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Eine andere Arbeit von Hans Schaffert stellt den Zürcher reformierten Theologieprofessor Johann Heinrich Heidegger (1633-1698) als „Protektor'

In document lace DialvQúód, ° aarely (Pldal 55-81)

un-garischer Exulanten dar. In einer haifig übergangenen Monographie zu J. H.

Heidegger, einer katholisch-theologischen Dissertation von Karl Rutter aus dem lahr 1955, war schon auf Heideggers gro13en Einsatz auch für die Galeeren-straflinge reformierter wie lutherischer Herkunft eingegangen gewesen. 11 Die Gewichte liegen nun bei Schaffert etwas anders. Heideggers Möglichkeiten zur Hilfe waren in der Schweiz günstig. Die Opferbereitschaft war gro(3, Heideggers Beziehungen waren weitreichend, und ein Zusammengehen reformierter wie lutherischer Protestanten auch im Blick auf die aus Frankreich drohende Gefahr schien ihm 1686 unerlí3(3lich. Schon 1664 in seiner Demonstratio de Augustanae Confessionis cum fide Reformata consensu hatte er gezeigt, daf3 es hier grundsatzlich-theologisch keine Hindernisse geben muf3te. Nun 1686 unterstrich er dies noch einmal in seiner In viam concordiae Protestantium ecclesiasticae manuductio, 1686-87 in drei Ausgaben erschienen. 11 Und ebenfalls 1686 konnte er dies auch ausdrück-lich im Auftrag des Zürcher Magistrats an den Ulmer Elias Veiel schreiben — bei gro(3er Zustimmung Veiels und G. Spizels.' 3

Gottlieb Spizel gehört mit in die Reihe der nennenswerten Förderer unga-rischer Exulanten im 17. Jahrhundert — neben den beiden genannten Spener und Heidegger und weiter zu nennenden Gönnern wie beispielsweise nur der Ulmer Superintendent D. Elias Veiel (1635-1706). G. Spizel, mit alien hier ge-nannten Theologen im Briefaustausch, z.T. auch persönlich bekannt, hat sich weniger in grundsötzlicher Weise als vielmehr aus konkreten Anlassen wie Kon-versionen, Exorzismus oder literarischen Fehden Dritter zum Katholizismus verhalten müssen. 14 G. Spizels sepr respektabler Briefwechsel — Ober 2.000 Stücke haben sich erhalten 1

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—,lie(3 ihn an dem Geschick mancher ungarischer

in Programra und Exempel, hrsg. von Hanspeter Marti, Engi/Schweiz, 1996, (104—I27) 123 mit Anm. 99, vgl. 123-126 (mit Literatur!) (Texte und Studien der Arbeitsstelle fur kulturwissenschaftliche

Forschungen, 1). Neuser (siehe Anm. 6), 144-146, besonders 146.

11 Karl Hutter, Der Gottesbund in der Heilslehre des Zürcher Theologen Johann Heinrich Heidegger 11633-1698), Gossau, (CH) 1955, 54.

12 Hutter, S.XIV Nr.(91). 92: Zürich' 1686, Amsterdam 1687, französisch Amsterdam 1687. Vgl. auch ebd., S.56. — Zur Polemik Heideggers gegen die Katholiken und zu seiner Stellung in den innerprotestantischen Streitigkeiten siehe Hutter, 38-45 bzw. 46-53.

13 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408: fol. 47 und 48: J. H. Heidegger an El. Veiel (Ulm), 26.1. und 22.2.1686, Abschrift von Spizels Hand. — Hans Schaffert, Johann Heinrich Heidegger 1.

Juli 1633 his 18. Januar 1698. Professor der Theologie — Protektor der ungarischen Prüdikanten, in Com-munio Viatorum, 18 (Nr.3), 1975, 113-127, zur Demonstratio 1664 siehe S.I 16 und Hutter, S. X Nr.23 mit Anm. 7.

