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Hugo Schuchardt, Ritoi'nell und Terzine, 1874

In document VERSLEHRE DEUTSCHE (Pldal 121-124)

ZWEITER ABSCHNITT

2 Hugo Schuchardt, Ritoi'nell und Terzine, 1874

0 Lorbeerzweige !

Ihr wachst auf einem himmelnahen Gipfel,

Zu dem icli nun schon zwanzig Jahre steige. (.Rückert.

3. Delos.

0 heilig Eiland !

Verwüstet liegst du, baumlos, menschenöde ; Nur deines Phöbus Auge grüsst, wie weiland.

4. Ithaka.

Als schroffe Klippe

Im Meer ragt Ithaka, doch gab ein Echo,

Ein ewges, ihr Homers geweihte Lippe. (Geibel.) 1 Blumen und Mädchen heissen italienisch beide fiori. Daher heisst das Ritornell selbst oft «die Blume».

2 Hugo Schuchardt, Ritoi'nell und Terzine, 1874.

D IE STR O PH EN FO RM EN . Í 2 1

5. Hölderlin.

Friedrich Hölderlin !

Dich tötete das Heimweh nach dem Lande, Auf das die Sonne des Homeros schien.

(Heinrich Leuthold.) Die obigen Ritornelle weisen keine Assonanz im mittleren Verse auf ; doch finden sich auch bei deutschen Dichtern Ritor­

nelle, die diese (ursprünglich notwendige) Assonanz besitzen, z. R.

Blüte der Nachtviolen !

Am Tage lässt sie keinen Kuss sich stehlen,

Doch Abends gibt sie einen mir verstohlen. (Rückert.) 0 Alpenrose !

Vergönne mir, dass ich dich lob' und preise,

Vergönn’s dem Winde, dass er mit dir kose. (W ackernagel.) Eine zweite Form des Ritornells ist eine Strophe von drei Versen, von denen die erste und dritte Zeile auf ein­

ander reimen, während der zweite Vers diesem Reimpaar durch Assonanz verbunden ist ; z. B. aus einem Gedichte Rückerts :

Noch kein Verdienst ist ohne Lohn gebheben, So wird auch ohne Lohn nicht deines bleiben, 0 Herz ! das nur darin besteht, zu lieben.

Als ich zuerst dein Auge sah, erwachte Erinnrung mir von einem höhern Lichte,

Drin ich gelebt, eh’ Tod zur Welt mich brachte, u. s. w.

Eigentümlich braucht Willi. Müller diese Form, indem er sie reimlos lässt, aber in den zwei ersten Versen eine konsonan­

tische, in der dritten Zeile eine der ersten entsprechende voka- lische Assonanz anwendet, z. B.

Ach, ach ! nun sitzt mein Mädchen in der Kammer ! Ich schweif’ ums Haus und sehe sie doch nimmer Und meine Liebe muss vor Durst verschmachten.

4 5 . Die Terzine besteht, wie ihr Name (terza rima) sagt, aus dreizeiligen Strophen; jede Zeile ist ein Vers von 5V*

D IE STR OPH ENFORM EN . 123 Jamben, cl. h. die Reime sind ursprünglich alle klingend (doch wechseln bei neueren deutschen Dichtern auch klin­

gende und stuinpfe Reime) und durchkreuzen sich. Dem ersten äusseren Reimpaar entspricht kein innerer Reim (er müsste in der vorhergehenden Strophe stehn) ; auf die m itt­

lere Zeile der Schlussstrophe reimt ein einzeln stehender Schlussvers, z. B. :

Salaz y Gomez raget aus den Fluten

Des stillen Meers, ein Felsen kahl und bloss, Verbrannt von scheitelreehter Sonne Gluten.

Ein Steingestell ohn’ alles Gras und Moos, Das sich das Volk der Vögel auserkor Zur Ruhstatt im bewegten Meeresschooss.

