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3 Bukowina

3.6 Die Region Bukowina

3.6.2 Suczawa

Die Abgeschiedenheit und die damit verbundenen Nachteile bezüglich der sich entwickelnden Infrastruktur war schmerzlich für Suczawa, die ehemalige Fürstenstadt mit

306 Bukowinaer Rundschau. Ein Wort an die Regierung, 10. Oktober 1894, S. 1-2, hier S. 1.

307 Bukowinaer Rundschau. Ein Wort an die Regierung, 10. Oktober 1894, S. 1-2, hier S. 2.

308 Bukowinaer Post. 18. Jänner 1910, S.2.

Residenz, deren Fundamente bis ins 13. Jahrhundert und die Ursprünge der Siedlungsgeschichte noch weiter zurückreichen, die aber keinen wirtschaftlichen Mehrwert aus der Grenzlage unter Habsburger Administration ziehen konnte.309 Dies war besonders gravierend angesichts der Erfahrungen als Handelsstadt und Verkehrsknotenpunkt im moldauischen Reich seit dem 15. Jahrhundert “und durch diesen des ungarischen und morgenländischen Comerzes”.310 Wenngleich das Ausmaß des städtischen Wachstums nur langsam voranschritt,311 war auch hier die geförderte Ansiedlung von deutschen, armenischen sowie jüdischen Gewerbetreibenden Fundament des wachsenden Wohlstands.

Mit der österreichischen Ost-Erweiterung und den Aufstieg anderen Regionen Galiziens und der Bukowina als Handels- und Verkehrszentren verlor die moldauische Metropole ihre Bedeutung. De facto begann der wirtschaftliche Abstieg bereits um 1848, als Handelsabkommen und -beschränkungen mit dem Moldauischen Fürstentum getroffen wurden und Suczawas Stellung als Grenzstadt gefestigt wurde. Dieser Niedergang wurde als ganzheitlich erlebt und drückte sich nicht nur in der Abwanderung von Menschen, sondern auch in struktureller Auflösung aus. Beispielhaft ist dies mittels des armenischen Händlers Iwan Kapri vom Zeitgenossen Wilhelm Schmidt 1876 festgehalten wurden: “Er war nur zum Bleiben zu bewegen, wenn man ihm die Steine des Bergschlosses zur Anlegung eines festen Heims überlasse.312” In der Folge war Suczawa nicht nur administrativen, sondern auch strukturellen Umbau unterworfen und musste sich vor allem gegenüber den nördlichen Regionen positionieren. Die gebauten Strukturen liefern Hinweise hierzu. Diese wurde auch vermehrt als Einheit wahrgenommen und Änderungen daran registriert. Ein Jahrzehnt nach Wilhelm Schmidts Beschreibung wird gegenüber

309 Bis 1786 war Suczawa ein Handelsfreiplatz und konnte durch regen Handel mit Rumänien und Russland profitieren. Nachdem die Privilegien abgeschafft wurden und Straßen wie Bahn-Trassen an der Ortschaft vorbei ins benachbarte Ausland führten, kam der Handel nahezu zum Erliegen. Vgl. Bukowinaer Rundschaft. 17. April 1884, Suczawa und seine Wünsche, S. 1-2.

310 Schmidt, Wilhelm. Suczawa’s historische Denkmalwürdigkeiten. Czernowitz, 1876, S. 27.

311 Siehe Anhang A 5.

312 Schmidt, Wilhelm. Suczawa’s historische Denkmalwürdigkeiten, S. 218.

mutwilligen Zerstörungen der Schloss-Ruine vom Stadtvorstehler Iulius Morwitzer (1836-1898) eine Strafe von zwei Gulden verhängt und auch die Unterbringung von Tieren in allen Teilen der Anlage untersagt.313 Die Schlossruine sollte gesichert werden, auf dass die just 1895 begonnenen Forschungen von dem Generalkonservator aus Wien, Karl A. Romstorfer, dort weitere Erkenntnisse zur Stadtgeschichte liefern mögen.314 Unter Habsburger Administration war Suczawa die größte Stadt abseits der Regionalhauptstadt, bestehend aus einem Gerichtsbezirk, einem Markt und verschiedene Institutionen wie Schulen, Krankenhaus, Gemeindevertretung. Diese gewinnen an Spezialisierungen, aber an der Stellung der Stadt besteht kein Zweifel. So berichtet Die Presse 1860 über das

