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Erregungsleitung. – Gábor Jandó [Übersetzer: Péter Buzás, Deutsches Lektorat: Mary Ann Alston]

Was Neurone und Muskelzellen von anderen somatischen Zellen unterscheidet, ist ihre Erregbarkeit.

Erregbarkeit bedeutet, dass die Zellen ihr Ruhemembranpotential ändern können, diese Änderung kann sich schnell ausbreiten und für andere intra- oder extrazelluläre Vorgänge als Signal dienen. Das fortlaufende elektrische Signal sichert gleichzeitig schnelle Kommunikation zwischen der Eingangs- und Ausgangsregion innerhalb der Nervenzelle.

Die Verteilung der Ionenkanäle innerhalb des Neurons bestimmt grundsätzlich was für ein Signal generiert werden kann. In Bereichen der Zelle, wo in der Membran keine Ionenkanäle vorkommen, können sich Membranpotentialänderungen nur lokal ausbreiten. Wenn die biologische Membran nur aus der Phospholipid Doppelschicht bestehen und keine Ionenkanäle exprimieren würde, könnte sie die elektrischen Impulse nur über kurze Strecken weiterleiten. Die Membran der Dendriten ist meistens von diesem Typ, mit Ausnahme der postsynaptischen Membran, wo sich Synapsen befinden. Außerhalb der Synapsen gibt es praktisch nur einige verstreute Ionenkanäle. Ligandgesteuerte Ionenkanäle kommen meistens in der Eingangsregion des Neurons, im Bereich der postsynaptischen Membran vor, wo die sog. postsynaptischen Potentiale (PSP) gebildet werden. Die synaptischen Potentiale können entweder erregend oder hemmend sein. Das hängt zum einen vom Neurotransmitter, zum zweiten vom Neurotransmitterrezeptor ab (z.B. ionotrope und metabotrope Glutamatrezeptoren, Dopaminrezeptor Typen D1 und D2 usw.). Exzitatorische postsynaptische Potentiale (EPSP) werden von erregenden, inhibitorische postsynaptische Potentiale (IPSP) werden von hemmenden Synapsen generiert. Während des EPSPs wird die Membran depolarisiert, während des IPSPs wird sie dagegen stärker polarisiert, d.h. hyperpolarisiert. In Bereichen des Neurons, wo spannungsgesteuerte Natrium- und Kaliumkanäle in ausreichender Dichte vorkommen, kann die Depolarisation zu Aktionspotentialbildung führen.

Die Amplitude des Aktionspotentials ist in der Regel viel größer und sie nimmt während der Ausbreitung nicht ab solange die Ionenkanalverteilung gleich bleibt.

Ionenkanäle können ihre Permeabilität ändern, aber die elektrischen Eigenschaften der Membran werden nicht nur von diesen bestimmt. Das Neuron zeigt auch beständige elektrische Eigenschaften, die sich nicht von Moment zu Moment ändern, aber die elektrische Signalübertragung maßgeblich beeinflussen. Die beständigen Membraneigenschaften sind die Folgenden: 1. Membrankapazität, 2. axialer Zytoplasmawiderstand oder intrazellulärer Widerstand, 3. Membranwiderstand; letzteres hängt stark von der Dichte der ungesteuerten sog.

Leck-Kanäle ab. Die hier genannten Membranparameter bestimmen die Effektivität und Geschwindigkeit der Ausbreitung und die zeitliche und Räumliche Summation der neuronalen Signale auf dem Zellkörper, den Dendriten und den Axonen.

5.1. 1. Passive Membraneigenschaften

Membraneigenschaften zu verdeutlichen sind Ersatzschaltpläne gut geeignet, wobei eine elektrische Schaltung zusammengestellt wird, deren Eigenschaften der biologischen Membran entsprechen. Wenn alle spannungs- und ligandgesteuerte Kanäle der Membran gleichzeitig blockiert wären, könnte das Neuron nur durch die passiven Membrankomponenten den von außen generierten Strom weiterleiten. In diesem Fall wäre die Zelle natürlich nicht in der Lage selbst elektrische Signale zu generieren. Abbildung 1 zeigt den Ersatzschaltplan zur Modellierung der Membrankapazität und des Membran- und intrazellulären axialen Widerstandes.

