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Historische Wurzeln der Stadtentwicklung: Positionen von Budapest und Leipzig

Trotz der zweifelsohne bestehenden Unterschiede in Größe und geographischer Lage kann man in der historischen Entwicklung viele Gemeinsamkeiten zwischen Budapest und Leipzig erkennen. Leipzig erhielt das Stadtrecht im Jahre 1165, Pest im Jahre 1231 und Buda (Ofen) 1244. Somit gehören sowohl Budapest als auch Leipzig zur gleichen Generation hochmittelalterlicher Städte Mitteleuropas.

Beide Städte haben ihre frühe wirtschaftliche Entwicklung vor allem ihrer günstigen geographischen Lage am Knotenpunkt wichtiger europäischer Femhandels- wege zu verdanken. In der Entwicklung von Leipzig spielte die Kreuzung der von Schlesien zum deutschen Kemgebiet und der von Böhmen und dem Erzgebirge bis zur Ostsee verlaufenden Handelsstraßen Via regia und Via imperii eine äußerst wichtige Rolle. Im Vergleich dazu prägte die Kreuzung einer von Siebenbürgen und der ungarischen Tiefebene über Wien nach West-Europa führenden Handelsstraße und einer Süd-Nord-Handelsstraße, die vom Balkan entlang der Donau nach Böhmen bis zur Ostsee verlief, die Entwicklung der Handelsbeziehungen von Pest und Buda.

Ein wesentlicher Unterschied in der spätmittelalterlichen Geschichte beider Städte bestand darin, dass Leipzig seit dem Ende des 15. Jahrhunderts, bis auf eine kurze Unterbrechung während des 30jährigen Krieges, eine lange, ausgeglichene Blüteperiode erlebte, wogegen die Position von Buda nach dem Tod von König Mathias schwächer geworden und nach der türkischen Besetzung im Jahre 1541 bis zur Rückeroberung der Stadt im Jahre 1686 einem starken physischen Verfall ausgesetzt war.

Ein wichtiger Faktor in der dynamischen Entwicklung von Leipzig bestand darin, dass die Messe im Jahre 1497 den Status einer Reichsmesse erhielt. Hierbei wurde der Stadt von Seiten des Kaisers das Recht zuerkannt, drei Messen pro Jahr abhalten zu dürfen. Dies hat Leipzig unter den deutschen Städten deutlich privilegiert, und die Stadt konnte bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zu einem wichtigen deutschen Handelszentrum heranwachsen. Mit der 1409 gegründete Universität entwickelte sich Leipzig zudem zu einem wichtigen kulturellen Zentrum in Deutschland. Durch die spätere Ansiedlung des Verlags- und Druckereigewerbes verzeichnete die Stadt einen weiteren Bedeutungsgewinn in ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich Sachsen zu einer der reichsten Regionen Europas. Basis des wirtschaftlichen Erfolgs war der Erzbergbau

im Erzgebirge, die Zunftindustrie (Metallgewerbe) und der Femhandel. All diese Faktoren führten zu einer Blütezeit der Stadtentwicklung in Sachsen.

ln der Städtehierarchie Sachsens war stets eine Konkurrenz und Rivalität zweier Städte zu beobachten, die bis in die Gegenwart reicht. Die Bedeutung Dresdens erwuchs aus der Funktion als Landeshauptstadt und als Politik- und Verwaltungszentrum des Landes, Leipzig spielte mit der Handels- und Messefunktion sowie mit der Universität und den zahlreichen Verlagen im wirtschaftlich-kulturellen Lebens Sachsens eine entscheidende Rolle. Die beiden, knapp 110 km voneinander entfernt liegenden Städte ähnlicher Größe haben sich während ihrer Entwicklung funktional stets ergänzt und bildeten über die Jahrhunderte hinweg bis heute die dominierenden Zentren Sachsens (Einwohnerzahlen 2003: Leipzig 497.531 Ew., Dresden 483.632 Ew.).

Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde sowohl in Leipzig als auch in Budapest durch die Frühindustrialisierung und die beginnende moderne Stadtentwicklung gekennzeichnet. Nach den Kriegen Napoleons, bei denen Leipzig durch die Völkerschlacht 1813 eine besondere Rolle spielte, entwickelte sich die Industrie der Stadt in raschen Zügen, was z.T. auf die hohe Nachfrage nach Maschinen und anderen Konsumgütem zurückzufuhren war. In Pest und Buda stellte die Getreidekonjunktur (Mühlenindustrie) die größte Schubkraft in der Frühphase der Industrialisierung dar.

Ein weiterer positiver Faktor für die wirtschaftliche Bedeutung beider Städte war der Anschluss an die sich schnell entwickelnden nationalen Eisenbahnnetze, wodurch sie eine zusätzliche Funktion als wichtige Eisenbahnzentren ihrer Länder erlangten.

Leipzig wurde der bedeutendste Eisenbahnknotenpunkt im östlichen Teil Deutschlands, Pest und Buda der des gesamten Karpaten-Beckens. Eng mit diesen Entwicklungen verknüpft ist die Eröffnung der ersten deutschen Femeisenbahnstrecke zwischen Leipzig und Dresden im Jahre 1839 sowie die parallel dazu verlaufende Fertigstellung der ersten ungarischen Eisenbahnlinie zwischen Pest und Väc im Jahre 1846.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts beschleunigte sich die industrielle Entwicklung sowie ein damit einhergehendes Bevölkerungswachstum in beiden Städten erheblich. So zählte Leipzig im Jahr der deutschen Reichsgründung 1871 gerade einmal 106.000 Einwohner; bis zur Jahrhundertwende wuchs die Zahl der Einwohner auf rund 450.000 an. Zur gleichen Zeit erhöhte sich die Einwohnerzahl Budapests von 270.000 auf 717.000 Einwohner. In beiden Städten erfolgte der Abriss der mittelalterlichen Stadtbefestigungen.

Der kompakte Stadtkerns erfuhr eine großflächige Erweiterung um planmäßig angelegte Mietshausviertel. Das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts bedeutete sowohl für Leipzig als auch für Budapest den Höhepunkt der industriellen Stadtentwicklung. Diese Phase, die sog. "Gründerzeit", prägt durch die damals errichteten Stadtviertel mit ihren 4- bis 5- geschossigen Wohngebäuden bis heute das Stadtbild beider Städte.

In politisch-geographischer Hinsicht brachte das letzte Drittel des 19.

Jahrhunderts einen Wendepunkt im wirtschaftlich-politischen Leben von Leipzig und Budapest, wenn auch mit gegensätzlichen Vorzeichen. Die im Jahre 1871 unter preußischer Führung zustande gekommene deutsche Einheit führte zu einer erheblichen Aufwertung der überregionalen Bedeutung von Preußen und Berlin, wogegen Sachsen

mit seinen Städten an Bedeutung verlor. Gleichzeitig fand in Ungarn im Jahre 1867 der Ausgleich mit Österreich und dem Hause Habsburg statt. Dieser Ausgleich beinhaltete die Anerkennung Ungarns als selbständige institutioneile Monarchie. Dies ebnete den Weg für die offizielle Gründung Budapests im Jahre 1872 und somit für einen raschen Ausbau der neuen Nationalhauptstadt des Königreichs Ungarns. Budapest erhielt somit eine privilegierte Position innerhalb des Landes, wogegen die Stellung Leipzigs innerhalb des Deutschen Reiches beeinträchtigt wurde. Die Veränderung des wirtschaftlich­

politischen status-quo spiegelte sich auch in der Bevölkerungsentwicklung beider Städte wieder. Leipzig erreichte den Höhepunkt seiner Einwohnerzahl mit 713.000 Einwohnern Mitte der 1930er Jahre, Klein-Budapest (Budapest in den damalgen Stadtgrenzen) zählte zu dieser Zeit bei anhaltend wachsender Tendenz schon über 1 Million Einwohner.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts beschleunigte sich die flächenhafte Ausdehnung beider Städte. Die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, wie z.B.

