• Nem Talált Eredményt

Und mit wem hat Bloom gereist, wird einmal gefragt.

Mit?

„Sindbad dem Seefahrer und Tindbad dem Teefahrer und Jindbad dem Jefahrer und Windbad dem Wehfahrer und Nindbad dem Nefahrer und Findbad dem Feefahrer und Bindbad dem Befahrer und Pindbad dem Peefahrer und Mindbad dem Meefahrer und Hindbad dem Hefahrer und Rindbad dem Refahrer, und Drindbad dem Drehfahrer und Schninbad dem Schneefahrer und Lindbad dem Leefahrer und Zindbad dem Zeefahrer.“1 Offensichtlich sägt manchmal der Name den Ast ab, auf dem das (litera-rische) Ich sitzt. Sollte jemand unter diesen Umständen doch noch mit der Absicht liebäugeln, aus diesem kunterbunten Faschingszug von Namen ein Ich herauszulocken, so kann er guten Gewissens die Flinte ins Korn werfen, denn es wird in der Literatur der Moderne mit den Namen

„Karussell gefahren“.2 Zweifelsohne ein literarisch eleganter Kniff, anhand dessen man sich jede Einladung zum Schein abreden lässt. Mit Schein meine ich natürlich die Annahme, dass der Name in der literari-schen Moderne irgendeine Art Schutzhülse für das Ich vorgaukeln könne.

Man wittert schon in diesem Zusammenhang die Anspielung auf die Frage des unsteten Begriffs der Identität im demokratisch-pluralisti-schen Zeitalter. Es erübrigt sich wohl, diesbezüglich noch zu erwähnen, dass die Deckungsgleichheit des Individuums mit sich selbst literarisch schon – auf gut Deutsch – kalter Kaffee sei. Den Jackpot Identität ge-winnt kein Ich, aufs Ich lassen sich keine Wetten mehr abschließen. Es fehlt das Feste am Ich, das Stabil-Identifizierbare. Dass das literarische Ich der Moderne sich mithin in seiner Wesenseinheit als dissonant, in

den eigenen Zusammenhängen als bröckelig erweist, dass es nämlich zu keiner persönlichen Eindeutigkeit zu gerinnen vermag, lässt sich unter anderem, wie Kurt Bartsch bemerkt, anhand des garantielosen Namens wahrnehmen: „Bachmann konstatiert […] die Fragwürdigkeit des Ichs, die sich auch in der von ihr in der neuen Literatur erkannten Proble-matisierung der Namensgebung niedergeschlagen hat“.3

Die Problematik sowohl des literarischen Ich ohne Gewähr, als auch der Eigennamen in literarischen Werken bringt Bachmann im Rahmen ihrer Frankfurter Poetik-Vorlesungen4 zur Sprache. Die vierte dieser Vorlesungen wurde unter dem Titel Der Umgang mit Namenvorgetragen, wobei gezeigt wird, dass sich in der Literatur der Moderne „eine be-wusste Schwächung der Namen und eine Unfähigkeit, Namen zu ge-ben“5deutlich erkennen lassen. Die Figuren leiden unter einer fragmen-tarischen Taufe, deren spätere Vollendung sich als undurchführbar er-weist. Dabei handelt es sich jedoch keineswegs um eine erschöpfte Namensquelle, und nur indirekt um eine Unfähigkeit der Autoren, ihre Figuren mit einem runden, unbestreitbaren Namen zu versehen. Viel-mehr beruht die mangelhafte Taufe auf dem Wechselspiel des Scheiterns des Namens an der perspektivenabhängigen Figur mit dem Unvermögen der Figur selbst, sich einen Namen durch und durch anzueignen. Eine auf dem ersten Blick gewiss seltsam anmutende Behauptung, da die Voraus-setzung eines Umgangs mit literarischen Figuren gerade die Drumhe-rumgreifbarkeit dieser anhand ihrer Namen ist, ja dass der Name im Ich festen Fuß fasst. Denn mit Bachmann wird man daran erinnert, dass

