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Entwicklung der Visuellen Textkompetenz als Teil der Textkompetenz von ungarischen

In document Cathedra Magistrorum – Lehrerforschung (Pldal 195-200)

Germanistikstudierenden

1 Einleitung

Der vorliegende Artikel entstand im Zuge des DaF-Praktikums an der ELTE-Universität in Budapest in Zusammenhang mit einem Seminar, wel-ches während dieses Praktikums abgehalten wurde. Das Seminar war Teil des Moduls „Sprachlernen und Textkompetenz“ und hatte das Ziel, die Textkompetenz der Studierenden neben verbalen Texten auch auf visuelle Texte, also Bilder, zu erweitern. Vor meiner Anreise schlug ich diese Thematik vor, da ich mich während meines Studiums in Wien bereits im Zuge mehre-rer Seminare vertieft damit auseinandergesetzt hatte und die ‚Visual Literacy‘

im Fremdsprachenunterricht einen meiner Studienschwerpunkte darstell-te. Weil sich das Thema gut in das Modul einfügte, wurde mir die Chance gegeben, mich nicht nur theoretisch mit dem Thema auseinanderzusetzen, sondern es auch praktisch in einer Unterrichtssituation im Kontext der Auslandsgermanistik umzusetzen. Ziel dieses Artikels ist es nicht nur, einen kurzen Überblick zu dem Begriff der ‚Visual Literacy‘ zu geben und den ab-gehaltenen Kurs zu erläutern, sondern auch meine eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse mit dem Seminar und den Ergebnissen zu reflektieren.

Im Moment befindet sich die Medienproduktion und -konsumption im Umbruch, wobei sich durch die rasante Entwicklung des Internets in den letzten zwanzig Jahren die Tendenz von gedruckten zu digitalen Texten hin verschiebt.

Diese Verschiebung der Materialität bringt jedoch auch eine Veränderung in der Medialität mit sich: Nun ist es Textproduzenten einfacher möglich, Bilder und auch Videos zu einem Bestandteil ihrer geschriebenen Texte zu machen.

Dadurch werden geschriebene Texte unterschiedlicher Formate mit Bildern

‚geflutet‘. Auch in der schriftlichen Kommunikation finden Bilder eine immer größere Verbreitung. So werden etwa Emoticons in geschriebene Nachrichten

eingebettet, um die Emotionen der Schreiber_innen zu transportieren. Sie stellen eine Art Substitution für die visuellen Informationen dar, auf welche wir bei der Face-to-Face-Kommunikation in Form der Mimik des Gegenübers zurückgreifen können.

Diese Bilder sind dabei nicht bloße Beifügungen zu verbalen Texten, sie sind selbst Texte, die Inhalte transportieren und hervorbringen. Sie lenken unsere Wahrnehmung, beteiligen sich an unserer Informationsaufnahme und stellen somit auch einen Teil unseres Wissenserwerbs dar. Dadurch entstehen komplexe, multimediale Texte, deren Dekodierung mehrere Kompetenzen von Lesenden verlangt. In diesen Texten gehen Bilder mit Wörtern Hand in Hand. Sie sind jedoch keine bloße Zugabe oder Beifügung, sondern in Texte und Diskurse eingebunden und an diesen beteiligt. Vor diesem Hintergrund sollte man Bilder auch betrachten und sie als selbstständige Produzenten von Bedeutungen wahrnehmen.

Der kritische und reflektierte Umgang mit Bildern führt zum Wort zu-rück, da er uns erst durch den Prozess des Versprachlichens ermöglicht wird.

Durch das Wort können wir Bilder analysieren und über sie diskutieren, ihre Bedeutungen aushandeln und ihre Inhalte kritisch reflektieren. Diesem Gedanken folgte auch das durchgeführte Seminar. Die Studierenden sollten ihre Textkompetenz durch die ‚Visuelle Textkompetenz‘ erweitern und in geschriebenen und vorgetragenen Analysen zeigen, wie sie die Aussagen und Inhalte von diversen visuellen Texten deuten. Dies erweitert nicht nur ihre Handlungskompetenz in Bezug auf Textanalyse im universitären Umfeld, sondern ebenso in ihren täglichen Leben. Durch das Seminar sollte den Studierenden ermöglicht werden, ihr Studium durch weitere Texte zu erwei-tern und diese auch kritisch wahrzunehmen.

