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Gemeinsame Vorerwähnung von Referenzpunkt und Target

5. Ergebnis und Diskussion

5.2 Die Konstruktionen und die Textumgebung

5.2.1 Pragmatisch motivierte Mechanismen

5.2.1.3 Gemeinsame Vorerwähnung von Referenzpunkt und Target

Eine besondere Gruppe unter den Belegen mit vorerwähntem Target machen solche aus, in welchen Referenzpunkt und Target gemeinsam vorerwähnt wurden, entweder indem sie zusammen im vorangehenden Satz in der Subjektposition standen oder indem Refe-renzpunkt und Target ihre Rollen im Vergleich zum Folgesatz gewechselt haben.

Turn-Taking

Wird die Rolle gewechselt, wird dabei auf einen Referenten mithilfe einer Possessiv-konstruktion in einem Satz referiert, dieser Referent wird nun im Folgesatz zum Re-ferenzpunkt einer weiteren Possessivkonstruktion, in welcher auf den Referenten als Target Bezug genommen wird, der zuvor der Referenzpunkt war.

(76) KK_text_008_0023

ikile iɬ- -əs imile

little man -SG<3SG down lie -PST[3SG] mistress -SG<3SG

ɬɛtot -ɬaɬ pasan -a ʃaβi -s -əɬɬe

food -PL<3SG table -DLAT arrange -PST -PL<3SG 'Der Mann legte sich nieder, die Frau ordnete die Speisen auf dem Tisch.'

Beide Referenten wechseln sich somit im Handlungsverlauf ab, der Wechsel wird mit-hilfe von Possessivkonstruktionen strukturiert.

Damit ist die semantische Relation zwangsläufig wieder eine Person~Person Re-lation, welche durch den gemeinsamen Handlungsverlauf (entweder durch Interaktion oder einen Dialog) entsteht und weniger die verwandtschaftliche Relation fokussiert (beide Referenten können jedoch gleichzeitig in einer solchen Relation zueinander stehen). Vielmehr kann dem Possessivsuffix wiederum eine hinweisende Funktion ähnlich der beim Topic Shift attestiert werden. Bis auf wenige Ausnahmen ist es das Possessivsuffix der dritten Person Singular Einbesitz. Das Auffinden solcher Struktu-ren im Textverlauf gestaltet sich oft schwierig, da nicht nur nach einer Abfolge von Pos-sessivkonstruktionen mit einem entsprechenden Wechsel von Target und Referenz-punkt gesucht werden muss, sondern diese auch mitunter von den Dialogen, welche sie einleiten, unterbrochen wird. Eine weitere Frage erhebt sich, ob lediglich direkt aufeinanderfolgende Wechsel diesem Mechanismus zugeschrieben werden sollen oder auch länger zurückliegende Wechsel und wenn ja, unter welchen Kriterien. Die Haupt-kriterien sind die Folgenden:

− vorwiegend Possessivsuffix der 3. Person Singular Einbesitz

− Das Target und der Referenzpunkt werden gemeinsam vorerwähnt

− Das Target entspricht bei der Vorerwähnung dem Referenzpunkt

− Der Referenzpunkt entspricht bei der Vorerwähnung dem Target

− Der Referenzpunkt wird als Leerstelle in der Konstruktion realisiert

− Die Relation ist Person~Person

So können 28 Belege zu dieser Gruppe gezählt werden. Nimmt man jedoch diejeni-gen Belege des Mechanismus der Anrede hinzu, welche eine ähnliche Abwechslung zwischen Adressierendem und Adressaten aufweisen, so verdoppelt sich die Anzahl.

Erwähnenswert hierbei ist auch die Distribution zwischen den beiden Sprachzwei-gen: Während das Surgut-Chantische kaum einen Beleg des Turn-Taking aufweist, entfallen nahezu alle Belege des Turn-Taking in der dritten Person auf das Mansi-sche und Kazym-ChantiMansi-sche. Das UngariMansi-sche hingegen weist fast keinen Beleg in der dritten Person auf, macht jedoch den Großteil der Belege mit erster Person aus.

Möglicherweise ließen sich somit zweierlei Verwendungen eines ähnlichen Mecha-nismus für das Ungarische einerseits und die ob-ugrischen Sprachen (evtl. ohne das Surgut-Chantische) festhalten. Leider ist die Datenmenge hierzu jedoch zu gering.

Known Group

Das erste Vorkommen, die gemeinsame Erwähnung von Referenzpunkt und Target in Subjektposition im vorangehenden Satz, wird in der vorliegenden Arbeit angelehnt an Simonenko 2014 als »Known Group« bezeichnet (Simonenko 2014: 4). Dieser Me-chanismus wird auch von Nikolaeva 2003 als Unterart der bei ihr als »Identifiability based on anaphora« bezeichneten Funktion der Possessivsuffixe beschrieben (Niko-laeva 2003: 5). Grundlegend für diesen Mechanismus ist zunächst das Aufgreifen eines Referenten im Folgesatz mit einer Possessivkonstruktion.

(77) NM_text_008_0001 kit joːrn oːl -eɣ two Samoyede live -PRS[3DU]

'There are two Samoyedes.' (78) NM_text_008_0002

janiɣ xumi -te neː

elder man -SG<3SG woman -ADJZR 'The older man is married.'