„unsere Vorstellung von [literarischen Namen], deutlich oder verküm-mert, […] haltbarer und vertretbarer als die von lebenden Menschen“ sei, dass „der Umgang mit ihnen [sich als] unkündbar“6erweise. Doch mit der Annahme einer vollständigen Begreifbarkeit des Ich in der Literatur des demokratisch-pluralistischen Zeitalters befindet man sich schon auf dem Holzweg. Am Beispiel einiger maßgeblichen Autoren wie Kafka, Th. Mann, Joyce, Faulkner und Proust weist Bachmann darauf hin, dass

„das Vertrauen in die naive Namensgebung erschüttert“ sei, wobei sich diese Beargwöhnung des Namens als eine Verdächtigung des Ich ent-larvt. Man kann nämlich einen Namen nicht mehr fraglos gelten lassen, da durch den Namen die Zweifelhaftigkeit des Ich zum Vorschein kommt. Demgemäß wird der Umgang des Lesers mit literarischen Na-men immer gewöhnungsbedürftiger. Der Leser muss ständig darauf

ge-fasst sein, dass der Name bei jeder Zuckung des Individuums mitvibriert und dass jede Veränderung im Ich-Gewebe eine Veränderung des Namens nach sich zieht. Der Name ist keine Schutzfarbe, kein Vorwand für das Ich, anhand dessen man die unerwünschte Vorahnung der Ge-währlosigkeit des Einzelnen in Schach zu halten vermag. Der Name ist offen, der Name mutiert als Folge der Persönlichkeits-Schwankungen, die sich unaufhörlich im Ich ereignen.

Doch was heißt es eigentlich, dass der Name – genauso wie das Ich – nie als bruchsichere, im Voraus für das Ich bestimmte Größe fungiert?

Auf welche Art und Weise widerfahren dem Namen seine Verände-rungen? Bevor ich jedoch auf diese Frage eingehe, wäre es vielleicht an-gebracht, den Lesern dieser Überlegungen einen Überblick über einige sprachphilosophische Ansätze zu verschaffen, in denen die Problematik der Eigennamen behandelt wurde. In ihrer wissenschaftlichen Unter-suchung Eigennamen. Dokumentation einer Kontroversestellt Ursula Wolf die verschiedenen Eigenamentheorien dar. Der folgende Überblick über die einzelnen Ansätze beruht auf diesem Werk.

Der Mensch scheint seit eh und je dazu veranlagt zu sein, Gegenstände zu benennen. Er tut dies bekanntlich, indem er auf den betreffenden Gegenstand zeigt und ihn mit einem Namen ausrüstet.

„Diese scheinbar ganz einfache Zuordnung von Name und Gegenstand diente in der traditionellen Philosophie daher als Grundmodell für die Funktionsweise sprachlicher Ausdrücke.“7 Die analytische Philosophie griff diese Auffassung kritisch an, indem sie die Frage nach der Semantik der Eigennamen zur Sprache brachte. So steht der Name in der traditionellen Eigennamentheorie John Stuart Mills (A System of Logic) einfach für den Gegenstand, mit der einzigen Rolle, diesen von anderen Gegenständen zu unterscheiden.

„Eigennamen sind nicht mitbezeichnend: sie bezeichnen die Individuen, die man mit ihnen benennt, ohne irgend welche Attribute als jene Individuen anhaftend anzuzeigen oder in sich zu schließen.“8 Im Gegensatz zu Kennzeichnungen (Beschreibungen von der Form „die Hauptstadt von Frankreich“, „der Vater von Sokrates“), die über sowohl eine Denotation, als auch eine Konnotation verfügen, besitzen Eigennamen lediglich eine Denotation. Während also die Eigennamen den Gegenstand „einfachhin“ bezeichnen, bezeichnen ihn die Kennzeichnungen so, „dass sie zugleich eine seiner Eigenschaften

mit-bezeichnen.“9Infolgedessen sind in den Eigennamen keine Beschreibungen eingebettet.

