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Im U m feld des Weltanschauungsromans: Erzählungen (Emil Strauß, Hermann Hesse, Robert Musil)

In document Der Weltanschauungsroman (Pldal 145-151)

VII.

„G eht m an einmal nicht von der heutigen Situation aus [...], so stehen sich [...] T hom as M ann, H e rm a n n Hesse, Emil Strauß u n d andere durchaus nicht so fremd und inkom mensurabel gegenüber.

Werke wie Strauß’ Freund Hein und Hesses Unterm Rad sind nicht n ur ähnlich wie Thom as M anns frühe Erzählungen rezipiert worden, sie sind auch in ihrer Erzählperspektive, Erzählweise, ihren Erzählfigu­

ren, ihrer Problematik und ihren inneren S pannungen u n d A ntithe­

sen strukturell vergleichbar und im gleichen literatur- und sozial-geschicht­

lichen Kontext interpretierbar.“255

Abgesehen von den ersten Worten, für die wir lieber, wenn m an sich den Blick von den späteren politischen Entwicklungen und Ereignissen nicht trüben läßt’ neh­

men würden, sind wir mit der zitierten M einung voll einverstanden. W ir gesellen den beiden erwähnten Erzählungen Robert Musils Die Verwirrungen des Zöglings Törleß hinzu, u n d unter den Novellen Thom as M anns denken wir vor allem an Tonio Kröger und Tod in Venedig; n u r unterscheiden sich diese letzteren von den anderen darin, daß ihr Protagonist ein Erwachsener ist (oder es im Laufe der N o ­ velle wird), mit all den, übrigens nicht überaus wichtigen, Konsequenzen aus die­

sem U m stan d für ihren Inhalt.

Die ersten beiden kürzeren Prosaarbeiten nennen sich der Reihe nach „eine Lebensgeschichte“, eine „Erzählung“; Törleß hat keine Genrebezeichnung von der H and des Autors. Der literarische Konsensus n en n t sie Erzählungen bzw. Roman.

W ir setzen im weiteren nicht n ur der Einfachheit wegen .Novelle’ ein: Sie zeichnen sich durch eine em inent novellistische Struktur aus, und das ist es, wodurch sie sich am meisten von den typischen Entwicklungsromanen, in deren Nähe wir sie sehen, abheben. In der Geschichte der literarischen Formen zeigen sie eine leichte Ab­

stufung: Freund Hein hat durch die betonte Rolle des Künstlerischen und die milde Wehleidigkeit einiges mit dem echten Jugendstil zu tun, Törleß ließe sich u.a. auf­

grund mehrerer .W enden’ in der Tat als Roman, wie er sonst bezeichnet wird, und d an n als unser m oderner Entwicklungsroman analysieren. Im übrigen aber muten sie alle drei an, als seien sie novellistisch gekürzte u nd konzentrierte Weltanschau­

ungsrom ane oder anders gesehen — deren erster .These’-Abschnitt, n u r ist dann die Spaltung in der Welt der kindlichen und jugendlichen Helden intensiver und ihre Folgen — in den ersten beiden im m erhin etwas aufgesetzt — endgültiger als in den R om anen. Nach dem abgeschlossenen Törleß könnte a u f jeden Fall der Ro­

m an des Erwachsenen folgen. (Eine Fortsetzung dazu ist M a nn ohne Eigenschaften nicht, weder im allgemeinen noch im engeren Sinne unseres Genres.)

Die Besonderheit des jungen Heiner Lindner unter seinen Schulkameraden {Freund Hein, 1902) besteht vor allem in seiner unüberwindlichen Neigung zur Musik. D a­

mit geht eine Affinität zu — noch mehr: eine nach dem Geschmack der Zeit bio­

logistisch artikulierte innere Einheit m it — der N atur einher: „[...] die reine Be­

rauschung in der Kunst söhnte ihn mit aller Schinderei u n d Q ual der Zwangskultur aus“.256 (76) „Das Um herstreifen in Feld u n d Wald, die W onne: Menschenver­

