• Nem Talált Eredményt

Metonymie: Begriffs- und Funktionsbestimmung

Metonymische Kompetenz und Grammatikerwerb

3 Metonymie: Begriffs- und Funktionsbestimmung

Da die Metonymie im Rahmen kognitiv–linguistischer Modelle hinsichtlich bestimmter Merkmale gegenwärtig kontrovers diskutiert wird, und da es mir hier nicht vorrangig auf das Definitionsproblem ankommt, stütze ich mich auf ein möglichst konsensfähiges Fundament und entscheide mich für eine in der analytischen Praxis gut anwendbare Definition. Als Ausgangspunkt wähle ich zwar in einem ersten Schritt zur allgemeinen Verortung der Metonymie die von Kövecses und Radden vorgeschlagene Arbeitsdefinition: „Metonymy is a cognitive process in which one conceptual entity, the vehicle, provides men-tal access to another conceptual entity, the target, within the same idealized cognitive model“ (Radden/Kövecses 1999: 21). Diese allgemeine Definition der konzeptuellen Metonymie erfordert jedoch eine gewisse Einschränkung und Spezifizierung, damit sie praxistauglich und operationalisierbar wird. In meinen weiteren Überlegungen werde ich mich deshalb auf Panthers strin-gente Arbeitsdefinition der Metonymie stützen:

In a linguistically manifest metonymic relation, a source meaning is related to a target meaning by means of a linguistic form (e.g. morpheme, word, phrase, sentence) that I call the linguistic vehicle. The larger ellipse […] represents the generally accepted assumption that the metonymic mapping takes place within one cognitive domain or […] ICM. […] the source meaning is not obliterated by the target meaning, but still conceptually present (‘salient’) or activated. […] the target meaning is an elaboration of the source meaning, with the source meaning being one conceptual component of the target meaning […]. (Panther 2005: 358) Die metonymische Basisrelation lässt sich dabei ‒ leicht adaptiert in Anleh-nung an Panther (ebd.) – wie folgt darstellen:

Abb. 1: Die metonymische Basisrelation15 (adaptiert nach Panther 2005: 358)

15 Adaptiert nach Panther 2005: 358.

Form:

Inhalt:

ICM

Quellbedeutung Zielbedeutung

Andere Bedeutungskomponenten

<sprachliches Vehikel>

Das sprachliche Vehikel ist mit dem jeweiligen sprachlichen Ausdruck gleich-zusetzen, der die Quellbedeutung liefert. Abbildung 1 vergegenwärtigt also eine sprachlich realisierte metonymische Relation, bei der die Quellbedeutung durch ein sprachliches Ausdrucksmittel zu der Zielbedeutung in Bezug gesetzt wird. Beim sprachlichen Ausdruck kann es sich um Morphem, Wort, Phrase oder Satz handeln. Die größere Ellipse in der Abbildung veranschaulicht die im Allgemeinen konsensfähige Annahme, wonach die metonymische Projektion innerhalb der selben kognitiven Domäne zu lokalisieren ist. Unterschiede zwischen einzelnen Forschern gibt es vor allem in Bezug auf die genaue Modellierung des Zuständigkeitsbereichs, innerhalb dessen Metonymien ope-rieren, so dass neben Idealisierten Kognitiven Modellen vielfach von Frames und kognitiven Domänen die Rede ist. Panther (2005: 358) betont, dass die Quellbedeutung durch die Zielbedeutung der metonymischen Übertragung nicht verdeckt wird, so dass sie auf der konzeptuellen Ebene weiterhin akti-viert bleibt und salient ist. Panthers Definition fokussiert außerdem auf einen weiteren, in der einschlägigen Forschung bisher nicht beachteteten Aspekt der metonymischen Bedeutungskonstruierung: Die Zielbedeutung ist als eine Elaboration der Quellbedeutung anzusehen, wobei die Quellbedeutung eine konzeptuelle Komponente der Zielbedeutung darstellt.

Form:

Inhalt:

ICM

Metonymisches Zielkonzept2

<metonymisches Vehikel>

Abb. 2: Metonymische Interpretation von Karlsruhe

Unter (1a‒b) wird je ein Beispiel für die wörtliche und für die metonymische Lesart desselben Wortes geliefert:

(1a) Karlsruhe liegt im Bundesland Baden-Württemberg.

(1b) Rund drei Wochen nach der Einigung auf die Erbschaftssteuerreform schaltet sich Karlsruhe wieder ein. Das Verfassungsgericht kündigt an, sich im Herbst wieder mit der Steuer zu befassen.

