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Die Burg als Spiegel der Gesellschaft – Überlegungen an Hand des Salzburger Erzbistums

Das heute rein geistlich orientierte Erzbistum von Salzburg kann auch auf eine lange herrschaft-liche Entwicklungsgeschichte zurück blicken. Im Spiegel jüngster Bauforschungen (Schicht 2006 und 2010) an einigen seiner monumentalen Burgen sind neue Einblicke in die profane Lebenswelt eines der führenden geistlichen Fürstentümer im europäischen Mittelalter möglich.

Im Folgenden sollen ein paar architektonische Besonderheiten der Salzburger Hauptburgen auf mögliche soziale Rangordnungen untersucht werden. Zuvor gilt es aber gerade angesichts der geist-lichen Bauherrenschaft ihren Stellenwert einzugrenzen. Nach dem Sturz der allzu selbstbewussten Bayernherzoge durch Karl dem Großen hatte das 789 zum Erzbistum Bayerns erhobene Salzburg schlagartig großen politischem Einfl uss und weltliche Rechte erhalten. Auch unter den Ottonen und den Saliern, für die das Reichskirchentum ein Hauptträger königlicher Macht war, wurde die weltliche Stellung Salzburgs gezielt gefördert und bereits im 10. Jahrhundert – urkundlich belegt – mit Burgen geschützt (Wießner und Seebach 1977, 9).

Noch im frühen 11. Jahrhundert förderte Kaiser Heinrich II. in seiner Idee der „renovatio Regni Francorum“ das Reichskirchenwesen in Italien und den Alpen (Krawarik 2006, 179). Das Patriarchat Aquileia gewann damals ebenso an Einfl uss wie die Bistümer von Trient, Regensburg, Brixen und nicht zuletzt Salzburg, die Grafschaftsrechte an den reichspolitisch wichtigen Alpenpässen erhielten bzw. bestätigt bekamen. Weitere bayerische Bischöfe und Klöster folgten in kleinerem Umfang. Die Reichskirche verdankte dem König zwar den Großteil ihrer Besitzungen und weltlichen Herrschaftsrechte, er bestimmte aber auch die Kandidaten, die meist aus seiner Hofkapelle stammten, und konnte durch sein „Obereigentum am Reichskirchengut“ auch alle Bischöfe wieder absetzen. Im sogenannten Investiturstreit forderte daher der Papst im mittleren 11. Jahrhundert ein Verbot dieser Laieninvestitur und eröffnete für die Kirche so die Möglichkeit, sich aus der Abhängigkeit zu lösen. Salzburg wurde im folgenden Streit das wichtigste Bollwerk des Papstes im deutschen Raum und mehrfach durch Überfälle, Brandschatzungen und Vertreibungen verwüstet.

Als Reaktion begann noch im 11. Jahrhundert ein strategisches Burgenbauprogramm, das bis ins mittlere 12. Jahrhundert weitgehend fertig gestellt war. Tatsächlich konnte das Gebiet samt seinen be-deutenden Alpenpässen und den wirtschaftlich wichtigen Märkten nicht nur gehalten sondern sogar ausgebaut werden. Entscheidenden Anteil am politischen Geschick hatten die Burgen, deren Aufgaben zunächst weniger in der Verwaltung als vielmehr in überregionalen Stützpunkten und Landessperren lagen. Neben den verteidigungstechnischen Einrichtungen lag der Schwerpunkt bald auf repräsentativen pfalzartigen Residenzen, die durch feine Steinmetzarbeiten, prunkvolle Freskierung und monumenta-le Festsämonumenta-le weit über die militärpolitischen Erfordernisse hinausgingen (Schicht 2010, 293). Über die Bautätigkeit von Erzbischof Konrad auf der Burg von Friesach um 1140 gibt sein Biograf eindrücklich Auskunft wenn er schreibt, die Burg sei zum größeren und besseren Teil von ihm erbaut, befestigt und ausgeschmückt worden, so dass sie eher der Palast eines Kaisers als jener eines Bischofs zu sein scheint und dem Betrachter von allen Seiten einen angenehmen Blick gewährt, weil sie vorzüglicher ist als alle übrigen Burgen, mit ihrer niederen Lage nicht schwer einzunehmen scheint, aber dennoch nicht zu erobern ist, weil sie im Umkreis viele Befestigungen aufweist (MC III, Nr. 603). Über seine Festung Hohenwerfen schreibt der Biograph die Worte castrum Weruen et clusa...Hucusque transibis et non procedes amplius – bis hierher kannst du gelangen, weiter aber nicht mehr (Vita Chunradi, Mon. Germ.