nunft, Willen u n d Zweck zu vergessen, in wundersam klarem Rausche n ur noch Sinn u n d Gefühl u n d schuldlos sich dehnende Kraft zu sein gleich Pflanze und Getier, wie eine wandelnde Blume dem Drange des Windes u n d der Lockung der Sonne sich hinzugeben u n d doch zugleich die ganze Fülle des Lebens r u n d u m bewußt in sich zu trinken wie einen selbstgezogenen goldenen W ein [...]“ (76) — war sein ganzes Glück, a u f das er unter dem D ruck der äußeren Welt im m er m ehr verzichten m ußte. Diese äußere Welt versinnbildlicht sich hier weniger in der bürgerlichen’ Vaterwelt — der Vater ist selbst ein gebrochener und durch den Zwang der W elt zu m Bürger gewordener .Künstler’ — sondern eher in der Schule, die ihrerseits ganz im Lichte der Lagardeschen Kritik erscheint: ,„N on scolae sed vitae’:

[...] ja, sieht denn nicht jeder, daß sie mit diesem allerfrechsten Schwindel uns n ur Dreck in die O h re n schmieren, dam it wir die Stimme der V ernunft nich t hören!“

„Zeige m ir einen, der sich um das wahre Leben seiner Schüler auch n u r soviel umsähe wie um einen interpolierten Hexameter im Homer!“ (159) Die anderen sind die „G esunden“, die von N a tu r und Anlage her Angepaßten: „Sie waren gesundes, lautes Blut, u n d er stieß sich an ihnen, u n d ihre Gesundheit tat ihm weh, wie die Sonne den kranken Augen.“ (144) Der .Fremde’ in der Novelle ist ein gleichaltriger Junge, im ständigen K am pf mit der Schule, den er mit seiner darwinistischen Druch- setzungskraft besteht, ein Überlegener, er strahlt „stürmische, trotzig lachende, unverwundbare Kraft“ (168) aus: er, Karl Notwang, ist eine geborene und fertige Persönlichkeit. Diese Persönlichkeit in ihm wird von Heiner bewundert, ihre Kraft entm utigt u n d b a n n t ihn zugleich, wie er auch in seiner Erinnerung an den G ro ß ­ vater von der „Schönheit einer durch langes, schweres Leben sich rein u n d frei, stark u n d heiter entwickelnden Persönlichkeit“ (184) fasziniert ist. Das ist ein Zei­

chen der frühen Entstehungszeit der Novelle, ihrer Nähe zur Langbehnschen Ver­

kündigung: sie war 1900 schon fertig. Im K a m p f um die D urchsetzung seiner Per­

sönlichkeit erlebt er seine Krise: „[...] er fing an [...] sein Fühlen schwächlich und zimperlich, seinen Willen wachsweich, seine Lebens- u n d W iderstandskraft mark­

los zu finden — und mit einem Male erschien ihm alles, was er besaß u n d bisher wachsen gefühlt, werlos u nd fraglich, sein Streben und seine H offnung töricht und aussichtslos, schattenhaft, nicht nur unfähig bis zur O hnm ac ht, auch unberechtigt und unwürdig durch den Wust der Hindernisse durchzudringen, aufzutauchen und sich zu entfalten“. (169) Daß er d ann diese Krise nicht überleben kann u n d sich das Leben nim mt, ist eher eine Forderung des .Neuromantischen’ im Jugendstil und der Genreeeigenart der Novelle als eine der ideellen u n d künstlerischen Notwen­

digkeit.

In der Idee, nämlich im Widerspruch zwischen dem besonderen Einzelnen und der Welt wie auch in den einzelnen M om enten der Figuren- und Erzählstruktur ist Hesses Unterm R ad (190) mit Freund Hein m anchm al bis zur Verwechselbarkeit ähnlich. Andererseits kann es als eine novellistische Vorstudie, sogar als ein erster Versuch zu Demian angesehen werden, und zwar schon dadurch, daß hier der Ge­

gensatz zur Vaterwelt, zum .Bürgerlichen’ stärker betont und das Künstlerische ins Allgemeinere des .Träum erischen’ und .W ahrheitssuchenden’ verschoben wird.

Der Vater von Hans Griebenrath „besaß gleich ihnen [den anderen Erwachsenen) blinde Unterwürfigkeit gegen die ehernen Gebote der bürgerlichen W ohlanstän- digkeit“257(5), „sein inneres Leben war das des Philisters“ (5). er hegte „M ißtrauen gegen jede überlegene Kraft und Persönlichkeit und die instinktive, aus Neid er­

wachsene Feindseligkeit gegen alles Unalltägliche, Freiere, Feinere, Geistige [...]“.