Abbildung 1.43. Abbildung 1.: Ersatzschaltplan zur Modellierung der passiven elektrischen Eigenschaften eines Nervenfortsatzes

Abbildung 1. zeigt das schematische Bild eines zylinderförmigen Neuronfortsatzes (z.B. Dendrit oder Axon) mit konstantem Durchmesser. Ein längerer Nervenfortsatz kann man immer in kleinere Stücke von gleicher Länge (delta x) aufteilen. Die Membranfläche A eines jeden Stücks von Länge (delta x) kann man folgendermaßen berechnen:

A = 2rπΔx

wobei r den Radius und delta x die Länge des Zylinders darstellt. Der Membranwiderstand (Rm) lässt sich aus dem spezifischen Widerstand (dem Widerstand pro Einheitsfläche) geteilt durch die Membranfläche (A) berechnen. Je kleiner die Membranfläche, desto größer ist ihr Widerstand. Der intrazelluläre axoplasmatische Kern hat auch einen Widerstand gegen Ströme die in der Längsrichtung fließen. Dies wird den intrazellulären Widerstand Ri genannt; er ist gleich für jedes Segment. Die Membrankapazität ist zur Membranfläche ebenfalls proportional, außerdem ist sie proportional zur relativen Permittivität der Membran (Doppellipidschicht oder Myelin) und umgekehrt proportional zur Membrandicke. Den Widerstand des Extrazellularraumes haben wir in diesem einfachen Modell vernachlässigt.

Die Membrankapazität begrenzt die Geschwindigkeit von Spannungsänderungen. Wenn eine kapazitive Komponente im Stromkreis vorhanden ist, sind deswegen Strom- und Spannungsänderungen immer verspätet

Membrankapazität, solange sie vollkommen aufgeladen ist und sich ein Gleichgewicht einstellt. Das Diagramm oben rechts in Abbildung 1 zeigt den zeitlichen Verlauf des Membranpotentials nachdem Strom in das zylindrische Neuronsegment injiziert wurde. Sein Ersatzschaltplan ist oben in der Mitte zu sehen. Wenn die Stromreizung zu Ende ist, wird die Membrankapazität allmählich entladen aufgrund des Leckstroms durch den Membranwiderstand. Je größer der Membranwiderstand, desto langsamer die Spannungsabnahme der Membran, d.h. um so flacher ist die rote Linie, die das aktuelle Membranpotential darstellt. Die Membranspannung nähert sich zum Ruhemembranpotential (RMP: resting membrane potential). Die Spannungsabnahme hat einen exponentiellen Verlauf gegen die Zeit. Wir bezeichnen das Gleichgewichtspotential, das wir während der Reizung erreicht haben als U0. Der zeitliche Verlauf der Spannungsabnahme wird vor allem durch die Zeitkonstante (tau) bestimmt. Die Zeitkonstante ist ein wichtiger Membranparameter, den man aus dem Produkt Membranwiderstandes Rm und der Membrankapazität Cm erhält. Die Zeitkonstante ist einfach gleich der Zeit, in der die Spannung auf einen Wert von U0/e fällt, der ca. 37% von U0 ist. Hierbei steht e für die Basis des natürlichen Logarithmus. Je mehr Leck-Kanäle in der Membran exprimiert sind, desto größer ist die Membranpermeabilität. Je höher die Membranpermeabilität, desto kleiner wird tau und desto schneller die Spannungsabnahme der Membran. Die Zeitkonstante der Membran der Dendriten und des Zellkörpers liegt bei ca. 15 ms. Die Myelinscheide funktioniert wie ein zusätzlicher Isolator und deswegen erhöht sie offenbar den Membranwiderstand. Diese Erhöhung beläuft sich auf das 300-fache, aber gleichzeitig verringert das Myelin auch die Membrankapazität in etwa demselben Maße. Die Myelinscheide, die sich um das Axon wickelt und aus zahlreichen (10-200) Membranschichten besteht, verhält sich wie in Reihe geschaltete Kondensatoren. Die resultierende Kapazität einer Reihenschaltung aus Kondensatoren berechnet sich wie folgt:

wobei Cm die resultierende Kapazität, C1 - Cn die Kapazitäten der einzelnen Myelinschichten und n die Anzahl der Myelinschichten ist. Insgesamt ist das tau eines myelinisierten Axons mindestens 10 mal kleiner als im Soma.