CASTRUM BENE 12, 2014, 37–47

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Hist., Scriptores XI, cap. 20). Dies deckt sich gut mit zeitgenössischen Berichten über die Bautätigkeit von anderen Bistümern. So errichtete etwa Bischof Otto von Bamberg (1102–1139) ebenfalls eine gro-ße Wehrburg, sein Bistum wurde 1106 sogar symbolhaft als Burg auf einem Felsen mit Mauern und Wehren bezeichnet (Maurer 1969, 310). Völlig einzigartig scheint für Salzburg jedoch in dieser frühen Zeit die Übernahme von Elementen aus der Sakralbauausstattung, wie Arkadenfenster und vollfl ächi-ge Bemalung von profanen Sälen. Darin zeigt sich der hohe Anspruch der Erzbischöfe als wichtigster Stellvertreter der päpstlichen Partei in Deutschland, aber wohl auch ihr eigener, gar nicht so demütiger Charakter.

Im frühen 13. Jahrhundert gelang es schließlich, Salzburg zum relativ geschlossenen Territorium zu vereinen. Durch eine kompromisslose Vorgehensweise wurden sukzessive Grafschaftsrechte und Hochgerichte erworben, Ministeriale an sich gebunden und Verträge für folgende Gebietszuwächse ge-schlossen. Eine der wichtigsten Aktionen war die Ausschaltung der Hochstiftsvögte, die unter anderem durch das willkommene Aussterben der Grafen von Peilstein, Mörle und Kleeberg gelang. Erzbischof Eberhard betonte schließlich voll Stolz, dass die Salzburger Kirche unter seiner Herrschaft aufgehört habe, Vögte zu besitzen (SUB 3, n. 805; DS 1, 327 und DS 2, 884; vergl. Dopsch und Brunner 1999, 363).

1220 gelang den geistlichen Fürsten des Reichs die Verbriefung von zahlreichen Zugeständnissen, die so genannte „Confoederatio cum principibus ecclesiasticis“ (Dopsch und Brunner 1999, 183).

Darin gewährte der König unter anderem den Bischöfen freie Verfügung über ihre Lehen und unter-sagte den Vögten die Errichtung von Burgen und Städten auf Besitzungen der Kirchenfürsten ohne deren Zustimmung. Das Reichsgesetz bot nun die rechtliche Grundlage für die Ausbildung selbststän-diger geistlicher Fürstentümer, letztendlich auch die Voraussetzung für die Landwerdung Salzburgs.

Trotz dieser günstigen politischen Bedingungen blieb die Lösung Salzburgs von Bayern im Reich ein Sonderfall.

Innenpolitisch ermöglichte die Landwerdung im 13. Jahrhundert eine gezielte Aufl ösung des alten europäischen Burgensystems, das bis dahin von zahlreichen Ministerialensitzen geprägt war. Sie verloren nun rapide an Bedeutung und wurden systematisch aufgelassen und zerstört. Neues Ideal war der Ausbau wirtschaftsstrategisch gelegener Märkte und Städte, die von meist integrierten Pfl egesitzen aus betreut wurden. Ihre Funktion betraf weniger die eines Wehrbaues als vielmehr die eines Beamtenstützpunktes.

Die Pfl eger waren Führer des Aufgebotes, oberste Gerichtsherren, Verwalter und Steuereintreiber in ei-nem. Die erzbischöfl ichen Hauptresidenzen entwickelten sich hingegen zu überregionalen Großburgen mit repräsentativen Ausbauten zu mehrsäligen Anlagen für das neueste Hofzeremoniell. Sie dienten als prunk-voller Schauplatz für hochadelige Empfänge und reichspolitische Versammlungen (Schicht 2010, 286).

