• Nem Talált Eredményt

D EMOGRAFISCHE H ERAUSFORDERUNGEN IN DEN BETRACHTETEN L ÄNDERN

In der McKinsey Studie „War for Talent“ wurden innerhalb eines Jahres in 77 Unternehmen verschiedener Branchen 6000 Führungskräfte befragt. Darüber hinaus

wurden noch 20 Unternehmen befragt, die „reich an Talenten“ erschienen. Das Ergebnis der Untersuchung war, dass gebildete Mitarbeiter, die technologieaffin und weltoffen sind, die wichtigste Unternehmensressource der nächsten Jahrzehnte darstellen werden.3 Dies gilt insbesondere in der heutigen Zeit, in der Unternehmen einer großen Dynamik ausgesetzt sind. So lässt sich für Unternehmen nur schwer prognostizieren, wie sich die Umwelteinflüsse verändern. Insbesondere die Globalisierung – mit der Ausweitung der Geschäfte nach Ostasien – führte dabei zu einer hohen Umweltdynamik.4 Der Globalisierung, einschließlich deren ungewollter Effekte, kann sich niemand mehr entziehen. Anstatt zur Sicherheit der Weltwirtschaft und zu einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Sicherheit beizutragen, hat die Auflösung der bipolaren Welt nach dem Ende des Sozialismus und der aufkommenden Globalisierung eher zu einer Verschärfung der Unsicherheit.5

Während sich viele Unternehmen jahrzehntelang über die von ihnen hergestellten Produkte definierten, haben sich die Umstände heute verändert. Heutzutage stellen Mitarbeiter den wichtigsten Erfolgsfaktor der Unternehmen dar. Nur mit einem guten Team werden Unternehmen mit ihren Produkten konkurrenzfähig bleiben und Profit machen. Die Frage nach der Existenzberechtigung insbesondere von mittelständischen Unternehmen wird sich entsprechend nicht mehr primär auf der Produktebene, sondern auf der Personalebene entscheiden.6 Demografische Veränderungen werden die Rekrutierungsbedingungen für Unternehmen jedoch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verschlechtern.7 So wird in Europa bis zum Jahre 2050 der Anteil der 15-60 Jährigen an der Gesamtbevölkerung von 62% auf 49% sinken.8 Bis zum Jahr 2050 wird sich die Bevölkerung der Europäischen Union um 50 Millionen Menschen verringern. Dies sind etwa zehn Prozent der aktuellen Bevölkerung und entspricht der Bevölkerungszahl von Polen und Griechenland zusammen.9

Die Bevölkerungszahlen werden sich in Zukunft in den einzelnen europäischen Staaten jedoch sehr unterschiedlich entwickeln. Aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen bzgl.

3 Vgl. Beechler/Woodward (2009), S. 274, vgl. auch Chambers et al. (1998), S. 44ff.

4 Vgl. Jones/Bouncken (2008), S. 147

5 Vgl. Balázs (o.J.), S. 1f.

6 Vgl. Knoblauch/Kurz (2009), S. 18f.

7 Vgl. Schamberger (2006), S. 2, vgl. auch Rose (2013), S. 61

8 Vgl. Wilden et al. (2010), S. 56, vgl. auch Kingholz (2009), S. 65

9 Vgl. Klingholz (2009), S. 62

der Geburtenrate und Lebenserwartung wird etwa die Hälfte der EU-27 einen Bevölkerungszuwachs aufweisen. Dies ist z.B. in Frankreich oder in Großbritannien der Fall. Die Bevölkerungen anderer Länder wiederum werden schrumpfen. Darunter fallen v.a. die Länder Mittel- und Osteuropas.10 Abbildung 1 zeigt die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung der EU-Staaten.

Abbildung 1: Prognostizierte Bevölkerungsentwicklungen in der EU-27

Quelle: Wilkoszewski (2008)

Alle europäischen Länder sehen sich zudem einem Überalterungsprozess ausgesetzt.

