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Gabriele Eckart: Feldberg und zurück

Theorien und Forschungsmethoden

2. Gabriele Eckart: Feldberg und zurück

Gabriele Eckart, die DDR-Schriftstellerin, gehörte in den 80er Jahren zur jungen Generation der DDR-Literatur. Über ihr Leben wissen wir nicht besonders viel. Sie ist am 24. März 1954 in Falkenstein geboren. Sie stu-dierte in Berlin Germanistik und Philosophie, und ist Verfasserin meh-rerer Erzählungen. (Per-Anhalter-Geschichten und Erlebnisse aus der DDR, 1982). Sie publizierte auch ihre Tagebücher. 1987 nahm sie an der

Frankfurter Buchmesse teil und kehrte nicht mehr in die DDR zurück.

Heute lebt sie in den USA.

Ihre Novelle, Feldberg und zurück, erschien 1984 in einem Sammelband mit dem Titel Brautfahrt.1 Diese Geschichte zeigt die Atmosphäre, den geistigen und seelischen Zustand der Menschen in der ehemaligen DDR sehr gut, daher kann sie heute als Zeitdokument betrachtet werden.

Cornelia, das 18 jährige Mädchen, lebt in Ost-Berlin – oder wie man damals in der DDR sagen musste: in der Hauptstadt der DDR – und hat bereits das Abitur hinter sich. Sie möchte sich ein bisschen erho-len, deshalb will sie Berlin verlassen und per Anhalter fahren. Da sie nie-mand aus ihrem Freundeskreis begleiten will, geht sie allein los. Nach vielen vergeblichen Versuchen hält endlich ein Volkswagen-Golf mit West-Berliner Kennzeichen neben ihr. Nach kurzem Überlegen steigt sie in den Wagen ein. Der Fahrer ist ein West-Berliner Arzt und möchte als Tourist nach Feldberg fahren. Cornelia hat kein bestimmtes Reiseziel, sie fährt also mit nach Feldberg. Unterwegs stellt sich heraus, dass sie zwei verschiedene Welten vertreten, obwohl sie aus einer Stadt stammen. Die Trennung Deutschlands und Berlins hat ihnen zwei völlig verschiedene Lebensformen und Lebensauffassungen gegeben. Hier treffen ganz unter-schiedliche politische Ideologien aufeinander. Am Anfang kann Cornelia keinen normalen Kontakt zu dem Mann finden, aber es liegt nicht an dem großen Altersunterschied (der Mann ist nahe 40), sondern an ihrer Erziehung. In ihr sind die Vorurteile stark verwurzelt. Sie berich-tigt ihn z.B., wenn er sagt, er sei Berliner. "Westberliner" – sagt sie. Die Schule der DDR und das Elternhaus wirkten so stark auf Cornelia, dass es heute "Gehirnwäsche" genannt werden kann. Ihre Eltern haben eine hohe Position in der Partei. Dies stellt sich durch die Anspielung auf den Dienstwagen und an die Dienstreise des Vaters nach Moskau heraus. Zu Hause und in der Schule hat man ihr z.B. beigebracht, dass die West-Berliner oder die Westdeutschen Klassenfeinde sind, dass die Mauer die Staatsgrenzeoder die internationale Friedensgrenzeheißt, dass die Welt hin-ter dem Brandenburger Tor zu Ende ist. Cornelia sieht kein Westfernsehen (sie behauptet es wenigstens), und glaubt alles, was sie in Staatsbürgerkunde gelernt hat. Während der Fahrt tauschen sie Leseempfehlungen aus. Hier stellt sich heraus, dass Armin gebildet und weltoffen ist: er hat auch Bücher der DDR-Schriftsteller gelesen, aber er Etelka Joó

empfiehlt dem Mädchen hauptsächlich westeuropäische und amerikani-sche Schriftsteller. Cornelia kennt nur sowjetiamerikani-sche und DDR-Autoren.

Diese Unterschiede sind auf die zwei politischen Systeme zurückzufüh-ren. Die DDR-Regierung war immer bemüht, ihre Souveränität nach außen zu zeigen und die Unterschiede zu betonen. Man wollte auch beweisen, wenn es zwei deutsche Staaten gibt, dann existieren auch zwei deutsche Sprachen.

