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IST DIE WIRTSCHAFTSPOLITIK NUR EINE ILLUSION?

In document DAS UNSICHTBARE GELD (Pldal 143-146)

PRINZIPIEN UND PRAXIS

IST DIE WIRTSCHAFTSPOLITIK NUR EINE ILLUSION?

Wie reflektiert Friedman die Problematik der Vollbeschäftigung?

Nicht nur in der Übernahme der Dichotomie, sondern auch in seinen Vorstellungen zur Funktionsweise der Wirtschaft zeigt Friedman neoklassische Denkweisen. Keynes bewies, daß die kapitalistische Wirtschaft bar jeglicher Wirtschaftspolitik prinzipiell Arbeitslosigkeit erzeugen kann. Indem Friedman die Dichotomie und den Pigou- Effekt zur Grundlage seines Denkens macht, verneint er zugleich die Keynessche Erklärung der Arbeitslosigkeit.

Nach Meinung der Neoklassiker läuft der Wirtschaftsmechanis­

mus dann am besten, wenn er seinen eigenen Regeln gehorcht und von äußeren respektive wirtschaftpolitischen Interventionen verschont bleibt. Solche Beeinflussung könne nur Schaden stiften. Friedman führt sogenannte Reibungsfaktoren als Ursachen der Arbeitslosigkeit an: Zu ihren zählen beispielsweise Kosten und Unvollkommenheiten im Fluß der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital sowie Informa­

tionsverluste.

Diese Reibungsfaktoren liegen im Wesen der Wirtschaft und bewirken eine sogenannte „natürliche Arbeitslosigkeit“ . Die Wirt­

schaftspolitik kann die Arbeitslosigkeit vorübergehend unter ihre natürliche Rate drücken, indem sie Inflationserscheinungen riskiert.

Nicht lange, und die Wirtschaft bezieht die Inflation in ihre Erwartungen ein, so daß nur ein weiteres Beschleunigen der Inflation

und ein künstliches Anheizen der Nachfrage ein weiteres Sinken der Arbeitslosenzahl mit sich bringen kann. Jetzt liegt die Arbeitslosigkeit schon unter ihrer „natürlichen Rate“, aber die Vollbeschäftigung ist noch nicht erreicht. Erneut kann die Preisstabilität dem Beschäfti­

gungsstand geopfert werden, worauf die Wirtschaft wiederum das höhere Preisniveau in Rechnung stellen wird.

Uferlos kann die Inflation jedoch nicht beschleunigt werden. Ab einer gewissen Höhe zerstört sie das Geldsystem und führt zur Desorganisation der Wirtschaft. Folglich sieht sich über kurz oder lang> die Regierung zu einer restriktiven Geldpolitik veranlaßt.

Vielleicht gelingt es ihr, das Inflationstempo zu verringern, vielleicht erreicht diese Geldpolitik auch nur eine Verlangsamung des Infla­

tionstrends, in jedem Fall wirkt die bisher verfolgte Politik der Voll­

beschäftigung nun als Bumerang: Die inflationären Erwartungen lassen die Arbeitslosigkeit solange auf ihrem gerade erreichten Stand verharren, bis sie sich nun an die deflationären Effekte der restriktiven Geldpolitik anpassen. Betrachtet man den „wirtschaftspolitischen Zyklus“ in seiner Gesamtheit, das heißt den Endeffekt seiner inflationären und deflationären Phase, so hat die Wirtschaftspolitik im Durchschnitt keine Abweichung von der „natürlichen Arbeitslo­

senrate“ bewirken können: Geleitet von der an sich ehrenwerten Absicht, Vollbeschäftigung zu sichern, verstärkt sie letztlich nur die zyklischen Erschütterungen im Wirtschaftsleben. Friedman hält nicht nur die Politik der Vollbeschäftigung für schädlich, sondern auch die bescheidenere, antizyklische Politik, obwohl diese weitaus genügsa­

mer nur auf eine Abschwächung der Zyklizität gerichtet ist. Die Wirtschaft funktioniere nun einmal zyklisch, meint Friedman. Dafür gäbe es eine Anzahl von Ursachen. Wozu solle aber die Wirtschaftspo­

litik mit ihrer verspäteten Reaktionsweise die Zyklizität noch auf die Spitze treiben?