Die Beschreibungstheorie der Eigennamen – in ihrer einfachen Version – wurde von Gottlob Frege (Über Sinn und Bedeutung) und Bertrand Russell (Die Philosophie des logischen Atomismus) vertreten, für die die Semantik der Eigennamen ausschlaggebend war. Frege unterscheidet zwischen der Bedeutung, dem Sinn und der Vorstellung oder Anschau-ung eines Eigennamens:

Die Bedeutung eines Eigennamens ist der Gegenstand selbst, den wir damit bezeichnen; die Vorstellung, welche wir dabei haben, ist ganz sub-jektiv; dazwischen liegt der Sinn, der zwar nicht mehr subjektiv wie die Vorstellung, aber doch auch nicht der Gegenstand selbst ist.10

Im Sinn ist dessen „Art des Gegebenseins enthalten“.11 Der Eigenname steht somit für einen Gegenstand „in einer bestimmten Gegebenheitsweise, also unter einer bestimmten Beschreibung.“12 Die Verhältnisse zwischen dem Namen, dessen Sinn und dessen Bedeutung schildert Frege anhand eines bekanten Gleichnisses. Der Mond wird durch ein Fernrohr beobach-tet. Dabei ist die Bedeutung des Mondes der Mond selber. Das Objektivglas im Fernrohr vermittelt zwar „ein reelles Bild“ des Mondes, das objektiv ist, insofern es aus der gleichen Perspektive beobachtet wird und daher „mehreren Beobachtern dienen kann.“13 Dieses Bild ver-gleicht Frege mit dem Sinn des Mondes, mit der Art seines Gegebenseins.

Auf dem Netzhaut jedes Betrachtenden entsteht jedoch ein subjektives Bild: „Von den Netzhautbildern aber würde jeder doch sein eigenes haben.“14 Dieses Bild steht für die persönliche Vorstellung oder Anschauung des Betrachtenden. Die Abhängigkeit der Beschreibungen von Perspektiven bereitet Frege Schwierigkeiten, denn verschiedene Sprecher würden mit einem Eigennamen verschiedene Perspektiven ver-knüpfen, sodass dessen Bedeutung nie stabil, nie be- und somit drumher-umgreifbar ist. Bei den „eigentlichen Eigennamen“, die eine Person bezeichnen, wird das Problem der Drumherumgreifbarkeit der Bedeutung noch heikler, denn dabei stützt sich der Sinn auf keinem System, die

„Meinungen über den Sinn [können leicht] auseinandergehen.“15 Ludwig Wittgenstein findet in seinen Philosophischen Untersuchungen eine Lösung für dieses Problem, indem er die Beschreibungstheorie

um-gestaltet. Die Bedeutung des Eigennamens lässt sich nach Wittgenstein nicht anhand einer einzigen Kennzeichnung feststellen, sondern zerfällt in mehrere Beschreibungen, sie besteht „in einem Bündel von Kenn-zeichnungen.“ Daher der Name Bündeltheorie. Was den Gebrauch des Namens anbetrifft, so „müssen zwar nicht alle, aber hinreichend viele Beschreibungen aus diesem Bündel auf genau einen Gegenstand zutref-fen.“16

Ist es nicht so, daß ich sozusagen eine ganze Reihe von Stützen in Bereitschaft habe, und bereit bin, mich auf eine zu stützen, wenn mir die andere entzogen werden sollte, und umgekehrt? […] Gefragt, was ich unter

»N« verstehe, würde ich alles das, oder einiges davon, und bei verschiede-nen Gelegenheiten Verschiedenes, aufzählen. […] Wo aber ist die Grenze des Nebensächlichen? – Hätte ich in so einem Fall eine Erklärung des Namens gegeben, so wäre ich nun bereit, sie abzuändern.17

Eine ähnliche Position vertritt auch John Searle in seinem Aufsatz Proper Names.

Die Beschreibungstheorie wurde ebenfalls von Arthur W. Burks und Sidney Zink im Rahmen der so genannten Theorie der ausgezeichneter Kennzeichnungen modifiziert. Beide stimmen darin überein, dass die Be-deutung des Eigennamens auf einer bestimmten Kennzeichnung beruht, die „ein besonderes Gewicht gegenüber beliebigen richtigen Beschrei-bungen des Gegenstandes“ erhält, indem sie „einen raumzeitlich lokalisie-renden Bestandteil und einen beschreibenden Bestandteil enthält.“18 So besteht bei Zink die Bedeutung eines Eigennamens in einer Kennzeichnung von der Form „die Person, die tatsächlich E. N. genannt wird und die sich zum Zeitpunkt Z am Ort O befindet.“19

