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III. „Friedensgruppe Dialogus”

III.1.   Der Makrokontext des Themas: „Zur weltpolitischen Lage“ 96

Die zu Anfang der 1970er Jahre beginnende und sich bis auf ein Jahrzehnt erstreckende Entspannungspolitik zwischen den beiden Grossmächten UdSSR und USA fand ihren Niederschlag in den Rüstungskontrollverträgen SALT I 1972 und SALT II 1979. Diese sollten die strategischen Nuklear-Kapazitäten begrenzen und somit einen weiteren eskalierenden Rüstungswettlauf verhindern.162

Krisen und Konfliktsituationen auf „Nebenschauplätzen“ (sowjetische Invasion in Afghanistan, Konflikte und Krisensituationen in Mittelamerika und dem Nahen Osten, Kriegsrecht zur Bekämpfung der unabhängigen polnischen Gewerkschaft Solidarnosc) hatten eine negative Auswirkung auf die eingeleitete Entspannungs-politik der Supermächte, Die Unterzeichnung der KSZE-Akte in Helsinki erschien im Nachhinein als der Höhepunkt der Annäherung.

Ab der zweiten Hälfte der 1970er Jahre wurde im Westen eine zunehmende Gefahr von nuklearen Waffensystemen wahrgenommen, die der SALT-Vertrag nicht regulierte. Schliesslich sahen die NATO-Bündnispartner das sicherheitspoli-tische Gleichgewicht in Gefahr. Als „Antwort“ darauf verabschiedeten die Au-ssen- und Verteidigungsminister den NATO-Doppelbeschluss. Die schärfere Gangart der US-Aussenpolitik des im Jahre 1980 gewählten republikanischen Präsidenten Reagan, deutete auf eine Richtung der Konfrontation.163

162 SALT, Strategic Arms Limitation Talks von 1969-1979, diese Verträge wurden zwischen den USA und der UdSSR geschlossen. Die Verhandlungen zu den SALT I -Verträgen begannen am 17. November 1969 in Helsinki, nach mehreren Sitzungen wurden die Verträge schliesslich von Richard Nixon und Leonid Breschnew in Moskau am 26. Mai 1972 unterzeichnet; SALT II -Verträge wurden am 18. Juni 1979 in Wien von Leonid Breschnew und Jimmy Carter unter-zeichnet, nachdem die Verhandlungen dafür schon 1972 in Genf begonnen hatten, da die SALT I Verträge als Zwischenergebnis der Verhandlungen für die endgültigen, späteren SALT II -Verträge galten.

163 Der NATO-Doppelbeschluss vom 12. Dezember 1979: Vom Nato-Rat verabschiedeter Beschluss zur Stationierung von nuklearen Mittelstreckenwaffen. Gleichzeitig sollten Verhandlungen mit

Die Verhandlungen mit einem Ultimatum der Gegenseite wurden eröffnet, worauf eine dritte Seite in ungeahnter Grösse sich in der Öffentlichkeit bemerkbar machte, denn der darauf folgende Diskurs veranschaulichte für viele Menschen das Potential einer Apokalypse. Bestehende und sich neu formierende Gruppen sahen sich herausgefordert, in einer bestimmten Weise durch Partizipation an der Öffentlichkeit Einfluss auf die Geschehnisse der „grossen Politik“ zu nehmen. 164

Im Westen, vor allem in der BRD, Grossbritannien und in Holland165, mobili-sierte die Friedensbewegung sehr viele Leute. Die Protestaktionen und Forderun-gen prägten die öffentliche Diskussion, verschiedenste Formen von Auseinander-setzungen um den Frieden (Grosskundgebungen, Meinungsumfragen, Unterschrif-tensammlungen, Ostermärsche, etc.) machten die Sicherheitspolitik „zum Thema Nr. 1“.166

Zu den gesellschaftsinternen Bedingungsfaktoren der Friedensbewegung zählt Leif167 „die langjährige Arbeit der Ökologiebewegung und Anti-AKW-Bewegung, der Frauenbewegung, der Dritte-Welt-Bewegung und anderer Protestbewegungen und die breiten, langfristig angelegten Aktivitäten der Neuen Sozialen Bewegun-gen in den siebziger Jahren, die mit der Ablehnung der NATO-Nachrüstung ihre Positionen zu Beginn der achtziger Jahre zeitweise bündelten ... [Diese] führten zum Anwachsen der Friedensbewegung. Mit diesem neuen politischen Kristallisa-tionskern stiessen die Bewegungen auf eine positive Resonanz bei der Bevölke-rung.“