Während Cornelia und Armin eine Wanderung in Feldberg machen, kommen sie einander immer näher. Es wird klar, dass drüben (in West-Berlin) auch normale Menschen leben, und dass Cornelia auch die Schwächen des DDR-Systems sieht, sie aber bisher verdrängt hat.

Jetzt leuchtet ihr ein, dass das Paradies nicht unbedingt in der DDR ist, und das verwirrt sie. Jetzt erst erfährt sie auch, wie großartig es ist, mit jemandem ganz offen über die verschiedensten Sachen sprechen zu kön-nen, ohne darauf zu achten, wer mithört und wie man formuliert. Jetzt beginnt sie den Geschmack der Freiheit und auch der Liebe zu spüren, Armin wird ihr nämlich immer sympathischer. Er ist höflich, zärtlich, aber auch sehr offen: er sagt, dass er mit ihr schlafen möchte. Das ver-wirrt sie noch mehr, aber nicht deshalb, weil sie noch ganz unerfahren wäre, sondern weil sie die Sexualität ohne Liebe kennen gelernt hat. Jetzt erst fühlt sie, dass es etwas anderes sein könnte, als ihre früheren Abenteuer.

Armin muss aber vor Mitternacht wieder in West-Berlin zurück sein, sonst wird er bestraft. Sie müssen sich beeilen. Vor dem Abschied besprechen sie, dass sie sich am nächsten Tag treffen. Sie gibt ihm ihre Adresse, und von nun an wartet sie auf die Begegnung. Sie kann nicht schlafen, im Traum probiert sie ein Kleid nach dem anderen an, so wie die Frauen dies im Allgemeinen vor einer Liebesbegegnung tun. Wenn sie erwacht, kann sie nichts mit sich anfangen.

An dieser Stelle wird klar, wie meisterhaft die Schriftstellerin die Novelle auf eine Pointe zuspitzt: sie erhöht die Spannung bis zur letzten Zeile. Dieser Aufbau entspricht der ursprünglichen Gattungsdefinition, im Sinne von Boccaccio: es ist eine kurze Erzählung mit einem concetto (Pointe, Überraschung) am Ende.

Cornelia wartet bis zum Abend, dann beginnt sie zu weinen. Sie weiß nämlich, dass sie Armin eine falsche Adresse gegeben hat. Die Geschichte zeigt ganz eindeutig, wie die Ängste und Vorurteile in den Bildung und Weltwissen

DDR-Bürgern verwurzelt waren. Cornelia war feige, sich für die Liebe mit einem West-Berliner zu entscheiden. Sie hatte Angst vor den Folgen, vor der Meinung ihrer Umgebung, aber vielmehr vor sich selbst. Zu stark haben sie die Ideologie der DDR, das Elternhaus und die Schule beeinflusst. Sie blieb Gefangene des Systems, aber mit dieser Entscheidung wurde sie auch nicht glücklicher.

Die Erzählung ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein künstlich erschaf-fenes Gebilde, nämlich die Mauer, als Symbol einer Ideologie und eines ganzen politischen Systems die persönlichen Beziehungen des Einzelnen beeinflussen, sogar zerstören kann.

Die Tatsache, dass diese Novelle damals in der DDR erscheinen durfte, zeugt davon, dass der Zensor entweder nicht aufgepasst, oder die Aussage missverstanden hat.

Das ist also die Geschichte, die für die Studenten vor 10–15 Jahren noch kein Problem bedeutete, während die heutigen es immer weniger verstehen und interpretieren können. Dies ist daran zu erkennen, dass sie dieses Werk gar nicht zum Referat wählen, oder es nach dem ersten Lesen zurückgeben und ein anderes wählen. Sie bekennen, dass sie es nicht verstehen, außerdem berufen sie sich darauf, dass sie kein Material dazu im Internet finden.

Um die Frage beantworten zu können, warum die Studenten diese Novelle nicht verstehen, müssen wir uns kurz mit den theoretischen Fragen des Verstehens beschäftigen.