Einige Nationen, wie Deutschland oder Rumänien haben darüber hinaus schon mit einer sinkenden Bevölkerung zu kämpfen.11 In diesem Zusammenhang ist die Fertilitätsrate eine wichtige zu beachtende Kennziffer. Diese bezeichnet die Anzahl der Kinder, die eine Frau

10 Vgl. Münch/Wilkoszewski (o.J.)

11 Vgl. Klingholz (2009), S. 62. Weitere Daten zu Deutschland sind bei Preißing (2010), S. 11 zu finden.

während ihres Lebens zur Welt bringt.12 Dort wo die Fertilitätsrate unter 2,1 liegt, gibt es mittelfristig keine Möglichkeit, den Trend des natürlichen Bevölkerungsrückgangs aufzuhalten.13 Abbildung 2 zeigt die niedrigen Fertilitätsraten der in dieser Arbeit betrachteten Länder.

Abbildung 2: Fertilitätsraten Deutschlands, der Niederlande und Ungarns

Quelle: Google Public Data (2015) nach Daten der Weltbank, Stand 5.2.2015

Die meisten europäischen Länder werden nur durch Zuwanderung ein Bevölkerungswachstum bzw. zumindest eine stabile Bevölkerungszahl erreichen können.14 V.a. die ehemaligen kommunistischen Länder Zentral- und Osteuropas stehen dabei unter großem Druck. Dort liegen sowohl niedrige Fertilitätsraten als auch eine verstärkte Auswanderung junger Menschen vor. Die Konsequenz ist eine Überalterung der verbleibenden Bevölkerung.15

Von den osteuropäischen Ländern weisen vor allem Bulgarien und Ungarn starke Bevölkerungsrückgänge auf.16 In Ungarn ist dabei ein Zentrum-Peripherie-Gefälle zwischen Budapest, das bis 2030 Bevölkerungszuwächse verzeichnen wird und den anderen Regionen, die Bevölkerungsverluste erleiden werden, festzustellen.17

12 Vgl. Rump (2009), S. 17

13 Vgl. Klingholz (2009), S. 62

14 Vgl. Ibid., S. 62

15 Vgl. Ibid., S. 65

16 Vgl. Davoudi et al. (2010), S. 795

17 Vgl. Ibid., S. 802, vgl. auch Gans/Schmitz-Veltin (2010)

Diese Entwicklung deutet sich bereits jetzt an (siehe Abbildung 3). So wurden in Budapest und dem Komitat Pest im Jahr 2011 steigende Bevölkerungszahlen registriert, während in anderen Teilen des Landes die Bevölkerung abnahm. Eine Ausnahme bildet das Komitat Győr-Moson-Sopron, wo ebenfalls ein positives Bevölkerungswachstum zu verzeichnen war.

Abbildung 3: Bevölkerungswachstum in Ungarn (nach NUTS-3-Regionen18)

Ohne Maßstab, Stand: 2011

Quelle: Eurostat (2013a), verändert

Die Bevölkerungsentwicklung stellt lediglich die Ist-Situation des betrachteten Jahres dar und lässt keine Rückschlüsse auf künftige Entwicklungen zu. Daher soll zusätzlich die prognostizierte Entwicklung des Humankapitals in die Betrachtung einfließen.

Die Bevölkerungsanzahl beeinflusst nicht nur das Gesamtangebot aller Arbeitskräfte, sondern auch das Humankapital19 einer Region, welches hochqualifizierte Personen umfasst.

Das Wissen, welches aus dem Humankapital resultiert, wird auch als der vierte Produktionsfaktor bezeichnet und erlangt eine wachsende Bedeutung für den unternehmerischen Erfolg. So wird der Wert eines Unternehmens zunehmend von Wissenskapital und weniger vom Buchwert, also vom physischen Vermögen, bestimmt.20 Das „Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels“ prognostiziert hinsichtlich des Humankapitals lediglich für Budapest und das Komitat Pest (NUTS-2:

18 Weitere Erläuterungen zu den NUTS-Regionen: Vgl. Eurostat (2012)

19 Vgl. Tivig et al. (2008), S. 23

20 Vgl. Jaeger (2004), S. 146, vgl. auch Prezewowsky (2007), S. 33f.

HU10) eine positive Entwicklung für die nächsten Jahrzehnte. Alle anderen Regionen sehen sich dagegen einem hohen Risiko ausgesetzt (siehe Anhang 1).21