Einen Höhepunkt erlebte die Friedensbewegung im Vorfeld der Entscheidun-gen im „Raketenherbst“ in den jeweiliEntscheidun-gen nationalen Parlamenten. Nach der Zu-stimmung – so z.B. in der BRD am 22. November 1983 - und der darauffolgenden Stationierung der Mittelstreckenraketen kam es am Tag darauf zum Abbruch der am 30. 11. 1981 von der UdSSR und den USA begonnenen Verhandlungen.168

Gemäss dem bipolaren System des Kalten Krieges, wurden oppositionelle Be-wegungen von der Machtseite schnell als ‚Fünfte Kolonne’ (Anhänger des Ge-gners) bezeichnet. Die Frage der Unterwanderung in der BRD durch DKP bzw.

der gegnerischen Hälfte wurde dann nach der Wende aufgrund der sich neu erge-benden Quellenlage untersucht. In einer Rezension zu einem Werk, das sich mit

der UdSSR um die Abrüstung der SS-20-Raketen und weitere von den lückenhaften SALT-Verträgen nicht erfasste Waffensysteme geführt werden. Sollte es zu keinem Ergebnis kommen, würden Ende 1983 (Pershing II und Cruisemissile) stationiert.

164 Leif, Thomas (1990).

165 Die Aktivität in diesen Ländern und die vergleichsweise ruhigere Rezeption der mediterranen NATO-Mitgliedsstaaten verleitet einen Autor zur These, dass die Friedensbewegung eine Folge der protestantisch geprägten Kulturen sei. Siehe Jacobsen, Hans-Adolf, in: Ders. (S. 271 - 284).

166 Vgl. Leif, S. 2ff.

167 Ebd.

168 Am 12. 3. 1985 wurden die Verhandlungen wieder aufgenommen und erfolgreich mit der Eini-gung auf eine „doppelte Nulllösung“ im INF-Vertrag im Dezember 1987 unterzeichnet.

dieser Thematik auseinandersetzt, äussert sich Hubertus Knabe dahingehend, dass wegen der gesperrten Rosenholz-Dateien (digital erfasste Listen mit Angaben über westdeutsche IM169) „die konspirativen Einwirkungen auf die westdeutsche Frie-densbewegung den Akten des KOFAZ nicht zu entnehmen sind – was angesichts der politischen und strafrechtlichen Risiken, die für die Ausführenden damit ver-bunden waren, auch nicht verwundern kann“. 170

Die lückenhafte Aktenlage mag vorläufig auf einige Fragen keine befriedigen-de Erklärung geben. Doch schaut man auf befriedigen-den Gesamtkomplex befriedigen-der Friebefriedigen-densbewe- Friedensbewe-gung, die sehr heterogene Zusammensetzung, die Fülle an Aktionen, so kann man feststellen, dass – wenn auch mehrere Initiativen von Inoffiziellen Mitarbeitern geleitet worden sind (gemäss den Memoiren des ehemaligen Spionagechefs Mar-kus Wolf, wonach die Initiative „Generäle für den Frieden“ von IM gelenkt und von der Hauptverwaltung mit 100 000 DM pro Jahr unterstützt worden sei, so wie die Gruppe die „Deutsche Friedensunion“ von der DDR mit jährlich 5 Millionen DM unterstützt wurde171) – die Stossrichtung der Bewegung einem breiten Kon-sens der Bevölkerung entsprach, unabhängig davon, ob diese von Organisationen der DDR mitunterstützt wurden und diese eine Unterwanderung, Manipulation oder Fremdsteuerung beabsichtigten. Dazu passt das Bild wie Buster Keaton in einem seiner Filme einen Zug mit einer Hand anhielt. Auf die Frage, wie er das schaffte, antwortete er, er beobachtete zuvor wo der Zug jeweils anhält, danach stellte er sich an jenen Standort und streckte seine Hand aus und der Zug hielt.

