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3   Theoriegeleitete Analyse der Auslaufphase (Beantwortung der Forschungsfrage)

3.1   Die Theorie der Pfadabhängigkeit

3.1.3   Kritische Beurteilung der Theorie der Pfadabhängigkeit

Die Theorie der Pfadabhängigkeit wird auch kritisiert. Erstens steht die Art der Theo-riebildung in der Kritik. Die Pfadabhängigkeit ist eine Post-hoc-TheoTheo-riebildung: Es wird großes Gewicht gelegt auf die Entwicklung von Erklärungen für bekannte Fakten.

Dabei werden oft keine allgemeinen Hypothesen gebildet, welche gegenüber anderen Phänomenen getestet werden könnten, um die empirische Signifikanz des Konzepts festzustellen.236

Weiterhin richtet sich die Kritik gegen die These, positive Rückkopplungen könnten zu Evolutionsversagen führen bzw. wird der Begriff der Netzexternalitäten einer kritischen Prüfung unterzogen.237 Wenn die individuellen Kosten des Wechsels von einem wenig effizienten zu einem effizienteren Standard zu hoch sind, dann ist das Festhalten am alten Standard für die Akteure kein ineffizienter Zustand.238

Mit Blick auf den Mechanismus der „increasing returns“ wird argumentiert, dass sich adaptive Erwartungen gegen Etabliertes wenden können oder dass aufgrund von Ände-rungen der „Umwelt“ Skalenerträge möglicherweise nicht mehr weiter zunehmen, was die Kosten des Wechsels verringert. Für den Mechanismus der Sequenzierung gilt, dass einmal eingetretene Ereignisse nicht reversibel sind. Das bedeutet aber nicht, dass der sich abzeichnende Entwicklungspfad gar nicht verlassen werden kann. Frühere Ereig-nisse strukturieren zwar mögliche zukünftige Alternativen, sie schließen aber einen weitgehenden Wandel, wenn er in einer graduellen Sequenz erfolgt, nicht aus.239

236 Vgl. WETZEL (2005), S. 29.

237 Vgl. ACKERMANN (2001), S. 73 ff.

238 Vgl. LIEBOWITZ/MAGOLIS (1990) und WERLE (2007).

239 Vgl. EBBINGHAUS (2005).

eller sequenzieller Wandel ist möglicherweise sogar der einzige Weg, auf dem letztlich relativ weitgehende Änderungen erreicht werden können.240

Eine weitere Schwäche der Theorie der Pfadabhängigkeit offenbart sich bei der Anwen-dung auf ganze Wirtschaftssysteme oder politische Systeme. Zum einen ist es nicht aus-reichend, einfach auf „typische zunehmende Erträge“ von Institutionenmatrizen241 zu verweisen, da damit das zu Erklärende bereits vorausgesetzt wird. Zum anderen dürfte sich eine genaue Rekonstruktion der komplexen Institutionenmatrizen zum Zwecke der Darstellung der zunehmenden Erträge in der Praxis als sehr schwierig erweisen.242 3.2 Pfadabhängigkeit der Entscheidungsprozesse beim Auslaufmanagement Nach der detaillierten Beschreibung der Theorie der Pfadabhängigkeit wird in diesem Kapitel die Entstehung von Pfaden im Auslaufmanagement anhand des in Abbildung 3-1 dargestellten Vier-Phasen-Modells der Theorie der Pfadabhängigkeit untersucht: die Vorphase einer Pfadentstehung (Kapitel 3.2.1), die Phase der positiven Rückkopplun-gen (Kapitel 3.2.2), die Phase der Pfadabhängigkeit (Kapitel 3.2.3) und die Phase der Pfadabbrechung (Kapitel 3.2.4).

3.2.1 Die Vorphase einer Pfadentstehung

In Bezug auf das Auslaufmanagement existieren positive Rückkopplungen bereits in der Entwicklungs-, Produktanlauf- und Marktphase. Allerdings sind in dieser Vorphase noch alle möglichen Ausgänge für den Prozess des Auslaufmanagements offen. So auch die Möglichkeit eines effektiven Produktauslaufes. Gleichzeitig mit der Marktphase beginnt die Nachserienphase. Obwohl diese Phase nach der Serienauslaufphase endet, bewirkt sie doch auch diverse positive Rückkopplungen für das Auslaufmanagement und gehört dadurch zur Vorphase einer Pfadentstehung.

