Die Bräuche des menschlichen Lebens
Im 18. Jahrhundert galt die Schürze als obligatorischer Bestandteil der Frauenbekleidung
Die feierliche Tracht wurde mit Schmuckstücken betont. Die Mädchen zogen Kupferringe mit Glassteinen über die Finger, steckten Silberohrringe mit roten oder blauen Steinen in die Ohren und am engen Halsband aus Samt hing ein Silberkreuz, Herz oder Amulett. Die reichen Bauermädchen hatten eine goldene Halskette mit Kreuz oder einem emaillierten Marienbild und ihre Ohrringe aus Gold wurden mit rotem Stein geschmückt. Dert Hals schmückten sie mit weißen oder roten Korallperlen. Zwischen den beiden Weltkriegen verbreiteten sich die 8-10 reihigen Glasperlenketten, deren Farbe sich der des Kleides anpaßte. Die Perlen waren gewöhnlich blau, weiß oder silberfarbig. Nachdem die Mädchen geheiratet hatten, legten sie ihre Schmuckstücke ab und trugen fortan nur noch den Ehering.
Bild 231: Kupferring mit Glasstein
Bild 232:
Silberohrringe
Bild 233: Halsband aus Samt
Bild 234:
goldene Kette
Bild 235: Marienbild Bild 236: goldene Ohrringe
Bild 237:
Korallperlen
Bild 238:
Glasperlenkette Die aus Leder gefertigten Bestandteile der Oberbekleidung der Frauen weisen eindeutig ungarischen Einfluss auf. Die Pelze kauften sie an den großen Märkten bei den Kürschnern, die im Schnitt und in der Verzierung für ihre Gegend typische Pelzmäntel fertigten und verkauften.
Bild 239: Niklasing / Miklósi (Schomodei)
Das gemusterte Kaschmirkopftuch zog man auf eine Kartonschablone
Befestigung der beiden unteren Tuchzipfel:
„Schopptichl” nannte man diese Art des Bindens Winterfesttage: „Ködmön”
(=Winterjacke), mit buntem Seidengarn bestickt
Knöchellanger Tuchrock Schürze aus Blaudruck
„Tutyi”: selbst gestrickte Schuhe
An ihren Füßen trugen die ungarndeutschen Bäuerinnen lebenslang selbstgestrickte, nicht selten gestreifte oder bunte Strümpfe bzw. handgestrickte Patschker. Die Schuhe der Festtracht waren die Spangen- und die Halbschuhe mit Schnürsenkeln.
Bild 240: Alltagskleidung aus Nimmesch / Himesháza
- Oberteil („Juppl”) und Rock aus kariertem Barchent
- Dreieckiges, gehäkeltes Schultertuch - In der Hand: Verpflegungsbündel Kindstuch:
Kleinkinder, die noch nicht gehen konnten, darin getragen
1 Meter breit, 2.30 m lang
aus Hanf und Baumwolle
die Mutter schlug es um die Schultern
- Blaudruckschürze
- Handgestrickte, schwarze Strümpfe - Selbstgestrickte Schuhe: „Tutyi”
Bild 241: Schwarze Samtschuhe mit Spangen
Bild 242: Schwarze Lackschuhe mit Spangen
Bild 243: Spangenschuhe
Bild 244: Paumasch / Pomáz, Festtracht um 1920 Jacke (Juppl) aus grünem Stoff, gesteppt, mit
Spitzensaum und Zackenlitzen am Unterrand
Rock aus kariertem Stoff, am Saum mit schwarzem Stoff besetzt
schwarze Schürze aus Rumburger Leinwand, unten mit weißer Maschinenstickerei verziert Handgestrickte, weiß-blau gestreifte Strümpfe Mit blauen Schleifen geschmückte
Samtschuhe
Bild 245:
Atscha / Vértesacsa, Festkleidung nach 1910
Kurzärmeliges Leinenhemd mit Spitzen Samtweste
„Halstichl”: dreieckiges Schultertuch aus schwerer Seide, an den Rändern bunt gemustert, sonst getüpfelt Rock bis zur Wadenmitte, der Saum
mit schwarzem Samt eingefasst Schürze
Handgestrickte Strümpfe mit weiß-blauem Spiralmuster
Samtschuhe mit Leder kombiniert
Bild 246:
Bäuerinnen Sonntag Nachmittag beim Kartenspiel
Die Frau links trägt gestrickte
„Patschkerl”.
