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PETER BRUEGHEL DER ÄLTERE

In document Dialógus a művészetről (Pldal 33-39)

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Ich weiss nicht ob Cézanne ihn gekannt hat: aber dass er ihn fortsetzt ist gewiss. Wer es weiss, wie in der Wildnis der Farbengeschichte diese Zwei dastehen und aufeinander deuten mit einfachen H ä n d e n , der wird nicht säumen sie einander zuzukehren und sie zu verstehen, wie sie ineinander er-hallen sind.

Und ihr Verhältnis bedeutet m e h r als eine Ähnlichkeit und mehr als einen Einfluss: es ist - von aller zufälligen Thatsächlichkeit frei - das tiefe Verhältnis des Problematikers und des sicheren Besitzers einer und dersel-ben Sache. Es zeigt Cézanne, der die Funde des Anderen immer wieder ein-scharren muss, um sie immer wieder neu und immer tiefer zu finden; und es zeigt den alten Brueghel, dem es G o t t im Schlaf gegeben hat. Und weil wir

zum Genüsse einer jeden Naturvollkommenheit immer erst nach dem vor-letzten Zustande fragen müssen (der sie uns menschenförmig m a c h t , indem er zeigt, dass sie nicht aus sich selbst da ist): darum brauchen wir Cézanne zu Brueghel. Und weil wir zu einem Frager doch wieder die Gewissheit brau-chen, dass Antworten bestehen, darum denken wir Brueghel zu Cézanne.

Und so stark wird der Wunsch sie nebeneinander zu sehen, dass wir Meilen und Jahrhunderte gering achten, um einen weissen Ton des Einen neben den weissen Ton des Andern zu stellen.

Aber zwischen diesen Beiden ist mehr als die Ähnlichkeit von ein paar Tönen. Was unter der Farbe lebt und geht, wirft seine Wellen an ihre Ober-fläche und macht sie bewegt und erfahren. Und die Luft, die um die Farbe ist, wird auch von der Farbe verspeist und ganz verdaut, so dass sie der Farbe Wesen ganz verändert und doch unbekannt bleibt. Es ist, als h ä t t e sie auf den Dingen ausgeschlagen, als k ä m e sie vom K e r n e her und h ä t t e sich langsam auf die Schale gesetzt, wie um sie vor dem Vakuum zu schützen.

Das Cinquecento und die Impressionisten übergaben sich ganz der Luft und w u r d e n von der L u f t langsam gelöst. Brueghel aber u n d C é z a n n e nahmen die L u f t zu sich und assimilierten sie ihrer grossen festen Körper-lichkeit, dass sie zu einer letzten Haut wurde, die den Körper gegen die Welt abschliesst wie keine zuvor und die ihn doch wieder ganz tief der Welt ver-mählt.

Aber mit der Kraft, mit der diese Körper die Luft sich einverleibten, zogen sie auch einander an, assen einander, verdauten und assen einander wieder bis sie wie ein Stoff wurden und alle einander verwandt. Die Blume h a t t e etwas vom Wasser, das Wasser von der Strasse, das Erz vom Himmel, und nichts war, das nicht wie von allem gewesen wäre. So e n t s t a n d der Urstoff dieser Malerei. Ganz homogen, ganz aus den Dingen gefertigt und doch zuletzt wie ein Stück des Stoffes, aus dem der Maler selbst gemacht war. Jede Malerei gab seit jeher statt der Mannigfaltigkeit der Stoffe, die alle verschieden schwer sind, ein besonderes Material von einheitlichem spezifischen Gewicht; einen leichten oder schweren Stoff, dem unfreiwillig die mystische Rolle zufiel, zu einen, was Gott getrennt hatte, der aber, wenn er schön war, in tiefstem Ernst dieser Aufgabe gerecht werden und als ein ,Allteig" alle Stoffe ausdrücken durfte.

Wo alles Falsche, alles ölige Mittel vertilgt war und noch unter d e m glän-zenden Firniss der staubmatte Schimmer irdischer Dinge hindurchschien,-da war der Weg begonnen. Und wo unter dem Staub ein fester und doch elas-tischer, warmer und doch holzhafter Stoff ahnbar wurde dort war der Weg zur Hälfte getan. Es war ein Teig, der niemals faulen konnte und doch

viel-leicht blutete, wenn man hineinstach, der fast zum Essen süss und edel schien und doch wie Pergament ganz kühl und trocken anzufühlen. Und wo man sah, dass dieser Stoff an Adel und Tiefe nicht weniger war als alle schönen Stoffe der Natur, dass vielmehr alle diese Stoffe in ihm zu wirken schienen, da war das Ende des Weges erreicht. Es war eine Synthese, so reich wie eine Summe und so einfach wie die Einheit.