Im Spätmittelalter wurde diese Entwicklung durch den Einsatz von stehenden Heeren fortgeführt, die bei Bedarf durch Söldner unterstützt wurden. Die Burgen dienten nun nur noch der Verwaltung, die Verteidigung des Landes wurde zentral geleitet. Dennoch wurden die neuralgisch gelegenen Hauptburgen ständig, der Kriegstechnik entsprechend, modernisiert und als Festungen aufgerüstet. Sie dienten bei Bedarf als Stützpunkte, Waffenlager und Landessperren (Schicht 2010, 306).

Im 15. Jahrhundert wurde fast ausschließlich die Hauptburg Hohensalzburg ausgebaut. Um 1484 verlegte Erzbischof Johann Beckenschlager seinen Wohnsitz aus Sicherheitsgründen auf die Burg und reorganisierte die Burgverwaltung (Dopsch 1977, 107). Es folgte eine komplette Neugliederung mit Kasernenstruktur und zentralem Wohnschloss nach modernstem Standard. Den Schlusspunkt setzte Erzbischof Leonhard um 1500 durch einen pittoresken Ausbau mit romantischen Türmen, Erkern und Stuben, womit er einen künstlerischen Wettstreit mit Kaiser Maximilian – dem „letzten Ritter“ – und dessen historisierenden Schlössern austrug.

Dieser kurze Abriss des Salzburger Burgenbaus zeigt ausdrücklich die maßgebliche Verquickung von hochadeliger Provenienz, reichsfürstlicher Stellung und herrschaftlicher Repräsentation, die ge-meinsam mit der guten Verfügbarkeit sakraler Bauressourcen nicht nur ein Panoptikum zeitgenössi-scher Architektur und Ausstattung ermöglichte, sondern auch einen recht eigenständigen Bautypus am Schnittpunkt weltlicher und geistlicher Machtpolitik darstellte. Insofern sind seine sozialen

Binnenstrukturen scheinbar nur bedingt für den mitteleuropäischen Burgenbau repräsentativ. Da sie je-doch typologisch sehr wohl mit zeitgenössischen Vergleichsbauten von Königtum, anderen Bistümern, Herzogen und Grafen korrelieren, sind die Salzburger Bauten durchaus als Vertreter der Spitzengruppe innerhalb einer breit gefächerten Burgenpyramide vom lokalen Dorfturm über die klassische Ritterburg bis hin zur Reichspfalz einzuordnen. Mit letzter sind sie sicher am Besten zu vergleichen, und – kein Wunder – dort fi nden sich auch die meisten Hinweise auf eine soziale Rangordnung innerhalb des Burgensembles.

Bei der konkreten Untersuchung gilt es auch gleich wieder schmerzliche Einschränkungen zu ma-chen. Durch starke Veränderungen – Modernisierungen wie Zerstörungen – sind heute ausschließlich rohbauartige Reste der mittelalterlichen Kernbauten erhalten. Weiteres kann mühsam durch historische Beschreibungen, zufällige Ausstattungsreste und Urkunden erschlossen werden. Augenfällig wird das etwa bei Hohensalzburg (Abb. 1), wo im 12. Jahrhundert eine außerordentlich zahlreiche ritterliche Gefolgschaft von mindestens 50 Mann überliefert ist (Dopsch und Brunner 1999, 353) und auch ein eigener „Hofstaat“ des Erzbischofs mit Kämmerer, Truchseß und persönlichem Kaplan residierte. Der Burggraf von Hohensalzburg trat in Krisenzeiten nicht nur als Führer der Ministerialen auf, sondern sogar als der eigentliche Herr im Erzstift.1 Dennoch fi nden sich innerhalb des weiträumig befestigten Burgplateaus weder die wohl repräsentativen Quartiere der 50 Ritter noch des Hofstaates noch des so bedeutenden Burggrafen. Umgekehrt deutet etwa in Friesach die wahrscheinliche Staffelung von unter-schiedlichen Festsälen auf ein ausgeklügeltes Hofzeremoniell, das heute kaum mehr nachzuvollziehen ist. Dennoch soll hier versucht werden, ein paar Schlüsselindizien einzugrenzen.

a) Urkunden und historische Hinweise

Auf mehreren Salzburger Burgen sind längere Aufenthalte von Erzbischöfen samt Amtshandlungen überliefert (Dopsch 1977, 101). Dazu zählt das Verfassen von Urkunden und Entscheidungen, der Empfang von Gesandten und Gästen und nicht zuletzt das Feiern von weltlichen und kirchlichen Festen.

