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Geographische Lage der deutschen Siedlungsgebiete und der Deportationsregionen Deportationsregionen

3. Aspekte der Untersuchung

3.1 Geographische Lage der deutschen Siedlungsgebiete und der Deportationsregionen Deportationsregionen

Die größeren Siedlungsgebiete der deutschen Minderheiten Ungarns lassen sich anhand ihrer Geschichte gut beschreiben. Diese wird hier zusammengefasst dargestellt.

In der Geschichte des Königreichs Ungarn waren in beinahe jeder Epoche Ansiedlungen aus den deutschsprachigen Gebieten zu beobachten. Als Anfang kann das Zeitalter der Árpáden betrachtet werden, als die ersten ungarischen Könige die sogenannten

„Hospes” (Gäste) ins Land riefen. Diese Personen waren Ritter, Geistliche, Bauern und Handwerker, die wesentlich dazu beitrugen, westliche Strukturen im Land einzuführen.289 Eine größere deutsche Migrationswelle erreichte das Karpatenbecken im 12. Jahrhundert,290 als erste kompakte Siedlungsgebiete in Siebenbürgen und in der Zips entstanden.291 Nach dem Mongolensturm 1241–1242 holte König Béla IV. weitere Siedler ins Land,292 dadurch entstand das deutsche Bürgertum verschiedener Städte, zum Beispiel in Buda293, Óbuda294 und Pest295.296 Dazu zählten auch die oberungarischen Bergstädte (Selmecbánya297, Körmöcbánya,298 Besztercebánya299, etc.), ferner Sopron und Pozsony.

289 ÁCS, Zoltán: Nemzetiségek a történelmi Magyarországon. Kossuth Kiadó, Budapest, 1996, 18.;

BELLÉR, Béla: Kurze Geschichte der Deutschen in Ungarn. I. Teil bis 1919. Demokratischer Verband der Ungarndeutschen, Budapest, 1986, 19. (Der Band wurde erst 1981 auf Ungarisch publiziert:

BELLÉR, Béla: A magyarországi németek rövid története. Magvető, Budapest, 1981.)

290 BELLÉR, Kurze, 1986, 22–23.

291 FONT, Márta: A középkori Magyar Királyság. Az Árpád-házi királyok kora (970–1301). In:

ROMSICS, Ignác: Magyarország története, Akadémiai Kiadó, Budapest, 2007, 40–169, hier 123.

SEEWANN, Gerhard: Geschichte der Deutschen in Ungarn. Vom Frühmittelalter bis 1860. Band 1., 2.

Auflage. Herder Institut, Marburg, 2013, 21–30.

292 SEEWANN, Geschichte, Band 1., 2013, 18–20.

293 Heute wird als Buda der Teil von Budapest bezeichnet, der sich am rechten Donauufer befindet. Bis 1873 war Buda (deutsch Ofen) eine eigenständige Stadt.

294 Die ehemals eigenständige Stadt ist heute Teil des 3. Bezirks von Budapest, auf Deutsch wird sie Alt-Ofen genannt.

295 Heute wird als Pest der Teil von der ungarischen Hauptstadt bezeichnet, der sich am linken Donauufer befindet. Bis 1873 war Pest eine eigenständige Stadt.

296 ÁCS, Nemzetiségek, 1996, 24–25.

297 Stadt in der heutigen Slowakei, slowakisch Banská Štiavnica, deutsch Schemnitz.

298 Stadt in der heutigen Slowakei, slowakisch Kremnica, deutsch Kremnitz.

299 Stadt in der heutigen Slowakei, slowakisch Banská Bystrica, deutsch Neusohl.

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Die größeren Ansiedlungswellen waren die sog. Schwabenzüge, die Ende des 17.

Jahrhunderts begannen.300 Als die Osmanen im Rahmen einer internationalen Mächtekoalition aus Ungarn vertrieben wurden, waren größere Teile des Landes verwüstet und wirtschaftlich rückständig. Dies führte zu Migrationen, die zum Teil unorganisiert innerhalb des Landes, teils aber organisiert aus dem Ausland, im Rahmen von Ansiedlungsmaßnahmen seitens der Grundherren und der Landesherren erfolgten.301 Initiatoren waren die Habsburg-Herrscher (Leopold I., Karl VI., Maria Theresia und Joseph II.), sowie ungarische und ausländische Magnatenfamilien (wie die Familien Esterházy, Károlyi, Grassalkovich, Batthyány, Harruckern etc.),302 die Arbeitskräfte für ihre Güter benötigten und den Siedlern spezielle Rechte einräumten.

