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4. Die Region Békés-Csanád

4.4 Die Durchführung der Deportation

Einige Momente der Deportation in der Region sind seit den 1990er Jahren weitgehend bekannt. Vor der genauen Vorstellung des Deportationsvorgangs möchte ich kurz diese reflektieren, weil deren bisherige Darstellung durchaus problematisch ist.

Am detailliersten ist die Deportation im Bericht des Oberstuhlrichters des Bezirks Elek beschrieben.410 Er wurde am 16. Januar 1945 verfasst und bereits im Jahr 1990 veröffentlicht. Er erlangte wegen seiner Detailliertheit große Bekanntheit.411 Weitere Autoren übernahmen Teile davon, besonders ein Zitat („Wenn es auch nur einen Tropfen deutsches Blut in jemandes Adern gibt, dann ist er ein Deutscher”) wurde fast zum Motto der Forschung.412 Die Bedeutung des Berichts kann kaum überschätzt werden, bei seiner Verwendung ist jedoch klarzustellen, dass er nur die Verhältnisse in Elek beschreibt. Es ist nicht angemessen, bei der Untersuchung anderer Regionen davon auszugehen, dass der Vorgang der Deportation überall identisch war.

Genauso oft wurde und wird ein Briefwechsel zwischen den Leitern des Komitats Békés und dem Innenminister Ferenc Erdei zitiert,413 der zum Teil gleichfalls 1990 veröffentlicht wurde.414 Aufgrund dieser Briefe erließ der Innenminister Erdei am 5.

Januar 1945 nach seinen angeblichen Verhandlungen mit dem sowjetischen

409 TILKOVSZKY, Nationalitätenpolitik, 1990, 363.

410 MNL BéML IV. 435. 78/1945.

411 ERDMANN, Deportálás, 1990, 41–44.

412 FÜZES, Modern, 1990, 21.; BOGNÁR, Egyetlen, 2008, 41.

413 Siehe zum Beispiel: ZIELBAUER, Magyar 1989, 275; FÜZES, Modern, 1990, 18–20, TILKOVSZKY, Nemzetiség, 1994, 135–136.

414 ERDMANN, Deportálás, 1990, 31–32, 33, 34–36.

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Kommandeur eine Verordnung, in der er festlegte, welcher Personenkreis von dem

„Arbeitsdienst” zu befreien war oder befreit werden sollte.415

Die Bedeutung dieser Verordnung für Erdei ist zu revidieren. Einerseits hatte sie keinen wahrnehmbaren Einfluss auf den Verlauf der Deportation. Zweitens, trotz einer Verordnung des Innenministers, also eines staatlichen zentralen Funktionsträgers, kann sie den Eindruck erwecken, dass es sich dabei um eine Maßnahme von landesweiter Geltung handelt. Doch ist hier auf den damaligen Zustand des administrativen Systems Ungarns hinzuweisen. Die Reichweite der Verordnung Erdeis war äußerst gering, denn sie taucht in keiner anderen Deportationsregion auf. Drittens, das vom Innenminister verordnete Überprüfungsverfahren zielte auf die Freistellung einiger, von den Sowjets bereits eingezogenen Personen ab. Dabei begann schon zu diesem Zeitpunkt die Differenzierung zwischen „guten” und „schlechten” Deutschen wirksam zu werden und die Deportation der „schlechten” Deutschen konnte aufgrund dieser Verordnung mit der Zustimmung des Innenministers rechnen.

Der vierte und schwerwiegendste Faktor ist die Frage, ob Ferenc Erdei das Ziel der Aushebung der „deutschstämmigen” Bevölkerung kannte. Die von Erdmann veröffentlichten Quellen geben keine sichere Antwort darauf. Der Autor führt im Band leider die Kriterien seiner Quellenauswahl nicht aus. So kann nicht festgestellt werden, ob Erdmann eine Antwort darauf bekannt war. In seinem Band sind nur Teile des Briefwechsels zu finden. Chronologisch ist der erste Brief eine Nachricht, die am 3.

