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4.2 Empirie I: Workshop mit Gruppendiskussion

4.2.3 Interpretation und Relevanz der Ergebnisse im Forschungskontext

4.2.3.1 Ergebnisse für das Forschungsfeld

Der Workshop liefert sehr wertvolle Ergebnisse für diese Dissertation. Das methodische sowie inhaltliche Ziel besteht darin, die aufgestellten Führungskompetenzen innerhalb des Kompetenzprofils, welches auf Basis des wissenschaftlichen Stands erstellt wurde, durch die Praxis zu überprüfen.

Nach einer gemeinsamen Einarbeitung in das Thema digitale Führung bestätigen die Praxisvertreter die Vermutung, dass sich die Führungskompetenzen von leitenden Angestellten

ändere. Die Debatten fördern Aufgaben- und Tätigkeitsfelder von Führungskräften zutage, die in Zeiten der Digitalisierung und der digitalen Transformation benötigt werden. So bestätigt die Praxis, dass sich Führung mehr in Richtung Begleitung und Förderung von Mitarbeitern entwickle. Dies beweisen die Ergebnisse der Führungsforschung, wonach die transformationale Führung als auch die adaptive Führung von Mitarbeitern an Bedeutung in der heutigen Zeit gewinnt und die Führungskraft eine begleitende und beratende Rolle im Arbeitsalltag des Mitarbeiters einnimmt. In der Gruppendiskussion werden die Rollenbezeichnungen, wie Coach, Netzwerker und Visionär eingebracht, die eine digitale Führungskraft ausmache. Trotz der Debatte, was ein Coach an Aufgaben übernehme und wie sinnvoll die Bezeichnung Coach sei, wird dadurch die Literatur bestätigt. So decken sich die Begrifflichkeiten stellenweise mit denen, die im Kontext des transformationalen Führungsansatzes von Bass und Avolio bezeichneten Komponenten einer Führungskraft.

Eine interessante und wichtige Erkenntnis liefert die Diskussion innerhalb des Workshops, ob sich Mitarbeiter selbst führen können. Die Literatur fordert vielfach, dass Mitarbeiter im Arbeitsalltag eine Selbstorganisation benötigen. Die Grundlagen dafür liefert u.a. die adaptive Führung. Selbstorganisation wird als Voraussetzung und Erfolgsfaktor für Arbeitsformen der Zukunft, wie virtuelle Teams etc., angesehen. Die Gruppendiskussion fördert zutage, dass in der Praxis der selbstorganisierte und eigenverantwortlich tätige Mitarbeiter die Ausnahme darstellt. Das Erfahrungswissen der Teilnehmer offenbart, dass in der Praxis das Gros der Mitarbeiter eine Führung bzw. Steuerung benötige. Der Zielzustand, eigenverantwortliche und selbstorganisierte Mitarbeiter zu erreichen, gelingt nur, wenn Führungskräfte Mitarbeiter dahin begleiten und eine Selbstorganisation fördern/entwickeln. Hierin finden die in der Forschung etablierten Ansätze ihre Bestätigung. Fiedlers Kontingenztheorie als auch die Weg-Ziel-Theorie nach House stehen für die Berücksichtigung der Mitarbeitersituation bei der Entwicklung und Übertragung von Aufgaben. Moderne Ansätze, wie die LMX-Theorie und die transaktionale Führung, mit der Formulierung von smarten Zielen, greifen den Gedanken des selbstorganisierten Mitarbeiters wieder auf und finden damit in der Praxis Anwendung. Das junge Konzept des adaptiven Leadership setzt auf der individuellen Mitarbeiterführung auf und erhält verstärkte Aufmerksamkeit, wenn es darum geht, als Führungskraft die Mitarbeiter zu ermutigen, eigene und neue Lösungswege bei Aufgabenstellungen zu gehen.

Da die Mitarbeiter nach wie vor einen starken Partner an ihrer Seite benötigen, so resümieren die Teilnehmer, bliebe eine Führungskraft trotz Digitalisierung in ihrer Rolle ein Vorgesetzter.