Und sie war unbewusst. Wir sehen es: woran d e r Maler dachte, war gerade das Gegenteil, war ein ganz freies Eingehen auf die Art der einzelnen Stoffe. Wir sehen, wie Haare, Schnee und Sammt und Holz mit grösster Liebe in ihrer eigenen Weise verstanden sind und wie alles geschieht, um ihnen einzeln gerecht zu werden. Aber wir sehen auch, dass alles vergebens ist, weil die Luft und das eigne Material der Malerei, die Farbe, eine Einheit schafft, die alle letzten Unterschiede ertränkt; dass sie alle eines werden und nur durch ihre Farben und ihre Falten - wie durch Namen - erkennen lassen was sie einzeln waren. Aber das Gemeinsame, d a s sie behielten, als das Letzte, Eigenste von ihnen genommen wurde, war grösser als dieses Letzte.

Und nie hätte der Maler es erreicht ohne diese tiefe hoffnungslose Absicht:

das Eigenste wiederzugeben. Denn diese Absicht Hess ihn einen Körper machen, einen festen Unterbau f ü r das Letzte. Und d i e s e r ist geblieben und hat das L e t z t e und sogar d i e L u f t sich gleich gemacht und ist das Grösste, das Weltenförmige an seinem Werk geworden.

Das Ganze ist vielleicht nur eine Frage von Intensität und Ernst, aber es scheint, dass nur Genies Intensität und Ernst in diesem Grade haben; denn hätte sonst nicht Jeder, der mit der schlichten Absicht, wahr zu sein vor die Natur trat, den „Teig" gewonnen? Es scheint, dass zu dem Unterbau allein ein Gefühl für Gewicht und Dichtheit, für Masse und Pigment gehört, das schon ans Philosophische grenzt, und ein heisser Lebensglaube nötig ist, um diesen Unterbau zu postulieren und sich nicht mit den Häuten zu begnügen, wie Tausende es ohne Reue taten. Es scheint, dass man ein Kirchenbauer und ein Landmann, ein Heiland und fast ein Menschenfresser sein muss, um ein Naturalist zu sein, wie Brueghel einer war. Und dass man - in seinem Glauben - so ein Naturalist sein muss, um ein Stilist zu sein, wie Brueghel einer ist.

Wir müssen deutlicher sein. Ein Stilist ist Einer, dem die Natur nicht recht ist, dem sie zu viel ist und zu wenig, zu massenhaft und zu zerstreut, zu endlos und zu endlich. Der mit fertigen Vorurteilen in die Natur tritt, und nur Das ersieht, was er schon wusste, um daraus Etwas zu bauen, das schon fertig war, als er begann. Der seine Vorurteile von den Gesetzen des eignen Körpers herholt: von Gesetzen des Tanzes und der R u h e , der Wärme und der

Kälte, der Süssigkeit und der Bitterkeit, des Gleichgewichtes und der U m a r -mung. Ein Stilist ist Einer, dem die Natur gerade gut ist zu einem Gleichnis seiner geschlossenen Unvollkommenheit.

Ein Stilist ist aber auch Einer, dem die Natur so sehr das Höchste ist, dass er, f ü r sein Gefühl, ihr nur von weitem nahekommen muss, um sie für uns ganz weit zu übersteigen. Dem alles recht ist und der uns irgendein ge-ringes Ding mit einer Inbrunst vor die Augen stellt, als sei's ein Heiligtum.

Der durch seine blosse Stärke a u c h ein Gleichnis macht aus der Natur und uns durch einen Stoff von übergrossem Reichtum, durch Bewegungen, die ungeahnt bedeutend sind, die Unendlichkeit w a h r s c h e i n l i c h macht, beinahe als Etwas, das wir selbst gesehen haben. Die anderen Stili-sten schliessen die Natur: sie m u s s unendlich sein, weil sie nicht heraus kann; Diese da lassen sie offen stehen: und doch wird sie unendlich sein, weil sie Kraft genug hat und Stoff zum ewigen Leben. Die Anderen geben sozu-sagen die Ewigkeit im Schema; Diese da aber zeigen, wie man e s selber macht: sie sind die Praktiker der Ewigkeit.