Januar vom Innenministerium nach Gyula geschickt wurde. Der Inhalt deutet darauf hin, dass dieser nur die Antwort auf einen früheren Bericht war – der ebenso im Bestand des Komitatsarchivs Békés zu finden ist und den bereits 1990 Miklós Füzes zitierte.416 Am 2. Januar 1945 schickte Antal Csige Varga, der Vizegespan des Komitats Békés, einen Bericht an Erdei und bat um seine Intervention. Er teilte eindeutig mit, dass ein Teil der Bevölkerung ausgehoben wurde „mit dem Ziel, diese an einem unbekannten Ort für einen unbekannten Zeitraum nach Russland zu transportieren.”417

Die Leiter des Komitats und Ferenc Erdei wussten – oder ahnten auf jeden Fall – Anfang Januar, welches Schicksal die Betroffenen erwartete. Ihre weiteren Maßnahmen

415 MNL BéML IV. 407. B. 8/1945.

416 FÜZES, Modern, 1990, 18.

417 MNL BéML IV. 407. B. 8/1945.

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müssen in diesem Kontext interpretiert werden. Wahrscheinlich hatten weder die Organe der Komitate noch die Zentralbehörden die Macht dazu, die Deportation der Zivilisten anzuhalten, aber auch jeglicher Protest blieb aus. Möglich wäre es jedoch gewesen, die Betroffenen über das Ziel ihrer Deportation zu informieren, was Erdei versäumte, obwohl in den meisten Deportationsregionen die Durchführung des Beschlusses Nr. 7161. erst nach dem 2. Januar begann. Erdei versuchte nicht einmal die Betroffenen zu benachrichtigen. Er ließ damit die lokalen Verwaltungsbehörden den sowjetischen Militärkommandanturen gegenüber allein und behielt Informationen offenkundig für sich. Bei ihm und bei der ungarischen Regierung liegt ein wesentlicher Teil der Verantwortung dafür, dass die Betroffenen weder flüchten noch sich richtig vorbereiten konnten. Diese einleitenden Gedanken untermauern, warum ich es für notwendig halte, die Vorgänge in der Region Békés-Csanád eingehender aufzuarbeiten.

Die sowjetischen Soldaten hatten bis Dezember 1944 längst ihre Lage in der Region stabilisiert und die dort stationierten Truppen verfügten wahrscheinlich über gewisse Kenntnisse über die lokalen Verhältnisse. Der erste Schritt der Deportation war das Ergebnis einer umsichtigen Entscheidung: Die sowjetischen Kommandanten verordneten mündlich eine demographische Erhebung in den Gemeinden, die von den ungarischen Behörden durchzuführen war. Die Dokumentation über diese Erhebung blieb nicht erhalten, über die Art und Weise ihrer Ausführung berichtet der erwähnte Bericht des Oberstuhlrichters des Bezirks Elek, den er am 16. Januar 1945 an den Obergespan verfasste:

„Am 26. Dezember 1944 erschien eine so genannte russische GPU418-Abteilung von rund 200 Mann in der Gemeinde und quartierte sich dort ein. Am Abend desselben Tages bestellte mich der Kommandant, ein russischer Major, zu sich, und wies mich an, die Bevölkerung des Bezirks einer Volkszählung gemäß zu erfassen. Die von ihm befohlenen Angaben waren folgende: Name, Geburtsjahr,

418 Über GPU Truppen wurde nur aus dieser Region berichtet. Die GPU (Gossudarstwennoje polititscheskoje uprawlenije, also Staatliche Politische Verwaltung) war die damalige Bezeichnung der sowjetischen Geheimpolizei. Die Organisation war die Nachfolgerin der Tscheka und die Vorgängerin des KGB. Es gibt keine Angaben dazu, ob die Deportation in dieser Region tatsächlich von der Geheimpolizei durchgeführt wurde, oder die sowjetischen Soldaten sich nur als GPU vorstellten, um die Bevölkerung und die ungarischen Behörden zur Kooperation zu bewegen.

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Nationalität, Adresse, und seit wann diese Personen hier wohnen. Diese Volkszählung dauerte in Elek vom 27. bis zum 29. Dezember.”419

Im gleichen Bezirk sind in den Quellen auch Angaben über Nagykamarás zu finden, die besagen, dass der sowjetische Kommandeur Listen anforderte, in denen die Einwohner der Gemeinden je nach Altersgruppen einzutragen waren.420 Wahrscheinlich stellte die ungarische Verwaltung aller Gemeinden ein Verzeichnis zusammen, anhand der die Deportation durchgeführt wurde. Das Ziel dieser Erhebung wurde in den Unterlagen nicht festgehalten. Ein Zeitzeuge aus Elek berichtete über deren Begründung, dass die Sowjets wissen wollten, wie viele Zuckermarken in den Gemeinden ausgeteilt werden sollten.421 Diese Version verbreitete sich jedoch nur unter der Einwohnerschaft, in den offiziellen Dokumenten steht nichts von irgendwelchen Zuckermarken.