der Ausbau neuer Straßenbahn- und Vorortlinien, spielte hierbei eine ausschlag­

gebende Rolle. In dieser Zeit konnte man den raschen Zuwachs von Industrie- und Pendlervororten sowohl um Leipzig (Plagwitz, Gohlis, Stötteritz), als auch um Budapest (Csepel, Kispest, Üjpest) beobachten. Um mit der raschen Ausdehnung der besiedelten Flächen Schritt halten zu können, führten die Städte eine administrative Neuordnung des Stadtgebiets durch. In Leipzig fand bereits ab 1890 ein kontinuierlicher Eingemeindungsprozess statt. Im Fall von Budapest wurde dieses Problem mit einer einzigen radikalen Eingemeindung im Jahre 1950 gelöst, als 23 Vororte (davon 7 Städte und 16 Dörfer) mit Klein-Budapest vereinigt wurden und dadurch Groß-Budapest mit seiner heutigen Ausdehnung geschaffen wurde.

Nach dem 2. Weltkrieg und nach der Teilung Deutschlands begann für Leipzig eine neue Entwicklungsphase. Leipzig, nach Ost-Berlin die zweitgrößte Stadt der DDR, konnte alte Funktionen wiederbeleben; neue Funktionen kamen für die Stadt hinzu, z.B. wurde Leipzig Sitz des gleichnamigen Bezirks. Während des Sozialismus galt Leipzig aufgrund der internationalen Leipziger Messe als das "Fenster zur Welt".

Trotz solcher Entwicklungsimpulse relativierte sich die Bedeutung der Stadt während der DDR-Zeit. Staatliche Investitionen wurden bevorzugt auf Berlin als Hauptstadt der DDR konzentriert und teilweise auch in dezentrale Standorte gelenkt. Die bedeutenden Großstädte und Ballungsräume im Süden des Landes gerieten ins Hintertreffen. Aufgrund der Emissionen der nahen Chemie- und Braunkohlenindustrie im Leipziger Umland verschlechterte sich die Umweltqualität rapide. Abwanderung und Überalterung prägten in der DDR-Zeit die demographische Entwicklung Leipzigs und sorgten für einen stetigen Bevölkerungsrückgang.

Die Position Budapests hat sich nach dem 2. Weltkrieg ebenfalls grundsätzlich verändert. Ungarn verlor seine volle Souveränität, und das Land wurde zwangsweise die westliche Peripherie des sowjetischen Einflussbereichs. Die internationalen Beziehungen der Stadt sowie ihre Rolle als Organisationszentrum, die im wirtschaftlichen Leben Südosteuropas mehrere Jahrhunderte zurückreichte, reduzierten sich. Diese Situation änderte sich mit den Wirtschaftreformen von 1968 langsam. Da Ungarn nicht an andere

NATO- Mitgliedsstaaten angrenzte, war es ein aus geopolitischer Sicht weniger interessantes Land, wodurch Ungarns Hauptstadt ab Anfang der 1970er Jahre wieder ein wichtiger Treffpunkt für Bürger aus West und Ost geworden ist. Dies spielte besonders im deutsch-deutschen Verhältnis eine Rolle, da sich Verwandte aus beiden Ländern in Ungarn in relativer Freiheit treffen konnten.

Mit der politisch-ökonomischen Wende 1989 setzte wieder eine neue Entwicklungsphase für Leipzig und Budapest ein. Die Wiederpinrichtung der Bundesländer in Ostdeutschland bedeutete für Leipzig eine politisch-administrative Degradierung. Die Bezirke wurden aufgelöst. Die Hauptstadtfunktion im Bundesland Sachsen erhielt wieder Dresden. Gravierende Einbußen musste Leipzig nach der Wende auch im Bereich der Wirtschaft erleiden. Demgegenüber gab es aber neue Entwicklungsimpulse für die Stadt, z.B. durch die Neue Messe, den Ausbau des Interkontinentalflughafens Leipzig-Halle, den Umbau des Hauptbahnhofs zu einem modernen Shopping- und Dienstleistungszentrum sowie schließlich durch die Ansiedlung von BMW und Porsche und die (gescheiterte) Bewerbung für die Olympischen Spiele 2012.

Budapest konnte nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems Funktionen als Treffpunkt zwischen Ost und West, als wirtschaftliches Organisa­

tionszentrum, als Brückenkopf für ausländische Investoren und als Innovationszentrum wieder zurück gewinnen und gehört insgesamt zu den Gewinnern der Transformation.

3. Allgemeine Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung nach der Wende