3.2.2 Phase der positiven Rückkopplungen

In der Phase der positiven Rückkopplungen kommt es zur eigentlichen Pfadbildung.

Ausgelöst durch die kritische Gabelung, treten zu Beginn der zweiten Phase erstmals positive Rückkopplungseffekte auf. Diese sind der Grund für die Verschiebung der Wahrscheinlichkeitsverteilung hin zur Durchsetzung eines bestimmten

240 Vgl. WERLE (2007).

241 Die sogenannte Institutionenmatrix stellt ein Ordnungssystem aus formalen und informellen Instituti-onen, Regeln, Freiheitsgraden und Opportunitäten dar, das die Aktivitäten seiner Akteure nach Art, Inhalt, Richtung und Betrag vorsteuert. Vgl. MICHALSKI/RASCHE (2002), S. 27.

242 Vgl. WETZEL (2005), S. 31.

ses. Je stärker die positive Rückkopplung wirkt und je stärker sich die Wahrscheinlich-keitsverteilung zugunsten eines Prozessergebnisses ändert, desto größer wird im Pro-zessverlauf auch die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Prozessergebnis am Ende realisiert wird.243

Abhängigkeiten zwischen der Entwicklungsphase und dem Serienauslauf

Die Entwicklungsphase erstreckt sich von der ersten Idee eines neuen Produktes bis zum Abschluss der Entwicklung.244 In dieser Phase wird entschieden, welches Produkt bzw. welches Produktsortiment mit welcher Produktionstechnik hergestellt wird. Die Effektivität der Auslaufphase kann im Entwicklungszyklus dadurch erhöht werden, dass standardisierte Produkte oder Produktsortimente entwickelt werden und die Produkti-onstechnik auch nach der Umstellung in der Lage ist, Ersatzteile sowohl für das alte als auch für das neue Produkt herzustellen. Voraussetzung dafür ist, dass die Produktions-technik bzw. die Einzelteile gewisse Ähnlichkeiten zum vorhandenen Produktsortiment aufzeigen.

Während der Entwicklungsphase eines neuen Produkts müssen auch die zum Produkt gehörenden Ersatzteile bzw. das Ersatzteilsortiment definiert und technisch freigegeben werden. Wenn beim Ersatzteildesign und bei der Sortimentsdefinition auch die Ersatz-teillogistik eingebunden ist, können dadurch Folgekosten in der Auslaufphase und bei der Ersatzteilversorgung reduziert werden. Zu berücksichtigende Faktoren sind bei-spielsweise ein höherer Anteil von Gleichteilen bei Serien- und Ersatzteilprodukten, die Herstellbarkeit nach dem Serienauslauf und die eventuelle Rückwärtskompatibilität von Fertig- und Einzelteilen mit Vorgängerprodukten.

Weiterhin findet in der Entwicklungsphase die Auswahl der Lieferanten statt. Da ein effektives Auslaufmanagement in der gesamten Supply Chain nur durch enge Koopera-tion zwischen den Supply Chain-Akteuren möglich ist, erhöhen langjährige auf gegen-seitigem Vertrauen basierende, stabile Lieferantenbeziehungen mit Entwicklungspart-nerschaften und guter Kommunikation die Effektivität der Auslaufphase. Weiterhin ist es wichtig, die Produktionstechnik der Lieferanten zu berücksichtigen: Ob der Lieferant nach dem Produktauslauf weiterhin in der Lage ist, die Einzelteile regelmäßig nachzu-fertigen oder wegen des Um-/Abbaus der Produktionslinie die Produktion eines Ab-schlussloses benötigt wird. Neben dem Um-/Abbau der Produktionslinie kann auch die Wirtschaftlichkeit der Produktionslosgröße ein Grund für die Produktion eines

243 Vgl. SCHREYÖGG (2008).

244 Siehe auch Kapitel 2.1.

schlussloses sein: Es könnte vorkommen, dass die Menge des kleinsten wirtschaftlichen Produktionsloses alle Bedarfe der Nachserienprognose abdeckt.