Brueghel giebt ausser seinem tiefen Teig auch eine Zeichnung von selte-ner Grösse. Es ist, als hätte er sie zum Gerüst gemacht, das den überschwe-ren Stoff gut tragen soll und gut verteilen. Sie gehört zu diesem S t o f f e wie der Umfang zum Gewicht gehört und der Raum zur Stimme. In der Zeich-nung hört er auf und in ihr beginnt er. Sie ist das Ende seines eigenen ohn-mächtigen Seins und ist der A n f a n g seiner Gültigkeit. Das gilt zwar von der Zeichnung schlechthin und man könnte glauben, dass alle Andern ebenso b e s c h a f f e n seien in diesem P u n k t e . Aber fast allen Anderen f e h l t das schwere Material und so hat ihre Zeichnung nicht die Notwendigkeit, nicht den reifen Zweck der seinen und erscheint, an dieser gemessen, fast wie eine leere Haut, die wieder aufgeblasen ist. Die Zeichnung Brueghels ist darum so ungeheuer stark, weil sie, von der Überlast des Stoffes niedergehalten, doch alle Freiheit aller Bewegungen gewonnen hat, und diese Bewegungen doch wieder durch die Last etwas so erschreckend Wuchtiges bekommen haben, dass es scheint als gingen Zentnerdinge durch den .Schnee. Es sind Zeichnungen von einer Massigkeit, gegen die Rubens wie ein Schattenriss erscheint; die vielleicht das Konkreteste sind, was in der ganzen Malerei bis jetzt gegeben wurde. Es ist als hätte hier zum ersten Male wieder die Malerei jene Pflicht auf sich geladen, von der sie befreit wurde, als sie Malerei wurde (um weiter nur die Rechte einer tausendförmigen Ungebundenheit zu ge-messen): die Pflicht der Architektur, Lasten zu tragen. Diese Malerei ver-langt von sich, was niemand von ihr fordert: sie sieht, mit tiefem sittlichen G e s c h m a c k , dass es u n l a u t e r wäre, die Menschen darzustellen, wie sie

stehen und gehen und in allen Zügen und allen Geberden die Last verraten, die sie von ihrem ersten Tage an am eignen Körper tragen mussten, und eben diese Last nicht auch wieder zu geben. Er fühlt, dass es zu wenig ist, Züge und Formen zu geben, als welche nur die S c h r i f t d e r S c h w e r e sind, und dass die Schwere selbst da sein muss, ihre Schrift zu erklären. Das ist eine Konkretheit, die wir uns abgewöhnt haben, von der Malerei zu verlan-gen, so sehr abgewöhnt, dass sie uns wie die Vertilgung Dessen erscheinen mag, was wir als Stil empfinden. Denn, da wir unsere Forderungen danach r i c h t e n , was wir e r w a r t e n k ö n n e n , und da wir im allgemeinen von der Malerei nur Abstraktes erwarten können, so fordern wir den Flächenstil, fordern nur die A b s c h r i f t der Schwere und fühlen Schwere selbst als eine Last. Und so würde Brueghel mit seiner Baumeisterschwere ein Unsinn werden in einer Kunst, die nicht zum Wohnen da ist.

Aber er ist es nicht. Wie kommt es, dass er es nicht wurde, dass er trotz aller polternden Massigkeit (die uns oft ein Gefühl giebt als seien wir taub, dass den Höllenlärm nicht hören können), dass er trotz allen verzweifelten Vorstössen doch immer wieder zurückgedrängt wird in sein Schattenreich und doch Gemälde bleibt und still und flach?

Er ist gehindert von vielen Hemmnissen des Werkzeugs und der Natur und zu allerletzt von uns selbst, die wir mit unsrer langeveränderten N a t u r -betrachtung in ihm nicht mehr das Naturbild sehen, wie seinerzeit die Leute.

- Da ist vor allem das Hemmnis des Materials, von dem ich früher sprach:

alle Stoffe will er greifen, aber er hat nur zwei Hände und muss sie vermen-gen und mischen; und er hat nur e i n e n Stoff f ü r sie alle: die Ölfarbe, und muss das Rauhe und das Glatte, das Harte und das Wolkige, das Glänzende und das Stumpfe mit dieser Farbe einen und zusammenfassen ob er will oder nicht, und alles was er tun kann, ist: alle gleich edel und schwer von Stoff zu machen.