III.2. EXKURS

Die Reaktionen „von unten“ in den Mitgliedsstaaten des Warschauer Paktes zeigen in einem sehr engen Rahmen ein verschiedenartiges Bild. Für den grösse-ren Kontext steht hier die Einschätzung von Hücking, der resigniert konstatiert:

„Die gesellschaftlich-politischen wie organisatorischen Voraussetzungen für eine solche staatsunabhängige, also eigenständige Friedensbewegung in Osteuropa sind so gut wie nicht vorhanden.”172

Als Gründe gelten einmal: „Weil allen autonomen Organisationsversuchen mit rabiaten Methoden seitens des staatlichen Herrschaftsapparates [begegnet] wird.“

Hinzu tritt ein weiteres Argument: „Themen wie Frieden, Abrüstung und Sicher-heit zwischen den Blöcken [sind] seit Jahrzehnten in den Augen der Bevölkerung

169 Als IM wird ein „Inoffizieller Mitarbeiter” der Stasi bezeichnet.

170 Hubertus Knabe: Rezension zu Baron, Udo: Kalter Krieg und heisser Frieden. Der Einfluss der SED und ihrer westdeutschen Verbündeten auf die Partei 'Die Grünen'. Münster 2003. In: H-Soz-u-Kult, 28.04.2004, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2004-2-066>.

171 Ebd.

172 Hücking, Hans-H., in: Janning (1987).

negativ besetzt, da sie zum bloss legitimatorischen und ritualisierten Medium der herrschenden Kommunikation verkommen sind. <In allen sozialistischen Ländern ist die Friedensbewegung an der staatlichen Macht beteiligt, ja, in gewissem Sinn steht die Staatsmacht in ihrem Dienst. Hier wird Friedensmachtpolitik getrieben, während in den meisten imperialistischen Ländern Friedenspolitik Oppositionspo-litik ist. Eine oppositionelle Friedensbewegung in sozialistischen Ländern würde also zur Opposition gegen sich selbst> “.173

Zur Frage, wie es dazu kam, dass “Themen wie Frieden, Abrüstung und Si-cherheit zwischen den Blöcken [...] seit Jahrzehnten in den Augen der Bevölke-rung negativ besetzt”174 waren, soll hier etwas Klärung herbeigeführt werden. Der Begriff „Friede“ mit all seinen Komposita gehörte zu den meistverbreiteten Lo-sungen (russ.: lozung, ung.: jelszó) des sozialistischen „Friedenslagers“ (russ. Mir;

seit der Orthographiereform – kurz nach der Entstehung der Sowjetunion – bildet das Wort ein Homonym u.a. mit dem Begriff Welt) und wurde zu einem zentralen Kampfbegriff in der Ideologie bzw. im Alltag der Agitation, indem es nach dem Zweiten Weltkrieg als Argument für die Legitimation, Hoffnung und Ziel ver-schiedenster von der Herrschaft verfügter Verordnungen benutzt wurde.

Die während des Zweiten Weltkriegs im Untergrund tätige ungarische Kom-munistische Partei löste sich im Juni 1943 unter der Leitung János Kádárs und anderer aus taktischen Gründen auf und führte ihre Aktivität durch die Gründung einer Friedenspartei (Békepárt) weiter.175

Als prägende Beispiele sollen hier einige Titel von Broschüren und Pamphleten aus den Anfängen der Sowjetisierung Erwähnung finden. Der Inhalt der Broschü-ren (herausgegebenen von der Agitationsabteilung der Partei) wurde an die jewei-lige definierte Zielgruppe meist in Form von mündlichen Vorträgen weitergege-ben. Daneben gab es in den 1950er Jahren die „Szabadnép félóra“, wobei in allen Betrieben jeden Morgen eine halbe Stunde vor dem Arbeitsbeginn ein Kollege den Leitartikel der Parteizeitung „Szabadnép“ (Freies Volk) bekannt machte. Wobei es je nach Arbeitsort in unterschiedlichem Ausmass zu den Erwartungen der Partei-kader gehörte, dass die Zuhörer ihre Übereinstimmung und somit die Loyalität gegenüber dem System bekundeten. Einige Schlagzeilen:

Volkserzieher! Den Friedenskampf intensivierend gebt Informationen über das Dekret zur Ablieferung der Ernte und mobilisiert zur Pflege der Pflanzen!176

173 Ebd., S. 255.

174 Ebd.

175 Dömötörfi (2002), S. 167.

176 Népnevelők! a békeharcot tovább fokozva ismertessétek az 1951-52 es beszolgáltatási rendeletet, mozgósitsatok a növény-ápolásra. Szekszárd 1951 (polhist. MM/30/230).