Wenn Strom in den zylindrischen Neuronfortsatz injiziert wird, bleiben die Ladungen nicht auf ein Segment beschränkt, sondern sie breiten sich in Längsrichtung über den Intrazellulärwiderstand aus. Die Membrankapazitäten werden also durch den über den Intrazellulärwiderstand fließenden Strom gleichzeitig in benachbarten Segmenten geladen. Sobald die benachbarten Segmente geladen sind, strömen die Ladungen weiter zu den nächsten Segmenten, laden sie auf, und so weiter. Mit der Entfernung nehmen die Amplituden des Axialstromes und des neuronalen Signals wegen des Stromverlustes durch die Membran ab, bis sie ganz verschwinden. Dieser Typ von passiver Signalweiterleitung kann nicht über weite Strecken reichen, weil die Verluste nicht kompensiert werden (s. Abbildung 2).

Abbildung 1.44. Abbildung 2.: Passive Ausbreitung des neuroelektrischen Signals in

einem Dendrit

Abbildung 2 zeigt ein Experiment, wo ein zylindrischer Dendritenabschnitt an einem Punkt mit einem kurzen Rechteckimpuls gereizt wird. Wir legen mehrere Ableitelektroden in Abständen von 1, 2, 3 und 4 mm von der Reizelektrode an. In Dendriten gibt es in der Regel keine Ionenkanäle, deshalb kann die passive Ausbreitung des elektrischen Signals ungestört beobachtet werden. Wenn der Reizstrom ein- und ausgeschaltet wird, steigt und fällt das Membranpotential. Entsprechend der Membranzeitkonstante folgen die auf- und absteigenden Äste der Kurve einem exponentiellen Verlauf (s. erste, höchste rote Kurve). Die weiteren roten Kurven zeigen die Form des über der Membran messbaren Spannungssignals bei unterschiedlichen Entfernungen. Zu beachten sind die Spitzenamplituden, die exponentiell abnehmen und gegen Null konvergieren. Die Steilheit der Abnahme wird durch die Längskonstante oder Raumkonstante bestimmt. Mit anderen Worten drückt die Längskonstante eigentlich die Effektivität der passiven Membranpotentialausbreitung aus. Ihr Wert entspricht dem Abstand, wo die Signalamplitude auf 1/e-tel, d.h. ca 37%, der anfänglichen Amplitude (U0) abfällt. Die Längskonstante wird maßgeblich vom Verhältnis der Membran- und intrazellulären Längswiderständen bestimmt. Der Amplitudenabfall kann man nämlich mit den Strömen erklären, welche durch die parallel geschalteten Membranwiderstände Rm und axialen Widerstände Ri fließen. Ein Teil des Stromes fließt in die Längsrichtung, ein anderer Teil fließt parallel durch die Membranwiderstände. Wegen den Verlusten durch die Membranwiderstände fließt immer weniger Strom weiter in die Längsrichtung. In der Abbildung symbolisieren unterschiedlich dicke Pfeile, dass der Membranstrom immer kleiner wird, als wir uns von der Stelle des Stromreizes entfernen. Kleinere Membranströme generieren selbstverständlich kleinere Spannungssignale in der Membran. Den hier beschriebenen Mechanismus der Signalausbreitung, der durch einen Amplitudenabfall bezeichnet ist, nennen wir lokales, bzw. elektrotonisches Potential.

In Neuronen liegt die Längskonstante zwischen 0.01 und 1 mm. Neuronale Strukturen, deren intrazellulärer Widerstand niedrig ist, zeigen eine größere Längskonstante. Die Myelinscheide erhöht den Membranwiderstand auf das vielfache und steigert dadurch mehrfach die Längskonstante (Abbildung 2 oben rechts.). Die bis jetzt höchste Längskonstante (1.7 mm) hat man in Hirnstammneuronen der Katze gemessen.

Schließlich ist es zu bemerken, dass elektrotonische Potentiale gegen Aktionspotentiale schneller und energetisch günstiger sind. Sie sind schneller, weil dazu keine Ionenkanalaktivation nötig ist, und energetisch günstig, weil relativ wenig Ionen durch die Membran fließen. Ein entscheidender Nachteil ist aber, dass sie die neuronale Information nicht über weite Strecken übermitteln können.

Oszilloskop dargestellt und untersucht werden. Bei einem Nerv-Muskel Präparat des Frosches - entweder in situ oder isoliert - beweist eine Zuckung des innervierten Muskels eindeutig das Ankommen der Erregung. Bei wachen Personen löst der elektrische Reiz eine oft sichtbare Muskelkontraktion und gleichzeitige Empfindung aus, worüber die Person auch berichten kann. Zur elektrischen Reizung werden mindestens zwei Elektroden benötigt, die man entweder direkt an einen präparierten Nerv anbringt oder mit einer elektrisch leitenden Paste auf die Hautoberfläche in der Nähe des zu untersuchenden Nervs aufklebt. Außerdem benötigt man ein elektrisches Reizgerät, das den abgegebenen Strom oder die Spannung genau regelt. Der Reizstrom wird normalerweise in der Form von Rechteckimpulsen gegeben. Rechteckimpulse sind von den elektrischen Reizformen am besten zur Auslösung von Nervenerregungen geeignet.

