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Auswirkungen au f die linguistische Semantik

Betrachten wir noch einmal die verschiedenen lexikographischen Definitionen zu unseren Beispiellexemen wissen, Wahrbeit und Objektivität, die nun aber nicht mehr mit einer Definition des Sachverhalts verwechselt werden dürfen:

zuverlässige Aussagen machen, die betreffende Sache wiedergeben können die Übereinstimmung einer Aussage m it der Sache, über die sie gemacht wird der wirkliche, wahre Sachverhalt, Tatbestand

Erkenntnis (als Spiegelbild der Wirklichkeit)

unabhängig von einem Subjekt und seinem Bewußtsein existierend; tatsächlich

Wie wir gesehen haben, bleibt uns das linguistisch formulierte Denotat bzw.

die außersprachliche Wirklichkeit für die in den Wörtern wissen, Wahrheit und Objektivität beschriebenen Handlungsmuster als eventuelle Begrün­

dungsgrundlage verborgen (in der positivistischen Logik), bzw. besitzen sie, gerade weil es sich um sprachliche Handlungsmuster handelt, keine vom Beobachter-Sprecher unabhängige Existenz (in der konstruktivistischen Logik).

Weder positivistisch noch konstruktivistisch ist es uns also möglich, zu den in obigen Semen sprachlich festgelegten Eigenschaften adäquate Verhaltensweisen zu entwickeln, die Authentizitätscharakter beanspruchen könnten. Die Kon- struktivisten entgehen dem Vorwurf, Objektivität (2) und Objektivität (3a) logisch nicht auseinanderzuhalten, indem sie - mit und durch Sprache! - plausibel beschreiben, dass die einzige Objektivität, für die ein lebendes System

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verbindliche Aussagen machen kann, die individuelle Objektivität (la ) ist, die aber nur über die sprachliche Sekundärfunktion der Denotierung zu einer kommunikativ relevanten, intersubjektiv vergleichbaren, damit sozialen Einheit wird. Für die Positivisten erweist es sich als unüberbrückbares Hindernis, dass die Annahme, das menschliche Gedächtnis arbeite mit Repräsentationen einer von ihm unabhängigen Außenwelt {betreffende Sache wiedergeben ...

Übereinstimmung einer Aussage ...Spiegelbild der W irklichkeit... unabhängig von einem Subjekt) zwar plausibel ist, gleichzeitig aber die Frage aufwirft, welches dieser neuronalen Netzwerke nun die relevante, verbindliche, authentische Repräsentation herzustellen vermag.

Die übereinzelsprachliche Semierung solcher Lexeme w ie wissen und Objektivität in den maßgeblichen linguistischen Wörterbüchern der Sprachen dieser Welt wirft einen bezeichnenden Blick auf das durch die Gesellschaft konventionierte Verständnis. Der semantische Gehalt der das Phänomen Objektivität semierenden Lexeme ist bereits einseitigzu Gunsten von Objektivität (3a) festgelegt. Dies ist sozial, als Mehrheitsentscheidung, durchaus vertretbar, Letzterkenntnis und Objektivität sind aber keine quantifizierbaren - konkreter:

keine demokratischen - Phänomene, es gibt deren nur eine, daher ist soziales, also Wir-Interessen bündelndes/bildendes Verhalten irrelevant für die Definition von Objektivität. In der linguistischen Semantik erweist sich die Verwechslung der biologischen Primärfunktion (konnotativ) mit der sozialen Sekundärfünktion (denotativ) menschlicher Sprachen als fatal für die Erklärungsrelevanz der jeweiligen Bedeutungsmodelle:10 Die jeweiligen linguistisch-mediodologischen Reaktionen auf die durchaus erkannte Problematik des Wirklichkeitsbezugs der Bedeutungen sind daher ebenfalls nur im Lichte einer unkommentierten Annahme der positivistischen Objektivitätsaussage verständlich und bewertbar.

Ob wir nun behavioristisch-distributionalistisch die Bedeutung als empirisch

10 Auch bei Rapoport (1972), von dem unser Eingangszitat stammt, finden wir die Begriffe ,denotativ“/,konnotativ' als Schlüsselbegriffe wieder. Interssanterweise liefert gerade er, ebenfalls aus naturwissenschaftlicher Perspektive, einen Ansatzpunkt, wie eine plausible naturwissenschaftliche Klärung des Verhältnisses Mensch-Sprache-Realität zu einem brauchbaren linguistischen Bedeutungsbegriffs führen kann:

1) äußere Bedeutung: a) Synonymität: setzt ein Wort mit anderen Wörtern in Bezug b ) ,Denotation1: bezieht ein Wort auf das Bezeichnete c) ,logische Konnotation“: gibt die Kriterien an, die uns

befähigen, die definierte Sache zu erkennen

=> D ie Faktoren a), b ), c) erlauben die linguistisch-analytische Untersuchung der Bedeutung, ohne dass mentalistisch, biologisch-kognitiv argumentiert werden müsste.

2) innere Bedeutung: .psychologische Konnotation“: verbindet die äußere Bedeutung (nicht die außersprachliche Realität!) mit dem konkreten

Individuum in der konkreten Sprechsituation

.Außersprachliche Wirklichkeit“ 117 kontextualistisches Phänomen bewerten, ob wir sie als „Gebrauchsbedingungen“

auffassen, gar strukturalistisch lediglich als Beziehung zueinander und untereinander definieren unter Ausschluss der umstrittenen Faktoren „Mensch“

und „Realität“ 11, ob wir sie generativ als Universalien in die Abstraktion einer Hilfs-Formelsprache retten, all diesen linguistischen Bedeutungsmodellen liegt der Trugschluss zu Grunde, in positver oder negativer Reaktion auf eine unbewiesen übernommene, positivistische Konzeption von Objektivität argumentieren zu müssen.

Diesen Schlussfolgerungen müsste ein nächster Arbeitsschritt folgen:

Bestehende linguistisch-positivistische Bedeutungskonzeptionen auf der Basis eines konstruktivistisch-biologisch plausiblen Objektivitätsbegriffs (la ) zu validieren, anschließend in ein stringentes System einzuordnen, bzw.

ein (integratives) Bedeutungsmodell zu entwickeln, das nicht mehr nur rein sprachwissenschaftlich auf dem Hintergrund einer kulturspezifischen, mehrheitsfähigen Auslegung des relevanten Faktors „außersprachliche Wirklichkeit“ im Sinne von (3a) operiert.

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