14 Dietrich BlaufuJ3, Reichsstadt und Pietismus (siehe Anm. 3), 245-264 „Berührungen Spi-zels mit dem Katholizismus".

15 Dietrich Blaufu(3, Commercium epistolicum in der Reichsstadt I...I, in Stadt und Literatur in der Frühen Neuzeit, hrsg. von Klaus Garber, Tübingen, 1997; Spizel hatte Verbindung zu ca. 250 Korrespondenten. — Die Heideggersche Briefsammlung ist natürlich erheblich urn-fangreicher; Schaffert, Heidegger (siehe Anm. 13), S.I 16 nennt 30 Briefbande. Weitere dies-bezügliche Hinweise bei Endre Zsindely, Die Zürcher Dokumente zur Geschichte der Galeeren-Predi-ger, in Rebellion (siehe Anm. 6), 1 1 1-120.

Exulanten teilhaben und gewart bis heute manchen in veröffentlichten Wer- ken so nicht möglichen Einblick. Nicht nur Berichte und Anfragen Ober Religi- onsverfolgte in Ungarn erreichten den Augsburger Geistlichen. Betroffene selbst reihten sich unter die Korrespondenten ein und lassen uns in ihren ins- gesamt ca. 55 Schreiben zwischen 1667 und 1688 an ihrem Geschick und ihrer Einschazung ihrer Lage teilhaben. Es handelt sich urn folgende Schreiben:

Korrespondent Anzahl Zeitraum der Briefe Staats- u. Stadt-Bibliothek Augsburg:

2° Cod. Aug. 407, 408, 409 und 410

Reiser, Anton I° 55 1667-1684; davon: 409: 4o1.156.104-185.187

25 1667-1672 aus Pre(3burg

11669?1, 1685?

4 Schreiben Spizels an Reiser 410: foL484v; 409: fol.188-190

Lani, Georg" 13 1675-1688 408: íol.396-408

Masnicius, Tobias'9 and 13 1675-1688 408: fo1.526r540

Simonides, Johannes

Nickletzer, Samuel's 2 1676, o.D. 408: ío1.685-686

Klesch, Christoph20 I 5.9.1681 408: foil 76

Klesch, Daniell' I 15.4.1680 408: fol.175

Steller, Thomas22 2 1680 410: íol.159-161

16 Anton Reiser, diverse Pseudonyme, Augsburg 1628 — Hamburg 1686; von seinem On-kel, dem Pre(3burger Geistlichen Daniel Schmidt gefördert, 1652 Diakon in Schemnitz, 1659 in Pre(3burg, von dort Flucht 1672 nach Augsburg, 1673-75 ebenda Rektor und Bibliothekar, nach drei Jahren in Öhringen 1678-86 Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg. Reiser schrieb schroff gegen Atheismus und polemisierte gegen Katholizismus, Calvinismus sowie — in Hamburg — gegen das Theater. Mit Ph. J. Spener korrespondierte Reiser. — József Szinnyei, Magyar írók élete és munkái, Bd. 1-14, Budapest, 1891-1914 'Reprint 1980-19811. Hier II, Sp.

724 (zu knapp!). Dietrich Blaufu(3, Reiser, Anton, in Literatur- Lexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache, hrsg. von Walther Killy, Band 1-15, Gütersloh, 1988-1993. Hier 9, 383-384 (Quellen, Bibliographie, Literatur!).

17 Georg Lani (Ipseud.l Sigismund Freymuth), 1646-1701; Schulmann in Leipzig. — Ri-chard Sachse, Acta Nicolaitana et Thomana. Aufzeichnungen von Jacob Thomasius 1...1 1670-84, Leip-zig, 1912, 240. 675 mit Anm. 1: Literatur. 676,670-680 und 699. Ders., Das Tagebuch des Rektors Jakob Thomasius, Leipzig, 1896, 7 (Abhandlung im Jahresbericht des Thomasgymnasiums Leipzig) (Lite-ratur). E. Dohmke, Collega tertius der NicolaischuleIsc. in Leipzig', M. Georg Lani, in Studia Nicolai-tana, Th. Vogel dargebracht, Leipzig, 1884. Elrichl Eichler, Leben und Wirken des slowakischen Schriftstellers Georg Lani in Leipzig, in Zeitschrift für Slawistik, 5 (1960), 565-575.