Im Bezirk Békés dokumentiert das Protokoll der Gemeindeversammlung von Mezőberény, dass auch dort eine Konskription durchgeführt wurde. In der Sitzung vom 27. Dezember 1944 verkündete der Vorsitzende, dass die sowjetischen Akteure eine solche für das gesamte Gebiet der Gemeinde verordneten, die binnen zwei Tagen zu erledigen war.422 Der Rat beschloss, dass diese von den Luftschutz-Wärtern, den Kreisleitern der Außensiedlungen, den Händlern und den Lehrern durchgeführt werden sollte.

Im Bezirk Gyoma kann nicht festgestellt werden, ob eine ähnliche Erhebung auch dort erfolgte. Aus einem Bericht des Gemeindevorstands geht nur hervor, dass sie selber keine Liste über die Deportierten verfügten:

„...uns steht die vollständige Namensliste der Personen, die die russische Militärbehörden zur Arbeit in Anspruch nahmen, nicht zur Verfügung, nachdem der russische Militärkommandantur diese Liste uns nicht übergab und bei der

419 „1944. évi december hó 26-án a községben mintegy 200 főt számláló, úgynevezett ’Orosz G. P. U.

osztag’ jelent meg és szállásolta el magát. Ugyanez nap este az osztag parancsnoka egy orosz őrnagy magához hivatott és elrendelte általam a járás lakosságának népszámlálás-szerű összeírását. A népszámlálás egyes rovatai a következők voltak: név, születési év, nemzetiség, mióta lakik a községben és pontos lakcím. A népszámlálás Elek községben az elmúlt év december hó 27 és 28-án megtörtént és 29-én lezáratott.” MNL BéML IV. 435. 78/1945.; MNL CSML IV. B. 455. b. 237/1945.; ERDMANN, Deportálás, 1990, 41.

420 MNL BéML V. 355. 1/1945.

421 Barch LAA OSTDOK 2/360. 41.; SCHIEDER, Dokumentation, 1984, 45.

422 MNL BéML V. 326. A. Band 43. 1944. Protokoll der Sitzung vom 27. Dezember 1944.; MNL BéML V. 326. G. 18/1945.; ERDMANN, Deportálás, 1990, 36–38.

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Sammlung der Arbeitsdienstler keine Person mitwirkte, die so eine Liste hätte zusammenstellen können”.423

Das schließt jedoch nicht aus, dass die Vorstandsmitglieder vorher eine Konskription durchgeführt hatten, anhand dessen Angaben die Sowjets erfuhren, dass in der Gemeinde „Deutschstämmige” wohnten. Eine Liste stand nur über diejenigen Personen nicht zur Verfügung, die tatsächlich deportiert wurden.

Eine sehr frühzeitige Registrierung der „Deutschen” wurde in Doboz im Bezirk Gyula dokumentiert. Diese leitete der Gemeindevorstand dann an das „Stuhlrichteramt”

weiter, woraus sich schließen lässt, dass es sich um eine Aktion handelt, die sich auf den gesamten Bezirk bezog und der Zensus auch in den anderen Gemeinden (Gyulavári, Kétegyháza, Újkígyós) im Dezember 1944 durchgeführt wurde. Der Vorstand berichtete darüber am 6. Januar:

„Am 9. Dezember 1944 wurde von uns ein Bericht an das Stuhlrichteramt geschickt, in dem wir 11 Deutsche aufführten. Dieser Bericht wurde aber ohne den Gemeindevorstand zu fragen von Mátyás Hegedüs, den beauftragten Gemeinderichter verfasst, willkürlich und nicht der Realität entsprechend. Es ist bekannt, dass Mátyás Hegedüs als unzuverlässige Person und Faschist seines Amtes enthoben wurde [...] ... gemäß der Anweisung des russischen Kommandeurs mussten wir nicht nur die Deutschen, sondern auch die Deutschstämmigen und alle Personen ausliefern, die sich im vergangenen faschistischen Regime als Deutsche bekannten. So gingen wir vor. [...] ... insgesamt nahmen sie 33 Personen aus der Gemeinde Doboz mit.”424

Im Bericht ist ein auffälliger Widerspruch zu finden: Die Verantwortung für die Konskription wird zunächst ganz Mátyás Hegedüs zugesprochen, später wird es dahingehend formuliert, als hätte der ganze Gemeindevorstand an der Aktion teilgenommen. Der als Faschist betrachtete Hegedüs schrieb vermutlich weniger Personen zusammen als die Mitglieder des Gemeindevorstands als Deutsche angaben.

