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DIE LIQUIDITÄTSPRÄFERENZ

In document DAS UNSICHTBARE GELD (Pldal 126-130)

PRINZIPIEN UND PRAXIS

DIE LIQUIDITÄTSPRÄFERENZ

Als Ausgangspunkt unserer Überlegungen können wir getrost voraussetzen, daß allgemein die vorteilhaftere Form bevorzugt wird.

Worin bestehen also die Vorteile und worin die Nachteile einer jeden Sparform?

Das Verleihen ersparten Gelds, daß heißt die Anlage von Wertpa­

pieren, bringt klar einen Zinsertrag. Behält ein Geldeigentümer seine Ersparnisse daheim, so muß er zwangsläufig auf diese Zinsen verzichten. Auch Sichtguthaben bringen keine oder nur äußerst geringe Zinsen. Andererseits haben sie den Vorteil, daß das Geld jederzeit angelegt werden kann. Damit kann der günstigste Moment für die Geldanlage in Wertpapieren abgewartet werden, da sie nämlich nicht zu jeder Zeit gleichermaßen vorteilhaft ist.

Um dies zu verstehen, müssen wir auf die Beziehungen zwischen dem Ertrag der Wertpapiere, dem Zinsfuß und dem Kurs der Wertpapiere eingehen. Nehmen wir ein festverzinsliches Wertpapier

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mit einem Nominalwert von 1000 Talern und einem Nominalzinssatz von 5 Prozent. Sein Eigentümer kaufte es zum Nominalwert und erhält jährlich einen festen Zinsbetrag von 50 Talern.

Beträgt der Zinsfuß auf dem Geldmarkt im Unterschied dazu nur 4 Prozent, so lohnt sich der K auf eines solchen festverzinslichen Wert­

papiers, weil es jährlich 50 Taler Zinsen einbringt, während der Verleih einer gleichen Menge Geldes auf dem Geldmarkt sich nur mit jährlich 40 Talern bezahlt macht. Es wäre in dieser Situation sogar lukrativ, eine vierprozentige Anleihe auf dem Geldmarkt aufzuneh­

men, um mit dem erworbenen Geld eine mit 5 Prozent verzinste Obligation zu kaufen. Die Nachfrage nach festverzinslichen Wertpa­

pieren wird folglich steigen. Ihr Kurs respektive Preis schnellt in die Höhe. Solange die 50 Taler Zinsen der Obligation eine Geldanlage bedeuten, die ertragreicher als der vierprozentige Geld verleih auf dem Geldmarkt ist, werden diese Papiere kräftig gefragt, aber kaum angeboten werden. Früher oder später erreicht der Kurs einen Wert, an dem das Interesse am K auf der Obligationen erlischt, unter den von uns geschilderten Bedingungen bei 1250 Talern, denn davon betragen 4 Prozent genau 50 Taler. Das gilt, solange der Zinsfuß auf dem Geldmarkt 4 Prozent ausmacht. Während dieser Zeit wird der Kurs einer mit 5 Prozent verzinsten Obligation, die einen Nominalwert von 1000 Talern verkörpert, immer 1250 Taler betragen. Hat ein Käufer die Obligation zu ihrem Ausgabewert gekauft, dann kann er einen Kapitalgewinn von 250 Talern verbuchen. (Vielleicht erwarb er das Wertpapier im Verhältnis zum Nominalwert teurer oder billiger, dann ist der Kapitalgewinn dementsprechend zu korrigieren.)

Manchmal erweist sich ein festverzinsliches Wertpapier auch als Verlustquelle. Lassen wir in unserem Beispiel den Zinsfuß auf dem Geldmarkt von 4 auf 6 Prozent ansteigen. Nun wollen sich die Eigentümer von diesen Papieren trennen und bieten sie zum K auf an.

Das steigende Angebot drückt den Kurs herab. Der Verkauf dieser Schuldscheine lohnt sich, solange die Papiere in ihrem Ertrag dem Geldverleih auf dem Geldmarkt nachstehen. Demnach konsolidiert sich der Kurs erst wieder, wenn die 50 Taler genau den 6 Prozent auf dem Geldmarkt entsprechen. Dieser Grenzwert liegt in unserem

Beispiel bei 833,3 Talern. Gegenüber dem ursprünglichen Nominal­

wert von 1000 Talern wurden 166,7 Taler eingebüßt.

Es sei

C der Marktkurs eines festverzinslichen Wertpapiers.

N sein Nominalwert und t sein Nominalzinsfuß sowie i der Zinsfuß auf dem Geldmarkt.

Aufgrund der bisherigen Ausführungen ergibt sich zwischen diesen Größen folgender Zusammenhang:

l

Der Kurs eines festverzinslichen Wertpapiers entwickelt sich um­

gekehrt proportional zum Zinsfuß auf dem Geldmarkt. Es ist offensichtlich, daß dieser Zusammenhang nicht nur für bereits im Verkehr befindliche Wertpapiere, sondern auch für noch auszugeben­

de Schuldscheine Gültigkeit besitzt. Stellt ein Unternehmen oder der Staat einen Schuldschein zum Nominalwert von 1000 Talern und einem nominellen Zinssatz von 5 Prozent zu einem Zeitpunkt aus. da der Zinsfuß auf dem Geldmarkt 6 Prozent beträgt, dann kann dieses Wertpapier — lassen wir alle anderen Faktoren unverändert — nur für 833,3 Taler verkauft werden. Folglich wird die Möglichkeit zur Wertpapieremission von der Entwicklung auf dem Geldmarkt' beeinflußt. In unserem Fall müssen anstelle der 5 Prozent Nominalzin­

sen der Obligation beim Kauf reale Zinsen gezahlt werden, die vom derzeit auf dem Geldmarkt herrschenden Zinsniveau von 6 Prozent diktiert werden.

