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Erfahrung des Sprachgebrauchs

In document am Beispiel des Deutschen (Pldal 37-42)

3 Spezifika der fachexternen Diskurse. Illokutionen im Gebrauch von Fachlexemen

4.4 Erfahrung des Sprachgebrauchs

Wie bereits signalisiert, erfolgt die Interpretation als Erkenntnisakt jeweils aus einer bestimmten Betrachtungsperspektive (Bąk 2012:133, 143, 158) – oder wie es u.a. Pawłowski (2017: 52) treffsicher ausformuliert – aus der Erkenntnisperspektive. Aus der Sicht der Betroffenen kann die Wortverbindung „flexible Regelungen“ keine positive Bedeutung haben:

(17) Vor seinem Gespräch mit den Studierenden äußert sich Draghi in einer Rede zur Jugendarbeitslosigkeit. Der EZB-Chef rechnet mit einem weiteren Abbau der Jugendarbeitslosigkeit im Zuge der anziehenden Wirtschaft in der Euro-Zone. Doch um die strukturellen Ursachen der Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen gezielt anzugehen, seien beispielsweise effiziente Lehrangebote und flexible Regelungen am Arbeitsmarkt nötig. http://www.wiwo.de/ezb-dubliner-studenten-loechern-mario-draghi/20365116.html [22.9.2017]

Was mit „flexiblen“ Regelungen am Arbeitsmarkt gemeint ist, bleibt im Text offen. Anhand der bisherigen Erfahrung der an sich positiv anmutenden Attribuierung werden jedoch mit dem Adjektiv keine positiven Frames evoziert. Dies betrifft auch viele andere Ausdrücke, deren lexikalische Bedeutung an sich nicht pejorativ ist. So kann für viele Arbeitnehmer das in diesem Zusammenhang (Text unter dem Titel „Trotz Milliardenverlusten keine weiteren Einschnitte bei Opel“) verwendete Fachlexem „Restrukturierung“ als Unwort gelten:

25 Das Lexem „Sanierung“ gewinnt durch derartige Kontextualisierungen eine mit dem Lexem präsupponierte negative Bedeutung.

(18) „Alles in allem sind wir bei der Restrukturierung des Europageschäfts im Plan“, sagte Reilly im Interview mit der WirtschaftsWoche. „Wir sind hochmotiviert und konzentriert, um möglichst schnell in die Gewinnzone zurückzukehren. Sollten wir das schon 2011 schaffen, wäre das sehr positiv“. http://www.wiwo.de/unternehmen/opel-chef-reilly-trotz-milliardenverlusten-keine-weiteren-einschnitte-bei-opel/5699182.

html [20.11.2010]

Sogar hinter den Lexemen „hochmotiviert“ und „konzentriert“ können negative Konnotationen stehen, besonders, wenn von den Sprachbenutzern bisher mit den Lexemen in ähnlichen Kontexten negative Bewusstseinsinhalte aktualisiert wurden. Die Konstituierung der Bedeutung von „Restrukturierung“ als Verschleierung erfolgt nicht nur durch die kontextuelle Einbettung (finanzielle Probleme von Opel (19)), sondern sie ist auch aufgrund der bisherigen, mit dem Lexem „Restrukturierung“ verbundenen Erkenntnisakte möglich.

(19) In diesem Jahr wird Opel jedoch tiefrote Zahlen schreiben, sagte Reilly gegenüber dem in Düsseldorf erscheinenden Magazin. „In diesem Jahr werden uns die diversen Restrukturierungsmaßnahmen mit ungefähr einer Milliarde Euro belasten, im nächsten Jahr werden es noch einmal rund 500 Millionen Euro sein“, so Reilly. Alleine die Schließung des GM-Werkes in Antwerpen [...]. http://www.wiwo.de/unternehmen/opel-chef-reilly-trotz-milliardenverlusten-keine-weiteren-einschnitte-bei-opel/5699182.

html [20.11.2010]

Die fachsprachlich verklausulierte bzw. mit der Präsupposition unterstützte Begründung von geplanten Maßnahmen (der Beitragstitel lautet „Sparmaßnahmen. Postbank streicht jede zehnte Stelle“) rufen Frames hervor, die Konzepte eines beschwerlichen, belasteten Verhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber entstehen lassen:

(20) „Wir machen die Postbank fit für die Zukunft“, sagte Vorstandschef Stefan Jütte am Mittwoch. „Das Programm wird nachhaltig dazu beitragen, die Ergebnissituation der Postbank wieder zu verbessern.“ Diese habe unter der Finanzkrise gelitten. Vor Steuern hatte die Bank in den ersten neun Monaten 2009 ein Minus von 219 Mio. Euro eingefahren. Nur dank steuerlicher Effekte stand unter dem Strich noch ein Plus von 112 Mio. Euro. http://www.wiwo.de/finanzen/sparmassnahmen-postbank-streicht-jede-zehnte-stelle/5597556.html [25.11.2009]

In diesem Zusammenhang treffen mehrere Ausdrucksformen zusammen, die in Abhängigkeit von der Perspektive, von der Rolle im Wirtschaftsleben und von der damit verbundenen Erfahrung der Diskurse als verhüllende oder verschleiernde Euphemismen bzw. als Dysphemismen oder Unwörter empfunden werden können:

(21) Stellenabbau über Fluktuation. Bis Ende 2012 will das Institut nun seine jährlichen Kosten um 145 Mio. Euro senken. Ein Teil hiervon soll durch den Abbau von jährlich „rund 500 bis 700 Stellen“ vollzogen werden. Dies entspricht weitgehend der natürlichen Fluktuation. Ein Sprecher verwies außerdem auf Altersteilzeitmodelle sowie Abfindungsregelungen. Betroffen sind vor allem Mitarbeiter in Verwaltungs- und Zentralbereichen sowie in Abwicklungseinheiten. http://www.wiwo.de/finanzen/

sparmassnahmen-postbank-streicht-jede-zehnte-stelle/5597556.html [25.11.2009]

5 Schlussbemerkungen

Resümierend lässt sich festhalten, dass der Sprachgebrauch Einfluss auf die zukünftige Wahrnehmung von Lexemen, Äußerungen, Diskurssträngen und gesamten Diskursen haben kann. In diesem Zusammenhang erweist sich die Kategorie der Sprecherperspektive von großer Bedeutung, denn aus der jeweiligen Perspektive werden die von Akteuren des Diskurses profilierten Sachverhalte anhand der Axiologie gewertet, interpretiert.

Die Perspektive stellt in diesem Zusammenhang nicht nur eine – um dies rein pragmatisch erscheinen zu lassen – Betrachtungsperspektive dar, sondern auch eine Erkenntnisperspektive, die eine epistemische Grundlage für Erfahrung und jegliche Erkenntnisakte ist. In diesem Zusammenhang sei dafür plädiert, im Rahmen von weiteren Beiträgen die Kategorie der Erkenntnisperspektive differenzierter als Perspektive des Sprechers und des Rezipienten zu diskutieren. Dabei sind auch andere, d.h. nicht nur die wirtschaftsdeutschen, sondern auch politische und andere Diskurse (u.a. zum Umweltschutz) zu berücksichtigen. In diesem Sinn bleiben die Probleme weiteren Untersuchungen vorbehalten.

Quellen

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http://www.spiegel.de/

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Erzsébet Drahota-Szabó (Szeged, Komárno)

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