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Arbeitseinsatz, Lagerleben und Repatriierung der „deutschen Zivilinternierten” Zivilinternierten”

2. Vorgeschichte, Kontext

2.3 Deportationen deutscher Zivilisten aus den von der Roten Armee besetzten Gebieten im Spiegel sowjetischer Quellen Gebieten im Spiegel sowjetischer Quellen

2.3.3 Arbeitseinsatz, Lagerleben und Repatriierung der „deutschen Zivilinternierten” Zivilinternierten”

Über die Jahre in den Lagern berichteten in Ungarn lange Zeit nur die Erzählungen von Überlebenden. Interessanterweise wurde dieser Teil in Pavel Poljans Arbeit über die Durchführung der Deportation fast vollständig von ungarischen Autoren übernommen, während der zweite Teil über die Regelungen der Arbeits- und Lebensbedingungen und Repatriierungen in den sowjetischen Lagern fast gänzlich ausgeblendet blieb.224 Dieses Unterkapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit Poljans zusammen, der selber auch darauf hinwies, dass zwischen den sowjetischen Regelungen und der Realität oft enorme Unterschiede bestanden – was auch in den Lagerberichten dokumentiert ist.225 Trotzdem bleibt die Frage offen, welche Vorstellungen die Sowjets ursprünglich über den Arbeitseinsatz der „internierten Deutschen” besaßen.

Dem berüchtigten Beschluss Nr. 7161. folgte am 29. Dezember eine ergänzende Anweisung des GKO „Über die Arbeitsverwendung der internierten Deutschen”.226 Darin wurden die „Internierten” der Kontrolle der GUPVI dadurch entzogen, dass sie den Volkskommissariaten und Wirtschaftsunternehmen untergeordnet wurden, die ihren Arbeitseinsatz organisierten. So gerieten sie in eine wesentlich schlechtere und schutzlosere Situation als die Kriegsgefangenen, weil die Organisationen und Unternehmen, für die sie arbeiteten auch für ihre Verpflegung verantwortlich waren.

Diese Verantwortung war für die Unternehmen von Bedeutung, da die Deportierten im Fall schlechter Behandlung den Unternehmen wieder entzogen werden konnten, tatsächlich kamen sie ihr jedoch nicht nach.

Der Beschluss vom 29. Dezember führte auch aus, in welchen Wirtschaftszweigen und Regionen die „deutsche Arbeitskräfte” eingesetzt werden sollten. Diese waren die

223 Ebenda, 1282.

224 Siehe: Ebenda, 1283–1297.; POLJAN, Against, 2004, 277–303.

225 POLJAN, Westarbeiter, 2005, 1286.

226 Ebenda, 1283.

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Kohlen- und Eisenhüttenindustrie und die Buntmetallurgie.227 Als größte Aufnahmeregionen waren Stalino (56.000), Woroschilowgrad (28.000), Rostow (8.500) und Dnjepropetrowsk (22.500) vorgesehen.228

Im nächsten diesbezüglichen GKO-Beschluss Nr. 7565. vom 21. Februar 1945 („Über die Verteilung der aus dem Gebiet der kämpfenden Front mobilisierten Deutschen zum Arbeitseinsatz in der Industrie”) wurden die früheren Planungen revidiert. 67.000 Personen gerieten in die Ukraine und 18.000 nach Weißrussland. Die wichtigsten Auftraggeber waren die Volkskommissariate für Kohlenbergbau (25.000), Bauwesen (11.000), Eisenhüttenindustrie (10.000), Forstwirtschaft, Verkehrswege sowie das weißrussische Volkskommissariat für Brennstoffindustrie (je 5000 Personen).229 Größere Kontingente wurden außerdem im Ural, Nordkaukasus, Weißrussland, Ukraine und in Moskau und Umgebung eingesetzt.230 Insgesamt befanden sich fast alle Lager der „Internierten” im europäischen Teil der Sowjetunion.

Poljan publizierte eine Tabelle mit detaillierten Angaben zur Verteilung der

„Internierten”, die ich wegen der statistischen Daten ohne Veränderung übernehme:231 Nr. Gebiet/Republik Anzahl der 1946. Der Autor benennt als Quelle eine Unterlage des Russischen Staatlichen Militärarchivs (Rossiiskii gosudarstvennyi voennyi arkhiv, RGVA).

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14. Tschuwaschische ASSR 2 966 0.7 7.9

15. Gebiet Grosnyj 2 927 0.7 35.0

16. Gebiet Moskau 3 877 0.7 100.0

17. Gebiet Kurgan 1 788 0.6 7.7

18. Nordossetische ASSR 2 762 0.6 63.1

19-33. Übrige 14 6.243 4.8

Insgesamt 183 132.133 100.0 58.7

Die Gefangenen bildeten Arbeitsbataillone zu je 1.000 Personen. Innerhalb dieser arbeiteten 3–5 Kompanien, die von Brigadeleitern organisiert wurden, wobei diese aus dem Kreis der „Internierten” ausgewählt und von der Arbeit freigestellt wurden. Sie waren den sowjetischen Offizieren untergeordnet.232

Die Arbeit der Arbeitsbataillone war identisch mit der der Kriegsgefangenen, die vom sozialistischen Arbeitswettbewerb geprägt waren.233 Die Arbeitsnorm war ebenso hoch wie die der freien sowjetischen Arbeiter,234 für deren Übererfüllung wurden die Gefangenen mit größeren Lebensmittelportionen und Privilegien im Lagerkiosk belohnt. Die Mahlzeiten fanden in der speziellen Lagerkantine statt und waren von der Arbeitsleistung abhängig – für schwere physische Arbeit konnten die Gefangenen größere Portionen erhalten.