(6) (Daß es in der Schilderung der Vaterwelt genaue Parallelen zu Thomas Truck u nd Einhart der Lächler gibt, fällt gleich auf; wie alle anderen zahlreichen Detail- Parallelen zu den anderen uns interessierenden Erzählwerken werden sie im ein­

zelnen nicht thematisiert.) Die Schule steht hier auch nicht für sich, sondern ist — wenn auch nicht so symbolträchtig wie inJakob von Gunten — ein Pars pro toto für die bürgerliche Welt bzw. die Gesellschaft überhaupt: für Zwang, für Unterdrückung, Knebelung, Mißgestaltung und Zerstörung der Persönlichkeit im Nam en der O rd ­ nung, der Regel, des grauen Alltags u nd des nivellierenden Allgemeinwohls: „Seine [des Lehrers] Pflicht u n d sein ihm vom Staat überantworteter Beruf ist es, in dem jungen Knaben die rohen Kräfte und Begierden der N atur zu bändigen und aus­

zurotten und an ihre Stelle stille, mäßige und staatlich anerkannte Ideale zu pflan­

zen. Wie mancher, der jetzt ein zufriedener Bürger und strebsamer Beamter ist, wäre o hne diese B em ühungen der Schule zu einem haltlos stürm enden Neuerer oder u n fru ch tb ar sinnenden Träumer geworden! Es war etwas in ihm, etwas Wil­

des, Regelloses, Kulturloses, das m ußte erst zerbrochen werden, eine gefährliche Flamme, die m ußte erst gelöscht und ausgetreten werden. Der Mensch, wie ihn die N atur erschafft, ist etwas Unberechenbares, Undurchsichtiges, Gefährliches. [...]

die Schule m u ß den natürlichen Menschen zerbrechen, besiegen und gewaltsam einschränken; ihre Aufgabe ist es, ihn nach obrigkeitslicherseits gebilligten G ru n d ­ sätzen zu einem n ützlichen Gliede der Gesellschaft zu machen u n d die Eigen­

schaften in ihm zu wecken, deren völlige Ausbildung alsdann die sorgfältige Zucht der Kaserne krönend beendigt.“ (50) Die Wirkung der Lagardeschen Staatskritik im Zeichen der Integrität der Persönlichkeit ist nicht zu verkennen; u n d noch u n ­ mittelbarer spüren wir seinen Geist in der Gegenüberstellung einer Theologie des Herzens der der Vernunft, eines seiner, des Theologen, markantesten Themen. Bei Hesse lautet es: „Es ist eben in der Theologie nicht anders als anderwärts. Es gibt eine Theologie, die ist Kunst, und eine andere, die ist Wissenschaft oder bestrebt sich wenigstens, es zu sein. Das war von alters so wie heute, u n d im m er haben die wissenschaftlichen über den neuen Schläuchen den alten Wein versäumt, indes die Künstler, sorglos bei manchem äußerlichen Irrtum verharrend, Tröster und Freud­

bringer für viele gewesen sind. Es ist der alte, ungleiche K am pf zwischen Kritik und Schöpfung, Wissenschaft und Kunst, wobei jene immer recht hat, ohne daß jemand dam it gedient wäre, diese aber im mer wieder den Samen des Glaubens, der liebe, des Trostes und der Schönheit und Ewigkeitsahnung hinauswirft und im mer wieder guten Boden findet. D enn das Leben ist stärker als der Tod, u n d der Glaube ist mächtiger als der Zweifel.“ (42)

Ein älterer Bruder Demians ist auch die positive Gegenfigur der Novelle, der Repräsentant der der bürgerlichen, persönlichkeitsfeindlichen entgegengesetzten anderen Welt, H e rm an n Heilner. Er unterscheidet sich von ih m n u r in der damals noch bescheideneren Erfahrungswelt des Autors im Reich des Irrationalen. „Hans bemerkte m it Erstaunen, wie für seinen Freund alle Dinge anders aussahen als für ihn. Für Heilner gab es nichts Abstraktes, nichts, was er sich nich t hätte vorstellen und m it Phantasiefarben bemalen können. Wo das nicht anging, ließ er alles m it U nlust liegen.“ (81) Er führt „revolutionäre Reden über Schule u n d Leben“ (83), er ist ein „unruhiger, scharfer Geist [...], der am Kloster, an Lehrern u n d Kameraden, am Wetter, am Menschenleben und an der Existenz Gottes Kritik übte (105) Trotzdem oder eben deshalb erfährt Hans Griebenrath in der Freundschaft mit ihm