Die Migrationsbewegungen im 17. und 18. Jahrhundert beschränkten sich nicht nur auf Deutsche, sie betrafen auch Magyaren, Südslawen, Rusinen, Slowaken und Rumänen.303 In dieser Epoche bildete sich die ethnisch heterogene Zusammensetzung der Bevölkerung im Königreich Ungarn heraus, die bis zum 20. Jahrhundert Bestand hatte.304

Im Hintergrund der organisierten Kolonisation aus dem deutschen Sprachraum standen mehrere Gründe. Die Habsburger betrachteten nach den Erfahrungen der ungarischen, oft religiös gefärbten Konflikte (wie der Aufstände von Imre Thököly und Ferenc Rákóczi II.) die deutschen Siedler als zuverlässig. Darüber hinaus waren Fleiß und Sparsamkeit der Deutschen bekannt. Sie brachten moderne, westliche Technologien mit, die eine wichtige Rolle spielten um die verwüsteten Landesteile wieder in den Wirtschaftskreislauf Ungarns einzubinden.305

Im 18. Jahrhundert entstanden größere deutsche Siedlungsgebiete, deren Bewohner in der Umgangssprache oft vereinfacht als „Schwaben” bezeichnet werden. Diese befinden sich um die Hauptstadt (Ofner Bergland, das Pilis- und Schildgebirge, das Donauknie und die Csepel-Insel), Bakonywald/Buchenwald, die sog. Schwäbische Türkei in Südtransdanubien, ferner die Gebiete Sathmar, Banat, Batschka, Slawonien und

300 Siehe dazu: BELLÉR, Kurze, 1986, 63–86.

301 ÁCS, Nemzetiségek, 1996, 92–95.

302 Ebenda, 104.

303 KATUS, László: Magyarország a Habsburg Monarchiában (1711–1918). In: ROMSICS, Ignác:

Magyarország története, Akadémiai Kiadó, Budapest, 2007, 488–772, hier: 549.

304 BARTA, János – GERGELY, Jenő – KRISTÓ, Gyula: Magyarország története. Előidőktől 2000-ig.

Pannonica, Budapest, 2002, 328–329.

305 SEEWANN, Geschichte, Band 1., 2013, 130–132.

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Syrmien.306 Die Anzahl der deutschen Siedler betrug etwa 300.000–400.000 Personen.307

Außerhalb dieser relativ geschlossenen Siedlungsgebiete entstanden auch kleinere deutsche Gebiete und Ortschaften, teils als Folge privater Siedlungsaktionen der Magnaten, teils durch Binnenmigration. Deren Einwohner lebten innerhalb der Region und den Gemeinden als Minderheiten, weswegen ihre Assimilation schneller und intensiver erfolgte als in den zusammenhängenden deutschen Siedlungsgebieten. In solchen Streusiedlungen verschwanden teils oder gänzlich die Kennzeichen der deutschen Herkunft (Sprache, Namen, Sitten, Trachten), auch wenn sich diese Personen ihrer Abstammung bewusst blieben. Ein Teil ihrer Nachbarn betrachtete solche Personen anscheinend auch als „Fremde”. Das interessanteste Moment der Deportation 1944/1945 war, dass sie die Streusiedlungen genauso betraf wie die Bewohner der größeren deutschen Siedlungsgebiete.

Die Abgrenzung der Deportationsregionen wird dadurch erschwert, dass sie mit den deutschen Siedlungsgebieten nicht überall identisch waren. Diese Tatsache ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen, die hier vorgestellt werden. Davor gehe ich noch auf die fünf abgrenzbaren Deportationsregionen ein (siehe dazu noch die Karte der betroffenen Regionen im Anhang dieser Arbeit). Ihre Rekonstruktion erfolgte bereits zu Anfang des Projekts anhand von Fachliteratur, Interviews, lokalgeschichtlichen Forschungen und Egodokumenten. Danach wurden die Archive und Dokumentensammlungen ausgewählt, die für die Forschung herangezogen wurden.