Für das oft sehr strenge Hofzeremoniell muss es wohl jeweils einen geeigneten architektonischen Rahmen gegeben haben, wozu etwa Freifl ächen, Freitreppen und Festsäle zählen. Die urkundlich

gesi-1 Dieser „älteren Forschungsmeinung“ widersprechen Dopsch und Lipburger (1983, 681). Sie sehen dies zwar in einigen deut-schen Bischofsstädten wie Köln, Magdeburg, Würzburg, Augsburg und Regensburg zumindest zeitweilig als Personalunion von Burggraf und Vogt, da aber seit 1130 durchwegs parallel auch erzbischöfl iche Stadtrichter belegt sind, seien die Burggrafen und Pfl eger von Hohensalzburg lediglich als Kommandanten der Festung ohne weitere Befugnisse anzusehen.

Abb. 1: Rekonstruktionsversuch

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cherte Anwesenheit von ritterlichen Gefolgsleuten, adeligen Burggrafen und Hofamtsinhabern erforder-te deren sozial adäquaerforder-te Unerforder-terbringung.

b) Topographische Lage

Die hochmittelalterlichen Hauptburgen liegen fast ausschließlich auf isolierten Berggipfeln, meist direkt über der zugehörigen Siedlung. Diese konnte der Versorgung, Verwaltung und seelsor-gischen Betreuung dienen. Umgekehrt zeugte die Burg quasi als krönende Zitadelle von den sozialen Standesunterschieden zwischen Erzbischof und zu Fußen liegender Region. Tiefer gelegene Sporne blieben vereinzelt zugehörigen Personenkreisen vorbehalten, etwa das Nonnenkloster unterhalb von Hohensalzburg und die Burg des Bistums Lavant in Friesach.

c) Gestaffelte Anlage

Für das 11. und frühe 12. Jahrhundert außerordentlich selten, zeigen Salzburger Burgen oft eine inne-re Staffelung, die über wehrtechnische Hintergründe in ihinne-rer Funktionsteilung weit hinausgeht. Offenbar war der äußere Burghof mit Verwaltung, Versorgung und Verteidigung einer größeren Benutzerzahl zu-gänglich. Der innerste, durch weitere Tore abgegrenzte Bereich war hingegen dem engen Gefolge des Erzbistums vorbehalten. Derartige Lösungen fi nden sich etwa lang gestreckt auf Strechau, Leibnitz/

Seggau, Deutschlandsberg und Friesach, konzentrisch ansteigend auf Hohensalzburg, Hohenwerfen, Pettau und Wildon sowie im frühen 13. Jahrhundert auf Kropfsberg und Fischhorn. Der Palas von Hohenwerfen folgt mit seiner Einteilung in drei Geschoße dem steil ansteigenden Terrain mit ebenfalls drei Höfen. Gemäß der inneren Gliederung in dunkle Diensträume, einfachen Arkadenraum und krö-nendem Festsaal mit reicher Belichtung könnte es hier auch eine soziale „Abstufung“ vom Personal bis zum Hofstaat gegeben haben. Der Saal wird beidseitig von risalitartigen Vorbauten fl ankiert. Während rechts die Kapelle eindeutig zu identifi zieren ist, könnte links über dem Stiegenaufgang ein analog breiter Raum als Privatquartier des Erzbischofs gedeutet werden. Eine programmatische Erklärung, die jedoch vorerst nicht zu belegen ist.