18 Tobias Masnicius, 1640-1697; Exulant. — Szinnyei 8, Sp.776-778; ebenda Nr. 1, 2 und 5 Publikationen zu seinem und Simonides' Schicksalen. — Johannes Simonides, 1648-1708; Exu-lant. — Szinnyei 12, Sp. 1077-1080; ebenda Sp. 1079 Nr. 4 zu Masnicius' und seinem eigenen Schicksal. — Vgl. Eduard Winter, Die tschechische und slowakische Emigration in Deutschland im 17.

und 18. Jahrhundert, Berlin, IDDRI 1955, 194-195 (Simonides) und 196-197 (Masnicius).

(Ver-öffentlichungen des Instituts far Slawistik, 7).

19 Samuel Nicletius, t Neosohl 1694; Exulant, dissertiert 1655 in Schemnitz unter Johann Insitoris Moschow. — Szinnyei 9, Sp. 1044 (ohne Lebensdaten. Das Todsjahr nach Eichler / Blaschka Isiehe Anm.231, S. 37, 38).

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Es ist hier nicht der Ort, biographische Einzelstudien voranzutreiben oder die Trauerdekade detailliert zu schildern. Die genannten Briefpartner sind un- terschiedlich breit erforscht. Georg Lani23 und Anton Reiser haben immer wie- der Aufmerksamkeit gefunden; zu den anderen Korrespondenten bietet Sziny-nyei wenigstens Grundinformationen sowie die Nennung vieler ihrer Werke.

Und zur Trauerdekade steht manche Literatur zur Verfügung, auf die hier ver- wiesen werden kann.24

I. Anton Reisers Schreiben aus Pref3burg

Spizel erf6hrt aus den Schreiben Anton Reisers aus Pref3burg manche Kla-ge Ober den Katholizismus. Es ist gar am 22. April 1670 von den hierher drohen-den Gefahren für das Leben die Rede.25 Knapp ein halbes lahr vorher, am 26.

November 1669, hatte Reiser seine Bereitschaft zum Martyrium erkl,kt — freilich wurde im gleichen Atemzug der Wunsch eines Wechsels nach Augsburg zum Ausdruck gebracht.26 Ob lene Hinweise auf Lebensgefahr und Martyrium ein

20 Christoph Klesch, Iglau 1632 — Erfurt 1706; aus Georgenberg 1673 vertrieben, lebte in Jena, 1680 Prediger in Dennstadt/Thüringen, 1684/85 Diakon/Pfarrer in Erfurt. — Szinnyei 6, Sp. 540-543; ebenda Sp. 542/543 Nr. 6 u.a. zum Schicksal ungarischer Verfolgter. Gabriele Henkel, Klesch, Christoph, in Literatur-Lexikon (siehe Anm. 16), 6, 383-384.

21 Daniel Klesch, lglau 1624—Berlin 1697 (?); Senior in der Zips, 1674 Exil nach Deutsch-land, 1676 Jena Ratsschulrektor, 1682 Superintendent Heldrungen, 1686 Amtsaufgabe u.a.

wegen schroffer Gegnerchaft zur lutherischen Geistlichkeit, 1687 mit Ph. J. Spener im Brief-wechsel. — Szinnyei 6, Sp. 533-540 (51 Publikationen!); ebenda Sp. 536-537 Nr. 14 und Nr.

17 (vgl. Sp. 539 Nr. 35 „Der Elend-Stab erweitert als ein Weide-, Leide- und Freilulden-Stab".

Amsterdam 1682) zu Schicksalen von Exulanten. Jochen Bepler, Klesch, Daniel, in Literatur-Le-xikon (siehe Anm. 16), 6, 384-385.

22 Thomas Steller, 1640-1715; zeitweise in Zürich, dann in Wittenberg, dort schon 1667 und wieder 1680 unter A. Calov disputierend. — Szinnyei 13, Sp. 19-20. Spener, Briefe 1675-1676 (siehe Anm. 50), 561-563.