Einer Verlagerung des Schwerpunktes von der Bedeutung des Namens auf die einfache Referenz als Identifikation des Gegenstandes be-gegnet man in den Ansätzen Peter F. Strawsons, Keith S. Donnellans und Ernst Tugendhats. Strawson und Tugendhat lehnen die Bedeutung des Eigennamens als Ausgangspunkt für eine Identifikation des Gegenstandes ab und sind der Ansicht, dass man lediglich nach der Verweisungsweise des Ausdruckstyps Eigennamen sinnvoll fragen kann. Der Gegenstand muss raumzeitlich lokalisiert werden. Damit er herausgegriffen werden kann, muss er durch solche Kennzeichnungen abgestützt werden, die eine

raum-zeitliche Entfernung vom Gegenstand sichtbar werden lassen. Der Gegenstand / die Person wird dadurch demonstrativ identifizierbar. Donnel-lan unterscheidet dagegen zwischen einer referentiellen und einer attribu-tiven Verwendung von Kennzeichnungen. Im ersten Fall ist der gelunge-ne Akt der Referenz von Belang, und nicht unbedingt die Richtigkeit der Kennzeichnung. Die Referenz kann etwa durch die Verwendung eines deiktischen Ausdrucks gelingen. Im zweiten hingegen wird auf keine be-stimmte Person referiert, „man gibt für die Begründung allgemeine Gründe an, die Aussage kann nicht durch Wahrnehmung verifiziert wer-den.“20Die Aussage würde unter bestimmten Umständen zu jeder belie-bigen Person passen.

Die gesamte Eigennamentheorie der analytischen Philosophie hat ihren erbitterten Gegner in Saul A. Kripke und dessen kausalen oder histori-schen Theorie der Eigennamen (Naming and Necessity – dt. Name und Notwendigkeit) gefunden. Er knüpft an Mill an und lehnt die Bedeutung der Eigennamen ab. Der Name steht einfach für den Gegenstand und hat mit-hin keinerlei Bedeutung. Sein Einwand gegen die Beschreibungs-, bzw. die Bündeltheorie besagt, dass ein bestimmter Gegenstand auch dann als Träger eines Namens fungieren kann, wenn alle angenommenen Beschreibungen sich letztendlich doch als falsch herausstellen sollten. Für Kripke ist nicht die Bedeutung, sondern die sinnvolle Verwendung eines Namens entschei-dend. Kripke betrachtet die Eigennamen alsstarre Bezeichnungsausdrücke, d.

h. man verwendet sie so, „daß sie denselben Gegenstand in allen möglichen Welten oder kontrafaktischen Situationen bezeichnen.“21Aus der Überzeu-gung vom sinnvollen Verwenden von Eigennamen entwickelt Kripke seine These von der kausalen / faktischen Kommunikationskette. Eine Person erhält im Rahmen einer Sprachgemeinschaft einen Namen. Dieser wird von den einzelnen Mitgliedern der Sprachgemeinschaft an neue Mitglieder weiterge-geben, die die Person nicht kennen. Es ist daher nicht unbedingt notwen-dig, dass diese Person beschrieben wird. „Wo Beschreibungen verwendet werden, dienen sie nur der Festlegung der Referenz, verlieren aber ihre Relevanz, sobald die Zuordnung von Namen und Gegenstand einmal her-gestellt ist.“22Die von Kripke in diesem Zusammenhang auferlegte Beding-ung besteht in der BeibehaltBeding-ung der Intention der Sprecher, die den Namen ursprünglich verwendet haben: „jeder Sprecher, der den Namen über-nimmt, muss ihn mit der Intention weiterverwenden, mit ihm auf densel-ben Gegenstand referieren wie der vorige Sprecher.“23

Nun, nimmt man die einzelnen Ansätze unter die Lupe, so kann einem die gemeinsame Schattierung der Verdächtigung der Identität nicht entgehen. Manche, wie Mill und Kripke, untersagen dem Namen den Zugang zum Ich, durch den Namen ist das Ich eingekapselt und vom eigenen Kontext getrennt. Die Rettung findet man dabei indem man auf das Ich lediglich identifizierend referiert. Der Name als Zeige-finger für das Ich. Andere suchen verzweifelte Verbindungen zum Ich, indem sie dieses ans raumzeitliche Kreuz schlagen. Die Beschreibungs-und Bündeltheorie Wittgensteins hat, meiner Meinung nach, die besten Voraussetzungen für eine Auseinandersetzung mit der Identitäts-problematik. Zum Ich würde eine These passen, die es in seiner Unbe-ständigkeit gelten lässt.