Die Festtrachten der Frauen hingen mit den wichtigen Ereignissen in ihrem Leben zusammen. Zur Erstkommunion nähten sie ein Kleid nach dem örtlich traditionellen Schnitt aus weißem Leinwand, ein solches Kleid trugen später die Marien-Mädchen mit einer Medaille auf blauem Band um den Hals. Die Kleider der Mädchen im Heiratsalter passten sich den liturgischen Farben des Kirchenjahres an. Ein Ort zum Vorführen und Tragen dieser Kleider war auch die Kirche.
Von der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts an heirateten die Mädchen in schwarzem Stoffkleid mit weißem, in Falten gezogenen Fürtuch. Das weiße Brautkleid fand erst nach dem 2. Weltkrieg allgemeine Verbreitung. Der auffälligste Schmuck der Hochzeitsbekleidung war der diademartige Kopfkranz, der in den einzelnen Gebieten eine reiche Variätetenvielfalt aufweist. Die Kranzflechterfrauen in Szulok (in der Schomodei) fertigten den Kranz aus der reichen Kombination von Kunstblumen, Silberperlen und Bändchen, wobei der Rosmarin-zweig, das Symbol der Ehrlichkeit, nicht fehlen durfte.
Bild 247: Braut und Bräutigam aus Werischwar / Pilisvörösvár, 1936
Janker + Rock + Schürze
Kränzchen, krantsl,
Myrtenkranz auf dem Kopf
Rosmarin in der Hand
Samtschuhe mit Strümpfen
Bild 248: Braut in den 30er Jahren aus Tarian / Tarján
schwarzes Seidentulifäntchen (=
rékli)
schwarzer Rock
Schürze aus weißem Leinen mit Lochstickerei
weiße Strümpfe
schwarze Spangenschuhe aus Leder
Brautkranz aus weißer Myrte mit bunten künstlichen Blumen im Nacken mit blauem Seidenband gebunden
Rosmarinzweig vor dem Kranz
Bild 249: Braut 1930 aus Wudersch
„Reckl” mit abstehendem Schoß aus schwarzem Tuch, an den Säumen mit Verschnürung geziert
rosafarbenes Schultertuch aus Seide mit langen Fransen darunter
blauer Faltenrock aus schwerer Seide, reicht bis zur Wadenmitte
Schürze aus weißem Batist mit blauen Streifen, in Falten gelegt
blaue Strümpfe
schwarze Samtschuhe
Gebetbuch und Rosenkranz
Die an den Tod, und die Trauer anknüpfenden Kleidungsstücke bilden ebenfalls einen orga-nischen Bestandsteil der bäuerlichen Volkstracht. Als eindeutige Farbe der Trauer gilt heut-zutage Schwarz, obwohl die deutschen Quellen als Trauersymbol der ungarndeutschen Frauen das weiße Kopftuch und die weiße Schürze, die zu einem schwarzen Stoffkleid getragen wurden, erwähnen. In den Dreißigerjahren trauerten die Hartaer Frauen (Komitat Bács-Kis-kun) noch mit gestärktem weißem Tuchkleid und weißer Schürze.
Die ungarndeutsche Tracht bediente sich auch der Elemente der Ungarn und anderer Nationa-litäten, so z. B. der Slowaken. Die Frauen trugen z. B. in Berzel/Ceglédbercel (Komitat Pest) und Ratka/Rátka (Komitat Zemplén) oft kurze Röcke, Stiefel und Hemden mit Schulterfleck.
Die Männer übernahmen beeinflußt von der Soldatenzeit die Stiefelhose mit Posamenten-verzierung, den Absatzstiefel mit hartem Oberteil sowie den Mantel mit Posamentenver-zierung. Die deutschen Männer galten in den Dörfern nach dem ersten Weltkrieg als Pioniere der bürgerlichen Männermode, der Pantalonhose, des Sakkos, oder der Regatta- bzw.
Zugschuhe. Bei den Frauen erfolgte der Wechsel zur bürgerlichen Bekleidung eigentlich erst in den Fünfzigerjahren.
Kindertracht
Bild 250: Kleines Mädchen aus Agendorf / Ágfalva
Festtracht um 1890
- Kleid aus kariertem Stoff
- Oberteil: vorne mit Knöpfen versehene Tucheinlage
- Rock mit schwarzem Samtband und der Saum mit weißer Spitze verziert
- Handgestrickte schwarze Wollstrümpfe - seitlich geknöpfte Lederschuhe
Bild 251: Steckkissen, Langpolster, laungpuista, Leinenpolster, leimpuiste
Bild 252: Kindertracht aus Wudersch
Bild 253: Bub mit Rock, Fürter und Hut Bild 254: Am Rücken zu knöpfender Rock Das Waschen
Bild 255:
In Deutschpilsen / Nagybörzsöny, 1968 Hanfleinen wird am Bach mit Bleueln (ung. sulyok) gewaschen.