23 Entgangen waren mit schon in den 60er Jahren neben Eichler: Láni (siehe Anm. 17) auch Elrichl Eichler, A. Blaschka, Briefe des slowakischen Schriftstellers Tobias Masnik an Juraj Láni, Halle (Saale) 1966, (Wissenschaftliche Beitrüge der Martin-Luther-Universitüt Halle-Wittenberg 1966/2 IC 11); S.5 Anm.2: Ankündigung der Bearbeitung der in der Univ.-Bibliothek Breslau liegen-den reichhaltigen Briefschaften, der „Corresponliegen-denz der durch die Gegenreformation der Jesuiten aus Ungarn vertriebenen evangelischen Emigranten mit Magr. Lani in Leipzig"

(2°. 1-111,515 Briefe, lat., 1675-1700; so Eichler, Lani, 575). Natürlich ist die Lani-Korrespon-denz auch zerstreut; vgl. nur die in Halle liegenden 7 Schreiben an Georg Michael Cassai (Miklós Pálfy, Katalog der Handschriftensammlung der Hallenser Ungarn Bibliothek, Halle/Saale 1965, 46, 49-50. lArbeiten aus der ULB Sachsen-Anhalt, 41).

24 Vgl. etwa Schaffert, Heidegger (siehe Anm. 13), 1 14-1 15. Wichtig aber auch der Sam-melband Rebellion oder Religion? (siehe Anm. 6) von 1977 mit vielen Einzelhinwesen. —Verschie-dene Arbeiten zu Lani, Masnicius und Simonides von Eichler (1960), Mokos (1896) und Mindrik (1961), aber natürlich auch solche zum weiteren Gegenstand sind mir aus sprachlichen Gründen leider unzugánglich.

Deshalb und auch wegen verschiedener aus zeitlichen Gründen verhinderter Recherchen trete ich mit diesen Zeilen mit der Bitte urn Nachsicht unter die Augen von Prof. Bálint Keserű !

25 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol.126-127, hier 126`.

26 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol. I23`.

Anstof3 für die inzwischen als solche erkannte Legende von Reisers Verurtei- lung zum Tod und Flucht vor der Hinrichtung gewesen waren? Immerhin schien dann am 24. M.Jrz/3. April 1672 der ausdrückliche Hinweis Reisers nötig, daf3 sein 'Martyrium' unblutig verlaufe...27 Hinter Reisers Mitteilungen zu seiner konkreten Lage dem Katholizismus gegenüber stand eine grundsazliche Ein- stellung. Er sah in 'Rom' den Gegner, dem er keine Ruhe lassen könne. Und zu- gleich kündigte er aus Prel3burg am 4. April 1669 die Veröffentlichung seiner Vindiciae Antithomisticae an, die dann in Ulm 1669 erschienen sind. In der Straf3burger Fakulta 1-itten sie bei Balthasar Bebel guten Anklang gefunden.28 Ein Jeichter Dissens wird in diesem Gesprkh mit G. Spizel darin sichtbar, da13 dessen Pius secessus hominis literati von 1669 nach Einschazung Reisers eine fast schon Katholizismus-freundliche Haltung erkennen lasse.29 Immerhin hat Ph. J.

Spener in seiner Programmschrift des Pietismus Pia desideria von 1675 gerade dieses Werk Spizels höchst empfehlend genannt.30 Und in Augsburg hatte man katholischerseits mit einem „Lob" dieser Schrift Spizels ihren Verfasser gerade- zu in Verlegenheit zu bringen versucht.31 Reiser freilich schwankte in der Beur- teilung dann doch: Im Blick auf seinen am L November 1669 für möglich gehal- tenen baldigen Tod sei ihm Spizels Pius secessus eine Hilfe, den Blick ganz auf Gott zu richten.32 In einem aber — wie öfters! — sehr offen-kritisch redenden Brief vom 26. Januar 1671 wiederum verbarg Reiser seine aus Pius secessus ge- nhrte Befürchtung nicht, Spizel werde den Rückzug aus dem Kampf gegen den Kathölizismus fördern.33 Offenbar kann A. Reiser im fernen Pre(3burg die Spizel inn paritaischen Augsburg auferlegte Zurückhaltung dem Katholizismus gegen- über nicht recht verstehen. Schon im ersten erhaltenen Brief Reisers aus Pre(3- burg vom 31. August 1667 wurde auch deutlich, da(3 er in der Auslegung des Buches Daniel mit Spizel ein offenes Gesprch führte. Dies geschah aus AnJa(3 der in diesem Zusammenhang gegen Spizel gerichteten Schrift seines — Reisers

— Stra(3burger Studienfreundes Christoph Artopoeus, Gymnasial-Professor in Stra(iburg. Reiser war empört Ober Artopoeus' Angriff. Und zu allem überflu(3 meldeten sich hier auch noch die Wittenberger mit einer Antapologia zu Wort —

27 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol.140T.