Abbildung 1.45. Abbildung 3.: Einfaches elektrisches Reizgerät. Die Hauptteile sind: 1.

elektrische Batterie mit veränderbarer Ausgangsspannung, 2. Drucktaste, 3.

Elektrodenpaar. Wenn die Taste gedrückt wird, wird der Stromkreis geschlossen

("an") und der Strom beginnt sofort durch die Elektroden und die verbundenen

biologischen Geweben zu fließen. Dieser Moment wird durch den aufsteigenden Ast des

Rechteckimpulses gekennzeichnet. Wenn die Taste losgelassen wird, wird der

Stromkreis unterbrochen (“aus”) und der Strom erlischt sofort. Der absteigende Ast des

Rechteckimpulses markiert diesen Moment. Bei einer Dauerreizung wiederholen sich

solche Rechteckimpulse regelmäßig mit einer angegebenen Rate. Die Reizfrequenz kann

als 1/T in Hz angegeben werden, wobei T die Zeit zwischen Impulsen darstellt. Die Zeit

T misst man in Sekunden vom aufsteigenden Ast eines Impulses zur gleichen Stelle des

nächsten Impulses

und Ausschalten mit der Genauigkeit einer Quarzuhr, manuell wird nur bei Bedarf gereizt.

Wie schon erwähnt, die elektrische Reizung erfordert mindestens zwei Elektroden. Die eine ist mit dem positiven, die andere mit dem negativen Pol der Stromquelle verbunden. Die mit dem positiven Pol verbundene Elektrode nennt man die Anode, die andere, mit dem negativen Pol verbundene Elektrode nennt man die Kathode. (Wie aus der Elektrochemie bekannt, zur Anode werden die Anionen, zur Kathode die Kationen angezogen.) Wenn der Stromkreis geschlossen ist und der Reizstrom fließt, breitet sich der Strom über die Elektroden praktisch in alle Richtungen aus (Abbildung 4).

Abbildung 1.46. Abbildung 4.: Extrazelluläre Nervenreizung

Angenommen, dass der elektrische Widerstand des Extrazellulärraumes homogen ist, fließt der Strom in allen Richtungen des Raumes entlang den durchgezogenen Linien in Abbildung 4. Der stärkste Strom fließt entlang des kleinsten Widerstandes, der dem kürzesten Weg, einer geraden Linie zwischen den Elektroden entspricht.

Die weiteren Linien stellen Strompfade mit exponentiell abnehmender Stromstärke dar. Den Nerv reizt nur der Strom, der durch das Axonmembran fließt. Es ist offensichtlich, dass die Wirksamkeit des Reizes mit der Entfernung der Elektroden abnimmt, weil die Ströme, deren Pfade die Membran kreuzen umso schwächer sind.

Um effektiv zu reizen, braucht man also bei größerer Entfernung eine höhere Stromstärke. Generell kann man sagen, dass die extrazelluläre Reizung eine wenig effektive und ungenaue Methode ist. Die niedrige Effizienz rührt daher, dass der größte Anteil des Stroms über den niedrigen Widerstand des Extrazellulärraumes, praktisch kurzgeschlossen verloren geht und nur ein kleiner Teil wirksam wird. Die Methode ist auch ungenau, weil sie sehr von den räumlichen Verhältnissen abhängig ist. Deshalb ist es schwierig die Strompfade so zu positionieren, dass sie in einem spezifischen Bereich die Zellmembranen kreuzen und somit einen gezielten Anteil des Gewebes reizen.