Friedman führt Gründe an, warum jegliche Wirtschaftspolitik verspätet reagiert: Zum einen sind die Wirtschaftspolitiker außerstan­

de, die jeweilige Wirtschaftslage sofort zu erkennen. Es genügt, wenn man bedenkt, wieviel Zeit das Zusammentragen und Verarbeiten all der statistischen Daten braucht, die einen Aufschluß über den Stand

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des Wirtschaftslebens geben. Unabhängig davon, wie weit der Rahmen der Datenerfassung gesteckt ist, welche noch so verfeinerten Analysen zur Informationsgewinnung dienen, die Wirtschaft sei zu kompliziert, als daß sich die Wirtschaftspolitiker mittels Infor­

mationen ein umfassendes Bild machen könnten. Dem Erfassen und Verarbeiten der Fakten folgt eine mehr oder weniger lang­

wierige Diskussion. Möglicherweise kommen die Politiker auch nur zu dem Schluß, man müsse den weiteren Fortgang der Din­

ge abwarten. Nehmen wir einmal an, daß schließlich doch eine Entscheidung zustandekommt. Sie mag zum Zeitpunkt ihres Ent­

stehens sogar richtig gewesen sein. Doch jeder wirtschaftspoliti­

sche Schritt braucht wiederum Zeit, um zu wirken. Beispielsweise wird im Rahmen der Geldpolitik ein Zinsfuß abgesteckt, der erst vermittelt über das Bankensystem den Unternehmen signalisiert wird. Ob deren Verhalten dann den früheren wirtschaftspolitischen Prognosen entspricht, bleibt nach soviel Zeitverzug und Zwischen­

stufen fraglich.

Friedman meint, die Wirtschaft komme in ihrer eigenen „natürli­

chen“ Bewegung, das heißt in ihrem Konjunkturzyklus, den M aßnah­

men der Wirtschaftspolitik zuvor, letztlich verstärke die Wirtschafts­

politik die zyklischen Erschütterungen, anstatt sie zu mildern. Die Politiker sind sich ihrer verzögerten Handlungsweise durchaus bewußt und wollen — wenn die Schritte schon zu spät kommen — zumindest Zeichen setzen. Folglich wird meist drakonisch interve­

niert, so daß die Wirtschaftspolitik noch über ihre Schwerfälligkeit hinaus Schaden verursacht.

Friedman zieht daraus den radikalen Schluß, die Ziele der Vollbeschäftigung und Antizyklität als unerreichbar aufzugeben. Die Geldpolitik diene der Wirtschaft am besten, wenn sie die Geldmenge zu jeder Zeit und unter allen Umständen in einem vorgefaßten Tempo erhöhe. Technisch ist das lösbar, indem die Geschäftsbanken von der Notenbank zu einer lOOprozentigen Reservequote verpflichtet wer­

den. Folglich verlieren sie ihre Fähigkeit zur Geldschöpfung, und die in die Wirtschaft strömende Geldmenge wird eindeutig von der Banknotenemission diktiert. Originell ist diese Lösung nicht, denn sie

beinhaltet lediglich die Anwendung des Peel-Gesetzes auf die Ge­

schäftsbanken.

Haben wir soeben die letzten Konsequenzen des Friedmanschen Gesamtkonzeptes dargelegt, so wollen wir noch einmal auf ein Detail zurückkommen. Uns interessiert der Standpunkt Friedmans und der monetaristischen Schule zur Beziehung zwischen Geldpolitik und Wirtschaft: In welcher Weise und über welche Kanäle erreichen die Maßnahmen der Geldpolitik die Wirtschaft? Die Diskussion zwischen Keynesianern und Monetaristen reflektiert diese Frage als die Problematik des sogenannten Transmissionsmechanismus.

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