28 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol.l I8r. Vgl. Hans Schröder, Lexikon der hambur_gi-scher Schrifststeller, Bd. 6, Hamburg 1873, 234, Nr.7.

29 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol.l 18t. Vgl. Blaufu(3, Reichsstadt and Pietismus (siehe Anm. 3), 102-109 zu Spizels Schrift (2. Aufl. 1685).

Philipp Jakob Spener, Die Werke. Studienausgabe, in Verbindung mit Beate Köster, hrsg. von Kurt Aland It1. Band I: Die Grundschriften. Teil I. Gie(3en/Basel, 1996, S. 244, 7-12 (entspr. 245, 5-10 Ilat.l). Die Pia Desideria samt den beiden Anhangen finden sich in dieser kritischen Edition auf den Seiten (55) 85 bis 407, and zwar in der Ausgabe 1675 sowie — pa-rallel — in der lateinischen Fassung von 1678 (diese mit Erganzungen Speners!). Vgl. auch ebd., S. 432/433. .

31 Blaufuj3, Reichsstadt and Pietismus (siehe Anm. 3), 107-108.

32 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol.121-122, hier 121'.

33 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol.131-132, hier 132r.

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als ob sie das Verdienst der ersten Widerlegung, das doch Spizel gebühre, für sich in Anspruch nehmen wollten.34

Reiser land schlie(3lich wieder den Weg nach Augsburg zurück; am 15. No-vember 1672 bat er für die Taufe seiner Tochter in Augsburg-HI. Kreuz Spizel als Paten.35 Zwar hat Reiser von Spizel schon 1669 gemeldet bekommen, dap man ihn — Reiser — in Augsburg noch sehr schaze.36 Aber Ober die gut zweieinhalb Jahre in Augsburg 1672 bis 1675 zog Reiser dann eine grimmige Bilanz: Ohne

„meres" habe man ihn Schwei(3 and Mühe auf die Bibliotheksarbeit verwenden lassen — ein Verhalten, das man auf3erhalb Augsburgs kaum erkWen könne.37

Wie entschlossen Reiser eine antikatholische Linie verfolgte, geht auch daraus hervor, da(3 er Spizel am 18./24. Juni 1671 vorwarf, mit dem Apostaten Johann Christian von Boineburg überhaupt in Briefverkehr getreten zu sein ... 38 Konfessionsübergreifende Korrespondenz war in diesen Zeiten auch für Ph.

J. Spener unter bestimmten Umstnden noch ein Problem — wenngleich Brief-wechsel mit Katholiken natürlich nicht unterblieben istl39 Andererseits bat Rei-ser am 26. lanuar 1671 um die Beschaffung der Bibliotheca Fratrum Polonorum, in Folio 8bndig nach 1656 in Irenopolis erschienen.40 Aber dann erschien ihm die übersendung doch zu riskant.41

2. Exulanten und ihre Korrespondenz mit Gottlieb Spizel

Die Briefe 'Betroffener' selbst stammen vornehmlich aus dem Zeitraum von 1675 bis 1681, einige wenige Stücke liegen am Ende der 80er Jahre, z.T.

schon nicht mehr aus den Zufluchtsorten Wittenberg etc. Von einer persönli-chen Bekanntschaft Spizels mit den Briefpartnern erfahren wir aus den Schrei-ben nicht. In der Zeit zwischen Anfang Oktober bis 12. November 1675 hat ein Treffen Spizels mit I. Simonides und T. Masnicius bei E. Veiel in Ulm stattge-

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Vgl. zu Spizel —Artopoeus Blauful3, Reichsstadt and Pietisrnus (siehe Anm. 3), 248-249.

