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5 Minderheitenrechte in Ungarn und seinen Nachbarstaaten

5.8 Minderheitenrechte in Slowenien

Der Staat Slowenien entstand mit der Unabhängigkeitserklärung am 25. Juni 1991 und hat nur einen sehr kleinen Anteil von Minderheiten (um die 10 Prozent). Damit gehört er zu den homogenen Nationalstaaten in Europa. Bereits in der Verfassung (Art 5, 61, 62 und 64) wurden die kleine ungarische (etwa 0,3 Prozent) und italienische Minderheit (circa 0,2 Prozent) als nationale Minderheit anerkannt und den Roma (etwa 0,5 Prozent)

469 Marko/Geistlinger, S. 39-55

470 Ebd., S. 56

471 Ebd., S. 25

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der Status einer ethnischen Gruppe verliehen. Die kollektiven und individuellen Rechte der Ungarn und Italiener werden klar in der Verfassung und in über 70 weiteren Gesetzen (Gerichtsgesetz, Rundfunkgesetz, Wahlgesetz) festgelegt. Die weitgehende Absicherung der Rechte ist eine Fortführung des Minderheitenschutzes des ehemaligen Jugoslawiens. Anderen Minderheiten, die durch das Entstehen des neuen Staates entstanden sind (Serben, Muslime, Kroaten usw.) wurden nicht nur nicht als Minorität anerkannt, sondern verloren durch Aberkennung auch teilweise ihre Staatsbürgerschaft und wurden zu illegalen Einwanderern.472 Dies führte insbesondere mit Kroatien zu Verstimmungen, da die kroatische Minderheit wie auch die serbische einen größeren Anteil der Bevölkerung ausmacht, als die Italiener und Ungarn. Die Frage der kleinen deutschsprachigen Minderheit änderte sich 2003, als diese im Art. 61 der slowenischen Verfassung ausdrücklich anerkannt wurde. Weitere Schritte wurden allerdings nicht unternommen.473

Ungarisch und Italienisch sind als Amtssprache (Art. 11 Verfassung) anerkannt, alle öffentlichen Institutionen arbeiten bilingual und auch im Schulwesen ist das Lernen in der Muttersprache gesichert. Die Teilnahme am Gesetzgebungsprozess ist auf lokaler (Recht auf lokale Selbstverwaltung)474 und nationaler Ebene geregelt, wobei die Ungarn und Italiener einen gesicherten Sitz im Parlament (Art. 80 Abs. 3 Verfassung) haben und den Minderheitenvertretern sogar ein Vetorecht bei Gesetzen und allgemeinen Rechtsvorschriften zukommt (Art. 64 Abs. 5), welche die Minderheit betreffen.475 Positive Diskriminierung ist erlaubt.476 Die Rechte der beiden autochthonen Minoritäten sind ungeachtet der Anzahl der Minderheitenangehörigen gesichert.477 Die italienischen und ungarischen Minderheiten haben außerdem das Recht ihre nationalen Symbole zu verwenden, Organisationen zum Erhalt ihrer nationalen Identität zu gründen, Be-ziehungen zu den Muttervölkern und Staaten zu pflegen und Tätigkeiten im Bereich der

472 Zorn, Jelka (2009): »Slovenia. Ethnic exclusion in a model accession state«, in: Bernd Rechel (Hg.), Minority rights in Central and Eastern Europe, London [u.a.]: Routledge, S. 210–224., S. 210-215

473 Marko, Joseph/Geistlinger, Michael/Baltic, Nina: Minderheitenschutz im östlichen Europa: Slowenien.

Berichte zur rechtlichen Ausgestaltung des Minderheitenschutzes. Forschungsprojekt des Instituts für Ostrecht der Universität zu Köln, www.uni-koeln.de/jur-fak/ostrecht/minderheitenschutz/Vortraege/