Abhängigkeiten zwischen der Anlaufphase und dem Serienauslauf

Die Methode des radikalen Wechsels245 beinhaltet große Risiken für das Auslaufma-nagement, wenn Produktion und Lieferanten nicht über die gewünschte Flexibilität ver-fügen. Im Falle einer Erhöhung des Produktionsvolumens kann eventuell die Produktion nicht mit Einzelteilen versorgt werden und im ungekehrten Fall entstehen bei Reduzie-rung des Produktionsvolumen Auslaufüberhänge.

Die Methode der Blockumstellung und die Leerhängemethode ermöglichen einen soge-nannten „Running Change“, die Umstellung auf das Nachfolgerprodukt nach Aufbrauch der produktspezifischen Einzelteile. Dies bedeutet eine flexible Antwortmöglichkeit auf Veränderungen bei Kundenabrufen und damit im Ergebnis eine Erhöhung der Kunden-zufriedenheit. Anderseits wird damit auch ein Serienauslauf ohne Auslaufüberhänge möglich.

Abhängigkeiten zwischen der Marktphase und dem Serienauslauf

Die Effektivität der Produktauslaufphase hängt wesentlich von der Koordination und dem Informationsfluss zwischen den Mitgliedern der Supply Chain ab. Der Informati-onsfluss umfasst dabei nicht nur die Informationen über den geplanten Produktauslauf, sondern auch die Abstimmung und Planung von Liefermengen und zu erreichenden Ist-Lieferfortschrittszahlen. Die Informationsbereitstellung kann zentral und dezentral er-folgen. Der zentrale Informationsaustausch bedeutet, dass die Information zentral für mehrere Supply Chain-Partner gleichzeitig erfolgt, z. B. im Rahmen von Lieferantenta-gen. Beim dezentralen Informationsaustausch wird die Information nur zwischen je-weils zwei Supply Chain-Partnern weitergegeben.246 Die Stufen des Informationsaus-tausches zwischen den Supply Chain-Partnern ist in Tabelle 3-3 dargestellt.

245 Zu den Methoden der Umstellung siehe Kapitel 2.3.3.

246 Vgl. JEHLE/KACZMAREK (2003), S. 9.

Tabelle 3-3: Stufen des Informationsaustausches (Quelle: JEHLE/KACZMAREK (2003), S. 8)

Grundvoraussetzung für die effektive Supply Chain-Koordination ist eine über die Ein-zeloptimierung hinausgehende Planung durch einen wechselseitigen Informationsaus-tausch zwischen den Supply Chain-Partnern, die sich nicht nur auf die Übermittlung von Bestellungen beschränkt. Auf der zweiten Stufe führen die Unternehmen individu-elle Planungen durch, bei denen die bereitgestellten Informationen, z. B. Kapazitätsda-ten, mit einbezogen werden. Die lokalen Planungen werden auf der dritten Stufe um einen Abstimmungsprozess zwischen den Unternehmen ergänzt.247 Für das effektive Auslaufmanagement ist dieser Informationsaustausch unerlässlich.

Das Weitergeben von Informationen bzw. die Supply-Chain-übergreifende Koordinati-on werden oft durch diverse Hemmnisse erschwert. Ein hemmender Faktor ist die Angst vor der Preisgabe von Know-how. Zur Koordination ist meist der Austausch von sensib-len Unternehmensdaten erforderlich, was bei fehsensib-lendem Vertrauen zwischen den Supply Chain-Partnern die effektive Kommunikation verhindert. Ein weiterer hemmender Fak-tor ist die fehlende Bereitstellung der benötigten Technologie/Plattform für den Infor-mationsaustausch oder von ausreichend geschultem Personal, das den Handlungsbedarf rechtzeitig erkennt.248