Abbildung 1.47. Animation 1. (Abbildung 5.): Extrazelluläre Reizung einer Nervenfaser

Abbildung 5 zeigt eine vereinfachte und animierte Version der Abbildung 4. Die Vereinfachung liegt darin, dass hier nur zwei Strompfade dargestellt werden. Der eine ist der gerade Pfad, wo der Strom durch den extrazellulären Widerstand (Re) fließt. Der extrazelluläre Widerstand ist immer größer als Null und kann deshalb nicht vernachlässigt werden. Dieser Strom ist jedoch wirkungslos für den Nerv. Der kleinere aber wirksame Anteil des vom Reizgenerator abgegebenen Stroms ist derjenige, dessen Strompfad durch die Axonmembran zieht. In der Wirklichkeit gibt es natürlich viel mehr alternative Strompfade, die durch jeweils andere Stellen der Membran ziehen (Abbildung 4). Wenn wir mit der Drucktaste den Stromkreis schließen, beginnt der Strom zwischen den Elektroden zu fließen. (Traditionell wird der Stromfluss von der Anode (+ Pol) zur Kathode (−

Pol) definiert obwohl spätere Forschungen gezeigt haben, dass der Strom eigentlich die Bewegung der Elektronen von der Kathode zur Anode ist.) Der schwächere, wirksame Stromanteil kreuzt erst die Axonmembran, dann den intrazellulären Widerstand, wieder den Membranwiderstand, und der Stromkreis schließt sich an der Kathode. Laut des Ohm'schen Gesetzes entsteht Spannung wenn Strom über einen Widerstand fließt. Diese Spannung ist gleich dem Produkt des Stromes und des Widerstandes. Aus der Abbildung ist es offensichtlich, dass der Transmembranstrom, der an der Anode fließt, die Membran depolarisieren soll. Der an der Kathode fließende Strom hyperpolarisiert dagegen die Membran (s. Abbildung 5). Wenn die an der Kathode entstehende Depolarisation ausreichend stark ist und die Schwelle erreicht, kann sie ein Aktionspotential auslösen. Dies wird Kathodenschliessungserregung genannt. Die Unterbrechung der Hyperpolarisation ist auch in der Lage ein Aktionspotential auszulösen, diese wird als Anodenöffnungserregung bezeichnet. Dieser Befund mag unlogisch erscheinen. Tatsächlich hatte Elektrophysiologen das Phänomen der Anodenöffnungserregung über Jahrzehnte erhebliches Kopfzerbrechen bereitet, bis Hodgkin und Huxley das physikalische Modell des Aktionspotentials aufgestellt hat. Obwohl sie in ihr Modell keine spezifische Mechanismen zur Erklärung der Anodenöffnungserregung und ähnlichen Erscheinungen nicht eingebaut hatten, hat das fertige Axonmodell erstaunlicherweise all die Eigentümlichkeiten der Anodenöffnung und weitere Phänomene (neuronale Akkommodation, Oszillation, neuronale Entladungssalven, kontinuierliches Feuern, Refraktärität) präzise erklärt. Aus diesem Grund ist es etwas schwierig den Mechanismus der Anodenöffnungserregung zu beschreiben, weil die endgültige Antwort das Modell selbst ist. Eine mögliche Erklärung ist die Folgende.

Hyperpolarisation allein ist tatsächlich wirkungslos, aber die Unterbrechung des hyperpolarisierenden Stroms löst eine Erhöhung des Membranpotentials in Richtung Ruhemembranpotential aus, das während der Hyperpolarisation über das Membranpotential liegt. Beim Verstehen des Mechanismus ist es hilfreich, wenn wir den oben beschriebenen Ablauf als eine langsame Depolarisation auffassen. Wenn die Hyperpolarisation ausreichend stark ist, löst diese Depolarisation in einem kritischen Moment das Aktionspotential aus. Wir sollten uns bei dieser Gelegenheit daran erinnern, dass das Inaktivierungstor des Natriumkanals bei Hyperpolarisation extrem stark geöffnet ist. Gleichzeitig ist das Kaliumkanal Aktivierungstor, das bei Ruhe zu 30% offen ist, fast komplett geschlossen. Dazu kommt noch, dass sowohl das Natriumkanal Inaktivierungstor als auch das Kaliumkanal Aktivierungstor ziemlich langsam sind im Vergleich zum Natriumkanal

Hyperpolarisation hat aber davor beide Tore in einen Zustand versetzt, in dem sie viel weniger gegen die positive Rückkopplungsschleife wirken können. Anders ausgedrückt: die Hyperpolarisation unterbindet die Inaktivierung der Natriumkanäle und den Kalium Leckstrom, der bei Ruhe vorhanden ist und begünstigt die schnelle, sich wegen der positiven Rückkopplung verstärkende Aktivierung der Natriumkanäle.

Abbildung 1.48. Animation 2. (Abbildung 6.): Anodenöffnungserregung

.

Obwohl, wie oben erklärt, die Anodenöffnung ein Aktionspotential auslösen kann, wird die Kathodenschließung dabei immer wirksamer. Wenn die Reizspannung manuell auf einen überschwelligen Wert eingestellt wird (3.