A. Reiser an G. Spizel, Pre(3burg 13.8.1667; SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol. 156` x".

35 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol.143`.

36 Siehe in dem Brief A. Reiser an G. Spizel, 1.1 1.1669; SStB Augsburg: 2° Cod. Aug.

409: fol.121-122, hier 121°.

37 A. Reiser an G. Spizel, Öhringen 16.11.1675; SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol.

146-147, hier 147`.

Sri SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fal.I34`. — Vgl. den Briefwechsel Boineburgs mit Spizel 1670/71 in SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 407: fol. 123-133.

39 Vgl. Dietrich Blaufu(3 in Philipp Jakob Spener, Schriften, hrsg. von Erich Beyreuther, Bd. XVI. Korrespondenz. Hildesheim/Zürich/New York, 1989, Teilbd. I Einleitung S. (8*-90*) 13* mit Anm. 16. Ders. in ebd. Bd. XV. Korrespondenz. 1987, Teilbd. I Einleitung S. (8*-89*) 22* (kathol. Briefpartner).

SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol.131-132, hier 132r.

41 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 409: fol.134`.

funden, wie ein Brief der beiden an 1. H. Heidegger vom 12. November 1675 meldet.42

Selbstverst~ndlich geht es zu einem erheblichen Teil urn die Unterstüt-zung der nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge. Die finanziellen Hilfen spielen eine wichtige Rolle. Als einmal 12 lmperiales aus Augsburg Ober vier Wochen nicht in Wittenberg eintrafen, wurden Masnicius und Simonides un-ruhig und verwiesen auf Georg Reiser, den Neffen A. Reisers, als sicheren Emp-fanger des Geldes.43 Indes machte schon die aus den Briefen ersichtliche Be-schaffung des Geldes durch diverse Sammlungen deutlich, wie weit die Verbin-dungen geknüpft und eingesetzt wurden. Der schon genannte J. H. Heidegger erhielt Briefe von Masnicius und Simonides, die Heidegger gegenüber G. Spizel und E. Veiel (Ulm) initiativ werden lie(3en. Diverse Korrespondenzen Spizels machen deutlich, da13 in Nürnberg,44 Ulm und Frankfurt am Main Geldsamm-lungen durchgeführt wurden.45 Darait befindet sich G. Spizel geradezu in einem reichsstadtischen 'Verbund' von Hilfsbemühungen, in dem Augsburg eine nicht unwichtige Rolle spielte.46 Eine ganze Reihe von Namen aus der schwabischen Reichsstadt können wir den Briefen entnehmen, z.T. widerholt mit gro(3em Dank für den Einsatz zugunsten der Ungarn in den Schreiben genannt: der Ju-welier Schanternell,47 A. Reiser,48 von den Geistlichen 1. I. Muller, Christoph Pfautz und Georg Rif3,49 sodann Ma(r)x Huber,50 Gottfried Egger51 und der Ma-

42 Dies nach Schaffert, Heidegger (sieheAnm. 13), S. 20 Iwo irrig „Spirelius" in Spizelius zu verbessern istl. Die Briefe E. Veiels an Spizel aus diesem Zeitraum reden von diesem Treffen nicht, wohl aber am 22. Oktober 1675 davon, da13 bald zwei befreite Brüder 'bei uns' zu erwarten Sind, angekündigt durch Johann 1111 Fabricius (SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 410:

fol. 430r). Ulm hat für die Befreiung der Gefangenen offiziell „quinquagentes florenes" bereit-gestellt, wie aus E. Veiels Brief vom 24.9.1675 an G. Spizel hervorgeht (SStB Augsburg: 2°

Cod. Aug. 410: fol. 429r).

43 Masnicius and Simonides an G. Spizel, 6./16.9. and 20.10.1676 sowie — wohl hier-hergehörend — o.D. (nur Masnicius); SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408: fol. 530-531, 532 and 536. — Zu Georg Reiser siehe Blaufu(3, Reichsstadt and Pietismus (siehe Anm. 3), 212-219 u.ö.

44 Masnicius and Simonides an G. Spizel, 17.5.1676; SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408:

fol. 529'.