Zielsetzung Art und Inhalt der Informationen Stufe 1 Einseitiger

Informationsaustausch

Lokale Optimierung − Bedarfe

− Bestellungen Stufe 3 Abstimmung der Planung Lokale Optimierung

un-ter Berücksichtigung Stufe 4 Zentrale Planung Globale Optimierung − Bedarfe

− Bestellungen

− Kapazitäten

− Lieferpläne

Weiterhin beeinflussen das Liefervolumen und die Lieferhäufigkeit die Effektivität der Auslaufphase. Je höher das Liefervolumen ist bzw. je seltener geliefert wird, desto wahrscheinlicher ist die Entstehung von Auslaufüberhängen. Bei hohem Liefervolumen erfordern beispielsweise schon geringfügige Bedarfsschwankungen große Flexibilitäts-anforderungen an die Lieferanten. Bei seltenen Lieferungen erhöht sich die Gefahr von nicht ausreichender Kommunikation zwischen den Supply Chain-Partnern rasant.

Die Länge der Auslaufphase wird von der längsten Wiederbeschaffungszeit249 eines Ein-zelteiles bestimmt: Die Auslaufkoordination muss früher begonnen werden als der Be-stellzeitpunkt des letzten Loses. Zu einem späteren Zeitpunkt sind wegen der Material-freigabe an den Lieferanten die bestellten Mengen nicht mehr oder nur zu hohen Kosten zu ändern. Das bedeutet aber auch, dass in diesem Zeitraum eine flexible Antwort auf die Änderungen des Kundenbedarfes auch nur mit einer erhöhten Kostenbereitschaft und eventuellen Auslaufüberhängen möglich ist.

Die Verschrottungskosten auf Supply Chain-Ebene verändern sich durch die Modifizie-rung der Abnahmefrist aus Material- und Produktionsfreigaben nicht. Eine Verkürzung der Abnahmefrist seitens des Kunden ist aber auf jeden Fall vorteilhaft, da sich das auf die Verteilung der Verschrottungskosten zwischen den Unternehmen auswirkt: durch die Verschiebung der Kosten vom Kunden zum Lieferanten. Somit kann ein Unterneh-men alleine durch die Anpassung der vertraglichen RahUnterneh-menbedingungen und ohne den Einsatz neuer Koordinationsmechanismen die Auslaufkosten verringern.250

Die kurzfristigen Bedarfsänderungen im Produktauslauf können auch zu erhöhten Aus-laufüberhängen und/oder zu erhöhten Kosten der Auslaufphase führen. Bei kurzfristigen Reduzierungen werden diese Kosten einerseits durch den so genannten Bullwhip-Effekt251 verursacht, anderseits von der Vorproduktion der früher vorhandenen Bedarfe.

Für die Lieferperformance und die Anzahl der notwenigen Rüstvorgänge ist es vorteil-haft, wenn die vor der Reduzierung bekannten täglichen Restbedarfe bis zum Auslauf-stichtag des Abschlussloses zusammengefasst und im Voraus produziert werden. We-gen der kurzfristiWe-gen Bedarfsreduzierung entstehen aus dieser vorproduzierte Menge die

249 Siehe auch Kapitel 2.1.

250 Vgl. OSTERTAG (2008), S. 200 ff.

251 „In Lieferketten lässt sich beobachten, dass trotz relativ geringer Nachfragevariabilität auf der End-kundenseite sowohl Bestellmengen wie auch Lagerbestände auf den höheren Stufen der Lieferkette großen Schwankungen unterliegen. So führen aufgrund von Störungen und Verzerrungen bei der Übermittlung des Bedarfs bereits kleine Änderungen der Endkundennachfrage stromaufwärts in der Lieferkette zu immer größeren Ausschlägen in den Bestellmengen.“ Dieses Phänomen wird als Bull-whip-Effekt bezeichnet. RIEMER (2008). Vgl. LEE/PADMANABHAN/WHANG (1997),S.93

Auslaufüberhänge, die aufgrund der Produktion- und Materialfreigaben vollständig vom Kunden getragen werden müssen. Bei kurzfristigen Bedarfserhöhungen sind die erhöh-ten Koserhöh-ten der Auslaufphase als Sonderbeschaffungskoserhöh-ten anzusehen, um die Produk-tion aufrechtzuerhalten und die produktspezifischen Einzelteile kurzfristig zu beschaf-fen.