Abbildung), entsteht eine Erregung gewöhnlich sowohl an der Anode als auch an der Kathode. Wenn aber die Amplitude in feinen Schritten erhöht wird, wird der Reiz zuerst an der Kathode und nur bei Schließung des Stromkreises wirksam. Bei weiterer Erhöhung der Stromintensität erzielt allmählich auch die Unterbrechung an der Anode eine Wirkung. Bei starken Reizströmen reizt sowohl die Kathodenschließung, als auch die Anodenöffnung den Nerv.

Die Entstehung der Anodenöffnungserregung macht uns auf eine wichtige Eigenschaft der Reizschwelle aufmerksam. Die Reizschwelle ist nämlich kein stabiler Membranpotentialwert, sondern viel mehr ein dynamisch ändernder Zustand. Entscheidend dabei ist immer ob die Aktivierung der Natriumkanäle einen sich in positiver Rückkopplung verstärkenden Natriumstrom verursachen kann.

Wenn man zur Reizung anstatt eines Rechteckimpulses den Reizstrom langsam und kontinuierlich erhöht, wird kein Aktionspotential ausgelöst. Dies nennt man neuronale Akkommodation. Mit dem einfachen manuellen Reizgerät (Abbildung 3) können wir diese Situation erreichen indem wir die Reizintensität auf Null setzen, und dann bei gedrückter Drucktaste sie sehr langsam erhöhen. Die Rate der Spannungserhöhung sollte man dabei bei bis zu 1 mV/s halten. Die sehr langsame Depolarisation steuert praktisch gleichzeitig die Aktivierungs- und Inaktivierungstore der Natriumkanäle und die Aktivierungstore der Kaliumkanäle an. Diese Situation ist ungünstig für die selbst verstärkende Aktivierung der Natriumkanäle, weil die zeitgleiche Natriuminaktivierung und Kaliumkanal Aktivierung eine ausreichend schnelle Depolarisation unterbindet, und die Natriumkanäle inaktiviert ehe ein signifikanter Natriumeinstrom sich entwickeln kann (s. Animation der Abbildung 7). Eine langsame Erhöhung der extrazellulären Kaliumkonzentration (Hyperkaliämie) hat ähnliche Folgen (s. Abschnitt 1.4.4.).

5.3. 3. Chronaxie als ein Maß der Erregbarkeit

Wenn der Nerv mit Rechteckreizen erregt wird, wird die Reizschwelle von zwei Variablen, nämlich der Amplitude und der Dauer bestimmt. Nehmen wir an, dass wir den N. medianus mit einer Intensität von 30 V über eine Dauer von 1 ms reizen. Mit diesen Parametern ist der Reiz deutlich überschwellig, deshalb löst jeder Rechteckimpuls eine somatosensorische Wahrnehmung und Muskelkontraktionen des Daumens aus. Die Reizschwelle können wir bestimmen, indem wir die Amplitude schrittweise verringern bis die Antwort verschwindet. Die genaue Bestimmung der Reizschwelle benötigt Zeit und Geduld. Dabei sollte man in der Nähe der Schwelle die Reizamplitude nur noch in kleinen Schritten ändern und den Schwellenwert mehrmals in ab- und aufsteigender Abfolge durchqueren. So kann man den Wert, der gerade noch eine Antwort auslöst, mit ausreichender Präzision bestimmen. Nehmen wir an, dass im konkreten Beispiel sich ein Schwellenwert von 12.8 V ergibt. Stellen wir jetzt die Intensität auf 30 V ein und verringern wir diesmal die Reizdauer solange bis die Antwort verschwindet. Die Untersuchung könnte z.B. zeigen, dass dies bei 0.12 s passiert.

Zusammenfassend können wir festhalten, dass beide Einstellungen, nämlich 12.8 V, 1 ms und 30 V, 0.12 ms der Schwelle entsprechen und den N. medianus gerade noch wirksam reizen. Theoretisch existieren unendlich viele Paare von Reizintensität und -Dauer, die diese Anforderung erfüllen. Wir können die Reizdauer variabel

Zusammenfassend können wir festhalten, dass beide Einstellungen, nämlich 12.8 V, 1 ms und 30 V, 0.12 ms der Schwelle entsprechen und den N. medianus gerade noch wirksam reizen. Theoretisch existieren unendlich viele Paare von Reizintensität und -Dauer, die diese Anforderung erfüllen. Wir können die Reizdauer variabel