Und er will w e i t e r seinen K ö r p e r n die R u n d u n g geben und seinen Gruppen die Raumtiefe. Aber die Figuren stehen im Freien und werden vom Licht so flach gemacht, dass alle Überplastik von vornherein unmöglich ist.

Und eine seltsam kurze Perspektive, die die Figuren des Hintergrundes auch noch gross und klar erscheinen lässt, bringt alle fast in eine Ebene. So ent-steht eine Vereinfachung der Fläche, die uns wohl thut, und es bleibt zu-gleich ein wunderbarer Reichtum von wahrsten Tonwerten, der uns aber-mals wohlthut: eine Synthese, die er nicht gewollt hat, die wir aber wohl ge-wünscht haben und zugleich eine Analyse. Und Synthese und Analyse geben einander Wert und Berechtigung, weil sie - einander in Feindschaft bedin-gend - doch Lösung sind und Totalität ergeben. Und so ist's auch bei der

Zeichnung: sie erscheint unendlich einfach und breit, und von nahe besehen, hat doch jeder Kontur alle seine Windungen behalten, und wir f r e u e n uns der Windungen weil wir sie als Wahrheiten sehen und freuen uns der Ein-fachheit, die so gross war, dass sie nicht nötig hatte, die Windungen zu ver-tilgen, um einfach zu werden.

So ist hier ein Stil, der ohne sein Zutun dazu wurde, ja gegen seinen Willen: der seinerseits auf die Wahrheit ausging, ohne viel Einschränkun-gen, aber mit seltenster Gewalt. Hier ist ein Stil, der die Natur gewollt hat, um schliesslich mit seiner tiefen Demut doch über sie hinauszuwachsen; der die verstreute Schönheit aller Bewegungen, aller Massen und Farben zusam-mentrug, weil Alles, was fertig vor ihm lag, einzeln zu wenig war f ü r seine überreiche Laune; weil nur ein buntes, mit Menschen dichtbesätes Bild von seinen Kräften reden konnte. Der Maler, der keine Leere dulden kann, der viele Menschen schöner findet als wenige Menschen, der Themen nur zu Vorwänden braucht, um seinen bunten reichgefleckten Phantasien Gestalt zu geben, ist für uns kein „Sittenschilderer" mehr; der ist ein Schöpfer von beseeltem Schmuck; der hat die Natur nach dem Takte des eigenen Blutes eingeteilt, bis sie seinem Wesen das Zeichen schrieb. Der hat den Gedanken der Natur gewollt, um schliesslich den Gedanken des Teppichs zu erfüllen.

Denn zuletzt hat er für uns alle das absolut Herrliche des Teppichs gewon-nen. Seine Menschen können nicht nur leben und schreien, sie können auch verstummen und innehalten und noch die gräulichsten unter ihnen können in ungeahnter Lieblichkeit erstarren und fast zu Blumen werden im w u n d e r -baren Teppich einer Kreuztragung. - Er geht den grössten Weg zur Natur.

Aber wo Jeder fallen muss, da fällt auch er. Doch siehe: was er im Fallen erfüllt, ist noch mehr als was er gewollt.

So sehen wir zwei Leute in ihm: Den, der war und wollte, und Den, der nicht konnte und heute ist; und der Eine wächst am Andern: der Erste war nötig um den Zweiten zu zeugen und dieser um jenen zu erhalten. Sie haben zusammen den Naturalismus und den Stil, die Tastbarkeit und die Mystik, die uns im grossen Werke not tun. Und vereinten, wie nur die Genies, die grösste Verständlichkeit mit der grössten Unverständlichkeit.

Und so kommt Brueghel neben Cézanne zu stehen, der dasselbe will und dasselbe nicht kann und den zuletzt seine Zweifel hoch über seine Ziele em-porschleudern, wie Brueghel von seinem Glauben über sie emporgehoben wurde: in Höhen täglichster Wunderbarkeit.

Kunst und Künstler, 1910. szept. VIII. évf. 12. sz. 5 9 9 - 6 0 6 . A H A 6 - 1 0 .

MFSz 2 5 5 - 2 5 7 . EK 7 3 - 8 2 . SchA 3 5 - 4 3 .

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