Die Lager waren streng bewacht und mit Stacheldraht und Zaun umgeben, um Fluchtversuche zu unterbinden. Die Gefangenen wohnten in Baracken, Frauen und Männer getrennt. Die Tagesordnung war fast gänzlich mit Arbeit gefüllt, nur abends standen zwei Stunden Freizeit zwischen Abendessen und Zapfenstreich zur Verfügung.

Poljan weist in diesem Kontext auch auf die Antifa-Schulen hin,235 deren Existenz jedoch von den Überlebenden nicht bestätigt wird.

Es gab verschiedene Strafmaßnahmen, abhängig von den verübten Taten (Arbeitsverweigerung, Beschädigung oder Verschwendung von Gütern, Fluchtversuche etc.). Kleinere Verstöße gegen die Lagerregeln wurden intern mit der Reduktion der Lebensmittelportionen, Einschränkung des Briefverkehrs oder mit Karzer sanktioniert.

232 Ebenda, 1283.

233 Ebenda, 1285.

234 Ebenda, 1286.

235 Ebenda, 1285.

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Für schwere Straftaten wurden Haftstrafen verhängt, oder die Täter in Strafkompanien geschickt, bzw. in den GULag versetzt.236

Der Teil von Poljans Arbeit über die Möglichkeit des Briefverkehrs weicht von den Erzählungen der Überlebenden ab.237 Laut seinen Quellen war es ab Sommer 1945 möglich, stark zensierte Briefe abzuschicken, nur der Standort des Lagers durfte nicht genannt werden. Die Interviews berichten über diese Möglichkeit erst ab dem Jahr 1946. Ab diesem Jahr erhielten die Gefangenen auch Geld als Lohn. Auch diese Angabe weicht von den Dokumenten ab: Die Verordnung Nr. 9518rs des Rats der Volkskommissare vom 13. Juni 1945 verfügte bereits im Sommer 1945, dass die

„Internierten” den gleichen Arbeitslohn erhalten sollten wie die freien sowjetischen Arbeiter.238

Poljan schreibt in seiner Arbeit auch darüber, dass die Berichte aus den Lagern häufig auf eine andere Realität schließen lassen. In den Einrichtungen herrschten in der Tat oft katastrophale Bedingungen, unter anderem wegen der Typhusepidemien. Die Versorgung verzögerte sich oft, weil die Lieferanten Diebstähle begingen und das Personal vieler Lager offen deutschfeindlich war.239 Davon abgesehen lebte das russische Volk am Kriegsende und in den Hungerjahren 1946/47 auch nicht besser.

In den Lagern waren am Anfang die niedrige Arbeitsleistung und die hohe Todesrate kennzeichnend. Weder der Arbeitseinsatz der Kriegsgefangenen noch der der

„Internierten” erwies sich als rentabel,240 was die sowjetische Leitung zu Veränderungen motivierte. Bereits am 30. August 1945 erschien der Beschluss Nr.

9959ss des GKO („Über die Verbesserung des Unterhalts und der Arbeitsverwendung internierter Deutscher in der Industrie”), der ein Versuch zur Verbesserung der Lagerverhältnisse war. Die Ineffizienz wird dadurch unterstrichen, dass im Mai 1948 ein fast gänzlich identischer Beschluss vom Ministerrat der Sowjetunion gefasst wurde.

Diese zweite Verordnung bewirkte aber, dass ihre Anweisungen ernster als bisher genommen wurden. Die besser qualifizierten Arbeiter konnten den Status eines freien

236 Ebenda, 1285.

237 Ebenda, 1285.

238 Ebenda, 1286.

239 Ebenda, 1288.

240 Ebenda, 1288–1289.

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Arbeitnehmers erhalten, kranke und schwache Gefangenen wurden für Garten- und Feldarbeiten eingesetzt.241

Über die Todesfälle in Lagern sind in der Arbeit Poljans Statistiken nach Gruppen geordnet zu finden. Die Gesamtanzahl der „Gruppe D der Internierten” war 208.239, die aufgrund des Beschlusses Nr. 7161. deportierte umfaßte und weitere 77.000 männliche Zivilisten, die aus Oberschlesien und Ostpreußen verschleppt worden waren.

Am 1. Februar 1946 fehlten davon bereits 76.106 Personen, ein Teil wurde repatriiert, die restlichen 35.775 Menschen kamen aber in den Lagern ums Leben. Von der

„Gruppe B” erreichten bis Mai 1945 insgesamt 94.601 Personen die Lager, von diesen starben 25.889.242

Die Anzahl der Lagerinsassen wurde jedoch auch durch Repatriierungen reduziert. Der erste Transport von invaliden „Volksdeutschen” wurde Ende 1945 zurückgeschickt, dem 1946 weitere Züge folgten. Am 27. Juli 1946 regelte der sowjetische Ministerrat im Beschluss Nr.1653-726cc die „Rückführung invalider deutscher Internierten nach Deutschland”.243 So kehrten 21.000 Personen heim, die Deutschen kamen unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft durch das Durchgangslager in Frankfurt an der Oder, die ungarischen und österreichischen Staatsbürger durch das Lager in „Sziget”,244 die Rumänen via Focșani245, und die Polen via Brest.

Die Repatriierungen wurden während der nächsten Jahre fortgesetzt, die letzte Gruppe der „mobilisierten und internierten Deutschen” wurde Ende 1949 aus der Sowjetunion entlassen.