Eine Führungskraft, die sowohl Verantwortung für Ziele (im Verantwortungsbereich) übernimmt als auch im digitalen Zeitalter Führungsstärke beweist. Ein herausragendes

Merkmal der Führung bestehe darin, die Rahmenbedingungen für Mitarbeiter zu schaffen.

Führungskräfte seien verantwortlich, die Arbeits-/Rahmenbedingungen zu definieren, in deren Grenzen die Mitarbeiter flexibel und selbstständig arbeiten können. Durch diese Freiräume würden Mitarbeiter lernen, selbstorganisiert zu arbeiten. Dies deckt sich erneut mit dem Konzept der adaptiven Führung und dem Auftrag an Führungskräfte, ein geeignetes Lernumfeld zu schaffen, um Selbstorganisation zu fördern. Die Praxisvertreter bestätigen die Auffassung, dass sich Entscheidungsprozesse in Zeiten der Digitalisierung verändern. Die Entkopplung der Führungskraft von der fachlichen Expertise ist für alle Beteiligten auf Sicht der Zielzustand. Die, die bislang Entscheidungen treffen, sind zukünftig nicht (mehr) zwingend die Wissensträger mit fachlichem Know-how. Fachliche Experten werden konsultiert bzw.

hinzugezogen.

Einen substanziellen Beitrag für die Forschung stellen, die durch die Praxisvertreter ermittelten, berufskritischen Führungssituationen (BKS) dar. Kapitel 2.2 zeigt bereits die Notwendigkeit der Ermittlung von BKS zur Ableitung von Kompetenzen. BKS sind Grundlage für die Erstellung der Verhaltensanker, anhand derer digitale Führungskompetenzen abgeleitet und gemessen werden können. Kompetenzprofile stellen die Basis für Mitarbeitergespräche, Entwicklungspläne und Karrierepfade im heutigen Berufsleben dar. Die Kompetenzen können somit in personalpolitischer Hinsicht genutzt werden, um die individuelle Entwicklung von Mitarbeitern in Führungsaufgaben zu organisieren und voranzutreiben.

Im Hinblick auf das Forschungsprojekt ist die Bereitstellung eines digitalen Kompetenzprofils, mit praktisch anwendbaren Verhaltensankern, von großer Bedeutung. Die im Workshop ermittelten sechs praktischen BKS mit den dazugehörigen Verhaltensweisen führen zu einer weiteren methodischen Bestätigung der bisherigen Führungskompetenzen. Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass die aufgestellten Führungskompetenzen valide sind und nicht durch die Forscherin manipuliert oder beeinflusst wurde. Die Berufssituationen als auch die Verhaltensanker korrespondieren mit dem Kompetenzprofil der Forscherin. Die berufskritischen Situationen stützen und validieren das Set an Führungskompetenzen und stellen damit in Summe ein sowohl wissenschaftlich-strukturiertes/abgeleitetes als auch praxistaugliches Ergebnis dieser Forschungsarbeit dar.

Gleichzeitig finden die BKS als auch die Erkenntnisse aus den Themendiskussionen als Ergänzungen Berücksichtigung im aufgestellten Führungskompetenzprofil. Die Forscherin hat dazu im Nachgang an den Workshop einen Abgleich zwischen den sechs BKS mit den dazugehörigen Verhaltensweisen und den bislang wissenschaftlich erstellten Verhaltensankern sowie den aus den Debatten resultierenden Praxisaspekten durchgeführt (vgl. Anhang 9). Als

Resultat ergibt sich daraus ein justiertes und reichhaltig erweitertes Führungskompetenzprofil (kurz FKP) in der Version 2 (vgl. Anhang 10).

Die bislang sechs Führungskompetenzen werden durch die Praxis bestätigt. Sowohl die Kompetenzbezeichnungen als auch die Verhaltensanker erfüllen die Erwartungen der Praxisvertreter. Es braucht somit keine Formulierung einer weiteren Führungskompetenz vorgenommen zu werden.