d) Phänomen Burggrafentürme

An einigen Salzburger Burgen fi nden sich in vorgeschobenen Bereichen große Türme, so in Friesach, Pettau, Deutschlandsberg, Kropfsberg und Fischhorn (Abb. 2). An weiteren könnten sie durchaus eben-falls vorhanden gewesen sein, allem voran in Hohensalzburg, an anderen ist die isolierte Lage nicht so ausgeprägt, etwa in Straßburg und Hieburg. In Strechau und Leibnitz/Seggau haben sich aus diesen relativ eigenständigen Vorwerken kurzzeitig selbstständige Burgen entwickelt, ein Hinweis auf eine gesonderte Funktion. Im Vergleich mit anderen Burgen zeigt sich, dass derartige isolierte Türme früh an Hochadelsbauten zu fi nden sind (Biller 2004, 8), etwa in Deutschland in der ottonischen Pfalz Werla, der salischen Harzburg und den staufi schen Pfalzen

Nürnberg und Wimpfen (Binding 1996, 170, 241, 307 bzw. 350). In Niederösterreich zeigen etwa die Babenberger Residenzburg Mödling und die Grafenburg Hardegg vorgeschobene Türme, beide direkt neben dem Tor. Analoges fi ndet sich in Grafenburgen Tirols (Petersberg), Vorarlbergs (Gebhardsberg) und der Steiermark (Riegersburg). Als Arbeitshypothese darf ver-mutet werden, dass es sich um Burggrafentürme handelte, errichtet von regional durchaus bedeu-tenden Adeligen, deren Standesbewusstsein zu-mindest die Anlage eines eigenständigen Turmes erforderte. Entsprechend ihrer vorgesetzten Lage könnte auf eine direkt dem Erzbischof unter-stellte Kernburg, teilweise mit monumentalem Hauptturm, und eigenständigem Bereich für die

Abb. 2: Lageplan des Pfl egersitzes Fischhorn mit Kernburg und Pfl egerturm (Autor: P. Schicht).

Fig. 2: Ground plan of the caretaker’s residence of Fischhorn with the inner castle and the caretaker’s tower (drawing by P. Schicht).

Pfl eger bzw. die Wachmannschaft geschlossen werden. In letzter Konsequenz könnte das bedeuten, dass die repräsentativen Hauptbauten nur während der Anwesenheit des Erzbischofs genutzt wurden.

In Friesach spiegelt der potentielle Burggrafenturm (Abb. 3) die weitere gesellschaftspolitische Entwicklung. Bereits im mittleren 13. Jahrhundert waren die Burggrafen durch eine unselbstständige Dienstmannschaft ersetzt. Der Bereich wurde nun zu einer kleinen kasernenartigen Anlage mit großem Mannschaftsbau umfunktioniert, ehe er im Spätmittelalter zugunsten einer durchgehenden Wehrmauer für kurzfristig angeheuerte Söldner völlig aufgegeben wurde.

e) Burgkapellen

Besonders deutlich sind soziale Differenzen an den Burgkapellen auszumachen. Bei den meisten Burgen waren sie dem engen Gefolge des Erzbischofs vorbehalten, während übri-ge Besucher und Burgbewohner in der nahen Siedlung ihren Gottesdienst besuchten. Reine Pfl egersitze besaßen offenbar gar keine eigen-ständigen Kapellen, wie Kropfsberg, Hieburg, Kaprun und Fischhorn suggerieren. In den Residenzburgen Hohensalzburg, Hohenwerfen und Friesach sowie den Großburgen Straßburg und Wildon gab es hingegen mittelgro-ße Burgkapellen, die für die würdige Feier des Hofstaates gut geeignet waren. Auf Hohensalzburg (Abb. 4) ist eine einst prunk-voll verkleidete Empore mit direktem Zugang vom benachbarten Saalbau belegt, wodurch der Erzbischof ohne Hofüberquerung bequem in die

Abb. 3: Lageplan der Residenzburg Friesach um 1140 (Autor: P. Schicht).

Fig. 3: Site map of the residential complex of Friesach Castle ca. 1140 (drawing by P. Schicht).

Abb. 4: Rekonstruktionsversuch von Kapelle und Saalbau von Hohensalzburg um 1140

(Autor: P. Schicht).

