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Die attributive Possessivkonstruktion

1.2.2 Konstruktionen mit Possessivsuffixen

1.2.2.1 Die attributive Possessivkonstruktion

In attributiven Possessivkonstruktionen wird das angenommene Besitzverhältnis in einer Nominalphrase ausgedrückt. Sie bestehen aus einem Kopf und einem (oder meh-reren) Attributen. Die ugrischen attributiven Possessivkonstruktionen sind head-final, das heißt, die Attribute gehen dem Kopf voraus. Der Possessor wird als Attribut (im Folgenden Modifizierer, siehe dazu auch Kapitel 5.1.1.1 und 5.1.1.2), das Possessum als Kopf der Konstruktion realisiert. Die attributive Possessivkonstruktion ist so gut wie in

allen uralischen Sprachen belegt und kann in vier Gruppen unterteilt werden, wovon mehrere in einer einzigen Sprache vorkommen können. Die Unterschiede der einzel-nen Gruppen belaufen sich auf die morphologische Markierung von Modifizierer und Kopf.

Neben unmarkierten Konstruktionen kann neben dem Kopf auch der Modifizierer markiert werden (zusätzliches dependent-marking):

Typ Modifizierer Kopf Beispiele

1.a Substantiv Substantiv háztető (ház-tető) 'Hausdach' HU ni pot’iŋka 'der Schuh der Frau' VJ puŋk-sow 'Kopfhaut' NM

1.b Substantiv Substantiv -Px a ház tete-je 'das Dach des Hauses' HU rät’ ɔγ-ə̑l 'der Kopf des Greises' VJ l puŋk-e 'der Kopf des Pferdes' NM 1.c Substantiv -Cx Substantiv -Px a ház-nak a teteje 'das Dach des Hauses' HU 1.d Substantiv -Cx Substantiv talo-n katto 'das Dach des Hauses' FI

t’årəs-nə jĕŋk-a 'ins Wasser des Meeres' TJ35 Tabelle  10: Typen und Vorkommen der attributiven Possessivkonstruktion in den uralischen Sprachen (Tabelle, Beispiele und Notation nach Honti 2007b: 55f.).

In den ugrischen Sprachen kommen Konstruktionstyp (.a), (1.b) und (1.c) vor. Die Häufigkeit von unmarkierten gegenüber markierten Konstruktionen im Ob- Ugrischen sowie die Frage, ob im Ungarischen Typ (1.a) nur in Komposita zu finden ist, das heißt bei zusammengesetzten Wortformen, muss gesondert analysiert werden, da sich die vorliegende Arbeit auf die Konstruktionstypen, welche mit Possessivsuffixen gebildet werden (Typ (1.b) und (1.c)), und deren verschiedenen Realisierungen konzentriert.

Konstruktionen mit Possessivsuffixen sind auch dann zu den Attributivkonstruktio-nen vom Typ (1.b) zu zählen, wenn der Referent, welcher im Possessivsuffix kodiert ist, als attributiver Modifizierer nicht explizit erwähnt ist, da die Realisierung des Modifi-zierers unter anderem von pragmatischen Faktoren abhängt. Somit sind folgende For-men der attributiven Possessivkonstruktion der ugrischen Sprachen Bestandteil der Analyse der vorliegenden Arbeit und werden in Kapitel 5.1.1 eingehender beschrieben:

Wie eingangs erwähnt ist Possession ein sprachuniverselles Konzept, das heißt, nahezu jede Sprache verfügt über einen oder mehrere der hier vorgestellten Mechanismen, um Possession oder ähnliche Relationen auszudrücken. Welche dieser Relationen, Mar-kierungen, Realisierungen und Faktoren welche Art der Possessivkonstruktion bilden

35 t’årәs-nә jĕŋk-a ‚Meer‘-LOC ‚Wasser‘-DLAT ist laut Honti eine »ziemlich seltene Konstruktion im Ost-jakischen« (Honti 2007a: 56), und nach meiner Auffassung handelt es sich hier nicht um eine Possessiv-konstruktion, da (i) der einzige Kasus, welcher in den ugrischen Sprachen dem Modifizierer angefügt werden kann, der Dativ im Ungarischen ist (ii) und hier kein Possessivsuffix vorkommt, aber auch (iii) die Konstruktion nicht als unmarkierter Typ (1.a) angesehen werden kann. Stattdessen ist jedoch zu erwäh-nen, dass bei Typ (1.d) neben diesem sehr markierten/seltenen Beispiel kein weiteres ugrisches Beispiel gegeben wird, was ebenfalls dafür spricht, dass Typ (1.d) in den ugrischen Sprachen nicht vorkommt.

1.2 Possessivsuffixe 21

und welche Restriktionen sich zwischen möglichen mehreren Konstruktionen in einer Sprache ergeben, ist einzelsprachlich unterschiedlich.