Karlsruhe

Metonymisches Quellkonzept1

<koventionell mit C2 assoziiertes Lexem>

Verfassungsgerichtshof (mit Sitz in Karlsruhe)

In (1a) bezieht sich das kursivierte Wort auf die Stadt Karlsruhe, in (1b) dage-gen handelt es sich um eine metonymische Lesart, zumal die gleiche Wortform (d.h. das sprachliche Vehikel) hier nicht das Quellkonzept ‘Stadt’ bezeichnet, sondern eine metonymisch verschobene Bedeutung hat, wobei sie sich auf das Zielkonzept ‘Verfassungsgerichtshof mit Sitz in Karlsruhe’ bezieht, wie man es aufgrund des Folgesatzes in (1b) eindeutig ermitteln kann, welcher ja das mit Karlsruhe des Prätextes referenzidentische kontextuelle Synonym [D]/das Verfassungsgericht enthält. Dieses lässt sich wiederum als das konventionell mit dem Zielkonzept assoziierte Lexem bzw. als eine seiner Varianten identi-fizieren. Karlsruhe in (1b) ist demnach als eine Ort für Institution-Metonymie zu interpretieren.

Die allgemeine Definition der konzeptuellen Metonymie erfordert eine Feindifferenzierung der Typen metonymischer Übertragung und die Herausstellung der Prinzipien, durch die die Wahl der bevorzugten Ausgangs- oder Quellgröße gesteuert wird. Von Kövecses und Radden (1999) werden in diesem Zusammenhang diverse kognitive und kommunikative Faktoren diskutiert, die den Prozess der metonymischen Referenzübertragung beein-flussen können. Da mein Hauptinteresse in diesem Beitrag der Entdeckung sprach- und kulturspezifischer Beschränkungen im Gebrauch und Erwerb grammatischer Metonymien gilt, werde ich mich jetzt Klassifizierungs- und Typologiesierungsversuchen zuwenden, um im Anschluss daran meinen Untersuchungsgegenstand präziser einfangen zu können.

Die Typologie von Kövecses und Radden orientiert sich an der genauen Art der innerhalb eines bestimmten ICM (d.h. eines Idealisierten Kognitiven Modells) beobachtbaren metonymischen Übertragung. Es werden dabei auf einer allgemeinen Ebene zwei Übertragungstypen gegeneinander abgeho-ben, welchen wiederum im Grunde genommen verschiedene Teil–Ganzes-Relationen zugrunde liegen: 1) ganze ICMs und ihr(e) Teil(e) und 2) Teile eines ICM. Innerhalb beider Typen werden zahlreiche Subtypen jeweils in Abhängigkeit vom entsprechenden ICM-Typ unterschieden. Beim ersten allgemeinen Typ handelt es sich dabei u.a. um das Konstitution-ICM, das Objekt-und-sein-Teil-ICM und das Ereignis-ICM, beim zweiten dagegen u.a.

um das Handlung-ICM, das Wahrnehmung-ICM, das Kausativierung-ICM und das Lokation-ICM. Die einzelnen Subtypen können schließlich meistens in spezifischeren Subvarianten vorkommen, jeweils davon abhängig, welche Teile eines bestimmten ICM dabei betroffen sind.

Metonymien lassen sich jedoch außer der Art der metonymischen Übertragung auch aufgrund ihrer diskurs-pragmatischen Funktionen typo-logisieren. Die von Panther und Thornburg (1999: 335f.) vorgelegte Typologie wird diesem Anspruch gerecht. Im folgenden soll sie an je einem Beispiel

vorgeführt werden. Die in den Äußerungen unter (4–6) kursiv hervorgehobe-nen Ausdrücke sind jeweils Erscheinungsformen eines der drei pragmatischen Metonymietypen, die von Panther und Thornburg gegeneinander abgehoben werden. Es geht dabei um referentielle Metonymie in (2), um prädikative in (3) und um illokutionäre in (4):

(2) Straubing Original Dürer: Ein Kirchenfenster macht Kunstkarriere Die Sensation ist perfekt: Ein 7 mal 2,5 Meter hohes Kirchenfenster in Straubings Basilika ist als zuvor unbekannter Dürer erkannt worden.

Das Bild zeigt die Übergabe der Zehn Gebote durch Gottvater an Mose.

(FAZ, 09.06.2005, Nr. 131, S. 33)

(3) Der Wagen wurde an den Haken genommen. (Duden 11, Rede- wendungen)

(4) Kann ich bitte eine zusätzliche Tüte haben?