Fig. 4: Attempted reconstruction of the chapel and hall of Hohensalzburg Castle ca. 1140

(computer graphics by P. Schicht).

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Kapelle gelangen konnte. In gleicher Höhe (Abb. 5) setzen Fresken mit heiligen Szenerien um einen zentralen Christus (?) an. Auch in Hohenwerfen indiziert ein balkonartiges Fenster vom Saalbau in die Kapelle zwischen einer aufgemalten, und durch zahlreiche Heilige belebten Scheinempore eine äußerst beeindruckende und wohl programmatische Positionierung des Erzbischofs auf gleicher Ebene mit Geheiligten. Beide Kapellen rücken den Erzbischof deutlich über die anderen Anwesenden und gedanklich bereits in himmlische Sphären. Damit war wohl sowohl ein lokal-sozialer Rangunterschied deutlich gemacht, als auch der Anspruch Salzburgs über alle Gläubigen und besonders das konkurrie-rende Königtum.

Die politische Ausrichtung dieser Kapelle zeigt schon ihre Architektur (Abb. 6). Offenbar gab es im 12. Jahrhundert vier zentrale Pfeiler, die einen Vierungsturm stützten. Direkte Vorbilder hierfür sind vor allem in den erzbischöfl ichen Palastkapellen von Köln (Streich 1984, 200), Speyer (Streich 1984, 554), Abb. 5: Rekonstruktionsversuch der Kapelle von Hohensalzburg um 1140 (Autor: Fa.

Animators).

Fig. 5: Attempted

reconstruction of the chapel of Hohensalzburg Castle ca. 1140 (computer graphics by Fa.

Animators).

Abb. 6: Lageplan der

Residenzburg Hohenwerfen um 1140 (Autor: P. Schicht).

Fig. 6: Site map of the residential complex of Hohenwerfen Castle ca. 1140 (drawing by P. Schicht).

Trier und Mainz (Jung 1994, 17) zu suchen, aber auch in den Kaiserpfalzen Goslar, Nürnberg und Eger (Stevens 2003, 73).Damit lässt sich die Kapelle in die lange Reihe (bischöfl icher) Herrschaftskirchen ein-ordnen (Streich 1984, 554), die den ursprünglich vom Königtum initiierten Typus wohl programmatisch weitergeführt haben, um so auch architektonisch ihre Emanzipation vom Kaiserhaus auszudrücken.

Eine ähnlich programmatische Ausrichtung ist auch für Hohensalzburg in einer Ausbauphase des frühen 13. Jahrhunderts zu unterstellen. Analog zum parallel gelegenen Ostwerk des Doms erhielt das nach Osten gerichtete Feste Haus im Westen einen breiten querschiffartigen Zubau, sodass ähnlich dem Altar im Dom auch darüber der Thron des Erzbischofs nach Osten lag, eventuell eine bewusste Parallelität zwischen geistlicher und weltlicher Macht.

Friesach weist wiederum eine andere Besonderheit auf. Hier gab es bereits zumindest seit dem frü-hen 12. Jahrhundert zwei Kapellen, eine große (Peterskirchlein) in der Unterburg für die Burgmannschaft und Veranstaltungen, und eine kleine prunkvolle im Kern der Residenz, die klarerweise nur dem Hof vorbehalten war. Sie befand sich im Obergeschoß und schloss somit an hochadelige Herrschaftskapellen der Beletage an, die naturgemäß nicht von jedermann zu betreten waren.

Um 1500 wurde dieses System auch auf Hohensalzburg eingeführt, als die romanische Kapelle abgetragen und zugunsten einer geräumigen Kapelle im Burghof sowie einer intimeren im Obergeschoß des Kernbaus ersetzt wurde.

f) Ausstattung

Innerhalb der Salzburger Burgen gibt es große Qualitätsunterschiede. Die künstlerische Ausgestaltung war bei den großen Residenzburgen Hohensalzburg, Hohenwerfen, Friesach und dem Salzburger Hof in Regensburg am Schönsten, auch die Festsäle und Kapellen waren hier besonders geräumig und gediegen (Abb. 7). Kleinere Burgen wie Straßburg und Wildon orientierten sich abge-schwächt daran. Reine Pfl egersitze wie Kropfsberg, Hieburg und Fischhorn verfügten hingegen zwar über mehrere, teilweise monumentale Türme, nicht jedoch über große Repräsentationsräume. Lokale Wirtschaftshöfe wie Baiersdorf oder Bischofshofen hatten überhaupt nur einen ausgeprägten steinernen Turm.