423 MNL BéML V. B. 317. 233/1945.

424 „1944. december 9-én egy jelentés ment tőlünk a szolgabírósághoz, melyben 11 németet jelöltünk meg. Ezt a jelentést azonban az elöljáróság megkérdezése nélkül Hegedüs Mátyás községi megbízott bíró önhatalmúlag intézte és a valóságnak nem megfelelően. Köztudomású, hogy Hegedüs Mátyás azóta már állásáról fellett mentve megbízhatatlan és fasiszta magatartása miatt [...] ...az orosz parancsnok utasítása értelmében nem csak a németeket, hanem a német származásuakat és mindazokat akik a mult fasiszta rezsimben németeknek vallották magukat, - kellett, hogy kiszolgáltassuk. Mi ennek értelmében jártunk el.

[...] ... összesen 33 embert vittek el Doboz községből.” MNL BéML IV. B. 401. B. 40. Karton 30. Dossier 30.

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Hegedüs wurde später Opfer weiterer Atrozitäten – wahrscheinlich wegen seiner Rolle an diesen Vorgängen.425 Obwohl der Bericht darüber schweigt, ist anzunehmen, dass der Gemeindevorstand die zunächst 11 Personen umfassende Liste um 22 weitere Personen ergänzte. Diese Vermutung wird dadurch untermauert, dass dieser als Anhang auch eine Liste über die betroffenen Personen umfasste, mit Begründungen wie z. B., dass diese Menschen „untereinander Deutsch sprachen”, „deutsche Propaganda ausübten”, „Mitglieder der Pfeilkreuzlerpartei waren” – also ihre Deportation verdienten. Dazu nur ein Beispiel:

„Bezüglich der Familie Trefil merken wir noch an, dass sie gar nicht unentbehrlich sind, sie wurden bereits durch geeignetere Personen ersetzt. Sie waren sowieso bekannte Russenfeinde, von der Spionageabwehr bewaffnete „Partisanenjäger”.

[...] Das erwähnte ungarische Interesse ist gerade das, dass wir solche feindliche und fremde Elemente aus dem Körper des Ungarntums entfernen.”426

Die Einwohner protestierten wegen dieses Vorgehens. Am 31. Januar 1945 erhielt der Oberstuhlrichter des Bezirks einen anonymen Brief, dass „die aktuelle Führung der Gemeinde Doboz mit der größten Bösartigkeit in dieser Angelegenheit vorging, sie übergaben den russischen Militärentsandten geborene Ungarn als Deutsche.”427 Der Fall wurde tatsächlich geprüft. Am 16. August 1945 unterrichtete Dr. Szabó, der stellvertretende Leiter der Staatsanwaltschaft von Gyula, die Leiter des Bezirks über folgenden Sachverhalt:

„Bezüglich der Anklage gegen unbekannte Einwohner von Doboz wegen Verletzung des Rechts auf persönliche Freiheit wurde ich vom Gemeindevorstand von Doboz darüber unterrichtet, dass seitens der Gemeinde an der Zusammenschreibung der von der Russen abtransportierten angeblich

425 Laut eines Protokolls vom 30. Januar 1945 riefen lokale Polizisten Mátyás Hegedüs im Namen des Militärkommandanten ins Rathaus zur Vernehmung. Er weigerte sich, und seine Angehörigen griffen die Polizisten an, weswegen sie verhaftet wurden. Später stellte sich heraus, dass das Vorgehen der Polizisten tatsächlich nicht berechtigt war, deshalb klagte Hegedüs diese an. Siehe MNL BéML V. B. 309. B.

79/1945, 178/1945.

426 „A Trefilekre megjegyezzük még, hogy egyáltalán nem nélkülözhetetlenek, potlásuk arra sokkal alkalmasabb emberrel már meg is történt. Különben közismert oroszellenesek a kémelhárító által felfegyverzett „partizán vadászok” voltak. [...] A felhívásuk végén említett magyar érdek pedig éppen azt kívánja, hogy a magyarság testéből ezeket az ellenséges és idegen elemeket eltávolítsuk.” MNL BéML IV. B. 401. B. 40. Karton 30. Dossier 30.