Qualitätsbeanstandungen können einerseits abrupte, unplanbare Produktausläufe und/oder Produktänderungen verursachen. Anderseits erschweren Qualitätsbeanstan-dungen die Kommunikation und Abstimmung des Produktauslaufs bei eventuellen Wa-renretouren. Da nicht nur die ausgelieferte und unterwegs befindliche Ware in der Aus-laufkalkulation berücksichtigt werden muss, sondern auch die Waren, die sich vom Kunden unterwegs zurück zum Hersteller oder gerade in Umarbeitung befinden, ist die Kommunikation mit Hilfe von Ist-Lieferfortschrittszahlen252 nicht mehr oder nur schwer möglich. Die Qualitätsbeanstandungen sind nicht vorhersehbar, aber mit einem geregel-ten Ablauf und klaren Verantwortlichkeigeregel-ten ist die negative Auswirkung der Qualitäts-beanstandung auf die Auslaufphase reduzierbar.

Grundvoraussetzungen für ein effektives Auslaufmanagement ist die richtige Bestands-führung von Einzel- und Fertigteilen, die Vermeidung von Bestandsdifferenzen und die rechtzeitige Änderung von Bestellparametern. Da häufig der prognostizierte Nachfrage-verlauf (Lagerabgang) nicht mit dem tatsächlichen NachfrageNachfrage-verlauf und die geplanten Anlieferungen der Güter (Lagerzugang) nicht mit den tatsächlichen Anlieferungen übereinstimmen, muss als zusätzlicher Bestand noch ein Sicherheitsbestand auf Lager gehalten werden.253 Für das effektive Auslaufmanagement ist es erforderlich, dass die Bestandsdifferenzen regelmäßig bereinigt werden bzw. die Sicherheitsbestände bei der Kalkulation von offenen Bedarfen berücksichtigt und die Bestellparameter der Bestell-losgröße angepasst werden: Die letzte Bestellmenge darf nicht mehr auf eine volle Ver-packungseinheit aufgerundet werden, sondern soll sich an den tatsächlichen offenen Bedarfen orientieren.

Der Planungszyklus sagt aus, wie häufig das Unternehmen seine Planungen durchführt bzw. aktualisiert. Bei einem Planungszyklus von einem Tag werden die

252 Unter einer Fortschrittszahl wird die kumulative Darstellung von Mengen über die Zeit verstanden, wobei als Mengeneinheit in den meisten Fällen „Stück“ angegeben wird. Eine Ist-Fortschrittszahl kennzeichnet die Menge eines Bauteils, die insgesamt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. Ter-min tatsächlich disponiert bzw. bereitgestellt oder gefertigt worden ist. Vgl. HEINEMEYER (1994), S. 223 und OSTERTAG (2008), S. 124 f.

253 Vgl. PFOHL (2004a), S. 101.

pläne innerhalb eines Tages an die Bedarfsänderungen angepasst254, womit der Wert der Auslaufüberhänge reduzierbar ist: Auch wenn die Abnahmeverpflichtung Richtung Lie-ferant nicht mehr geändert werden kann, ist der Wert der gesamten Einzelteil-Auslaufüberhänge niedriger, als wenn diese Einzelteile zu Fertigteilen aufgebaut wur-den, da die Produktionsplanung nicht rechtzeitig auf die Bedarfsänderung reagiert hat.

Abhängigkeiten zwischen der Nachserienphase und dem Serienauslauf

Abhängig von der gewählten Ersatzteilstrategie beeinflusst auch die gewählte Versor-gungsstrategie der Nachserienphase die Serienauslaufphase, obwohl diese erst nach dem Serienauslauf stattfindet. Die diversen Versorgungsstrategien255 bedeuten auch unter-schiedlichen Handlungsbedarf für das Auslaufmanagement im Logistiksystem sowie in der gesamten Supply Chain.