Der vorliegende Artikel gliedert sich in zwei größere Abschnitte: Im ers-ten werden auf Grundlage der theoretischen Forschungsliteratur zunächst Überlegungen zu den Begriffen und Lernzielen von ‚Literacy‘ und ‚Visual Literacy‘ (dt. Textkompetenz und Visuelle Textkompetenz) und die Frage, welche Bedeutung der kompetente Umgang mit Bildern im Fremdsprachenunterricht hat, ausgeführt. Der zweite Teil des Artikels bezieht sich konkret auf das durchgeführte Seminar. In ihm werden zunächst die Überlegungen erläutert, welche im Vorfeld des Seminars zur Auswahl der visuellen Medien angestellt wurden. Anschließend werden die Durchführung und die konkret zum Einsatz gekommenen Fachtexte beschrieben. Im dritten Teil dieses Abschnittes wer-den schließlich die Ergebnisse des Seminars besprochen, einerseits in Bezug auf den Wissenszuwachs der Studierenden, andererseits in Zusammenhang mit den Erkenntnissen, die ich als Lehrperson während der Arbeit an diesem Seminar sammeln konnte.

2 Visuelle Textkompetenz: Theoretische Grundlagen

2�1 Literacy – Textkompetenz

Textkompetenz ist eine Kompetenz, die sich auf den Umgang mit Texten bezieht, sowohl auf ihre Rezeption als auch auf ihre Produktion. Wie diese Kompetenz genau aussieht und was alles als ein Text gewertet werden kann, wird in der Forschung bis heute diskutiert.

Zunächst muss man in Betracht ziehen, dass das deutsche Wort

‚Textkompetenz‘ auf den englischen Begriff der ‚Literacy‘ zurückzuführen ist und sich aus diesem entwickelt hat (Feld-Knapp 2014:127). Dieser Begriff bezog sich anfangs auf die Schriftkundigkeit der Gesellschaft und einzelner Individuen, spätestens seit den 90er Jahren jedoch geschieht eine Ausweitung von ‚Literacy‘. Diese wird nun über eine bloße sprachliche Ebene hinaus auch als kommunikative und soziale Kompetenz betrachtet. Damit wird die Fähigkeit,

„sich an literalen Diskursen einer Gesellschaft im jeweiligen soziokulturellen Kontext zu beteiligen“ (Schmölzer-Eibinger 2008:40), Teil von ‚Literacy‘.

Diese Überlegungen und Entwicklungen in Bereich des ‚Literacy‘-Begriffs helfen auch dabei, ein Verständnis dafür zu entwickeln, was „Text“ und

„Kompetenz“ im deutschen Terminus beinhalten.

Text bezieht sich in diesem Kontext auf die Erscheinungsformen schriftlicher Sprache im weiteren Sinne. Der Text wird dabei als prototypische Kategorie auf-gefasst und zwar als Ergebnis soziokulturell bestimmter kommunikativer Praxis […], der Begriff Kompetenz wird im Kontext von Lernen und Lehren durch die Erziehungswissenschaften mehrheitlich als Problemlösungsfähigkeit aufgefasst und definiert. (Feld-Knapp 2014:129f.)

Portmann-Tselikas und Schmölzer-Eibinger (2008:5) beschreiben Textkompetenz als „die individuelle Fähigkeit, Texte lesen, schreiben und zum Lernen nutzen zu können.“ In Bezug auf die Erweiterung des ‚Literacy‘-Begriffs ab den 90er Jahren und der Kontextualisierung von Sprachgebrauch in der heu-tigen Gesellschaft sowie mit Voraussicht auf das nächste Kapitel scheint es mir hier wichtig, noch hinzuzufügen, dass der Erwerb von Textkompetenz seine Relevanz darin findet, dass Texte rezipiert und produziert werden können, was uns neben dem Zugang zu Wissen und Informationen auch Kommunikation und die Teilhabe an gesellschaftlichen Diskursen ermöglicht.

2�2 Visual Literacy – Visuelle Textkompetenz

Nachdem der Inhalt und die Bedeutung von ‚Textkompetenz‘ erläutert wur-den, wird diese im folgenden Abschnitt um eine Komponente erweitert,

nämlich um die des Visuellen. Hier spielt vor allem der Sehsinn eine wichtige Rolle. Es ist klar, dass beim Lesen und Schreiben der Sehsinn ebenfalls von Bedeutung ist, da man Schriftzeichen über diesen Sinn erfasst. Das Visuelle im Sinne der ‚Visuellen Textkompetenz‘ umfasst jedoch noch genauer ein anderes Medium als die Schrift und zwar das Bild.