Die in (2) und (3) hervorgehobenen Ausdrücke werden als Erscheinungsformen propositioneller Metonymie angesehen, die in zwei Subtypen als referentielle – wie in (2) illustriert – und als prädikative Metonymie – wie in (4) veran-schaulicht – vorkommen kann. Referentielle Metonymie liegt vor, wenn ein referierender Ausdruck, meistens eine Nominalphrase, die Ausgangsgröße bzw. die Quelle für eine implizite Zielgröße ist, die ebenfalls ein referierender Ausdruck ist, welcher gewöhnlich als Nominalphrase realisiert wird. Bei prä-dikativer Metonymie steht ein bestimmter propositioneller Inhalt für einen anderen propositionellen Inhalt. Eine illokutionäre Metonymie liegt schließ-lich vor, wenn ein bestimmter illokutionärer Akt für einen anderen illokutio-nären Akt steht. Wird nun die an der Art der metonymischen Übertragung orientierte Typologie auf die o.a. Beispiele angewandt, so lässt sich folgendes feststellen: In (2) handelt es sich um eine Schöpfer für Werk-Metonymie, in (3) um eine Teilhandlung für ganze Handlung-Metonymie innerhalb des Teile-einer-Handlung-ICM-Typs (gemeint ist hier nämlich, dass der Wagen abgeschleppt wurde) und in (4) schließlich um eine Frage für Bitte-Metonymie des Typs Teile-eines-illokutionären-Szenarios.

Da ich mich in diesem Beitrag des Weiteren auf die grammatischen Funktionen der Metonymie konzentrieren werde, soll in einem nächsten Schritt das Verhältnis von Grammatik und Metonymie kurz geklärt werden.

Versucht man alle Erscheinungsformen der grammatischen Metonymie zu erfassen, die in der einschlägigen Forschung als solche analysiert werden, so zeichnen sich dabei zwei verschiedene Aspekte ab: Es gehören einer-seits diejenigen Fälle dazu, wo das sprachliche Vehikel der metonymischen Übertragung eine grammatische Konstruktion ist wie etwa bei der prä-dikativen Metonymie. Es sind aber andererseits auch die grammatischen

Charakteristika von Metonymien mitzuberücksichtigen, deshalb sind auch die grammatischen Ausdrucksmittel (Funktionswörter wie etwa Artikel bzw. grammatische Affixe wie etwa Pluralmarker) und die grammatischen Kategorien (wie etwa Genus, Kasus und Numerus) in die Behandlung der refe-rentiellen Metonymien miteinzubeziehen. Das Verhältnis von Metonymie und Grammatik wurde in der bisherigen Forschung relativ selten explizit aufge-griffen. Es gibt nur wenige Monographien, die ausdrücklich diesem Problem gewidmet sind, und die eine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet der Kognitiven Linguistik spielen: Waltereit (1998) untersucht Kontiguitätsphänomene in der französischen Satzsemantik, Ruiz de Mendoza und Otal Campo (2002) behan-deln prädikative Metonymien, Argumentstruktur-Konstruktionen, Extension und Reduktion von Valenzen, Modalität sowie anaphorische Referenz, Brdar (2007) setzt sich mit der metonymischen Motivation der Extension grammatischer Kategorien und Konstruktionen auseinander, Sweep (2012) thematisiert die lexikographischen Aspekte des metonymischen Objektwechsels am Beispiel des Deutschen und des Niederländischen, und mit Panther/Thornburg/Barcelona (eds.; 2009) liegt schließlich der erste the-matisch fokussierte Sammelband vor, in dem die Rolle von Metapher und Metonymie in der Grammatik behandelt wird. Von besonderer methodologi-scher Relevanz ist im vorliegenden Beitrag der Sprach- und Kulturvergleich, der uns die Tür zur metonymischen Kompetenz im Grammatikerwerb einen Spalt breit öffnen soll. Barcelona misst dem Sprachvergleich als Methode in seiner bahnbrechenden Studie zur Metonymie im Zweitspracherwerb auch maßgebende Bedeutung bei (vgl. Barcelona 2010), wobei er betont, dass die durch kontrastive Analyse erschlossenen interlingualen Unterschiede und sprachspezifischen Restriktionen in der Nutzung von Metonymien zur Optimierung der Steuerung von Zweitspracherwerbsprozessen instrumen-talisiert werden sollten.16 An dieser Stelle soll – in aller Kürze – nur auf die wichtigsten Forschungsergebnisse verwiesen werden, auf die man sich im Bereich der Grammatik stützen kann.

An sprachenpaarbezogenen kontrastiven Untersuchungen sind folgende zu nennen: Panther und Thornburg (1999) widmen sich der Analyse der Potentialität für Aktualität-Metonymie im Englischen und Ungarischen, mit Panther/Thornburg (2003) wenden sie sich der Untersuchung des lexikali-schen Aspekts im Englilexikali-schen und Französilexikali-schen aus der Sicht der Metonymie zu. Zum Sprachenpaar Englisch‒Spanisch liegen zwei kontrastive Arbeiten vor: während in Ruiz de Mendoza/Diez Velasco (2003) die Produktivität der generellen Handlung für Prozess-Metonymie in diversen grammatischen

16 Barcelona meint hier in erster Linie den Grammatikerwerb.

Konstruktionen des Englischen und des Spanischen verglichen wird, werden in Ruiz de Mendoza/Pérez Hernández (2003) interlinguale Unterschiede in der Nutzung genereller modaler Metonymien ermittelt. Brdar-Szabó (2007) ist der kontrastiven Untersuchung referentieller, prädikativer und illokutionärer Metonymien im Deutschen und Ungarischen gewidmet.