(79) NM_text_008_0003

maːnʲ xumi -te neː -taːl

young man -SG<3SG woman -ABE 'Der jüngere Mann ist unverheiratet.'

Da die Verwendung der Possessivkonstruktion jedoch nicht obligatorisch zu sein scheint, geht Nikolaeva von einer zugrunde liegenden Hervorhebung durch den Spre-cher aus, das heißt, dass dieser Mechanismus auf Ebene der Pragmatik und weniger der Grammatik beherbergt ist (verglichen Nikolaeva 2003: 5). Den Beschreibungen von Nikolaeva 2003 und Simonenko 2014 gemeinsam ist, dass beide diesen Mechanis-mus in erster Linie in Anlehnung an ähnliche Verwendungen des definiten Artikels

5.2 Die Konstruktionen und die Textumgebung 149

in Artikelsprachen beschreiben, das heißt, das Possessivsuffix wird als Marker für die Vorerwähntheit des Targets analysiert. Betrachtet man jedoch die Beispiele dazu, fallen weitere Gemeinsamkeiten auf: Das Target wird im vorangehenden Satz als Sub-jekt realisiert, und zwar zusammen mit einem weiteren Referenten, die Personalmar-kierung am Prädikat ist daher nicht im Singular. Die vorliegende Arbeit geht davon aus, dass es sich beim Subjekt des vorangehenden Satzes daher sowohl um das Target als auch um den zukünftigen Referenzpunkt handelt, an welchem das Target im Fol-gesatz verankert wird, die Vorerwähnung in der Gruppe und die Weiterführung eines einzelnen Referenten kann demnach als eine Art Ganzes~Teil-Verhältnis verstan-den werverstan-den, was möglicherweise die Verwendung der Possessivkonstruktion in sol-chen Vorkommen begründet. Solche Belege, in welsol-chen das Prädikat im Dual steht sind meines Erachtens besonders geeignet, diese Annahme zu untermauern.

Da es sich gleichzeitig ausschließlich um die Relation Person~Person handelt, zählen zu diesem Mechanismus nahezu alle als Gruppe~Einer bezeichneten Rela-tionen. Simonenko 2014 beschreibt einen derartigen Mechanismus für das Komi und das Mari und erwähnt, dass er für das Chantische nicht belegt werden könne (vergli-chen Simonenko 2014: 4). In der vorliegenden Arbeit jedoch finden sich für alle drei ob-ugrischen Dialekte Vorkommen dieser Art, und zwar überwiegend sogar im Dual (35 der 53 Belege). Möglicherweise können auch drei Belege des Ungarischen (0040, 0286, 0553), welche der Struktur im Ob-Ugrischen entsprechen, ebenfalls mit zu die-sem Mechanismus gezählt werden. Es ist außerdem anzumerken, dass vorwiegend das Possessivsuffix der dritten Person Singular Einbesitz in der Konstruktion erscheint, und die wenigen Belege mit dem Possessivsuffix der dritten Person Plural Einbesitz auf die Vorkommen mit Prädikat im Plural im Satz zuvor entfallen. Wie die Beschreibung der Vorkommen verdeutlicht, müssen hier sowohl die syntaktischen und semantischen Rollen als auch andere reference-tracking-Mechanismen mit in die Analyse einbezogen werden, da es hier nicht alleine um die Vorerwähnung der einzelnen Referenten geht, sondern auch um deren Kodierung. Der Mechanismus der Known Group ist damit ein komplexes Zusammenspiel mehrerer anaphorischer Verweismittel, die Hauptkriterien für diesen Mechanismus sind die folgenden:

− vorwiegend Possessivsuffix 3. Person Singular Einbesitz

− Das Target und der Referenzpunkt werden gemeinsam als Subjekt im Satz zuvor erwähnt

− Das Prädikat des vorangehenden Satzes ist nicht singularisch (und vorwiegend im Dual)

− Der Referenzpunkt wird als Leerstelle in der Konstruktion realisiert

− Die Relation ist Person~Person (Gruppe~Einer)

Zum derzeitigen Stand der Analyse werden unter diesem Mechanismus sowohl die Dual- als auch Pluralvorkommen gemeinsam geführt, und auch solche Belege, in welchen sich ein weiterer Satz zwischen gemeinsamer Vorerwähnung und Possessiv-konstruktion befinden, werden ebenfalls als Known Group klassifiziert, wenn es sich dabei um einen Einschub handelt. Die überwiegende Anzahl der Belege sind wieder aus den ob-ugrischen Sprachen, und vorwiegend wieder aus dem Mansischen und Kazym-Chantischen. Fast in allen Belegen erscheint das Possessivsuffix der dritten

Person Singular Einbesitz, dem wiederum eine gewisse hinweisende Funktion auf den neuen Referenten in Subjektposition, ähnlich wie beim Topic Shift Mechanismus und dem Turn-Taking attestiert werden kann.

Tatsächlich liefert Nikolaeva 2003 in diesem Zusammenhang ein Beispiel aus dem Udmurtischen, welches der Known Group in der vorliegenden Arbeit ähnelt (Nikolaeva 2003: 11).