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4. Die Minderheitenpolitik der EuropŠischen Union

4.1. Entwicklung der EU-Minderheitenpolitik

4.1.2. EU-Au§enbereich

Im EU-Au§enbereich lŠsst sich dagegen eine lineare Entwicklung zugunsten einer sich verstŠrkenden EU-Minderheitenpolitik erkennen. Die EU ist in ihren externen Beziehungen in verschiedenen politischen Kontexten, aus unterschiedlichen Motiven und mit diversen Instrumenten fŸr den Minderheitenschutz eingetreten.

217 Ein expliziter Verweis auf die entsprechenden všlkerrechtlichen VertrŠge des Europarats und die

internationalen Dokumente der OSZE im EU-PrimŠrrecht blieb trotz der starken Bezugnahme auf diese Quellen im Rahmen der EU-Osterweiterung bisher aus.

218 Kaiser, 2005:210f.

Bevor nŠher auf die konkrete Ausgestaltung der KonditionalitŠtspolitik im Beitrittsprozess eingegangen wird, sollen einige allgemeine Aspekte der EU-Minderheitenpolitik gegenŸber Drittstaaten behandelt werden. Die Union tritt schon seit lŠngerem fŸr die Achtung und den Schutz von Minderheitenrechten in ihren Au§enbeziehungen ein. Die Analyse der Minderheitenpolitik der EU in ihren Beziehungen zu Handelspartnern, Nachbarstaaten oder sonstigen Drittstaaten hat aufgrund der bestehenden Kompetenzlage stets sowohl die nationale als auch die europŠische Ebene zu berŸcksichtigen. ZusŠtzlich ist zwischen dem auswŠrtigen Handeln der EU, etwa in Form der Gemeinsamen Au§en- und Sicherheitspolitik und den Au§enbeziehungen der EG, zu differenzieren.219

Die EG unterhielt als eigenstŠndiges Všlkerrechtssubjekt (Art. 281 EGV) Ÿber ihre Au§enbeziehungen zu Wirtschaftspartnern und EntwicklungslŠndern eine eigene Au§enhandels- und Entwicklungspolitik. Da die EG primŠr am Ausbau ihrer Handelsbeziehungen interessiert war, spielten im Rahmen ihrer weltweiten Wirtschaftsbeziehungen zu Drittstaaten Minderheitenprobleme nur am Rande eine Rolle.

Lediglich durch Menschenrechts- und Minderheitenklauseln kam die EG dem normativen Anspruch des Minderheitenschutzes nach, um zumindest bei gravierenden Verstš§en reagieren zu kšnnen.220

In den Au§enbeziehungen der EU spielen seit Anfang der 1990er Jahre Minderheitenfragen eine nicht unbedeutende Rolle. Ausgangspunkt fŸr diese Entwicklung war der Gemeinsame Standpunkt der Au§enminister der EG-Mitgliedsstaaten vom 16. Dezember 1991, in dem sie im Rahmen der EuropŠischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) Richtlinien fŸr die fšrmliche Anerkennung neuer Staaten in Osteuropa und auf dem Gebiet der Sowjetunion beschlossen. Danach mussten die Neustaaten vor der Anerkennung unter anderem ãGarantien fŸr die Rechte ethnischer und nationaler Gruppen und Minderheiten im Einklang mit den im Rahmen der KSZE eingegangenen Verpflichtungen [É]Ò erfŸllen.221

Seit dem Maastrichter Vertrag vom 7. Februar 1992 gehšrt die Achtung von Minderheitenrechten zumindest indirekt zu den Zielen der Gemeinsamen Au§en- und

219 Diese Differenzierung erŸbrigt sich mit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages Ende 2009, da er die EG und die EU fusioniert und der EU eine eigene Rechtspersšnlichkeit gibt.

220 Vgl. Kaiser, 2005:249ff.

221 Zit. nach Hofmann, 2006:385; Šhnliche Voraussetzungen finden sich auch in der am gleichen Tage gefassten ãErklŠrung zu JugoslawienÒ. BezŸglich der Anerkennung der Ex-Jugoslawischen Teilrepubliken waren diese Verpflichtungen von gro§er Bedeutung; vgl. Kaiser, 2005:227-234.

Sicherheitspolitik (GASP).222 Die EuropŠische Union ãerarbeitet und verwirklichtÒ nach Art.

11 Abs. 1 UAbs. 3 EUV ãdie Wahrung des Friedens und die StŠrkung der internationalen Sicherheit entsprechend den GrundsŠtzen der Charta der Vereinten Nationen sowie den Prinzipen der Schlussakte von Helsinki und den Zielen der Charta von Paris, einschlie§lich derjenigen, die die Au§engrenzen betreffenÒ.223 Die genannten OSZE-Dokumente haben ausdrŸcklich (auch) den Schutz von Minderheiten zum Gegenstand.

In der Folgezeit verstanden die EU-Staaten die Union immer mehr als politischen Akteur und beschŠftigten sich daher auch in den Au§enbeziehungen hŠufiger mit Minderheitenfragen.