Schütze den Frieden, indem Du fleissig lernst!177

Die Stärkung des Friedenslagers ist die Krise der Imperialisten. Im Spiegel der sprechenden Zahlen. ZK der MDP, Abteilung Agitation.178

Materialien für Friedenssonntage und den Tag der Agitation.179 Wir wollen Frieden! Mit der Benachrichtigung über den Grősz–

Prozess sollen unsere Friedensausschüsse für die erfolgreiche Durchfüh-rung der Ernteabgabe kämpfen.180

Aus letzterem Artikel werden hier einige Auszüge präsentiert:

Die Werktätigen unseres Vaterlandes kämpfen mit vereinten Kräften für den Frieden. Den Aufruf des Weltfriedensrates haben mehr als 7 Mil-lionen Werktätige unterschrieben und bezeugten somit den Glauben an den Frieden. Aber unsere Werktätigen kämpfen nicht nur mit Friedens-unterschriften für die Verteidigung des Friedens. Von Tag zu Tag entste-hen in unserem Vaterland noch nie zuvor geseentste-hene Arbeitsleistungen und in ihren Spuren wachsen die Fabriken, Riesenbetriebe, Strassen, Brücken, Bahnverbindungen. Unsere werktätigen Bauern führen den Heldenkampf, um jedes einzelne Korn so früh wie möglich abzuliefern, wodurch ebenfalls unsere Volkswirtschaft und darüber hinaus das Frie-denslager gestärkt wird. (...) Während unsere Werktätigen mit all ihrer Kraft für das glückliche Heute und für das noch schönere Morgen kämp-fen, haben Feinde unseres Vaterlandes und unseres Volkes dunkle Ver-schwörungspläne geschmiedet. Sie wollten, dass unser freies Volk wie-der in Sklaverei leben soll, anstelle von Wohlstand, in Elend. Anstelle des Friedens, wofür wir kämpfen, wollten sie Krieg, Blut, Vernichtung, Zerstörung. (...) Unser werktätiges Volk hat noch zur rechten Zeit diese verwegene Bande entlarvt, und der Prozess vor dem Gericht, durch wel-chen das Komitatsgericht von Budapest am 28. Juni 1951 sein Urteil fällte, konnte diese fürchterliche Schandtat aufklären.

177 Jó tanulással védd a békét! Bp., 194(?) (sic!) (polhist. MM/36/II/1096).

178 A béketábor erősödése és az imperialisták válsága. A Beszélő számok tükrében. MDP KB Ve-zetősége Agit. osztály, Bp., 1950 (polhist. MM/30/184).

179 Béke vasárnapok és agitációs nap anyaga. Julius 29. Bp., 1951 (polhist. MM/36/V/227).

180 Békét akarunk! A Grősz [József] per ismertetésével harcoljanak békebizottságaink a begyüjtés sikeres végrehajtásáért. Szekszárd, 1951 (polhist. B 1646).

Danach folgt im tendenziell katechistischen Stil die Aufklärung darüber, wer die Verschwörer waren und was sie genau wollten/ im Schilde führten. Auf 12 Seiten werden die Details des Prozesses beschrieben sowie präzise Angaben zu den Taten und den Tätern gemacht. Nach der Schilderung wird die Lehre formu-liert, an die sich ein Aufruf und ein vorbildhaftes und nachzuahmendes Aktions-beispiel anschliesst:

„Als eigentliche Lehre aus dem Prozess konstatieren wir, dass dem äusseren und inneren Feind wiederholt eine Niederlage zugefügt worden ist und dass unsere Volksdemokratie siegreich, stahlhart, und in neuen Kämpfen erprobt, mit erneuter Kraft auf dem Weg des Aufbaus des So-zialismus weiter voranschreitet. Noch nie war in unserem Vaterland aber auch auf der ganzen Welt das Lager des Friedens so gross. – Stehen wir weiterhin so unerschütterlich in diesem Lager und wachen wir weiter mit unserer friedvollen Arbeit, aber auch mit unserer kämpferischen Wach-samkeit über unseren grössten Wunsch: über den Frieden. –