Bei der Eindeckung mit Allzeitbedarf (Produktion eines Serienabschlußloses) oder bei interner oder externer Nachfertigung können Auslaufüberhänge aus der Serienprodukti-on zur Abdeckung des Ersatzteilbedarfes verwendet werden. Da aber die Bedarfsprog-nosen für Ersatzteile eine sehr hohe Varianz aufweisen und von zahlreichen Einfluss-größen abhängen,256 können die Auslaufüberhänge auch nicht in beliebiger Menge übernommen werden: Je kleiner der prognostizierte Ersatzteilbedarf ist, desto größer ist die Gefahr, dass die Auslaufüberhänge weiterhin verschrottet werden müssen.257

Im Falle von Wiederinstandsetzung (Reparatur) oder Altteilwiederverwendung wird ein genaues Auslaufmanagement benötigt, da die Auslaufüberhänge nicht für die Abde-ckung von Nachserienbedarfe verwendet werden können. Bei Einsatz kompatibler Teile besteht oft die Möglichkeit, die Auslaufüberhänge für den Nachserienbedarf zu verwen-den und erst nach dessen Aufbrauch die kompatiblen Nachfolgermodellteile für beide Modelle einzusetzen. Bei einem kompatiblen Nachfolgerprodukt besteht auch häufig die Möglichkeit der Umarbeitung der Auslaufüberhänge auf den neusten Stand des Pro-duktes.

3.2.3 Pfadabhängigkeit

In der Phase III ist die Pfadabhängigkeit eingetreten: Obwohl sich das Produkt noch in der Marktphase befindet, zeichnet sich ab, wie effektiv das Auslaufmanagement

254 Vgl. OSTERTAG (2008), S. 170.

255 Zu den Arten der Versorgungsstrategien siehe auch Kapitel 2.3.4.

256 Vgl. PFOHL (1991), S. 1038.

257 Siehe auch OSTERTAG (2008), S. 66.

fen ist, und jedes weitere Eingreifen in den Prozess ändert die Effektivität des Prozesses nicht mehr oder nur noch in geringem Maße. Auf diese Weise entsteht die Pfadabhän-gigkeit beim Auslaufmanagement von Unternehmen. Als möglicher allgemeiner Erklä-rungsansatz können Routinen, Praktiken und Kernkompetenzen258 genannt werden.

Routinen und Praktiken haben u. a. die Aufgabe, die Mitglieder der Unternehmen zu entlasten. Aber gerade diese Entlastung kann auch zur Ineffektivität führen. Eine solche Entlastungsroutine kann beispielsweise wie folgt lauten: „Auslaufmanagement ist nicht nötig, da die Auslaufüberhänge als Ersatzteil verkauft werden können“. Es wird dabei meist nicht geprüft und hintergefragt, ob diese Behauptung für die aktuellen Produk-te/Projekte auch gerechtfertigt ist.

Kernkompetenzen zeichnen sich paradoxerweise sowohl dadurch aus, dass sie einerseits immer wieder ganz bestimmte Innovationen ermöglichen, gleichzeitig aber zur Verhin-derung oder Unterdrückung andersgearteter Innovationen beitragen.259 Da das Auslauf-management im Allgemeinen nicht zu den Kernkompetenzen eines Unternehmens zählt, wird den Tätigkeiten und Projekten zum Auslaufmanagement keine große Aufmerk-samkeit geschenkt und es werden ihnen keine großen Budgets gewidmet, Innovationen in dieser Phase werden nicht oder nur selten, im Einzelfall gefördert.

3.2.4 Pfadabbrechung

Wenn gebildete Pfade in einem Unternehmen bemerkt werden, wirft dies meist die Fra-ge für das ManaFra-gement auf, wie die Entstehung bzw. das Fortfahren auf diesen Pfaden verhindert werden kann. Pfade sind Phänomene aus dem sozialen Leben und gelten deshalb nie für die Ewigkeit, irgendwann brechen auch von alleine ab. Um diese Pfadabbrechung zu beschleunigen bzw. zu verhindern, bietet sich ein Pfadmonitoring an, wie es in Abbildung 3-2 dargestellt ist. Pfadmonitoring bedeutet, dass Unternehmen ihre Prozesse regelmäßig danach untersuchen, wo es Ansätze zur Pfadbildung gibt, wie sich Selbstverstärkungsprozesse erkennen lassen bzw. ob es Anzeichen für einen Lock-in gibt.260

