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1. GEGENSTAND UND METHODE

1.3. Methode der Werkanalyse

Grundlegend für die Einzeluntersuchungen ist die methodische Berücksich-tigung des fiktionalen Charakters literarischer Werke. Wenn hier nach der Auseinandersetzung literarischer Werke mit Möglichkeiten individueller Ent-wicklung, der Sicht auf deren Historizität gefragt wird, so ist zunächst deren Zusammenhang innerhalb der „epischen" oder „erzählten Welt" nachzugehen.

Der Text entrollt, begründet, vermittelt mit dem Werkganzen eine fiktive Welt, die relative Eigendynamik gegenüber den Gesetzmäßigkeiten der Rea-lität (des Autors und des Lesers) besitzt. Dieser Zusammenhang zwischen dem Werk als Rezeptionsvorgabe und seiner Aktualisierung in einer doppel-ten Kommunikationssituation (durch den Bezug des Werkes auf den Autor und den Leser) kann zwar theoretisch innerhalb der marxistischen Literatur-wissenschaft weitgehend als Allgemeingut gelten, die Diskussion seiner Kon-sequenzen für die Werkinterpretation bzw. für die Bewertung von deren Er-gebnissen ist jedoch durchaus noch nicht abgeschlossen (ROSENBERG 1981, 169-173), man hat sie sich immer wieder bewußt zu machen.

Dies betrifft zunächst die Subjektivität jeder Interpretation, darüber hinaus ausgehend von der hier an die Werke herangetragenen Fragestellung kultur-historischen Charakters besonders den möglichst rationell nachvollziehbar zu machenden Bezug von Strukturen und Bedingungsgefügen der (gedeuteten)

erzählten Welt und Zusammenhängen des der Frage zugrundeliegenden Real-prozesses.

Die Subjektivität des Lesers ist notwendige Konstituente einer jeweiligen Konkretisation des Werkes. Naumann beschreibt sehr deutlich das Dilemma, in das Erwartungen an eine „adäquate" Rezeption des Werkes über den Text führen: „Will die Analyse ... nicht bei der bloßen Verdoppelung des Textes durch eine Übertragung seiner Sprache in eine formalisierte Sprache stehen-bleiben, (...) dann muß sie sich selbst in eine interpretative Aktion verwickeln, die Prämissen also aufgeben, von denen sie ausgegangen ist. Der damit be-zeichnete Widerspruch kann für die literaturwissenschaftliche Lektüre des Werkes als konstitutiv betrachtet werden." (NAUMANN 1984, 217) Die Fra-ge kann hier nicht erschöpfend behandelt werden, wesentlich ist es m.E. in dem hier interessierenden Zusammenhang, das Bezugssystem, in das die In-terpretation die Rezeptions vorgäbe stellt, bewußt zu machen.

Auf dieser Grundlage sollen bestimmte Strukturen der erzählten Welt beschrieben und in ihrem Verhältnis zu Realprozessen untersucht werden.

„Das Werk und die in ihm dargestellte Welt", wie Bachtin den Zusammen-hang faßt, „gehen in die reale Welt ein und bereichern sie, und die reale Welt geht in das Werk und die in ihm dargestellte Welt ein, und zwar im Schaffensprozeß wie auch im Prozeß seines späteren Lebens, in dem sich das Werk ... ständig erneuert" (BACHTIN 1986, 460). Die Gesetzmäßigkeiten innerhalb der dargestellten Welt, Formen kausaler Verknüpfungen und der-gleichen, die internen Bezüge der „Welt der dargestellten Gegenständlichkeit"

und der von ihr gegebenen „Ansichten", wie dieses Bezugsobjekt in Ingardens diesen Zusammenhang hypertrophiert abbildenden Modell erscheint (INGAR-DEN 1931), gehören dabei bereits dem Kunstprodukt an. „Sprache in poeti-scher Funktion in fiktionalen Texten", so Schober, schafft .Abbilder, die auf Wirklichkeit verweisen, ohne eine bestimmte Wirklichkeit zu bezeichnen. Sie erzeugt 'Sachlagen', die auf reale Sachverhalte bezogen werden können, ohne daß ersteren selbst im einzelnen solche Realitätsäquivalente zugrunde liegen"

(SCHOBER 1982, 227).