427 MNL BéML IV. 416. B. 68/1945.

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deutschstämmigen Personen niemand teilnahm, die russischen Behörden kamen mit einer vorgefertigten Namensliste”.428

Die weitere Entwicklung in Doboz ist nicht bekannt. Der Fall zeigt jedoch, dass sich der Gemeindevorstand an der Zusammenstellung der Listen und deren Übergabe an die Sowjets beteiligte, was später unangenehm für sie wurde. Deshalb begannen sie, diese Tatsache einfach zu verleugnen.

Im Fall der Stadt Békéscsaba weisen die Unterlagen auch auf einen Zensus hin, der von der sowjetischen Kommandantur verordnet wurde, nur die Kriterien wichen von denen in anderen Gemeinden ab. Am 9. Januar 1945 trug der beauftragte Bürgermeister auf ein leeres Listenformular über die „Deutschen mütterlicherseits” ein, dass „in Anbetracht dessen, dass die Russische Kommandantur nur die Personen in Anspruch nahm, die väterlicherseits deutschstämmig sind, über oben genannte Personen keine Liste zusammengestellt wurde”. Am 14. Januar denunzierte ein gewisser János Szerdahelyi die Polizei von Békéscsaba beim Innenministerium, weil

„...im Zusammenhang der Sammlung der Deutschen kam es zu vielen Missbrauchsfällen. Deutschstämmige Personen wurden für eine große Summe freigestellt, andere wurden trotz ihrer deutschen Abstammung nicht einmal untersucht. Aus den zahlreichen deutschstämmigen Einwohnern wurden nur etwa dreißig Personen zur Deportation ausgewählt.”429

Die Angelegenheit wurde jedoch nicht untersucht, weil einer der Zeugen, den Szerdahelyi zitierte, am 7. Mai 1945 mit seiner Unterschrift bestätigte, dass dieser hierzu nichts zu sagen hatte. Der Fall zeigt dennoch, dass es Personen gab, die im Zusammenhang mit der Deportation der „Deutschstämmigen” die Zahl der Betroffenen für zu niedrig hielten, bzw. die die Freistellungsversuche einschränken wollten.

Aus den weiteren Bezirken der Region konnte ich keine Berichte über ähnliche Erhebungen finden, ich halte es dennoch für wahrscheinlich, dass eine solche überall durchgeführt wurde. Obwohl die sowjetischen Akteure im Rahmen des Zensus

428 „A személyes szabadság megsértésének bűntette miatt ismeretlen dobozi lakosok ellen tett feljelentése tárgyában Doboz község elöljárósága arról értesített, hogy Dobozról elszállított állítólagos német származásu egyének összeírásában a község részéről senki nem vett részt, mert az orosz hatóság a községbe előre elkészített névsorral érkezett” MNL BéML IV. 416. B. 68/1945.

429 „...a németek összegyűjtésével kapcsolatban igen sok visszaélés történt. Német származásu egyént magas összegért szabadon bocsájtottak, másokat német származásuk ellenére vizsgálat sem vettek. Az igen nagy számu német származásu lakosságból csak mintegy harminc személyt gyüjtöttek össze deportálásra.” MNL BéML IV. B. 401. B. 40. Karton 30. Dossier 30.

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personenbezogene Angaben erhielten, hätten sie anhand solcher Listen nach konkreten Personen in den Gemeinden suchen können, sie benutzten diese jedoch nicht. Das Ziel war eher eine Abschätzung, in welchen Gemeinden überhaupt „deutschstämmige Personen” lebten, wo deshalb spätere Deportationen möglich waren. In anderen Ortschaften unternahmen sie gar keinen Versuch für eine Deportation, sie wählten ihre Schauplätze, nämlich die „Schwabengemeinden” zielorientiert aus. Ein weiteres Ziel der Erhebungen war die Beschaffung von zahlenmäßigen Angaben, in welchen Gemeinden wie viele „deutschstämmige” Personen zu finden waren, die in die für die Deportation relevanten Altersgrenzen fielen.