Aufgrund der Fülle an wertvollen Beiträgen aus dem Workshop sowie den inhaltlichen Konkretisierungen aus der Praxis, wird an dieser Stelle lediglich am Beispiel einer Führungs-kompetenz die Integration von weiteren Verhaltensankern in das FKP veranschaulicht. Die Führungskompetenz 4 „Führen durch die Veränderung“ erfährt mit dem Erkenntnisgewinn aus den Beiträgen des BKS-Workshops sowie aus denen der Gruppendiskussion eine deutliche Anreicherung (an Verhaltensankern). So generieren sich neue Verhaltensanker aus den ermittelten BKS 1, 2, 3, 4 und 6. Kenntlich gemacht werden die Veränderungen bzw.

Erweiterungen in der Tabelle mit der Kennzeichnung NEU sowie der in Klammern gesetzten Angabe, aus welcher BKS dieser Verhaltensanker resultiert (Beispiel: NEU (BKS 1)).

Tabelle 21: Erweiterung der Verhaltensanker bei Führungskompetenz 4 Führungskompetenz 4:

Führen durch die Veränderung Führungskräfte …

verstehen Veränderungen als etwas positives und kommunizieren dies auch in ihrer Rolle als Change-Agent

motivieren Mitarbeiter, Veränderungen zu akzeptieren

können Veränderungsprozesse anschaulich erklären

schaffen ein Lernklima und -umfeld, so dass Veränderungen verstanden, angenommen und angegangen werden können

ergreifen Maßnahmen, um die Veränderungen strukturiert anzugehen

behalten stets den Überblick in Veränderungsprozessen

akzeptieren Unsicherheiten und Risiken, die die Veränderungen mit sich bringen

bauen Widerstände bei Mitarbeitern ab und stärken das Bewusstsein für den Wandel

NEU (BKS 2): entwickeln eine Veränderungsbotschaft, die die Zielstellung klar formuliert und die Forderung an Mitarbeiter enthält („ohne Alternative”)

NEU (BKS 1): sind transparent darin, was die Veränderungen mit sich bringen

NEU (BKS 1): nehmen Mitarbeitern die Ängste und Bedenken vor Veränderung/Unsicherheit

NEU (BKS 2): erkennen und verstehen, welche Mitarbeiter, wie und warum auf Veränderungen reagieren

NEU (BKS 2/3/4): begleiten die Mitarbeiter bei der Veränderung im operativen Geschäft

NEU (BKS 6): leiten entsprechende Veränderungsprozesse ein Quelle: eigene Darstellung

Die vollständige Darstellung der Kompetenzerweiterung findet sich in Anhang 10. Dort findet sich das Führungskompetenzprofil (FKP) in der Version 2 (kurz: FKP | Version 2). Die Erweiterungen und Ergänzungen werden kenntlich gemacht und hervorgehoben.

Schlussfolgernd kann konkludiert werden, dass mit der Ermittlung der berufskritischen Führungssituationen in digitalen Arbeitswelten das bislang theoretische Führungskompetenz-profil maßgeblich angereichert, der inhaltliche Kompetenzrahmen gleichzeitig bestätigt wird.

Der Workshop hat bewiesen, dass die von der Forscherin aufgestellten Führungskompetenzen zutreffend und praxistauglich sind. Damit liegt als Resultat dieser Forschung nun ein praktisches Kompetenzprofil für Führungskräfte in digitalen Arbeitswelten vor.

Aus dem Workshop ergibt sich jedoch noch weiterer Forschungsbedarf. Aufgrund der breiten Diskussion unter den Praxisvertretern hinsichtlich der expliziten und gesonderten Nennung einer IT-Kompetenz (im Kompetenzprofil) wird im Zuge der zweiten empirischen Forschung - der Befragung - dieses Themenfeld genauer untersucht. Dazu werden Fragen zu den unterschiedlichen Ausprägungen eines IT-Know-hows gestellt. Ferner ist das Thema der Entscheidungsprozesse und die Delegation der Entscheidungen auf Mitarbeiter zu vertiefen.

Dabei spielt eine Rolle, auf wen die Entscheidungen übertragen werden. Hier braucht es eine klare Position. Ziel der tiefgehenden empirischen Forschung ist, auf Basis der Antworten, eine finale Einschätzung für den Kompetenzkatalog und das FKP vorzunehmen.