„ein erhöhtes wärmeres Leben, mit dem das frühere nüchterne Pflichtdasein sich nicht vergleichen ließ“. (103)

Das Irrationale in der From des Unbekannten, aber Geahnten, des lockend Ver­

botenen, des Sündhaften und Unwiderstehlichen einerseits u n d des Zwielichtigen und Unterschwelligen andererseits als Teile der anderen Welt erscheint hier bei Hesse erstmals und weist zugleich a u f späteres hin. Das ist hier vor allem die Welt des Sexuellen und des Erotischen (übrigens auch in der A ndeutung des platonisch Homosexuellen) und ganz vornehm lich die Welt der Prostituierten, der zugleich der dunkle Zauber des Verrufenen und des Niedrigen anhaftet: D o rt „überkam ihn [...] eine wonnevoll grausige Beklemmung, eine Mischung von Neugierde, Furcht, schlechtem Gewissen u n d seliger A benteuerahnung“. Das war „der einzige O rt, an welchem etwa noch ein Märchen, ein W under, ein unerhörtes Schrecknis pas­

sieren konnte, wo Zauberei und Gespentsterwesen glaubhaft u n d wahrscheinlich war und wo m an dieselben schmerhaft köstlichen Schauder em pfinden konnte wie beim Lesen der Sagen und der skandalösen Reutlinger Volksbücher, welche von den Lehrern konfisziert wurde“. (136)

Der Abschluß der Geschichte, das zufällige Sterben des jungen Protagonisten, wird vielleicht noch mehr durch den Kanon der novellistischen Form bestim mt als bei Emil Strauß. Eine gewisse Notwendigkeit kann ihm insofern zugesprochen wer­

den, als der Autor anhand der Situation und aus der Situation heraus, in die er seine Figur geführt hat — er ist M echanikerlehrling geworden —, über seine Welt, zu deren Entdeckung er sich gerade angeschickt hat, kaum etwas hätte aussagen kön­

nen.

Robert Musil nim m t den thematischen Faden dort auf, wo ihn Hesse fallen ließ:

er konfrontiert seinen jungen Helden dem verstörend Ambivalenten und U nter­

schwelligen. Die Schule ist hier noch weniger Darstellungsgegenstand als bei Strauß und Hesse: sie ist n u r notwendiges und nebensächliches Accessoir, das natürliche und unausbleibliche Milieu des Lebens eines Menschen im Alter und beim sozialen Stand der Hauptfigur. (Abgesehen davon, daß sie zugleich das autobiographische Erfahrungsfeld des Autors ist.) Auch tiefergreifende Unterschiede der Gestaltungs­

weise ließen sich feststellen: Die P ro p o rtio n des funktioneilen Gewichts des le­

bendigen Erzählstoffs und des erklärenden Kommentars kippe zugunsten des letz­

teren um, die H a n d lu n g im weitesten Sinne des Terminus scheint nur Anlaß oder m anchm al sogar n u r Vorwand für — wir wagen das W ort — Erörterungen. Das Ü b e rh a n d n e h m e n des Reflexiven verleiht dem Werk einen essayistischen C h a­

rakter, der Gegenstand der Reflexionen einen psychologischen. Das kann den Be­

trachter durchaus berechtigen, andere als unsere Kategorisierungsbahnen einzu­

schlagen, die in der Literatur über den R om an des 20. Jahrhunderts sonst auch üblich sind, also in diesem Falle etwa über .essayistischen’ oder .psychologischen’

R om an zu sprechen. Das ist durchaus möglich und kann für die Erkenntnis von N utzen sein.