So stieg vor unsern Blicken sie empor,

Als auf dem Rurik : Land im Westen ! Land ! Der Ruf vom Mastkorb drang zu unserm Ohr.

Als uns die Klippe noch vor Augen stand, u. s. w.

(Chamisso.) Die Reimverschlingung ist also : aba, beb, ede, dodu. s, w. bis ins Unendliche. Der Schluss der Terzine zeigt fol­

gende Reimstellung : aba, beb, ede, dede. — Die Terzine ist eine Form ohne Anfang, denn der dem ersten Reim­

paare entsprechende dritte Reim fehlt, da er in der Mitte einer vorhergehenden (fehlenden) Strophe stehen müsste.

Das berühmteste und grösste Werk in Terzinen ist Dante Alighieris (f 1321) «Göttliche Comödie». Im Deutschen wurde sie zuerst im XVI. Jahrhundert von Paul Schede Melissus in seiner Psalmenübersetzung (1572) und hierauf noch öfter bis zur Mitte des XVII. Jahrhunderts angewendet. Doch fand die schöne Strophenform erst durch A. W. Schlegels anfangs sehr freie (in den Übersetzungen aus Dante), später immer genauere Anwendung (in «Prometheus» und «Kotzebues Reisebeschreibung») Beifall und Verbreitung. Eines der wirkungvollsten Gedichte in Terzinen aus dem Beginn des XIX. Jahrhunderts ist Schellings Erzählung «Die letzten Worte des Pfarrers zu Drottning» (1802).

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Auch Goethe hat seine Betrachtung über Schillers Schädel (1826) und einen Monolog Fausts (im II. Teil seiner Tragödie) in die Form der Terzine gekleidet. Neuestens wurde sie vor Allem von Fried. Rückert (besonders in dem grösseren Gedicht : «Edelstein und Perle») und mit vollendeter Kunst von Adalb. v. Chamisso in vielen erzählenden Gedichten («Salas y Gomez* 1829, «die Kreuzschau», «der Stein der Mutter» u. a.) durchgeführt. Die Form eignet sich der kurzen Strophen und des beschwerlichen Reimes wegen im Deutschen mehr für lyrische, als für grössere (epishe) Gedichte. Trotzdem wurde sie von neueren Dichtern überwiegend in erzählenden Dichtungen angewendet.

Manche neuere Dichter haben die Terzine auch so benützt, dass sie die eingeschlossene zweite Zeile reimlos liessen (so Julius Mosen in seinem «Ritter Wahn» und Adolf Schack in seiner Dichtung «Memnon») ; doch geht dadurch der ursprüng­

liche Charakter der Form, — der kettenähnliche Zusammenhang

«aller» Strophen -— verloren. Wird die Terzine ganz reimlos gebraucht, — wie dies von manchen Übersetzern Dantes ge­

schehen ist (z. B. von Carl Eitner) — so verwandelt sie sich in den einfachen fünffüssigen Jambus, von dem je drei Verse stro­

phisch (?) zusammengestellt sind, d. h. die Form hat von ihrem ursprünglichen Charakter beinahe gar nichts behalten.

4 6 . Die Stanze oder Oktave (ottava rima) ist eine acht­

zeilige Strophe, deren erste sechs Zeilen gekreuzt auf ein­

ander reimen, während die beiden letzten Zeilen die Strophe durch ein Reimpaar zum Abschluss bringen.1 Die ganze Strophe enthält daher nur drei Reime mit folgender Reim­

stellung : abababcc. Die Verse bestehen aus 51/* Jamben und reimen ursprünglich klingend, doch wechseln später, besonders bei deutschen Dichtern, auch klingende und stumpfe Reime, z. B. aus Goethes «Zueignung» :

Der Morgen kam, es scheuchten seine Tritte Den leisen Schlaf, der mich gelind umfing, Dass ich erwacht, aus meiner stillen Hütte

Den Berg hinauf mit frischer Seele ging ;

1 Stanze, dich schuf die Liebe, die zärtlich schmachtende ; dreimal

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