Doch auch im Inneren der Großburgen gibt es Qualitätsabstufungen. Jeweils ist der engste Residenzbereich mit Fresken, Bauplastik und Stuck überreich ausgestattet, während die äuße-ren Bauten funktionaler sind.

Das betrifft alle Bereiche des täglichen Lebens, vom Sakralbau bis hin zum Wohnen. Als Höhepunkt sind hier die Goldenen Stuben von Hohensalzburg der Zeit um 1500 zu nennen, die nicht nur mit einem Prunkschlafzimmer sondern auch einer eigenen Küche mit zugeordnetem (und direkt benachbart schlafendem) Koch ver-sehen waren. Im Gegensatz dazu wurde gleich-zeitig im vorgesetzten Burghof eine Großküche samt Speiseraum für die übrige Burgmannschaft eingerichtet. Die Besatzung musste zudem mit den Obergeschoßen der großen Zeughäuser ent-lang der äußeren Ringmauer vorlieb nehmen.

Rekapituliert man nun die Hinweise an Salzburger Burgen auf gesellschaftliche Unterschiede, so lassen sich doch wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Schon die Urkunden belegen das Vorhanden unterschiedlicher

sozi-Abb. 7: Lageplan des abgetragenen Salzburger Hofs in Regensburg (Autor: P. Schicht).

Fig. 7: Ground plan of the demolished Salzburger Hof in Regensburg (drawing by P.

Schicht).

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aler Ränge. Das lässt sich auch anhand der topographischen Lage, der inneren Burggliederung und der Ausstattung recht gut nachvollziehen. Als Besonderheit indizieren die potentiellen isolierten Burggrafentürme das Streben der zunächst adeligen Pfl eger, sich weiterhin als eigener sozialer Stand zu deklarieren. Gerade hier wird aber auch der tiefgreifende gesellschaftspolitische Wandel im Land Salzburg deutlich, als im 13. Jahrhundert konsequent adelige Vögte und Burggrafen durch beamtenar-tige Verwalter ersetzt wurden. Unter diesem Aspekt hat in Salzburg der Bedeutungsverlust des lokalen Adels bemerkenswert früh eingesetzt.

Nicht zuletzt verdeutlichen die hier vorgestellten Burgkapellen soziale Unterschiede. Einerseits, weil sie in Lage und innerer Gliederung die Rangverhältnisse der einzelnen Besucher offensichtlich machen. Andererseits aber auch, weil sie in programmatischer Form und Ausstattung recht klare über-regionale Ziele verfolgen. Gleich einer politischen Propaganda messen sie sich mit zeitgenössischen Vergleichsbauten der Reichskirche und des Königtums. Am Besten lässt sich das in Hohenwerfen be-legen. Die dortige Freskierung mit einer Gegenüberstellung der Hure Babylon auf dem siebenköpfi gen Monster als vergängliches Synonym für das Imperium mit dem selig machenden Thron Christi bzw.

Nicht zuletzt verdeutlichen die hier vorgestellten Burgkapellen soziale Unterschiede. Einerseits, weil sie in Lage und innerer Gliederung die Rangverhältnisse der einzelnen Besucher offensichtlich machen. Andererseits aber auch, weil sie in programmatischer Form und Ausstattung recht klare über-regionale Ziele verfolgen. Gleich einer politischen Propaganda messen sie sich mit zeitgenössischen Vergleichsbauten der Reichskirche und des Königtums. Am Besten lässt sich das in Hohenwerfen be-legen. Die dortige Freskierung mit einer Gegenüberstellung der Hure Babylon auf dem siebenköpfi gen Monster als vergängliches Synonym für das Imperium mit dem selig machenden Thron Christi bzw.