Dies alles ändert jedoch nichts an der kategoriellen Substanz des Werkes, der Darstellung der K on fro n tatio n mit der anderen Welt oder m it der anderen Hälfte der Welt. Hier geht es sogar um deutlich umrissene zwei Bereiche u n d um das weltanschauliche Erlebnis der Erkenntnis und Erfahrung des zweiten. U n d um noch etwas, was d a n n bei der weiteren Entfaltung des Genres ein zentrales Thema sein wird: darum nämlich, daß die zwei Hälften zwar gedanklich sauber zu trennen sind, nich t aber im Erlebnis. Zwar liegt „zwischen dem Leben, das m an lebt, und dem Leben, das m an fühlt, ahnt, von ferne sieht, [...] wie ein enges T or die unsicht­

bare Grenze“258 (113), „[...] was wir“ aber „in einem Augenblick ungeteilt u n d ohne Fragen erleben, wird unverständlich u n d verwirrt, wenn wir es mit den Ketten der Gedanken zu unserem bleibenden Besitze fesseln wollen“. (68) Es geht also nicht n u r darum , daß außerhalb des Rationalen auch das Irrationale gleichgewichtig da ist, sondern daß Rationales und Irrationales gleichzeitig u n d unzertrennbar das Ganze ausmachen. U n d das ist, bei Musil, die Existenzgrundlage des Menschen, der G ru n d der Grundlosigkeit seiner Existenz: seine substantielle Befindlichkeit.

Diese Ambivalenz, die erst das Ganze hervorbringt, ist das gemeinsame C h a­

rakteristikum jeder konkreten oder geistig-inneren Episode des Werks, der „Ver­

w irrungen“, der Anlässe u n d Vorwände der Reflexionen. N icht das Erlebnis der Prostitution oder der Hom osexualität an sich ist von Belang, sondern die D o p ­ peldeutigkeit, die kontroverse E in bindung des Sexuellen ins menschliche Leben überhaupt: Es ist doch bei der Prostituierten u n d der eigenen Mutter, im Bordell u n d im elterlichen Schlafzimmer, in der Befriedigung m it einem M an n oder mit einer Frau dasselbe. N icht (oder nicht nur) die imaginären Zahlen an sich sind verstörend, sondern daß sie aus dem Greifbaren abgeleitet werden k ö n n en und zum Greifbaren führen; nicht die schockierende u n d befremdliche Verhaltens­

weise anderer allein bringt uns in Verwirrung, sondern und noch mehr, daß dieses

Fremde auch uns selbst innewohnt. In allem ist zur gleichen Zeit da, „was durch die Kraft irgendwelcher Erfinder an ein harmloses, erklärendes W ort gefesselt war, und etwas ganz Fremdes, das jeden Augenblick sich davon loßzureißen d ro h te “.

(67) Die Welt ist zum Teil erklärbar, zum Teil unabänderlich irrational: „Ein Ge­

danke — er mag schon lange vorher durch unser H irn gezogen sein, wird erst in dem M om ente lebendig, da etwas, das nicht m ehr Denken, nicht mehr logisch ist, zu ihm h inzutritt, so daß wir seine W ahrheit fühlen, jenseits von aller Rechtfer­

tigung [...]. Eine große Erkenntnis vollzieht sich n u r zur Hälfte im Lichtkreise des Gehirns, zur anderen Hälfte in dem dunklen Boden des Innersten [...].“ (144/145)

„[...] es gibt feine, leicht verlöschbare Grenzen rings um den Menschen, fiebernde Träume schleichen um die Seele, die feste Mauern zernagen u n d unheim liche Gas­

sen aufreißen [...]“. (148)

Die R om anhaftigkeit des Törleß besteht auch im Abschluß des Erfahrungswegs.

Er erinnert dadurch, daß er eine Erkenntnis fürs Leben enthält, wenn diese Er­

kenntnis auch die Erkenntnis der U nerkennbarkeit der Welt ist, an die welthaltige Erfüllung der Weltanschauungsromane. A u f jeden Fall ist sie eine höhere Stufe nach der W eltunerfahrenheit des Anfangs und der O h n m a c h t inm itten der Erfah­

rungen. In dem Satz ist die Welt enthalten und aufgehoben, wenn auch m it einer relativen Gültigkeit, indem sie als etwas akzeptiert wird, was nicht bewältigt werden kann: „Die Dinge sind die Dinge und werden es wohl immer bleiben; und ich werde sie wohl im m er bald so, bald so ansehen. Bald m it den Augen des Verstandes, bald m it den anderen [...].“ (146)

t

VIII.

Verwandtes: zwei Klassiker

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