Denn was ist denn das Ich, was könnte es sein? – ein Gestirn, dessen Standort und dessen Bahnen nie ganz ausgemacht worden sind und des-sen Kern in seiner Zusammensetzung nicht erkannt worden ist.24 In seinen Philosophischen Untersuchungenlässt Wittgenstein den Namen in Schussweite der Ich-Bewegungen, indem er seine Bedeutung zunichte macht:

Ich gebrauche den Namen »N« ohne festeBedeutung. (Aber das tut seinem Gebrauch so wenig Eintrag, wie dem eines Tisches, daß er auf vier Beinen ruht, statt auf dreien, und daher unter Umständen wackelt.)25

Mit Bedeutungwird hier die Person gemeint, für die der Name steht. Die Bedeutung des Namens wäre daher – in unserem Fall – das bröselige Ich der Moderne und, genauso wie dieses sei die Bedeutung allerlei Schwankungen ausgesetzt. Was dabei so gut wie intakt bleibt ist ledig-lich der Gebrauchdes Namens. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie ein Gebrauch überhaupt noch möglich sei, wenn es keine allgemeingültige Verwendung des Namens gibt – was das Ich ohne Gewährals Träger eines Namens anbetrifft. Gibt es dennoch irgendeine Eigenschaft des Namens, die nicht anfällig ist und folglich immer gilt, ist der Name, einmal der Welt ausgeliefert, doch ein toter Punkt, der durch einen sprachlichen Dressurakt ins allgemeingültige System integ-riert werden kann? Lernt man den Gebrauch eines Namens wie ein Kind

die Muttersprache, ohne diesen in Frage zu stellen? Denn „das Lehren der Sprache ist hier kein Erklären, sondern ein Abrichten.“26Man dürf-te undürf-ter diesen Umständen den leisen Verdacht schöpfen, dass der Name dem Ich in der Form eines nahrhaften Vorurteils in die Wiege gelegt wird, wie es am Beispiel der Bachmannschen Erzählung Alleszu veranschaulichen wäre: „Wenn ein Kind freilich Fipps heißt… Musste es seinem Namen solche Ehre machen? Kommen und gehen mit einem Schoßhundnamen. Elf Jahre im Dressurakt auf Dressurakt vertun.“27 Demgemäß könnte man leicht der Versuchung erliegen, anzunehmen, der Name sei die Peitsche, mit der das Ich durch die Welt angetrieben wird. Und in der Tat behauptet Wittgenstein, dass „[…] das Benennen etwas Ähnliches [sei], wie, einem Ding ein Namentäfelchen anheften.

Man kann das eine Vorbereitung zum Gebrauch eines Wortes nen-nen.“28 Doch die Erahnung einer komplizierteren Bestimmung des Namens lässt nicht lange auf sich warten: „Aber worauf ist es eine Vorbereitung?“29Er gibt natürlich auch eine Antwort auf diese Frage.

Man wird sie aber besser auffassen können, wenn man zuerst einen raschen Blick auf Bachmanns Konzeption der Identität in der literari-schen Moderne tut.

Bartsch deutet darauf hin, dass die Ursachen der Fragwürdigkeit des Ich im Prozess der Vergesellschaftung des Individuums gesucht werden müssen: „Der Beginn der Ich-Findung und des Sozialisationsprozesses wird hier gleichgesetzt mit der Zerstörung des Ichs.“30Auf die Frage der schwankenden Identität geht Bachmann in der dritten Vorlesung, Das schreibende Ich, ein, wobei sie die „veränderte Ich-Konzeption der Moderne“31unter dem Begriff Ich ohne Gewähr32darstellt. Es gibt in der Literatur „viele Ich […] und über Ich keine Einigung – als sollte es keine Einigung geben über den Menschen, sondern nur immer neue Entwürfe.“33Der Mangel an Ich-Garantie dürfte (unter anderem), para-doxerweise gerade am sozialen Selbstverständlich-Werden des Ich liegen.