45 Detailliert bei Blaufu(3, Reichsstadt and Pietisrnus (siehe Anm. 3), 255-256.

46 Dap es hier im 18. Jahrhundert eine bedeutende 'Fortsetzung' gab, ist mit dem Namen Samuel Urlsperger hinWiglich markiert and durch einen jüngst erschienenen Sam-melband abermals unterstrichen: Samuel Urlsperger (1685-1772). Augsburger Pietismus zwischen Auf3enwirhungen and Binnenwelt, hrsg. von Reinhard Schwarz, Berlin, 1996 (Colloquia Augustana, 4); enth~lt I I AufsRze and eine neue, von Wolfgang Meyer (SStB Augsburg) erstellte Prim~ r-bibliographie (S.223-304).

4' SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408: fol.529"; 531r; 538, 540. — Zu Schanternell siehe Roeck, Stadt (siehe Anm. I ), S. 150, 425. Francois, Grenze (siehe Anm. 1), S. 125 Anm. 95.

48 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408: fol. 529"; 531r; 685".

49 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408: fol. 531"bzw. 685°. Zu den Augsburger Geistlichen siehe Hans Wiedemann, Augsburger Pfarrerbuch. Die evangelischen Geistlichen der Reichsstadt Augs-burg 1524-1806, Nürnberg, 1962. (Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns, 38)

5o SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408: fol. 685`. Der Augsburger Kaufmann and Bürger-meister Max Huber, ein Förderer Spenerscher Anliegen, spielte in Augsburg in der evangeli-

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gistrat der Stadt.52 Nimmt man die in Nürnberg und Altdorf wirkenden Theo lo-gen Johann III] Fabricius, Justus Jacob Leibniz und Johann GrMSj hinzu, so kann man schon das Bestreben erkennen, in breiterem Rahmen unter den Geistli-chen Gönner zu finden, die material] und ideell als Protektoren tRig werden konnten.

Die z.T. umfangreiche literarische Tatigkeit der mit Spizel korrespondie-renden Exulanten aus Ungarn54 spielt in den Briefen kaum eine Rolle. Aller- dings wurden zwei Mal so]che literarischen Unternehmungen thematisiert, die sozusagen eine Fortsetzung der Verfolgung auf literarischem Gebiet sind.

Georg Lani mu(3te sich mit dem Augsburger Domprediger Georg Haidelberger SJ herumschlagen. Haidelberger hatte eine Schrift Georgius Antilani. Das ist Rö- misch-Catholische Widerlegung eines -Vncatholischen, der hohen Justiz aus Handen Entloffe- nen, in einerjüngsthin An. 1675 ausgesprangten Laster Charten Georgius Lani benamsteten quasi Praedikanten im Jahr 1676 ausgehen lassen.55 Selbstredend fand das bei La- ni ejn Echo. Am 13. Januar 1677 teilte er Spizel mit, noch keinen Drucker gefun- den zu haben. Zugleich bat er urn einige Exemplare der Haidelbergerschen Schrift — vielleicht zur Verteilung an befreundete Gesinnungsgenossen. Und für einen Hinweis auf eine Veröffentlichungsmöglichkeit ware Lani G. Spizel sehr dankbargewesen.S6Am 4. Oktober 1677 ist wohl von diesem Werk Lanis die Re- de, das nun erschienen war. Es scheint nicht sicher, dal3 G. Spizel von Lanis po- lemischer Schrift angetan war. Ein Brief Spizels hatte deutlich erkennen lassen, da(3 er an dem Streit keine Freude fand. Lani stimmte dem zu, erklarte seine Versöhnungsbereitschaft, verschwieg aber nicht seine Skepsis: „Verum id faci-

lius sperare, quam expectare possum us."57

schen Kirche eine Rolle. Blaufu(3, Reichsstadt und Pietismus (siehe Anm. 3), 181-184, u. ö. Phi-lipp Jakob Spener, Briefe aus der Fankfurter Zeit 1666-1686, Bd. 2: 1675-1676, hrsg. von Johan-nes Wallmann in Zusammenarbeit mit Markus 'Matthias und Martin Friedrich, Tübingen, 1996, S. 666 Anm. I und S. 707.

51 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408: fol. 685r.

i2 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408: fol. 536 und 537.

