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DIE ANTIZYKLISCHE POLITIK

In document DAS UNSICHTBARE GELD (Pldal 73-77)

PRINZIPIEN UND PRAXIS

DIE ANTIZYKLISCHE POLITIK

Das kapitalistische Geldsystem erwuchs aus dem Goldverkehr.

Anfangs ersetzten die von den Banken ausgestellten Banknoten und Kontenguthaben nur das Gold, nahmen also nicht „souverän“ am Geldverkehr teil. Eine nüchterne Geschäftspolitik erforderte von der Bank, ein solides Verhältnis zwischen Goldbestand und ausgegebener Geldmenge zu wahren. Die Geldmenge folgte daher den Verände­

rungen der bankeigenen Goldvorräte.

Es gab jedoch niemals einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Goldvorräten und ausgegebenem Geldquantum. Parallel zum Rückgang des direkten Goldgeldverkehrs wurde das Banken­

system zweistufig. Die Notenbank emittierte auf der Basis ihres Goldbestandes Banknoten. Diese dienten der Wirtschaft zum Tausch von Gütern und Dienstleistungen sowie den Geschäftsbanken als Reserven. Die Reserven an Notenbankgeld gaben den Geschäfts­

banken die Möglichkeit zur Geldschöpfung. Die Kreditgewährung erfolgte in Form von Kontengutschriften. Dem zweistufigen Banken­

system entsprach mithin ein dreistufiges Geldsystem: Gold — Bank­

noten — Kontengeld (wobei sich das Gold zunehmend im Gold­

bestand der Notenbank niederschlug). Dieses dreistufige Geldsystem erinnert an eine auf der Spitze stehende Pyramide: Auf dem Gold­

vorrat der Notenbank — der Pyramidenspitze — ruht die Masse des Notenbankgeldes. Sie umfaßt ein Vielfaches des Goldgeldes.

D arauf lastet eine noch breitere und gewichtigere Geldschicht, die ein Mehrfaches des Notenbankgeldes repräsentiert — die Schicht des Giralgeldes.

Zu den Spielregeln des Geldsystems zählten erstens die Verpflich­

tung der Geschäftsbanken, auf Verlangen der Konteneigentümer und der Unternehmen zu Lasten ihrer Kontenguthaben mit Banknoten zu dienen, und zweitens die Obliegenheit der Notenbank gegenüber den Geschäftsbanken, Banknoten in Gold zu konvertieren. Demnach entschied letzten Endes ein entsprechendes Verhältnis zwischen den Goldbeständen der Notenbank und der von ihr emittierten Menge an Banknoten über das störungsfreie Funktionieren des Geldsystems.

Die Notenbank erhöhte oder verminderte die Emission von Banknoten in Abhängigkeit von der Entwicklung ihrer Goldvor­

räte. Das war ein Grundprinzip der Geldpolitik. Und da die Ge­

schäftsbanken ihre Giralgeldschöpfung an ihre Banknotenbestände banden, folgte die in die Wirtschaft strömende Gesamtgeldmenge den Veränderungen der Goldbestände der Notenbank. Die damalige Geldpolitik sah ihr Ziel im komplikationslosen Funktionieren des Geldsystems. Die herrschenden Lehrmeinungen hielten dies bereits für eine hinreichende Bedingung des Wirtschaftswachstums. Folglich erachtete die Wirtschaftsideologie jede Einmischung in die M arktpro­

zesse für ausgesprochen schädlich. Man ging davon aus, daß Interventionen das natürliche System der spontanen und damit vollkommenen Wirtschaft und dessen selbstreinigende Kräfte stören würden.

Die schweren Schläge der Weltwirtschaftskrise 1929— 1933 belehr­

ten eines anderen. Nunmehr wurde die Ausarbeitung einer

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Schaftspolitik, die ihren Wirtschaften einen Ausweg aus der Krise zeigen und gleichzeitig der Verhinderung neuer Krisen dienen sollte, zum Hauptanliegen der kapitalistischen Staaten auf ökonomischem Gebiet. Natürlich übten die Anschauungen der Wirtschaftsdoktrinen zu den Ursachen von Wirtschaftskrisen und den Möglichkeiten ihrer Verhinderung einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die Formulierung einer derartigen Wirtschaftspolitik aus.

Schon damals war der Charakter kapitalistischer Wirtschaftsent­

wicklung, ihre Zyklizität, Gegenstand zahlreicher Untersuchungen.

Die Empirie wies nach, daß mehr oder weniger regelmäßig Zeiträume der Konjunktur (Prosperität) und der Dekonjunktur (Krise) einander abwechseln. Die verschiedenen Etappen des Wirtschaftszyklus sind weder in der Theorie noch in der Praxis leicht voneinander abzugren­

zen. Die Grenzen zwischen Konjunktur und Dekonjunktur sind fließend. Auch erscheint der Zyklus nicht immer in ein und derselben Form. Er berührt die typischen Parameter des Wirtschaftslebens zu verschiedenen Momenten und mit unterschiedlicher Dauer. Von seinem Verlauf sind Merkmale wie die Entwicklung der verschiedenen Wirtschaftsbereiche, der Verlauf des Preisniveaus, der Löhne, der Profite, der Arbeitslosenzahl und die Positionen des Landes in der internationalen Wirtschaft betroffen. Meist definiert die Wirtschafts­

theorie das grundlegende Kriterium des Wirtschaftszyklus — oder wie wir häufig sagen, des Konjunkturzyklus — folgendermaßen:

Konjunktur wurde und wird mit einem relativ schnellen Wachstum der Produktion identifiziert. Unter Dekonjunktur versteht man dem­

gegenüber Erscheinungen angefangen von einer Wirtschaftsverlang- samung oder eventuellen Stagnation bis hin zu einem Rückgang der Produktion.