Die Stoffe wurden selber zubereitet:
• Der Rohstoff: r Hanf wurde selbst angebaut Æ geschnitten Æ ins Wasser gestellt (in Bündeln) zum Einweichen Æ gebrochen Æ gekämmt Æ über Winter auf dem Boden gelagert Æ im Winter gesponnen Æ daraus Stoffe gewebt: Leintücher, daraus Hosen für die Männer
• Den Stoff hat man im Geschäft gekauft: r Barchent, r Samt, r Lüster, e Seide, s Leinen, r Kaschmir, gefärbte Stoffe
Bild 256: Hanf wird eingeweicht … Bild 257: … dann getrocknet
Bild 258: Hanfbrechen in Hartau, 1931 mit der Hanfschwinge (ung.kendertiló), welche ans Fallbrett (ung. csapódeszka) montiert ist
Bild 259: Spinnen in Deutschpilsen / Nagybörzsöny, 1968
Spinnen des gekämmten Hanfes
Die Aufbewahrung der Kleidung:
Die Kiedel (= Röcke) in der Kiedelseite des zweigeteilten Schrankes, auf Haken, auf der Röckelseite mit Fächern: Röckel, Kopftücher, Fürter (= Schürzen) gefaltet. Im Hohlbett im sauberen Zimmer, in der vorderen Stube Festtags-gewänder, die übrigens nie gewaschen wur-den.
Die Hausseife wurde selbstgemacht: aus Fettresten, Schwarten etc. mit Lauge gekocht.
Gegen Motten verwendete man Tabak, Lavendel oder Naphtalin.
Aufgaben:
1. Ordnen Sie die Kleidungsstücke mit Hilfe von Pfeilen zu!
Junges Mädchen im Festkleid in den 1920er Jahren aus Lantschuk/Lánycsók (Komitat Branau/Baranya)
1. langärmliges Hemd mit Krause am Halsausschnitt
2. mittels Fischbein versteifte Weste
3. aus gemustertem rosafarbenen Stoff genähter, in breite Falten gelegter Rock
4. schwarze Samtschuhe 5. schwarzes Samtband im zu einem Kranz aufgesteckten Kranz
6. weiße Schürze aus Leinen 7. Patentstrümpfe
8. Halskette aus bunten
Glasperlen, die mit rosafarbener Schleife am Hals gebunden ist Bild 260: Junges Mädchen im Festkleid in den 1920er Jahren aus Lantschuk/Lánycsók
2. Und jetzt benennen Sie bitte die einzelnen Kleidungsstücke der Hajoscher Tracht (1910)!
1.--- 2.--- 3. --- 4. --- 5. --- 6. ---
7. --- 8. ---
Bild 261: Tracht aus Hajosch
Lösung:
1. Samttuch mit langen Fransen, unter dem Kinn geknüpft 2. schwarzes Jäckchen „Lewesch” aus Samt
3. Halskette aus Golddoublé mit Marienmedaillon als Anhänger 4. besticktes Hemd mit Rüschen (= fodor)
5. im Bund geraffter Rock
6. leicht gezogene Lüsterschürze mit aufgenähten Seidenbändern 7. weiße Baumwollstrümfe
8. Spangenschuhe aus Samt mit grünen Bandschleifen
3. Ordnen Sie jetzt bitte die Kleidungsstücke der Männer mit Hilfe von Pfeilen zu!
Bursche um 1910 aus Hartau/Harta (Komitat Batsch-Kleinkumanien)
schwarze Tuchweste mit Taschen
aus schwarzem Tuch genähte Stiefelhose mit Schnurverzierung
steife Rohrstiefel, oben bogenförmig geschnitten
aus kobaltblauem Tuch genähtes
„Schmisjangl” (Hemd) mit Stehkragen
schwarzer, runder Wollhut mit einem Strauß aus künstlichen Blumen
Bild 262: Bursche um 1910 aus Hartau/Harta
4. Malen/Zeichnen Sie bitte die ungarndeutsche Volkstracht Ihres Heimatdorfes oder kleben Sie darüber Fotos ein!
Literatur
1. Manherz, Karl: Volkstrachten der Ungarndeutschen. Budapest 2000.
2. www.sulinet.hu/oroksegtar/data/magyarorszagi_kisebbsegek/2008/Die_ungarndeutsch en/pages/005_04.htm