53 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408: fol. 534 und 686. Vgl. zu alien drei Matthias Si-mon, Nürnbergisches Pfarrerbuch. Die evangelische Geistlichkeit der Reichsstadt Nürnberg und ikres Gebie-tes 1524-1806, Nürnberg 1965 (Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns, 41). Dietrich Blau-fu(3, Fabricius, Johann, in Literatur- Lexikon (siehe Anm. 16), 3, 321-322.

54 Ich belasse es für die Nennung der Werke hier bei einem pauschalen Hinweis auf Szinnyei, jeweils s.v.

55 Augustin et Aloys de Backer — Auguste Carayon, Bibliothéque de la Cornpa_gnie de jésus.

Nouvelle Edition par Carlos Sommervogel. Bibliographie Tome 4, Brüssel—Paris, 1893, Sp.

22 Nr. 7. — Ebenda Sp. 22-23 Nr. 7 (3 Titel) und Nr. 9 (2 Titel): Lani 1676, 1677 (2mal unter dem Pseudonym „Sigismundus Freymuth"), Haidelberger 1676 und 1677. Eichler, Lani (siehe Anm. 17), 568-569 (ohne Backer—Sommervogel).

56 SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408: fol.398d° und 400.

57 Alles nach Brief G. Lani an G. Spizel, 4. I. 1678; SStB Augsburg: 2° Cod. Aug. 408:

fol. 401 Das PS des Briefes zeigt Lanis Kontakt mit Joachim Feller.

Ein zweiter Jesuit, der den ungarischen Exulanten auf den Fersen blieb, war Nicolas Kellio SI (1643-1684). Hier erfahren wir aus einem an G. Spizel am 17.

Mai 1676 gerichteten Brief von Simonides, daf3 er in die Auseinandersetzung mit N. Kellio S1 eingetreten ist and einige Exemplare nach Augsburg sandte.58

In anderer Hinsicht f6lIt von der Korrespondenz mit Gottlieb Spizel auf die literarische T6tigkeit der ungarischen Exulanten noch ein bezeichnendes Schlaglicht. Offenbar war man sich hier nicht einig, ob man das eigene Ge-schick and damit die Verfolgung des Protestantismus in Ungarn klugerweise nur zurückhaltend, ja zun,Jchst überhaupt nicht zum Gegenstand publizisti-scher Bemühungen machen sollte.5' Die Alternative wire gerade eine entspre-chende Propaganda gewesen, von der man aber nicht wu(3te, ob sie v.a. für Be-troffene hilfreich wre. Die Schriftenverzeichnisse der Spizel-Briefpartner ent-halten zahlreiche einschl4ige Titel. Tobias Simonides etwa publizierte dazu in den Jahren 1675, 1676 and 1681.60 In den Briefen nach Augsburg spielte das eine Rolle. Am 6./16. September 1676 wurde ein Bericht über der Verfolgten Schicksal and die Befreiung angekündigt.61 Am 20. August 1681 gehen drei

In anderer Hinsicht f6lIt von der Korrespondenz mit Gottlieb Spizel auf die literarische T6tigkeit der ungarischen Exulanten noch ein bezeichnendes Schlaglicht. Offenbar war man sich hier nicht einig, ob man das eigene Ge-schick and damit die Verfolgung des Protestantismus in Ungarn klugerweise nur zurückhaltend, ja zun,Jchst überhaupt nicht zum Gegenstand publizisti-scher Bemühungen machen sollte.5' Die Alternative wire gerade eine entspre-chende Propaganda gewesen, von der man aber nicht wu(3te, ob sie v.a. für Be-troffene hilfreich wre. Die Schriftenverzeichnisse der Spizel-Briefpartner ent-halten zahlreiche einschl4ige Titel. Tobias Simonides etwa publizierte dazu in den Jahren 1675, 1676 and 1681.60 In den Briefen nach Augsburg spielte das eine Rolle. Am 6./16. September 1676 wurde ein Bericht über der Verfolgten Schicksal and die Befreiung angekündigt.61 Am 20. August 1681 gehen drei

In document lace DialvQúód, ° aarely (Pldal 55-81)