Bei Betrachtung der Bevölkerungsentwicklung des Jahres 2011 in Deutschland ist festzustellen, dass der Bevölkerungsrückgang hauptsächlich den Osten Deutschlands trifft.22 V.a. Süddeutschland, die Ballungsgebiete im Rhein-Main Gebiet sowie Hamburg und Berlin haben Bevölkerungszuwächse zu verzeichnen (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Bevölkerungswachstum in Deutschland (nach NUTS-3-Regionen)

Ohne Maßstab, Stand: 2011

Quelle: Eurostat (2013a), verändert

Hinsichtlich des Humankapitals lassen sich in Deutschland v.a. Berlin (NUTS-2: DE30), Hamburg (DE60) und Dresden (DED2) sowie mit Abstufungen noch Darmstadt (DE71), Leipzig (DED3), Stuttgart (DE11), Karlsruhe (DE12), Freiburg (DE13), Tübingen (DE14) und Oberbayern (DE21) als chancenreiche Regionen identifizieren. Für die meisten anderen NUTS-2 Regionen in Deutschland wird eine kritische Entwicklung des Humankapitals prognostiziert.23 Die genauen Daten können Anhang 1 entnommen werden.

21 Vgl. Tivig et al. (2008), S. C.4

22 Vgl. Eurostat (2013a), S. 35

23 Vgl. Tivig et al. (2008), S. C.2f.

Hinsichtlich des niederländischen Bevölkerungswachstums fällt eine positivere Entwicklung als in den anderen betrachteten Ländern auf. So weisen nur vier der NUTS-3 Regionen (v.a. die COROP-Regionen24 Delfzijl, aber auch Ost-Groningen, Südost-Drenthe und Seeländisch Flandern) einen starken Bevölkerungsrückgang von mehr als vier Prozent im Jahre 2011 auf (siehe Abbildung 5).

Abbildung 5: Bevölkerungswachstum in den Niederlanden (nach NUTS-3-Regionen)

Ohne Maßstab, Stand: 2011

Quelle: Eurostat (2013a), verändert

In Bezug auf das Humankapital werden nur Drenthe (NUTS-2: NL13) und Zeeland (NL34) negativ bewertet. Die Entwicklung bzgl. hochqualifizierter Arbeitskräfte wird dort in den nächsten Jahrzehnten negativ eingeschätzt. Bis auf Limburg (NL), welches neutral eingeschätzt wird, wird für alle anderen Provinzen eine positive Entwicklung vorhergesagt (siehe Anhang 1).25

Generell kann festgehalten werden, dass in den nächsten Jahren nahezu alle europäischen Arbeitsmärkte vom soziodemografischen Wandel und einem „War for Talent“ betroffen sind. Viele hochqualifizierte Mitarbeiter werden in diesem Jahrzehnt aus dem Berufsleben ausscheiden, sodass ein großer Ersatzbedarf auf eine rückläufige Entwicklung des potenziellen Arbeitnehmerbestandes trifft. Der Arbeitsmarkt steht damit vor dem Wandel von einem Arbeitgeber- hin zu einem Arbeitnehmermarkt.26 Alleine für die größte Volkswirtschaft Europas Deutschland stehen laut Schätzungen im Jahr 2020 etwa 4 Millionen Arbeitskräfte weniger zur Verfügung als im Jahre 2005.27 Dennoch muss die Entwicklung differenziert betrachtet werden. So liegen, wie Kapitel 2.2 gezeigt hat,

24 Die 40 COROP-Regionen entsprechen den niederländischen NUTS-3 Regionen. Vgl. Centraal Bureau voor de Statistiek (2014)

25 Vgl. Tivig et al. (2008), S. C.5

26 Vgl. Kirchgeorg/Müller (2011), S. 80

27 Vgl. Flato/Reinbold-Scheible (2008), S. 39

sowohl zwischen den Ländern als auch innerhalb der Länder sehr unterschiedliche Entwicklungen hinsichtlich des Bevölkerungswachstums und des Humankapitals vor.