“Hinterland”: “Suczawa, die zweite Stadt in der Bukowina, soll nun auch das zweite Gymnasium im Land erhalten.315” 1888 wird der Bau eines neuen Krankenhauses für die Stadt beschlossen, welches am Stadtrand errichtet werden soll. Doch gehen die Maßnahmen zur Fertigstellung nur langsam voran.316 Durch die Grenzlage wurde die Stationierung von militärischen Einheiten notwendig und zugleich zum einzigen wirtschaftlichen Mehrwert durch die Regierung. Das Landwehr-Bataillon Nr. 78 wurde 1869 stationiert, aber 1898 verlegt, woraus der Stadt erhebliche Nachteile entstanden.

“Sowohl in gesellschaftlicher, aber noch mehr in materieller Beziehung ist durch die Auflösung unseres Landwehr-Bataillons ein Riss entstanden, der sich erst dann wieder wird verkleistern lassen, wenn Suczawa wieder Militär bekommt.317” Denn der Weggang berraubte den lokalen Kaufleuten und Lieferanten der Kundschaft und die bereitgestellten Kasernen verursachten auch durch Leerstand Kosten. Nicht zuletzt blieb Suczawa eine Grenzstadt, der militärische Aufgaben qua Lage zufielen. Die erneute Stationierung von Einheiten des 78. k.k. Landwehrbataillons erfolgte im Frühjahr 1902.318 Neben

313 Suceava. File de Istorie, Nr. 410, S. 695. Kundmachung des Stadtrates Nr. 4685, 1. Dezember 1887.

314 Vgl. Romstorfer, Karl A. Das alte Fürstenschloss in Suczawa. Czernowitz 1904, S. 3.

315 Die Presse. 5. Juli 1860, S. 2.

316 Bukowinaer Rundschau. 12. Januar 1888, S. 3.

317 Bukowinaer Rundschau. 20. Oktober 1899, S. 2 f. Vgl. Auch Supplement zu den ‘Mittheilungen des k.und k. Kriegs-Archivs’. Hrsg.von der Direction des k.und k. Kriegs-Archivs, S. 442.

318 Vgl.auch Bukowinaer Rundschau. 23. März 1902, S. 3.

wiederkehrenden Epedemien und hohen Sterberaten aufgrund von Krankheit und Unterernährung war Suczawa wiederholt von Großbränden im Stadtgebiet betroffen, welche die Bemühumgen um urbanen Auf-und Ausbau jeweils stark beschränkten. Im Jahr 1900 wurde die Gesamtinwohnerzahl mit 10.793 Personen angegeben.

1887 wurde der neue christliche, städtische Friedhof eröffnet. Die bisherigen Begräbnisstätten befanden sich als Kirchhof in unmittelbarer Nähe zu den Kirchen im Ort.

Es bestand zudem ein armenischer Friedhof, angrenzend zur Kirche St. Simion, welcher jedoch nicht unmittelbar im Stadtzentrum war und bestehen blieb, da Erweiterungen in diesem Gebiet weiter möglich waren.319 Der alte jüdische Friedhof wurde unter österreichischer Administration geschlossen und außerhalb der Ortschaft neu angelegt.

Dies erfolgte ähnlich der Anlage in Czernowitz, da der konfessionsübergreifende christliche Friedhof und der jüdische Friedhof auf einem Hügel am Stadtrand angelegt wurden. Sie waren weiter getrennt, als nur durch eine Straße, aber der Sichtkontakt blieb bestehen. Somit wurden auch hier zum ausgehenden 19. Jahrhundert wichtige strukturelle Veränderungen im Sinne des österreichischen Stadtbildes vollzogen. Eng verbunden mit den Entwicklungen dieser Zeit ist der Name des Bürgermeisters Franz Ritter des Loges320 (1846-1914), welcher von 1891 bis 1913 das Amt innehatte. Nicht nur die Bahnverbindung nach Itzkany, auch innerstädtische Bauprojekte, wie die Kanalisation oder die Verwaltung wurden von ihm geprägt. Auf dem neuen Friedhof wurde ihm ein Ehrengrab gestaltet. Auf Grund der Kriegsereignisse konnte die Grabgestaltung im Jahr 1914 nicht abgeschlossen werden. Die Gruft wurde erst 1931 durch ein aufwendiges Monument ergänzt, welches die Inschrift în numele cetățenilor recunoscători trägt.321 Die Hauptverkehrsstraße im Ortskern wurde 1901 umbenannt in Kaiser-Franz-Joseph-Straße und im gleichen Jahr erfolgte (durch erheblichen Beitrag aus privaten Spenden) die