Prädikative Konstruktionen können mittels des jeweiligen gewählten Habeo-Verbs die Relation weitaus mehr konkretisieren als beispielsweise attributive Konstrukti-onen (Aikhenvald/Dixon (Hg.) 2012: 1), in welchen die Relation der Interpretation durch Sprecher und Hörer bedarf. Auf der anderen Seite sind attributive Konstruk-tionen dadurch wiederum in einem viel breiteren Kontext anwendbar als die prädi-kativen Konstruktionen. So herrscht lediglich ein gewisser Konsens im Bereich der sogenannten Kern-Relationen der attributiven Possessivkonstruktion. Dazu gehö-ren (i) Teil-Ganzes-Relationen (hiervon abgeleitet sind auch Lokalangaben wie zum Beispiel ‚Spitze/Grund/Anfang/Ende von etwas‘), (ii)  Verwandtschaftsbeziehungen (sowohl blutsverwandte als auch angeheiratete Verwandtschaft), (iii) konkrete Eigen-tumsverhältnisse sowie (iv) nicht näher bestimmte Assoziationen jeder Art (Aikhen-vald/Dixon (Hg.) 2012: 3f.). Gerade die letzte Gruppe macht deutlich, wie schwer die linguistische Dimension der Possession zu fassen ist. Tatsächlich werden auch nur in einem geringen Anteil der Possessivkonstruktionen konkrete Besitzverhältnisse zum Ausdruck gebracht (Aikhenvald/Dixon (Hg.) 2012: 2). Es wird meines Erachtens des-halb der Konstruktion nicht gerecht, dieser einen Relation eine größere Gewichtung zuzumessen als anderen, begründet diese sich doch lediglich in sozio-kulturellen Fak-toren (verglichen Lyons 1983: 327 und Aikhenvald/Dixon (Hg.) 2012: 1). Ebenso ist meines Erachtens die Ableitung sogenannter nicht-possessiver Verwendungen, von denen häufig im Zusammenhang mit dem Possessivsuffix gesprochen wird, nicht ziel-führend, basiert sie doch einzig und allein auf dem Umstand, dass die sogenannten nicht-possessiven Verwendungen anderer Sprachen nicht dem Konzept der eigenen Sprache bzw. dem primären Forschungsbereich der Possession entspricht (näheres dazu im Kapitel 2).

36 Beispiele aus Honti 2007a 55f.

Typ Modifizierer Kopf Beispiele

1.b.1 Substantiv Substantiv -Px a ház tete-je 'das Dach des Hauses' HU rät’ ɔγ-ə̑l 'der Kopf des Greises' VJ l puŋk-e 'der Kopf des Pferdes' NM36

1.b.2 Pronomen Substantiv -Px az én mesémre 'zu meinem Märchen' (HU, 0169) naŋ xɔːten βɵnta 'zu deinem Haus' (KK, 1152) am piɣm 'mein Sohn' (NM, 2190)

1.b.3 ø Substantiv -Px kezébe 'in meine Hand' (HU, 0439) kɵtɐm 'meine Hand' (SK, 2730) aːmpe 'sein Hund' (NM, 2227)

1.b.4 Relativsatz Substantiv -Px roːŋxəm maːtenl 'von dem Ort, an dem er geschrien hatte' (NM, 2049)

1.c.1 Substantiv -Cx Substantiv -Px a gyereknek a kezében 'in der Hand des Kindes' (HU, 0886) 1.c.2 Pronomen -Cx Substantiv -Px neki nem gyermeke 'er hatte kein Kind' (HU, 0881) Tabelle 11: Konstruktionstypen der attributiven Possessivkonstruktion in der vorliegenden Arbeit.

Possessivkonstruktionen können somit lediglich als abstrakter Oberbegriff für ei-nen Konstruktionstyp aufgefasst werden, in welchem eine nicht näher bestimmte Re-lation zwischen zwei Nomen ausgedrückt wird und nicht als formaler Ausdruck von konkreten Besitzverhältnissen. Wenn ein (ausschließlich) semantischer Faktor nicht ausschlaggebend für die Verwendung einer Possessivkonstruktion ist, so muss die Kon-struktion selbst die Eigenschaft besitzen, Relationen zwischen zwei Entitäten auszu-drücken. Man muss daher eher von einem relationalen Konzept (»relational concept«

McGregor (Hg.) 2009: 1) sprechen, welches angewandt wird, will man eine Relation zwischen zwei Entitäten herstellen (und für Substantive, welche inhärent eine Rela-tion zu einer anderen Entität ausdrücken, zum Beispiel Verwandtschaftstermini, wird prototypisch, in manchen Sprachen auch obligatorisch, diese Konstruktion verwendet) (verglichen Janda 2015).