Slowenien/Slowenien_Geistlinger.pdf vom 13.07.2014., S. 7-9

474 Stres, Anton (1993): »Die Lage der Minderheiten in Slowenien«, in: Ingeborg Gabriel (Hg.), Minder-heiten und nationale Frage, Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften, S. 215–217, S. 216

475 Marko/Geistlinger/Baltic, S. 19

476 Zorn (2009), S. 210-215

477 Stres (1993), S. 217

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Wirtschafts-, Kulturforschung, sowie dem öffentlichen Verlags- und Nachrichtenwesen nachzugehen.478 In Art. 64 der Verfassung werden ihnen außerdem subjektive Gruppen-grundrechte gewährt, wodurch kollektive Rechte in der Verfassung verankert wurden.479

Bei der Wahl der Selbstverwaltung der autochthonen Minderheiten sind spezielle Wahlkreise zu bilden, und die Wähler in nationale Wählerverzeichnisse aufzunehmen.

Diejenigen Minderheitenangehörigen, die nicht im Wahlkreis beheimatet sind, können auf Antrag in die Wählerverzeichnisse eingetragen werden. Damit wird das Territorialitäts- und Personalitätsprinzip vermischt. Verantwortlich für die Anlegung der Wählerverzeichnisse sind die jeweiligen Selbstverwaltungsgemeinschaften. Die Koordi-nation für die Angelegenheiten und Tätigkeiten der Minderheiten übernimmt das Büro für Volksgruppenangelegenheiten, welches im Apparat der slowenischen Regierung beheimatet ist.480

Durch den Beitritt zum Europarat (1993) wurden in Slowenien die Europäische Menschenrechtskonvention und deren Zusatzprotokolle 1994, das Rahmenübereinkom-men zum Schutz nationaler Minderheiten (1998) und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (2000) ratifiziert. Auch die im Rahmen der UN geschlossenen Menschenrechtskonventionen sind bereits ratifiziert und so ist seit 1991 auch der IPBPR und ICESCR in Kraft.481 Mit dem Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 2007 hat Slowenien den Rechtskatalog der EU in nationales Recht übernommen.

Außerdem verabschiedete das Parlament 2007 den Act Implementing the Principle of Equal Treatment, welcher die Antidiskriminierungsrichtlinien der EU umsetzt und mittelbare und unmittelbare Diskriminierung verbietet.482 Die slowenische Regierung ist insbesondere daran interessiert den Minderheiten Österreichs, Italiens und Ungarns vollen Minderheitenschutz zu gewähren, damit auch die slowenischen Minderheiten in diesen Ländern selbigen erreichen.483

478 Polzer, Miroslav (2001): Ethnische Minderheiten in Slowenien, in: Der Donauraum (3), S. 43–54, S. 50

479 Marko/Geistlinger/Baltic, S. 18

480 Ebd., S. 40-44, Das Wahlrecht wurde 2002 aufgrund eines Verfassungsgerichtsbeschlusses geändert, der das Fehlen der Kriterien für die Aufnahme in die Wählerverzeichnisse bemängelte.

481 Ebd., S. 44-45

482 Zorn (2009), S. 210-215

483 Stres (1993), S. 215

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Schwierigkeiten bestehen noch mit den Rechten der Roma und den Staatenlosen,484 da die Rechte der Roma nicht durch die Verfassung, sondern (nur) durch Gesetz geregelt werden.485 Ansonsten kann gesagt werden, dass Slowenien einen umfangreichen und über den Mindeststandard der Europäischen Union hinausgehenden Minderheitenschutz gewährleistet.

5.9 Zusammenfassung

Die Minderheitenregelungen in Ungarn und seinen Nachbarstaaten Österreich, Slowakei, Ukraine, Rumänien, Serbien, Kroatien und Slowenien sind rein deklarato-risch auf ähnlichem, wenn nicht sogar gleichem Stand. Durch die Mitgliedschaft in der UN sind in allen Ländern die UN-Charta, die Völkerrechtskonvention, das IPBPR und ICESCR gültig, wenn auch nicht alle Länder alle Zusatzprotokolle des ICESCR ratifiziert haben. Seit 2003 (Beitritt Serbiens) gehören auch alle Länder dem Europarat an und haben die EMRK, die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitenspra-chen und des Rahmenabkommens zum Schutz nationaler Minderheiten unterzeichnet.