Insbesondere galt dies fŸr die Regionen Ost-, Mittel- und SŸdosteuropa, in denen Fragen des Minderheitenschutzes ein Schwerpunktthema waren. Mit der ersten Initiative auf Grundlage einer gemeinsamen Aktion nach Art. 14 EUV beriefen die EU-Staaten eine internationale Konferenz zur StabilitŠt Europas nach dem Ende des Ost-West-Konflikts. Aus dem StabilitŠtspakt fŸr Europa von 1993 erwuchs eine Art Koordinationsmechanismus fŸr regionale Zusammenarbeit.224 Ziel des Paktes war, durch Konsolidierung der Grenzen und GewŠhrleistung eines ausreichenden Minderheitenschutzes Konflikten zwischen ehemaligen kommunistischen LŠndern in Mittel- und Osteuropa vorzubeugen. Er wurde parallel zum Beschluss Ÿber die bevorstehende Osterweiterung der EU gestartet und sollte gezielt diejenigen Staaten der Region, die eine Perspektive fŸr die Aufnahme in die EU hatten, bei der Vorbereitung auf einen Beitritt unterstŸtzen. Der StabilitŠtspakt wurde am 20. MŠrz 1995 auf der Schlusskonferenz der OSZE in Paris von 52 Staaten angenommen und nachfolgend der OSZE zur DurchfŸhrung Ÿbergeben. Der StabilitŠtspakt ist damit kein všlkerrechtlicher Vertrag, sondern eine politische Deklaration. Inwieweit die Initiative tatsŠchlich als Erfolg gewertet werden kann, ist umstritten, auch wenn darauf verwiesen wird, dass etwa die NachbarschaftsvertrŠge zwischen Ungarn und RumŠnien beziehungsweise der Slowakei nicht zuletzt im Rahmen dieser internationalen Konferenz verhandelt wurden.225

222 Die GASP, die sich auf ãalle Bereiche der Au§en- und Sicherheitspolitik erstrecktÒ (Art. 11 Abs. 1 EUV), stellte die Weiterentwicklung der schon seit 1969 praktizierten EPZ dar. Die GASP basiert im Kern auf der intergouvernementalen Zusammenarbeit der EU-Staaten. Nach der Konstruktion des Maastrichter

Unionsvertrags war die Gemeinsame Au§enpolitik nicht vergemeinschaftet, sondern als sog. ãzweite SŠuleÒ neben die GemeinschaftsvertrŠge getreten. Da die EU selbst bis zum Vertrag von Lissabon Ÿber keine

Všlkerrechtspersšnlichkeit verfŸgte, blieb die Au§enpolitik in der nationalen ZustŠndigkeit der Mitgliedsstaaten, und Ma§nahmen der GASP waren rechtlich nur ihnen (und nicht der Union) zuzurechnen.

223 Ein Vorschlag zur Aufnahme der ãAchtung der Menschen- und MinderheitenrechteÒ als spezifisches Ziel der GASP scheiterte auf dem Rat von Lissabon 26./27. Juni 1992; vgl. Bull.EG 6-1992, Anlage I,II Rahmen.

224 Die Initiative ging auf einen Vorschlag des damaligen franzšsischen Premierministers ƒdouard Balladur zurŸck, daher spricht man auch vom ãBalladur-PaktÒ.

225 Dagegen kam die erhoffte Einigung auf einen Grundlagenvertrag zwischen den baltischen Staaten und Russland hinsichtlich der russischen Minderheiten bis zur Abschlusskonferenz nicht zustande; vgl. Kaiser, 2005:241

PrŠventive Elemente fanden sich allerdings in den StabilitŠtsabkommen mit den Staaten SŸdosteuropas, denen gegenŸber die EU - schon als Voraussetzung fŸr die Aufnahme von vertraglichen Beziehungen - weit reichende Bedingungen gestellt hatte: So forderte der Rat in seinen Schlussfolgerungen zur Anwendung der KonditionalitŠt bei der Entwicklung der Beziehungen zwischen der EuropŠischen Union und bestimmten LŠndern SŸdosteuropas schon im April 1997:

ã4. Es mu§ in glaubwŸrdiger Weise die Verpflichtung eingegangen werden, demokratische Reformen einzuleiten und den allgemein anerkannten Standards fŸr Menschen- und Minderheitenrechte zu entsprechen [É] 6. Von šffentlichen Stellen darf keine allgemein diskriminierende Behandlung oder EinschŸchterung von Minderheiten ausgehen [É] 9. Die Bereitschaft, mit den Nachbarstaaten in gutnachbarschaftliche, kooperative Beziehungen einzutreten, mu§ unter Beweis gestellt werden.Ò226

Eine erhebliche Bedeutung haben Minderheitenfragen auch im Rahmen des StabilitŠtspaktes fŸr SŸdosteuropa, der nach dem Ende des Kosovo-Krieges im Jahr 1999 die Bedingungen fŸr eine friedliche Entwicklung in SŸdosteuropa verbessern sollte. Die EuropŠische Union ist Initiatorin und treibende Kraft hinter dieser Initiative, die nach dem Vorbild des StabilitŠtspaktes fŸr Europa nun auch auf die Staaten des westlichen Balkan ausgeweitet werden sollte, um sie enger an die EU-Strukturen heranfŸhren zu kšnnen.227