Bei Aktien ist der Zusammenhang noch komplizierter, da sie nicht entsprechend einem im voraus fixierten Zinssatz Zinsen tragen, sondern ihr Ertrag vom Gewinn, von der Geschäftspolitik und anderen Ergebnissen der ausstellenden FimTa abhängt. Diese Umstände sind von Geschäftsjahr zu Geschäftsjahr verschieden.

Trotzdem gilt prinzipiell auch hier die umgekehrt proportionale Entwicklungstendenz zwischen Ertrag (Dividende) und Zinsfuß auf dem Geldmarkt.

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In jedem Land sind Menschen anzutreffen, die sich prophetischer Kräfte rühmen. Selbstverständlich versuchen sie, ihre vermeintliche oder tatsächliche Gabe fruchtbringend anzuwenden, und lassen sich in Spekulationen ein. Geld, über das sie verfügen, legen sie nicht sofort in Wertpapieren an, sondern sie warten auf bestimmte Zinsentwick­

lungen des Geldmarktes. Zum Beispiel gibt ihnen ein sinkender Zinsfuß das Signal für ein Klettern der Wertpapierkurse. Trifft ihre Spekulation zu, und diese Kurse beginnen tatsächlich kurz nach ihrer Geldanlage zu steigen, dann bringt ihnen dieser Blick in die Zukunft einen Kapitalgewinn ein. Andere spekulieren auf einen steigenden Zinsfuß. Sie bemühen sich, die in ihrem Besitz befindlichen Wertpa­

piere rechtzeitig abzugeben.

Demnach hat Geld sehr wohl eine eigenständige Nützlichkeit gegenüber allen anderen Gütern. Es handelt sich dabei um seine Qualität, liquid zu sein: Geld kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt flüssig gemacht werden, um Werte zu bewahren, indem die Form einer Wertanlage verlustlos gewechselt wird. Wer sein Geld verborgt und Wertpapiere kauft, der verzichtet auf diese Liquidität und erhält dafür Zinsen. Hier hat Keynes’ neue Betrachtung ihren Ursprung: Er sieht in den Zinsen den Preis für den Verzicht auf die Liquidität. In Abhängigkeit vom Zinsfuß bekunden die Menschen eine jeweils unterschiedliche „Liquiditätspräferenz“ , das heißt, sie bevorzugen beim Sparen mehr oder weniger die Geldform gegenüber der Form der Wertpapiere.

Je höher der Zinsfuß liegt, desto unwahrscheinlicher ist sein weiteres Steigen. Eine solche Vermutung kann auch bezüglich der Wertpapierkurse geäußert werden: Je niedriger ihr Kurs, desto größer ist die Aussicht, daß die Ersparnisse in einem höheren Umfang die Gestalt von Wertpapieren annehmen. Kaufen immer mehr Menschen Wertpapiere, dann liegt ein immer kleinerer Teil ihrer Ersparnisse in Geldform vor. Umgekehrt nimmt der Anteil der Ersparnisse in Geldform zu, wenn es zu einem niedrigen Zinsfuß bzw. zu einem höheren Kurs der Wertpapiere kommt. In diesem Fall stehen mit großer Wahrscheinlichkeit ein steigender Zinsfuß und sinkende Wertpapier­

kurse in Aussicht. Die sogenannte Liquiditätsfunktion formuliert den

Zusammenhang folgendermaßen: Die Spekulationsgeldbestände verändern sich umgekehrt proportional zur Entwicklung des Zins­

fußes.

Die Liquiditätsfunktion stellt ein sehr wichtiges Merkmal der Keynesschen Theorie dar. Nach Keynes existiert die Situation eines absolut niedrigen Zinsfußes, wobei absolut im Sinne einer absoluten Liquiditätspräferenz interpretiert wird. In diesem Fall verbreitet sich im Kreis der Spekulanten die Erwartung, der Zinsfuß könne nicht weiter fallen bzw. die Wertpapiere können nicht weiter steigen. Bei einem absolut niedrigen Zinsfuß kaufen sie keine Wertpapiere. Sie halten ihre Ersparnisse, ihre gesamten unverbrauchten Einkommen in Geldform. Andererseits nutzen sie bei einem solchen Tiefstand des Zinsniveaus jede Möglichkeit, sich über Anleihen flüssiges Geld zu verschaffen. Diese Bestrebungen nach maximalem Geldbesitz lassen die spekulative Geldnachfrage ins Unendliche ansteigen. Als Keynes zu seiner Zeit in Großbritannien an einen absolut niedrigen Zinssatz dachte, bezifferte er diesen mit ca. 2 Prozent. Die geschilderte extreme Lage des Zinsfußes wurde später als Liquiditätsfalle bezeichnet.

Zumindest theoretisch existiert auch sein Gegenstück: Bei einem absolut hohen Zinsfuß glauben die Spekulanten einmütig an ein bevorstehendes Absinken des Zinsfußes. Sie halten es für vollkommen ausgeschlossen, daß die Kurse der Wertpapiere tiefer fallen, und rechnen auch hier mit einer Trendwende. Unter diesen Umständen würde die spekulative Geldnachfrage den Wert Null erreichen. Die Spekulanten würden alles verfügbare Geld in Wertpapiere anlegen.

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