Die größte Übereinstimmung einer Deportationsregion mit einem deutschen Siedlungsgebiet stellt die Schwäbische Türkei dar. Diese war die einzige von der Deportation betroffene Region westlich der Donau und umfasst die Komitate Baranya, Somogy und Tolna, in denen der Anteil der Deutschen an der Gesamtbevölkerung in der Zwischenkriegszeit am höchsten war. Die Deportation wurde in der ganzen Region durchgeführt, nur einige Gemeinden entkamen aus speziellen Gründen. Etwa ein Drittel der Gesamtanzahl aller Deportierten stammte aus der Schwäbischen Türkei.

Die Region Budapest und Umgebung erstreckt sich in einem Umkreis von ca. 50 km um die Hauptstadt. Interessanterweise führten die sowjetischen Soldaten die Deportationen

306 Vgl. dazu: ÁCS, Nemzetiségek, 1996, 104.; SEEWANN, Geschichte, Band 1., 2013, 121.

307 KATUS, Magyarország, 2007, 550.

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nicht in allen Gemeinden durch, in denen es eine deutsche Bevölkerung gab. Die betroffenen Gemeinden befanden sich nördlich des Donauknies, östlich-südöstlich von Budapest und auf der Csepel-Insel. Der deutsche Block am rechten Donauufer war von der Deportation nicht betroffen, was offenkundig auf die zu dieser Zeit noch heftigen Militäroperationen zurückzuführen ist (siehe nächstes Unterkapitel).

Die Region Kiskun umfasst den nördlichen Teil des damaligen Komitats Bács-Bodrog und den südlichen Teil des Komitats Pest-Pilis-Solt-Kiskun. Die Deportationsregion und das deutsche Siedlungsgebiet fielen hier ebenso zusammen wie im Fall der Schwäbischen Türkei. Deportiert wurde nur aus den Gemeinden, in denen tatsächlich eine deutsche Bevölkerung vorhanden war.

Ähnlich verhielt es sich mit der Region Békés-Csanád, die sich auf dem Territorium der damaligen Komitate Békés, Csanád und Arad-Torontál befand. Die Gemeinden mit deutscher Bevölkerung waren zerstreut, die deutsche Identität blieb in unterschiedlichem Maß erhalten. Die Sowjets führten die Deportation in allen Gemeinden mit einer größeren Anzahl von Deutschen durch.

Die Region Nordostungarn ist am schwersten abzugrenzen. Die betroffenen Gemeinden befinden sich nicht in einem Block, die deutsche Bevölkerung bildete hier kein geschlossenes Siedlungsgebiet, sie lebte in dieser Region verstreut. Nordostungarn wird in dieser Arbeit nur aus dem Grund als eine Region behandelt, weil ich die Struktur der Dissertation nicht allzu sehr verändern möchte. Hierzu zählen die damaligen Komitate Hajdú und Bihar, die auch geographisch nicht unbedingt zu Nordostungarn gehören, ferner die Komitate Szabolcs, Szatmár, Bereg, Borsod-Gömör, Abaúj-Torna und Zemplén. Ein gemeinsames Merkmal der Region war, dass aus allen Gemeinden, in denen eine selbstbewusste deutsche Minderheit lebte (z. B. Rátka, Rakamaz, Vállaj, Mérk), deportiert wurde. Danach wurde die Deportation auf Gemeinden erweitert, in denen die Einwohner sich kaum oder gar nicht als „Deutsche” identifizierten – solche Aktionen folgten zumeist zeitlich etwas später, Ende Januar 1945.

Außer den aufgeführten Deportationsregionen sind in Ungarn weitere Gemeinden bekannt, aus denen „deutschstämmige Zivilisten” in die Sowjetunion deportiert wurden, wie z. B. Fegyvernek (Komitat Jász-Nagykun-Szolnok) und Kompolt (Komitat Heves), die wahrscheinlich ebenso zu den genannten Deportationsregionen zuzuordnen sind, obwohl sie verwaltungsrechtlich nicht zu obigen Komitaten gehörten. In dieser Arbeit

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werden die Umstände dieser Deportationen nicht näher untersucht, bei der Feststellung der Gesamtanzahl der Deportierten werden aber auch diese Gemeinden berücksichtigt.