Schon lange wird versucht eine Definition des ‚Bild‘-Begriffes zu finden, der Forschung fällt es jedoch bis heute schwer, sich auf eine einheitliche Definition zu einigen. Im Rahmen dieses Beitrages wird nur kurz auf wichtige Eckpunkte eingegangen und eine Arbeitsdefinition gegeben. In Arbeiten zu Bildern im Unterricht wird immer wieder auf die Bildtheorie von Mitchell verwiesen (siehe u�a. Bütow 2002; Oomen-Welke/Staiger 2012). Dabei handelt es sich um einen sehr weiten Bildbegriff, der neben materiellen Bildern auch geis-tige und sprachliche Bilder umfasst. An Mitchells Systematik wurde jedoch kritisiert, dass weder Fotos noch bewegte Bilder Eingang in seine Theorie gefunden haben (Bütow 2002:4). Die Einteilung nach Mitchell scheint in Bezug auf ‚Visual Literacy‘ möglicherweise zu eng. Als Alternative bietet es sich an, die Beschaffenheit von Bildern in Kontrast zu Schrift zu betrach-ten. Der Begriff der „Textkompetenz“ bezieht sich in erster Linie auf verbale Texte. Bilder unterscheiden sich von diesen in dem Sinne, dass man sie nach Sachs-Hornbach (2003) als „wahrnehmungsnahe Zeichen“ betrachten können, während Schriftzeichen und Wörter arbiträr sind. Sowohl Schrift als auch Bild verweisen auf etwas, Bilder stehen jedoch in einem Ähnlichkeitsverhältnis zu dem, worauf sie verweisen.

Genau dieses Ähnlichkeitsverhältnis führt zu dem Missverständnis, dass Bilder allgemein verständlich sind und man keine eigenen Kompetenzen benötigt, um diese zu dekodieren. Dieser Gedanke wird u�a. sichtbar, wenn man den Gebrauch von Bildern im Fremdsprachenunterricht betrachtet. Über einen langen Zeitraum hinweg konzentrierte sich der Unterricht einer fremden Sprache v.a. auf verbale Texte, da der Fokus des Unterrichts auf der Sprache und ihrem Erwerb liegt, aber auch weil angenommen wurde, dass kulturel-le Bedeutung v.a. über verbakulturel-le Sprache hergestellt wird (Halkulturel-let 2008:167).

Bilder dienen bis heute in erster Linie zur Unterstützung von geschriebe-nen Texten und haben eine illustrierende oder auflockernde Funktion im Unterricht. Hallet (2008) spricht in diesem Zusammenhang davon, dass Bilder im Fremdsprachenunterricht verbalen Texten hierarchisch untergeordnet sind, da sie zwar eine unterstützende Funktion haben, aber selbst nicht als Vermittler von Inhalten eingesetzt werden.

Die Frage, die sich hier stellt, ist jene danach, ob es im heutigen Zeitalter noch genügt, Bilder im Fremdsprachenunterricht oder in Bildung allgemein in dieser unterstützenden Funktion zu belassen. Diese Frage wird v.a. mit

dem Ausmaß der Bedeutung von Bildern in heutigen Diskursen und auch in heutigen Texten gerechtfertigt. In den Kulturwissenschaften spricht man in diesem Zusammenhang von dem ‚iconic turn‘ (siehe hierzu Bachmann-Medick 2014:346; Bütow 2002:4; Hallet 2008:169). Seit über hundert Jahren verbessern sich Drucktechniken rasant, aber vor allem durch das Internet wurden die verbalen Texte unserer Gesellschaft mit Bildern ‚geflutet‘. In un-serer alltäglichen Kommunikation gebrauchen wir ebenso vermehrt Bilder, sei es nun in Form von Emoticons, Gifs, Memes oder Fotos und Videos, die wir auf unterschiedlichen Plattformen teilen. Die meisten Texte, die täglich konsumiert und produziert werden, bestehen sowohl aus verbalen als auch aus visuellen Teilen.

Auch wenn Bilder häufig im Verbund mit anderen, meist verbalen Texten auftreten, ist zu bedenken, dass sie selbst ebenfalls Inhalte und Bedeutung erzeugen. Dies spielt u.a. im Fremdsprachenunterricht eine Rolle, besonders in Bezug auf ‚kulturelles Lernen‘. Hallet meint in diesem Zusammenhang, dass „Bilder nicht nur etwas über eine Kultur vermitteln, sondern dass sie selbst diese Kultur auch mit hervorbringen, indem sie zum Selbstkonzept oder Selbstbild einer Gesellschaft beitragen“ (Hallet 2008:177) und damit selbst zu Produzenten von Inhalten und Bedeutung werden. Sie weisen eine „ganz eigene kommunikative Qualität“ auf (Chen 2014:264). Hier kommt ein weiterer, v.a.

für den Fremdsprachenunterricht relevanter Aspekt ins Spiel, und zwar das sogenannte ‚kulturelle Sehen‘, welches synonym zu ‚Visual Literacy‘ gebraucht werden kann, jedoch auch eine weitere Komponente hinzufügt, welche u.a.

für Fremdsprachenkontexte relevant ist.

