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FRIEDMAN UND DIE KONTERREVOLUTION DER THEORIE

In document DAS UNSICHTBARE GELD (Pldal 139-143)

PRINZIPIEN UND PRAXIS

FRIEDMAN UND DIE KONTERREVOLUTION DER THEORIE

Strebt Friedman die Ausarbeitung einer neuen Geldtheorie — oder gar einer neuen allgemeinen Wirtschaftstheorie — an? Diese Frage kann eindeutig mit „Nein“ beantwortet werden. Friedman verhält sich auf theoretischem Gebiet ausgesprochen „konterrevolutionär“ : Er will die von vielen als „Keynessche Revolution“ bezeichnete Wende in der Theorie rückgängig machen. Das Hauptargument seiner Rückkehr zur neoklassischen Theorie ist der sogenannte Pigou- EfTekt.

Schildern wir kurz das Wesen dieses Effektes, der bereits in den zwanziger Jahren entdeckt und nach dem englischen Professor Arthur

Cecil Pigou benannt wurde. Vom Geld wissen wir bereits, daß es eine ihm eigene Nützlichkeit, die Liquidität, besitzt. Geld kann jederzeit verlustfrei flüssig gemacht werden. Ein fallender Kurs kann dem Besitzer von Wertpapieren Verlust zufügen, was beim Geldbesitz vermieden werden kann. Zusätzlich zu dieser Sicherheit, die das Geld bietet, gewährt es in seiner Eigenschaft als Zirkulationsmittel Bequem­

lichkeit, denn es erleichtert den Tausch. Diese verschiedenen Merkmale des Geldes sind bei Keynes der Ausgangspunkt zur Definition zweier Arten der Geldnachfrage — der Spekulationsgeldnachfrage und der Transaktionsgeldnachfrage. Diese Gliederung wird von Friedman angefochten. Die Trennung sei konstruiert. In der Realität existiere nur ein einheitlicher Geldbestand. Die Leute verwendeten nicht zur selben Zeit zwei qualitativ verschiedene Geldbestände, ausschlagge­

bend sei einzig und allein das Gesamtvolumen an Geld.

Der Pigou-Effekt ist eigentlich gleichbedeutend mit der Anwen­

dung der Grenznutzenanalyse auf den Nutzen dieses einheitlichen Geldbestandes. Das Steigen des Geldquantums führt demgemäß zum Sinken des Grenznutzens. Damit wird die Existenz einer abso­

luten Liquiditätspräferenz in Frage gestellt: Bei einem steigenden Geldquantum sinkt der Grenznutzen des Geldes, aber es steht jedem Besitzer frei, sein Geld für andere Vermögensformen auszugeben, die bezogen auf den sinkenden Grenznutzen des Geldes einen höhe­

ren Grenznutzen repräsentieren. Er beginnt, das Geld in diese For­

men — so Friedman — „zu konvertieren“ .

Folgende Fragen stehen zwischen Keynesianern und Monetaristen zur Diskussion: Wofür wird des Geld ausgegeben, wenn sein Grenznutzen fallt? Welche anderen Vermögensformen werden in solchen Fällen stärker gefragt? Im nächsten, Abschnitt kommen wir auf die konträren Antworten zu sprechen. An dieser Stelle nur so viel:

Ist der Pigou-EfTekt tatsächlich wirksam, kann mithin das Geld auf dieselben Kriterien untersucht werden, wie sie auch bei der Nachfrage­

analyse von Gütern zur Anwendung kommen, dann scheidet die Existenz der absoluten Liquiditätspräferenz bzw. der Liquiditätsfalle aus. Dann gibt es auch keine besonderen kritischen Situationen, in denen die Geldpolitik ohne Effekt die Geldmenge erhöhen würde.

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Friedman zufolge wirkt der Pigou-Effekt bei einer wachsenden Geldmenge in Richtung Vollbeschäftigung und Kapazitätsausla­

stung. Falls auch die Nachfrage steigt, kann es im Zuge der Produktionserweiterung auch zu steigenden Preisen kommen. Der Umfang der Preissteigerungen bleibt offen, solange die Vollbeschäfti­

gung noch nicht realisiert ist.Danach entwickelt sich das Preisniveau proportional zur steigenden Geldmenge.