Der zweite Schritt im Deportationsvorgang war die Verkündung der Meldepflicht und die Auswahl der zu deportierenden Personen. Obwohl die sowjetischen Behörden über Namenslisten verfügten, suchten sie in der Regel nicht nach konkreten Personen. Über den Vorgang berichten sowohl die Zeitzeugen als auch die Archivquellen so, dass die Soldaten an den ersten Tagen des Jahres 1945 in den Gemeinden eintrafen und sie selbst oder ansässige Personen in ihrem Auftrag alle diejenigen zur Meldung aufriefen, die manchmal als „Deutschstämmige”, manchmal als „Personen mit deutschen Namen”

oder einfach als „Deutsche” bezeichnet wurden. Sie gaben die betroffenen Altersgrenzen bekannt und bestimmten, wer mitzunehmen war. Um wieder den Bericht des Oberstuhlrichters von Elek zu zitieren:

„Am 1. Januar 1945 rief mich der Kommandeur um 22 Uhr wieder zu sich und teilte mir mit, dass die Einwohner der Gemeinde, die deutscher Nationalität sind oder einen deutschen Namen haben, zur Arbeit mobilisiert werden sollen und das ich das zu organisieren habe. Die Frist waren zwei Tage, und er stellte folgende Bedingungen: alle Frauen zwischen 17 ½ und 35 Jahren und alle Männer zwischen 16 ½ und 45 Jahren hatten in den Sammelstellen mit Lebensmitteln für 20 Tage, warmer Kleidung und Schuhwerk sich zu melden. [...] Die Verordnung machte ich am 2. Januar um 7 Uhr bekannt, und danach begann ich mit der Überprüfung der Sammelstellen.”430

430 „1945. évi január hó 1-én 22 órakor az osztag parancsnoka magához hivatott és közölte velem, hogy a község német nemzetiségű, illetőleg német nevű lakosságát munkára kívánják mozgósítani és ennek lefolytatására engem bíz meg. Határidőül egy illetőleg két napot szabott és egyben a következő feltételeket állapította meg: minden 17 és fél évtől 35 évig terjedő nő, valamint minden 16 és fél évtől 45 évig terjedő férfi a kijelölt gyűjtő helyeken 20 napi élelemmel, meleg ruházattal, cipőkkel felszerelkezve

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Diese Version wird auch von Zeitzeugen bestätigt:431

„Wir hatten uns am 2. Januar zu melden. Früher wurde ausgetrommelt: bestimmte Altersklassen der Deutschstämmigen haben sich zu versammeln. Einigen versteckten sich, die Mehrheit meldete sich aber. Diejenigen mussten auch gehen, die „Halbblütige” waren. Die Namensliste war bereits fertig.”432

„Die russische Kommandantur gibt bekannt: Alle Bewohner Eleks, die einen deutschen Namen tragen, die Frauen und Mädchen im Alter von 17 bis 35 Jahren, die Männer und Jungen von 16 ½ bis 45 Jahren, müssen sich bis heute Abend 18.00 Uhr melden. Lebensmittel und warme Kleidung für drei Wochen sind mitzubringen.”433

„Am 2. Januar gegen 10.00 Uhr hörte man Trommeln. Alles strömte auf die Straße, um vom trommelnden „Klarichter” zu hören, was passiert war. Er gab bekannt, dass sich alle deutschen Frauen von 17 ½ bis 35 und Männer von 16 ½ bis 45 Jahre bei den mitgeteilten Meldestellen sich sofort melden mussten.”434

Ähnliche Vorgänge liefen in den anderen Bezirken und Gemeinden der beiden Komitate ab. Ein Unterschied ist nur dahingehend zu beobachten, wie der betroffene Personenkreis in den Quellen benannt wurde: in der Gemeinde Békés ist von

„Deutschen und Personen mit deutschen Namen”435 zu lesen, in Gyula von

„Deutschstämmigen”. Die unterschiedlichen Bezeichnungen können teilweise auf den sowjetischen Befehl zurückgeführt werden, teils informieren sie aber auch darüber, wie die ungarischen Behörden die Betroffenen einstuften.

Über die Bekanntmachung in Gyoma publizierte Erdmann eine Aufzeichnung, dessen Verfasser unbekannt ist und die nicht aus dem Archivmaterial sondern aus einer privaten Sammlung stammt.436 Laut dieser wurde Gyoma am 3. Januar von den Sowjets umzingelt und es wurde ausgetrommelt, dass sich am nächsten Tag alle deutschstämmigen Männer von 17 bis 45 Jahren und Frauen von 18 und 30 Jahren mit

Über die Bekanntmachung in Gyoma publizierte Erdmann eine Aufzeichnung, dessen Verfasser unbekannt ist und die nicht aus dem Archivmaterial sondern aus einer privaten Sammlung stammt.436 Laut dieser wurde Gyoma am 3. Januar von den Sowjets umzingelt und es wurde ausgetrommelt, dass sich am nächsten Tag alle deutschstämmigen Männer von 17 bis 45 Jahren und Frauen von 18 und 30 Jahren mit