Die anderen gegenwärtig verfügbaren sprachvergleichenden Analysen zur Grammatik lassen sich zu dem kontrastiv–typologischen Ansatz zuordnen, zumal diese mindestens drei Sprachen ‒ meistens fünf oder mehr als fünf ‒ als Untersuchungsgegenstand haben. Aus der Sicht von Spracherwerbsprozessen in Mehrsprachigkeitskontexten sind solche Forschungen von besonderer Relevanz. Barcelona (2003) kontrastiert die Nutzung von Metonymien in der Grammatik der Eigennamen im Deutschen, Englischen, Französischen, Italienischen und Spanischen. Hilpert (2007) untersucht die sprachübergrei-fenden Besonderheiten der Nutzung körperteilbasierter Metonymien im Lexikon und in der Grammatik. Brdar und Brdar-Szabó17 widmen sich in einer Reihe kontrastiv–typologischer Arbeiten der Untersuchung sprach-spezifischer Restriktionen bei der Nutzung diverser Metonymietypen in der Grammatik des Deutschen, Englischen, Ungarischen und Kroatischen, in einigen Fallstudien unter Einbeziehung weiterer germanischer, slawischer und/oder romanischer Sprachen. Panther (2015) untersucht die Produktivität der Resultat für Handlung-Metonymie in passivischen Imperativsätzen im Deutschen und Englischen sowie einen Spezialfall der Potentialität für Aktualität-Metonymie in fünf Sprachen (im Deutschen, Englischen, Ungarischen, Französischen und Spanischen) und stellt dabei resümie-rend fest, „[…] dass übereinzelsprachliche Variation in der Ausnutzung von Metonymien existiert und ein lohnendes Forschungsgebiet ist.“ (vgl.

Panther 2015: 213). Dieser Feststellung stimme ich auch voll zu, und mit Barcelonas These von der fremdsprachendidaktischen Auswertbarkeit die-ser Forschungsansätze bin ich auch vollkommen einverstanden, in meinen Überlegungen zur metonymischen Kompetenz im Grammatikerwerb werde ich dennoch einen anderen Weg einschlagen.

Metonymische Kompetenz kann sich in verschiedenen Bereichen der Sprache manifestieren, und ihre o.a. Erscheinungsformen sind in die-ser Hinsicht auch keine Ausnahmen. Da aber in diesem Beitrag der Grammatikerwerb im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, wurden in der obigen Übersicht nur diejenigen kontrastiven bzw. kontrastiv–typologi-schen Arbeiten erwähnt, die Metonymie in der Grammatik unter die Lupe

17 Vgl. dazu im einzelnen Brdar 2009; Brdar et al. 2001; Brdar/Brdar-Szabó 2003, 2004 und 2009;

Brdar-Szabó 2009; Brdar-Szabó/Brdar 2003a, 2003b, 2004, 2012 und 2014.

nehmen. In der folgenden Exemplifizierung sollen auch die grammatischen Aspekte der Metonymie besonders fokussiert werden. Im Folgenden werde ich jedoch nicht die Ergebnisse der o.a. linguistischen Forschungen refe-rieren, zumal ich hier nicht die sogenannte praxisbezogene „Anwendung“

kontrastiv-linguistischer Analysen anstrebe. Ich gehe davon aus, dass Spracherwerbsprozesse in Mehrsprachigkeitskontexten an und für sich als eigenständiger Forschungsgegenstand interessant sind und einen inter-disziplinären Zugang erfordern, und ich werde mich deshalb im nächsten Kapitel darum bemühen, an einem aus linguistischer Sicht scheinbar trivi-alen Beispiel die Perspektive der Lernenden in Mehrsprachigkeitskontexten einzunehmen. Der Numerus als nominale Kategorie scheint auf den ers-ten Blick sehr simpel zu sein, bei näherem Hinsehen kann man sich aber schnell vom Gegenteil dieser Annahme überzeugen, zumal die einschlägi-ge Fachliteratur Bibliotheken füllen könnte. Im Foleinschlägi-genden werde ich die den Numerus aus neuer Sicht betrachten, indem ich seine metonymischen Aspekte beleuchten und ausloten werde.

4 Exemplifizierung: Metonymie in der Grammatik der