Das Adornosche „Wer mit will, darf sich nicht unterscheiden“34deutet auf das demokratisch-pluralistische Massen-Plagiat des Ich hin, auf jenen unaufhaltsamen Prozess sozialen „Aufgesaugtwerdens“35des Ein-zelnen, in dessen Rahmen „ich“ zum abgenutzten „Gebrauchswort“

wird, „das alles, was es bezeichnen soll von Fall zu Fall, degradiert.“36 Das Individuum wird zum „Plurale tantum“37oder, mit Bachmann, zu Moll. Moll steht für das Schutzgespinst des Herkömmlichen, Moll ist

der gesellschaftlich Aufgesaugte, „Moll“ ist eine erworbene Eigenschaft, keine angeborene. Ein Moll ist zählbar. Die Molls sind vorstellbar.

Sonst würden sie keinen festen Namen tragen können. Moll ist die ein-zig mögliche vollständige Taufe, im Gegensatz zum namenlosen „Er“:

Er trifft Moll wieder. […] Moll ruft täglich an und ist überall, wo er hin-geht. […] Wo Moll nicht ist, ist Molls Schatten, riesig und bedrohlicher noch in den Gedanken und Phantasien. Moll ohne Ende. Molls Terror.

[…] Auf viele Moll muß er sich noch gefaßt machen, er kennt ihrer schon zu viele da und dort; erst jetzt begreift er an dem Moll, daß da nicht nur einer ist.38

„Da gehen die Namen der Figuren mit ihrem Gesicht verloren“, bemerkt Christa Wolf, „da bewegen sie sich [die Molls] nach vorgegebenen Klischees, da lohnt es sich nicht mehr, Individuen zu erfinden zu den kümmerlichen Funktionen, die ihnen geblieben sind.“39 Freilich gibt es auch solche, die, genau wie der namenlose „er“, sich gegen das „Plurale tan-tum“ wehren. Denen gelingt es dennoch nicht, sich eine persönliche Beständigkeit oder wenigstens eine gewisse Selbst-Haltbarkeit zu verschaf-fen, sondern sie versinken in eine „psychologische Leere“, als „Ergebnis der falschen gesellschaftlichen Absorbtion.“40„Im Dreißigsten Jahr erfährt sich die Hauptgestalt folgerichtig keineswegs als gesicherte Identität, vielmehr atomisiert.“41Das Individuum hält sich zwar weiterhin auf dem gemeinsa-men Schachbrett auf, strebt allerdings nach einem Spiel ohne Schachbrett.

Seine Anonymität ist nicht die der gesellschaftlichen Identitätsschablone, das Ich entpuppt sich vielmehr als ein perspektivenabhängiges Da(bei)sein, ja als eine chamäleonartige Präsenz, es ist jedem seiner Mitmenschen gegenüber anders gegenwärtig und anders anonym. Man tue gefälligst einen raschen Blick hinter die Kulissen, da kauert nämlich das Individuum und macht sich die Nahten auf. Man wende davon den Blick diskret ab, da flickt sich jemand gerade die Seele zurecht. „Als wäre“, in Bachmanns Worten, „eine Fastnacht für das Ich veranstaltet, […] dieses Ich, dieses Niemand und Jemand, in seinen Narrenkleidern.“42Sodass es einem wohl nichts anderes übrig bleibt, als sich mit Hesse zu fragen: „Was

Seine Anonymität ist nicht die der gesellschaftlichen Identitätsschablone, das Ich entpuppt sich vielmehr als ein perspektivenabhängiges Da(bei)sein, ja als eine chamäleonartige Präsenz, es ist jedem seiner Mitmenschen gegenüber anders gegenwärtig und anders anonym. Man tue gefälligst einen raschen Blick hinter die Kulissen, da kauert nämlich das Individuum und macht sich die Nahten auf. Man wende davon den Blick diskret ab, da flickt sich jemand gerade die Seele zurecht. „Als wäre“, in Bachmanns Worten, „eine Fastnacht für das Ich veranstaltet, […] dieses Ich, dieses Niemand und Jemand, in seinen Narrenkleidern.“42Sodass es einem wohl nichts anderes übrig bleibt, als sich mit Hesse zu fragen: „Was