Die Wirtschaftspolitik betrachtet die verschiedenen Phasen des Konjunkturzyklus, die Konjunktur und die Dekonjunktur, aus der Sicht der Geschäftswelt. Eine Konjunktur, die „gute“ Konjunktur, äußert sich in einer lebhaften Nachfrage. Der Umsatz floriert, und die Produktionskapazitäten können voll ausgenutzt werden. Die kräftige Nachfrage erlaubt es den Unternehmen auch, die Absatzpreise zu erhöhen, obgleich das Produktionswachstum — aufgrund der

Vorteile der Massenproduktion — eventuell mit einer Senkung der Kosten pro Produkteinheit einhergeht. So gesehen sind die Profitaus­

sichten der Geschäftswelt während einer guten Konjunktur pracht­

voll.

Allerdings werden diese Aussichten zusehends dadurch getrübt, daß nun neben der Nachfrage nach Fertigerzeugnissen auch die Nachfrage nach Materialien, Maschinen und Ausrüstungen steigt.

Auch die Produzenten dieser Güter lassen ihre Möglichkeit — bei steigender Produktion die Verkaufspreise zu erhöhen — nicht ungenutzt. Die Lohnkosten steigen ebenfalls. Im Interesse der Produktionsausdehnung muß die Belegschaft verstärkt werden, und die Firmen sind zur Zahlung stets höherer Löhne und Überstunden­

abfindungen gezwungen, um einen möglichst großen Teil von den schrumpfenden Arbeitskräftereserven zu erlangen.

Solange die Konjunktur Bestand hat, verursacht die Erhöhung der Produktionskosten keine übermäßige Sorge. Die starke Nachfrage erlaubt es, die gestiegenen Produktionskosten auf die Preise abzu­

wälzen. Der Aufwärtstrend für Arbeitsmittel- und Materialpreise sowie Löhne bedeutet nicht automatisch ein höheres Preisniveau.

Die Unternehmen können durch die Vervollkommnung ihrer Pro­

duktionsabläufe bei gleichem Aufwand eine größere Menge an Gütern herstellen, folglich steigende Preise mit zunehmender Produktivität wettmachen.

Während der Dekonjunktur sieht alles ganz anders aus: Die berüchtigte „schlechte Konjunktur“ stellt sich den Geschäftsleuten vor allem in einer flauen Nachfrage dar. Der Absatz erfolgt — wenn überhaupt — nur in geringen Mengen und meist zu verminderten Preisen. Die Produktion muß gedrosselt, Arbeiter müssen entlassen werden. Vielleicht steigen parallel dazu auch noch die spezifischen Fertigungskosten, weil sich die von der Produktionshöhe relativ unabhängigen fixen Kosten auf ein kleineres Produktquantum verteilen. Das wachsende Heer der Arbeitslosen kündigt weiteres Unheil an. Ohne Arbeit sind die Menschen gezwungen, ihren Konsum zu reduzieren. Folglich steht ein weiterer Rückgang der ohnehin unzulänglichen Nachfrage in Aussicht. Erneut müssen die Preise

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gesenkt und die Produktion eingeschränkt werden. Wieder steigt die Zahl der Arbeitslosen. Das versetzt dem Bedarf einen neuen Stoß. Die Geschäftswelt blickt pessimistisch in die Zukunft.

Wie gesagt, Wirtschaftspraktiker und Wirtschaftspolitiker erleben den Konjunkturzyklus aus der Sicht der Nachfrage. Nicht zufällig hat sich deshalb der Allgemeinplatz in der Wirtschaftstheorie ein­

gebürgert, daß die Konjunktur von der Nachfrage bestimmt wird. So leitet der Keynesianismus die Folgerung ab, man müsse mit einer entsprechenden Nachfrageregulierung der Zyklizität entgegenwirken.

Eine derartige Nachfrageregulierung, die die Wirtschaftsschwan­

kungen mildern soll, nennen wir antizyklische bzw. stabilisierende Wirtschaftspolitik. Ihr „Rezept“ ist im Prinzip sehr einfach: Sind Anzeichen für ein Abflauen der Nachfrage in der Wirtschaft zu verspüren, dann wird die Nachfrage mit wirtschaftspolitischen Mitteln „künstlich“ belebt, das heißt angehoben. Bei einer überhitzten Konjunktur zielt hingegen die Wirtschaftspolitik auf eine Mäßigung der Nachfrage. Die Grundregel der antizyklischen Wirtschaftspolitik lautet also, sich immer „gegen den Wind“ zu stellen, sich immer in die der spontanen Wirtschaftsentwicklung entgegengesetzten Richtung zu bewegen. Schlägt der Wind um, so muß sofort eine Wende in der antizyklischen Politik folgen: Schrumpft die Nachfrage, dann ge­

braucht die antizyklische Wirtschaftspolitik expansive Maßnahmen.

Expandiert die Nachfrage, so bedient sich diese Politik einer Reihe restriktiver Schritte.

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