Dieser - bei Ingarden mit der Fassung der Seinsweise des literarischen Kunstwerkes und seinem Verständnis als rein fiktionalem Objekt weitgehend abgeschnittene - Bezug, den nachzuvollziehen die Fragestellung fordert, hat jedoch diese Sinngebung des Textes in der Aktualisierung des Werkes in der

Lektüre bereits zur Voraussetzung. (Dies hat man sich insbesondere zu ver-gegenwärtigen, wo literarische Kunstwerke hinsichtlich einer zunächst in kulturhistorischem Zusammenhang formulierten Fragestellung untersucht werden sollen.)

Hiervon ausgehend hat die Einzeluntersuchung daher besonderes Gewicht auf den Nachvollzug der Vorgabe und des sukzessiven Aufbaus der

erzähl-s

ten Welt zu legen. Das bedeutet, zunächst auf die Erzählweise und den erzählten Vorgang einzugehen9. Ausgehend von dem je spezifischen Verhält-nis von Denotation und Konnotation hinsichtlich des durch den Text virtu-ell Gegebenen sind so die Subjektivität der Akteure, die Eigenart der lite-rarischen Gestalten zu erfassen wie die Ganzheit der erzählten Welt zu er-schließen. Die jeweilige Erzählweise als Vorgang der Vermittlung des Werkes für den Leser, als Vorgang der Strukturierung des sukzessiven Entwurfs der erzählten Welt wie auch deren raum-zeitlicher Organisation, nicht zuletzt als Vermittlung der im Werk objektivierten Autorenposition10 und des Adressaten-bezuges11 bildet den Ausgangspunkt der Untersuchungen. Davon ausgehend wird über die Präsentation der Fabel die Konstituierung der epischen Welt, deren Struktur und ideologische Implikationen, die Spezifik der sozialen Welt, die darin erscheint, ihr Verhältnis zur ins Werk eingegangenen Wirkungstrategie des Autors nachvollzogen.

Da Phänomene verschiedener Ebenen, speziell der Erzählweise, des Auf-baus des erzählten Vorgangs, der Subjektivität der Figuren, der raum-zeitli-chen Beschaffenheit ihres Umfeldes im Aufbau der ideellen Präsentation komplex miteinander verflochten sind, ist es m.E. nicht sinnvoll, mit einem Katalog formalisierter Fragen an eine „Geschichte" heranzugehen. Lediglich im Hinblick auf die bereits umrissene literaturtheoretische und kulturhisto-rische Ausgangsposition (und als Fixierung des vom Interpreten implizit eingebrachten Bezugssystems) lassen sich in der Annäherung an die Unter-suchungsobjekte folgende Schwerpunkte des Interesses benennen:

1. Mit welchen Ansprüchen treten die Akteure an bzw. welche Forderun-gen werden an sie herangetraForderun-gen, welche Ansprüche werden als reali-sierbar, durchsetzbar b z w . dessen wertbetrachtet? (In welchem Bezugsfeld ästhetischer Wertung wird dies dargestellt?)

2. Welche Perspektiven (im Maßstab individuellen Lebens und in dem der Sozietät) scheinen offenzustehen, welche Perspektiven werden der Ent-wicklung (im Rahmen des erzählten Vorgangs und implizit in den Struk-turen der erzählten Welt) als real vorausgesetzt, wie wird dies von den Akteuren reflektiert?

3. In welche sozialen Räume sind die Akteure gestellt, welches Tätig-keitsfeld, was für Bewegungsräume werden ihnen darin eröffnet? (Wel-che Entwicklung zeichnet sich in dieser Hinsicht innerhalb des Untersuchungszeitraums ab? Wie wird die Tätigkeit der Akteure als so-zial bedeutsam, als produktiv oder auch als belanglos, gleichgültig ein-gestuft? Wie verhält sich der soziale Raum, in den die Akteure gestellt sind, zu dem der Gesamtheit der entworfenen Sozietät, zu dem, was darin als wesentlich, bedeutsam, unverzichtbar erachtet wird?

4. Welche Schranken sind der Entwicklung der Akteure gesetzt, auf wel-che Schranken stoßen sie, und welwel-che werden als selbstverständlich er-achtet? (Welcher Entwicklung unterhegt die Darstellung des Verhältnisses von Anspruch und Realisationsmöglichkeit?) Wie zeichnen sich jene Schranken in den Strukturen der erzählten Welt als notwendig, individuell-zufällig, überwindbar ab, welche als selbstverständlich gesehenen Vorstel-lungen von individueller Entwicklung zeichnen sich darin - eventuell sozial abgestuft - ab?