319 Siehe Anhang A 5.

320 Schreibweise des Namens variiert. Im deutschsprachigen Kontext wird häufig Ritter von Loges angegeben, im rumänischsprachigen Franz Cavaler des Loges.

321 Seit 2008 ist eine Plakette zu seinen Ehren am Rathaus angebracht. 2006 wurde in einer städtischen Zeremonie seinem 160. Geburtstag gedacht und umfangreichen Reparaturen am Grab vorgenommen.

Errichtung eines Kaiserin Elisabeth-Denkmals im Stadtpark.322 Damit wurde die moderne denkmalhafte Ausgestaltung in Suczawa initiiert. Doch war trotz der steinernen Präsenz der habsburgischen Repräsentanten die Grenzlage und die Nähe zu Rumänien stets präsent. Zudem bot in erster Linie die Schlossruine Identifikationspunkte. Administrative Gebäude konnten nur langsam den Betrieb aufnehmen. Die Fertigstellung eines neuen Amtsgebäudes für die Bezirkshauptmannschaft kann 1903 abgeschlossen werden.323 Das Rathaus wurde 1904 fertiggestellt. Konzipiert wurde es vom Architekten und Generalkonservator der k.k. Centralcommission für Kunst und historische Denkmale Karl A. Romstorfer (1854 - 1916) aus Wien, der sich aufgrund letzterer Eigenschaft vielfach mit der historischen Substanz Suczawas befasste.324 Der historisch-künstlerische Wert der frühen Zeugnisse der Siedlungsgeschichte fanden in Anerkennung. Grabungen und Untersuchungen wurden im Umfeld des alten Fürstenschlosses angestellt und lieferten wiederholt relevante Zeugnisse für die kunst-/ historische Forschung. Meist wurden die Grabungsfunde im Bukowinaer Landesmuseum in Czernowitz ausgestellt und/ oder eingelagert.325Die historische Verortung wurde mit einem großen Festakt noch unterstrichen. Dieser fand am 15. Juli 1904, in Erinnerung des Todestages von Stefan Cel Mare statt und zog viele Interessierte an. Die Besucher kamen aus dem Kronland, aber auch vermehrt aus dem benachbarten Rumänien, selbst aus Bukarest.326 Dieser nationale Bezugspunkt wurde in weiteren Veranstaltungen bestärkt, unter anderem zum Jubiläum der Organisation “Scoala Romana”, die die Umsetzung rumänisch-sprachigen Unterrichts

322 Bukowinaer Post. 8. Dezember 1901, S. 3. Einen Grundstock von 2000 Kronen legte der Großgrundbesitzer Neumann Barber bereit.

323 Bukowinaer Post. 26. Oktober 1902, S. 1.

324 Vgl. Romstorfer, Karl A. Das alte Fürstenschloss in Suczawa. Czernowitz 1904. Sowie Hartmuth, Maximilian. Vienna and the Art Historical ‘Discovery’ of the Balkans, In Born, Robert/ Lemmen, Sarah, Hrsg. Orientalismen in Ostmitteleuropa. Diskurse, Akteure und Disziplinen vom 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg. Bielefeld 2014, S. 105-117, hier S. 110 f.

325 Vgl.u.a. Bukowinaer Post. 7. Juni 1898, S. 3. 1899 wurde das Lokalmuseum in Suczawa als Zweigstelle des Bukowinaer Landesmuseums in Czernowitz’ gegründet.

326 Suceava. File de Istorie, Nr. 422, S. 712 f.

förderte und forderte und in ihrem 25jährigen Bestehen einen “nationalen Geist”

verkörpert sieht.327