In Dunadömölk organisierten die Mitglieder des Komitees der Pro-duktionsgenossenschaft „Freiheit“ eine Friedensernte, der sich die ge-samte Mitgliedschaft anschloss. Auch während der Mittagspause veran-stalten sie eine kleine Versammlung, wo sie darüber sprechen, ohne Un-terlass zu arbeiten, damit im Interesse des Friedens jedes Korn an den richtigen Ort gelangt. Sie wissen, dass sie auf diese Weise das Friedens-lager, das die gesamte Welt umfasst, stärken, dessen unerschütterlichste Bastion die Sowjetunion ist.“ 181

Auffallend ist die Vermischung verschiedener Themen: Enteignung und Kol-chosierung, Agitation zur Zwangsablieferung, bzw. zur Erzielung grösserer Ar-beitsleistung sowie die sich verschwörenden Feinde und der Grősz-Prozess (reak-tionärer katholischer Klerus). Alles im Friedenslager geschieht letzten Endes zur Stärkung des Friedens.

Diese Texte spiegeln vor allem den Kampagnestil der stalinistischen Ära wider (in der Ungarn unter der Führung von Rákosi besonders stachanowistisch vor-ging). Die Versuche der Destalinisierung sowie die Revolution, dann die Entwick-lung des Kádárismus, änderten in einer markanten Weise die politische Praxis. Die Stellung des Schlagwortes ‚Frieden’ blieb jedoch auch bei geänderten Rahmenbe-dingungen unangefochten.

Weitere Friedens-Ausdrücke:

181 Vgl. auch www.diafilmmuzeum.hu .

Friedenskampf* (békeharc), Friedenswettbewerb (békeverseny; eine Art sta-chanovistisches Programm auf dem Gebiet der Landwirtschaft), dazu Friedensern-te (békearatás), Friedensversammlung* (békekisgyűlések). Beim Friedenskredit (Békekölcsön) handelte es sich um einen Solidaritätsbeitrag an sozialistische Bru-derstaaten in Notlage. Da die Freiwilligkeit der Entrichtung des Betrages nur dem Schein nach galt, kam es für viele Betroffene mit einer faktischen Lohnkürzung gleich. Als Synonym für den Fünfjahresplan wird auch von Friedensplan (Béke-terv) gesprochen, dazu: Friedensindustrie* (békeipar), Friedenswirtschaft* (béke-gazdaság/békegazdálkodás), Friedenswacht* [Friedensarbeitsschicht] (békeműs-zak). Die Volksarmee wurde bisweilen ‚Friedensarmee’ genannt, Friedensstand*

(békeállomány)182.

Liest man in den Ausgaben des offiziellen Nationalen Friedensrates, dann sind der Kreativität bei Friedenswortbildungen keine Grenzen gesetzt: Friedenstag, -monat, -woche (Béke- és barátsági hónap). Friedensdemonstration (békedemon-stráció), Friedensmarsch (békemenet), Friedensfestival (békefesztivál), Friedens-schiff (Békehajó), Friedensstafette (békestaféta), Friedensliedwettbewerb (béke-dalpályázat), etc.

Es gab auch weit verbreitete Wortbildungen „von unten”, denen aus plausiblen Gründen der Weg ins Lexikon verwehrt wurde: „Friedenspfarrer” – (békepap) wurden im Volksmund pejorativ jene Geistlichen genannt, die sich dem System gegenüber - aus der Sicht des jeweiligen Sprechers – allzu linientreu gaben. Von der Partei wurden die kooperativen Geistlichen als „fortschrittliche Geistliche”

(gegenüber den reaktionären) bezeichnet.183

Damit ist das terminologische Inventarium dieses Begriffsfeldes noch nicht ausgeschöpft. Dieser Exkurs soll lediglich einen gewissen Eindruck vermitteln, welche Assoziationen die Friedensbewegung im Osten wachrufen konnte, als eine junge Generation zu Beginn der 1980er Jahre den Versuch einer Neubelebung, bzw. einer Neubestimmung initiierte.