Der Begriff ‚Kultur‘ eröffnet wieder ganz neue Dimensionen. Wie er im Zuge dieses Beitrages verstanden wird und welcher Zusammenhang mit der ‚Visuellen Textkompetenz‘ sich daraus ergibt, soll folglich kurz erläutert werden. Kultur wird hier nach Altmayer und seiner Theorie um kulturwissenschaftliches Lernen als „Repertoire an Wissen, an symbolischer Ordnung, das uns für die gemein-same Deutung der Welt und der Wirklichkeit zur Verfügung steht“ (Altmayer 2013:19) definiert. Dieses Repertoire an Wissen prägt unser Verständnis, aber ebenso unsere Deutung von verbalen und visuellen Texten. Dies wird etwa deutlich, wenn man sich Karikaturen in unterschiedlichen österreichischen Tageszeitungen ansieht. Diese verweisen auf der visuellen Ebene häufig auf Kunstbilder des österreichischen Bildungskanons, sowie auf Personen des öf-fentlichen Lebens, wie etwa auf Prominente und Politiker_innen. Häufig fällt es Personen, welche nicht über genügend Kontextwissen verfügen, schwer, diese zu entschlüsseln oder sie können die Inhalte nicht erschließen.

Ausgehend von diesen Überlegungen werden Bilder als eigene Texte begrif-fen (Hallet 2008 und 2010), die einen Teil größerer Textmengen darstellen.

Die Analogie zwischen Text und Bild ist in der Forschung nicht vollkommen unumstritten, da sie wieder auf eine Vormachtstellung des Wortes verweist (Hecke 2010:22f.). Im Zuge der vorliegenden Arbeit wird diese Analogie jedoch angewendet, da einige Parallelen zwischen Bildern und Texten in (fremd-sprachlichen) Kontexten bestehen. So müssen Lernende einerseits etwa über ein gewisses Kontextwissen verfügen, um manche Bilder entschlüsseln zu können, andererseits können sie neben Sprache auch Bilder zum Erlernen neuer Inhalte nutzen. Des Weiteren erfüllen Bilder wie geschriebene Texte in vielen Situationen auch eine kommunikative Funktion.

Parallel zu den weiter oben beschriebenen Teilgebieten von ‚Textkompetenz‘

kann man auch die Bedeutung und die Ziele von ‚Visueller Textkompetenz‘

herleiten. Auch hier geht es um „die individuelle Fähigkeit, Texte lesen, schreiben und zum Lernen nutzen zu können“ (Portmann-Tselikas/Schmölzer-Eibinger 2008:5), mit dem Unterschied, dass die produzierten und rezipierten Texte in diesem Fall Bilder sind.

‚Visuelle Textkompetenz‘ ist folglich die individuelle Fähigkeit, Bilder zu sehen, herzustellen und mit ihnen kommunizieren zu können, oder mit den Worten von Lewalter gesagt, um „visuelle Informationen zu extrahieren und zu verstehen, aber auch selbst visuelle Informationen erstellen und mit anderen kommunizieren zu können“ (Lewalter 1997:44). Hecke und Surkamp erweitern Visual Literacy noch durch die Fähigkeit,

[…] Bildinhalte verbalisieren zu können […], die Darstellungsmittel eines Bildes zu identifizieren, Inhalt und Form in Bezug zueinander zu setzen und dabei auch den Bildkontext zu berücksichtigen. Denn die Rezeption wird in erheblichem Maße durch bildimmanente Strukturen gesteuert. […] Das vi-suell kompetente Betrachten unterscheidet sich vom bloßen Wahrnehmen also dadurch, dass die visuellen Reize kritisch begutachtet und bewusst unter Bezugnahme auf Gestaltungsweise und Kontext des Bildes gedeutet werden.

(Hecke/Surkamp 2010:15).

‚Visuelle Textkompetenz‘ geht folglich über das bloße Wahrnehmen und Betrachten von Bildern hinaus, Form und Kontext sollen ebenso berücksichtigt werden. Anstatt Bilder als bloßen Sprechanlass für den Unterricht zu nutzen, geht das Postulat der ‚Visual Literacy‘ im Fremdsprachenunterricht weiter:

Sie will Bilder und unterschiedliche Bildmedien selbst zu den Inhalten des Unterrichts machen, um Lernenden einen kompetenten Umgang mit diesen zu ermöglichen. Lernenden soll die Möglichkeit gegeben werden, Bilder zu nutzen, um ihre kulturellen Kompetenzen und die Teilhabe an fremdsprach-lichen Diskursen und fremdsprachlicher Kommunikation zu ermögfremdsprach-lichen.

Daneben spielt die ‚Visual Literacy‘ auch eine Rolle im Zusammenhang mit

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