258 Siehe auch Kapitel 3.1.2.

259 Vgl. SCHREYÖGG (2008), S. 14 f.

260 Vgl. SCHREYÖGG (2008), S. 14 f.

Abbildung 3-2: Monitoring von Pfadbildungsprozessen (Quelle: SCHREYÖGG (2008), S. 15)

Wenn eine Pfadabhängigkeit entstanden ist, stellt sich die Frage, ob die Wiederherstel-lung einer Wahlsituation oder die Abbrechung des Pfades möglich ist. Für die Brechung selbst bieten sich verschiedene Methoden an, die aus dem Bereich der Organisations-entwicklung kommen und zu diesem Zweck angepasst werden können. Aufzuführen sind in diesem Zusammenhang die diskursiven, verhaltensbezogenen und systemischen Ansätze. Bei der Pfadbrechung ist zu bedenken, dass sich die Entstehung von Pfaden nicht auf einzelne gezielte Entscheidungen zurückführen lässt, sondern durch viele Er-eignisse beeinflusst wurde.261

3.3 Faktoren, die von der Auslaufphase beeinflusst werden

Die Faktoren, die von der Auslaufphase beeinflusst werden, können in zwei Gruppen aufgeteilt werden. Einerseits gehören dazu die Kosten der Auslaufphase (Kapitel 3.3.1), andererseits die Kundenzufriedenheit (Kapitel 3.3.2).

3.3.1 Auslaufkosten und diverse Kennzahlen

Die Kosten, die in der Auslaufphase entstehen, wirken sich auf die Profitabilität des Produktes aus. Diese zusätzlichen Kosten, die in der Abbildung 3-3 dargestellt sind, können sowohl in der Marktphase als auch in der Nachserienphase entstehen.

261 Vgl. SCHREYÖGG (2008), S. 14 f.

Marktphase Nachserienphase

•! Kosten für Mehraufwand in der Disposition

•! Kosten des Produktionsabbruchs beim Kunden

•! Kosten durch Ablaufstörungen

•! Kosten für Sonderfahrten

•! Kosten von Zusatzschichten

•! Entfallen von Umsatz

•! Verschrottungskosten

•! Verhandlungskosten

•! Lagerhaltungskosten

•! Kapitalbindung

Auslaufstichtag Zeit

Abbildung 3-3: Kosten der Auslaufphase (Quelle: In Anlehnung an OSTERTAG (2008), S. 85 f.)

In der Marktphase können erhöhte Kosten in der Disposition entstehen, wenn kurzfristi-ge Bedarfserhöhunkurzfristi-gen seitens des Kunden übermittelt werden. Diese Kosten können sich auf die Beschaffung von Einzelteilen, das Organisieren von Zusatzschichten und Sondertransporten, Ablaufstörungen und eventuelle Produktionsabbrüche bei den Her-stellern, Lieferanten bzw. Kunden beziehen. Wenn ein sogenannter „Running Chan-ge“262 und keine Terminumstellung mit dem Kunden vereinbart wurde, kann ein unge-naues Auslaufmanagement auch dazu führen, dass der Produktauslauf bzw. die Einfüh-rung des neuen Produktes verschoben werden muss. Diese Verschiebung kann im Falle von Preisdifferenzen auch zum Verlust von Umsatz führen.

Wenn Auslaufüberhänge entstehen, bedeutet das in mehrfacher Hinsicht zusätzliche Kosten für das Unternehmen in der Nachserienphase. Die Auslaufüberhänge können beispielsweise wegen kurzfristiger Bedarfsschwankungen seitens des Kunden entstehen.

Die daraus resultierenden Kosten der Auslaufüberhänge können wegen der vorhandenen vertraglich geregelten Material- und Produktionsfreigaben an den Kunden weitergege-ben werden. Während der Verhandlungen können die Auslaufüberhänge nicht umgear-beitet oder verschrottet werden, so bedeuten diese Teile zusätzliche Kapitalbindung für

Die daraus resultierenden Kosten der Auslaufüberhänge können wegen der vorhandenen vertraglich geregelten Material- und Produktionsfreigaben an den Kunden weitergege-ben werden. Während der Verhandlungen können die Auslaufüberhänge nicht umgear-beitet oder verschrottet werden, so bedeuten diese Teile zusätzliche Kapitalbindung für