Friedman mißt jedoch dem Geldquantum der Wirtschaft keinerlei prinzipielle Bedeutung bei. In seiner Theorie haben die Erwartungen eine zentrale Stellung. Sie sind bei Friedman folgendermaßen definiert: Jeder Akteur des Wirtschaftslebens, ob Unternehmer oder Normalbürger, hat seine Vorstellungen vom künftigen Verlauf des Preisniveaus. Diese Zukunftsahnungen werden von Erfahrungen der Vergangenheit geformt. Allgemein wird einfach ein gleiches Tempo der Preisentwicklung angenommen, also die Entwicklung der Vergan­

genheit auf die Zukunft übertragen. Die Unternehmen und die Bevölkerung passen sich mehr oder minder elastisch an das bisherige Inflationstempo an. Die nominellen, in Geld ausgedrückten Größen werden sofort in Größen der Realwirtschaft umgerechnet, die dann das Verhalten bestimmen. Wir können vom nominellen Geldquantum auch die reale Geldmenge unterscheiden, meint Friedman, die wir erhalten, indem wir das Geld ins Verhältnis zu den dafür erhältlichen Gütern oder Wertpapieren setzen, das heißt ein bestimmtes Maß an Bequemlichkeit und Sicherheit zugrundelegen. Steigen Geldnachfrage und Preisniveau zur selben Zeit, dann folgt das Wachstum der Geldmenge im eben erwähnten realen Sinne nicht so schnell nach.

Diese Geldmenge kann sogar sinken, genauer gesagt, es kann der Fall eintreten, daß die auf die Erhöhung des Preisniveaus gerichteten Erwartungen das Wachstum der nominellen Geldmenge übertreffen und damit ein Sinken des Realgeldquantums einsetzt.

Bei Friedman verleihen die Wirtschaftssubjekte ihren Erwartun­

gen stets in Realgrößen Ausdruck. Sie fallen nicht nur ihr Urteil über den Grenznutzen der verschiedensten Güter, sondern haben ebenso ihre genaue Vorstellung vom Grenznutzen der Wertpapiere sowie auch des Geldes. Der Preisindex ist Bestandteil ihrer Erwartungen,

und sie arbeiten ständig mit ihm. Sie berechnen die Produktpreise, die Preise und Erträge der Wertpapiere und des Geldbestandes stets aufs Neue und unterliegen folglich keiner Geldillusion. In Friedmans Theorie hat sich die Wirtschaft des Geldschleiers entledigt. Es zählen einzig die befreiten Proportionen der Realwirtschaft.

Der Pigou-Effekt läßt die Geldillusion verschwinden, bringt aber die Renaissance eines bekannten Zustandes mit sich: Erneut stehen wir der Dichotomie gegenüber, denn die Preisrelationen werden von den Grenznutzenzusammenhängen in der Realwirtschaft bestimmt, und das Preisniveau hängt von der Geldmenge ab. Dabei waren wir soeben Zeugen, daß selbst der Begriff des Geld-Grenznutzens von jeder Geldform frei wurde. Es war allein vom „Real-Geldbestand“ die Rede, und das Preisniveau wurde zu einer Variablen der Geldmenge.

Im Grunde genommen sind die Werte des Preisniveaus und der Geldmenge gleichgültig, denn die Veränderung der Geldmenge variiert nur das Preisniveau, das heißt den Geldausdruck der Realzusammenhänge. Sie selbst bleiben davon unberührt. Die Friedmansche Wirtschaft leidet nicht an der Geldillusion, gerät in keine Liquiditätsfalle.

Nur, daß die Erwartungen nicht synchron mit dem Trend des Preisniveaus verlaufen können. Ein heute steigendes Preisniveau beschwört für die Zukunft inflationäre Erwartungen herauf, und ein gestern gefallenes Preisniveau führt heute zu deflationären Erwartun­

gen. Die Verzögerung zwischen tatsächlicher Bewegung des Preisni­

veaus und den Erwartungen hat zum Teil in wirtschaftspolitischen Wenden ihre Ursache. Einmal löst eine restriktive Geldpolitik Deflation aus, darauf folgt eine expansive Politik, die gegen die Arbeitslosigkeit ankämpft. Obwohl die Wirtschaft schon inflatio­

nären Wirkungen ausgesetzt ist, verhält sie sich gemäß ihrer zuvor entstandenen deflationären Erwartungen. Die expansive Geldpolitik läßt Geld in die Wirtschaft strömen. Die Geldvorräte der Bevölkerung und der Unternehmen halten damit nicht Schritt. Man erwartet weiterhin eine Deflation und meint, der Realwert des Geldes würde auch ohne Bestandserhöhung steigen. Tatsächlich ist er schon im Sinken begriffen, da das Preisniveau bereits klettert. Ein unverhältnis­

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mäßig großer Teil des Zuwachses der Geldbestände wird von der Wirtschaft in andere Formen, in Güter und in Wertpapiere konver­

tiert. Die Nachfrage steigt. Im anderen Fall schlägt die Geldpolitik von der Inflation zur Deflation um und führt aus denselben Gründen zur Einschränkung der Nachfrage. Bei einem verminderten Tempo der Geldemission werden überproportional große Geldvorräte ange­

legt, weil man — fehlgeleitet von den Erwartungen — noch immer einen sinkenden Realwert des Geldes befürchtet, obwohl er in Wirklichkeit schon steigt.

IST DIE WIRTSCHAFTSPOLITIK

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