Die Empfehlung 1201 wurde hingegen nur von Ungarn unterzeichnet und findet in einigen Grundlagenverträgen mit den Nachbarstaaten Erwähnung. Dazu später mehr (siehe 8.1.1, 8.2.1). Bis auf Serbien und die Ukraine sind in den Ländern des Weiteren die Regelungen der Europäischen Union und die in den Verträgen und der Charta der Grundrechte verbrieften Rechte in Kraft. Auch die 2000 geschaffene Antirassismus-Richtlinie ist bereits in den Staaten umgesetzt. Serbien hat inzwischen den Status eines Beitrittskandidaten (2012) erhalten und ist in die Verhandlungen eingetreten. Daher kann gesagt werden, dass hier zusätzlich zu den bereits gewährten internationalen Minderheitenrechten auch in absehbarer Zukunft der Minderheitenschutz der EU bestehen wird.

Auf nationaler Ebene zeigt die Analyse der bestehenden Rechte, dass in den meisten Ländern auf dem Papier umfassende Schul-, Sprach-, Bildungs- und politische Mit-wirkungsrechte existieren. Die internationalen Minderheitenstandards werden in allen Ländern, auch in der Ukraine und Serbien gewährleistet. Ungarn und Slowenien liegen

484 Zorn (2009), S. 210-215

485 Polzer (2001), S. 50-51, 53

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sogar über den Standards. Eine Ausnahme stellt Rumänien dar, in dem bis heute ein Minderheitenschutzgesetz fehlt. Jedoch werden in den Grundlagenverträgen mit den rumänischen Nachbarstaaten, wie auch Ungarn (siehe 8.1.1, 8.2.1) umfassende Schutzrechte für die jeweilige Minderheit gewährt.

Problematisch ist die Frage der Individual- und Kollektivrechte. Ungarn und Slowenien gewähren beides. In Kroatien fand ein Rückschritt statt als die noch in der Charta der Serben und anderen Nationalitäten gewährten Kollektivrechte im Nationalitätenverfas-sungsgesetz verschwanden. Die Slowakei und Rumänien stellen sich klar gegen das Konzept der Kollektivrechte für Minderheiten.

Die Möglichkeit der positiven Diskriminierung existiert in den Regelungen in Ungarn, der Ukraine, Serbien, Slowenien und Kroatien. Es gibt dabei jedoch Einschränkungen:

Kroatien geht dabei von einem individuell rechtlichen Ansatz aus, Serbien beschränkt die Förderungsmaßnahmen auf das Erreichen ihres Zieles und die Ukraine genehmigt ein positives Handeln im Bereich der Sprachen. Rumänien und die Slowakei schließen eine positive Diskriminierung prinzipiell aus, da selbige für sie gegen den allgemeinen Schutzauftrag des Staates gegenüber allen Staatsbürgern verstoßen würde. Eine positive Diskriminierung würde in diesem Sinne nämlich gegenüber den anderen Bürgern eine Ungleichbehandlung und damit eine Diskriminierung bedeuten.

Autonomiekonzepten stehen die Ukraine, die Slowakei und Rumänien kritisch bis abweisend gegenüber. In Serbien gab es einen Wandel von der Auflösung der Autonomierechte für die Provinzen Vojvodina und Kosovo, bis zur Neuerrichtung der autonomen Region Vojvodina. In Kroatien, Slowenien und Ungarn gibt es in ver-schiedener Ausprägung eine Territorial- oder Kulturautonomie.486

486 Brunner (1996), S. 132-149

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