnisschwierigkeiten, besonders im Bereich der Telekommu-nikation, aber auch im Kreise bestimmter Altersgruppen

Domänenverlust des Deutschen: Bevorzugung des Englischen auf Ge-bieten wie Wissenschaft, Sport, Musik usw. (bei Maas 2012: 74:

„Bedrohungszenario“: „Überfremdung des Deutschen“)

64 ∙ ÁRON KATÓ

Zurückdrängung der nationalen Sprachkulturen

Pidginisierung und Sprachwechsel.

Die Fremdwortproblematik stellt (neben der Rechtschreibreform und dem feministischen Sprachgebrauch) auch für Nicht-Linguisten ein be-liebtes, vieldiskutiertes Thema dar (s. Niehr 2002 und Stegu 2002). Zwi-schen den beiden Lagern entstehen immer wieder Debatten, wobei sich Linguisten auf die jahrhundertelange Tradition der Sprachverfallsklage beziehen und Sprachkritik als eine Tätigkeit älterer Generationen abtun („Altherrentopos“), worauf die Sprachkritiker „mit polemischer Schärfe reagieren und die Linguistik als eine Wissenschaft im Elfenbeinturm be-zeichnen“ (Ankenbrand 2013: 183).

Für die Beschreibung nicht-wissenschaftlicher Annäherungen an die Sprache gibt es verschiedene Ansätze, Ankenbrand (2013: 165) spricht bei-spielsweise von „Laienlinguistik“, also von „kontinuierlicher Sprachpfle-ge, die die Sprachgemeinschaft parallel zum alltäglichen unreflektierten Gebrauch von Sprache betreibt“. Den Anlass für diese Tätigkeit gibt die

„Sprachsorge der Sprachbenutzer“, die „ihre extreme Ausprägung in der Sprachkritik findet“ (ebd.). Diese Beschäftigung mit Sprache überlappt sich in manchen Fällen mit der normativen/präskriptiven Linguistik, da-bei wird Aspekten wie Ästhetik, zweckrationale Ausrichtung der Sprache, Praxisorientiertheit (als Gegensatz zur theoriebasierten Annäherung der wissenschaftlichen Linguistik) besondere Aufmerksamkeit gewidmet. In diesem Fall kommen Begriffe wie Sprachgefühl, Sprachempfinden und Sprachbewusstsein stärker zur Geltung (ebd.: 166ff). Eine andere Unter-scheidung zwischen linguistischen und nicht-linguistischen Betrach-tungsweisen findet man bei Brekle (1985: 145), und zwar den Begriff

„Volkslinguistik“, verstanden als eine

gesellschaftliche Praxis […], die sich einerseits auf Sprachliches zurück-wendet, andererseits aber gleichzeitig Äußerungen dieser Art für gesell-schaftlich-praktische Zwecke, die nicht auf bloßen Erkenntnisgewinn über Sprachliches hinauslaufen, instrumentalisiert.

Dieser Begriff meint also sämtliche nicht-wissenschaftlichen Vorstellun-gen über Sprache (nicht unbedingt im pejorativen Sinne).

Anglizismen-Debatte in der deutschsprachigen Presse ∙ 65 Niehr und Stegu behaupten, dass man einen „Verfall“ oder „Nieder-gang“ des Deutschen infolge des englischen Einflusses befürchtet und um die Reinheit der Muttersprache besorgt ist (was auch mit dem Zusam-menhang zwischen Sprache und Identität erklärt werden könnte). Die Autoren deuten auch auf die unterschiedlichen Auffassungen über Spra-che bei Linguisten und Nicht-Linguisten hin (Niehr: „populäre Sprach-kritik“; Stegu: „Laienvorstellungen und -theorien“)7. Stegu stellt fest, dass die „Laien“ (deren Status hier durch sozialen Faktoren wie Alter, Bildung und Sprachkenntnisse bestimmt wird) eher dazu neigen, präskriptive Aussagen über sprachliche Erscheinungen zu formulieren und auch von Linguisten solche Erklärungen erwarten (konkret: Anglizismen seien ‚gut‘

oder ‚schlecht‘), außerdem beachten sie die Gesetze der Sprachverände-rung nicht. Niehr fügt hinzu, dass die nicht-fachkundigen Sprachkritiker auch weitere Erkenntnisse der Sprachwissenschaft außer Acht lassen, so z.B. pragmatische Aspekte wie Kontext- und Situationsgebundenheit der Wortbedeutung, Intentionsadäquatheit des Sprachgebrauchs sowie die Unterscheidung zwischen langue und parole und die konnotativen Unter-schiede zwischen Fremdwörtern und einheimischen Ausdrücken.

Im Spiegel der oben erwähnten Erkenntnisse liegt es auf der Hand, dass die Auseinandersetzung mit Anglizismen sich auch in der öffentli-chen Kommunikation und in verschiedenen Medien niederschlägt. Dem-zufolge halte ich es für angebracht, über einen „Anglizismen-Diskurs“ zu sprechen (wobei es selbstverständlich auch Überlappungen mit anderen Diskursen, wie Diskursen über die Jugendsprache, Globalisierung usw.

geben kann).

2 Analyseverfahren, Korpus und Forschungsziel