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Von der Funktion zur Form – die onomasiologisch-basierte Forschung Der vermutlich größte Anteil an linguistischer Forschung im Bereich Possession folgt

dem onomasiologischen Ansatz, das heißt, es wird von der Funktion der Konstruktion, eine possessive Relation auszudrücken, deren formale Realisierung in den verschiede-nen Sprachen beschrieben. Ein vielfach diskutierter Aspekt ist dabei die Semantik, das heißt die Arten von Relationen, welche in den Konstruktionen ausgedrückt werden können. Erwähnenswerte Publikationen, welche die Possession unter diesem Gesichts-punkt betrachten, sind zum Beispiel Barker 1995, welcher die so ziemlich erste Gesamt-beschreibung der Dimension Possession für das Englische lieferte und Aikhenvald/

Dixon (Hg.) 2012, welches eines der aktuellsten Werke in diesem Bereich darstellt und verschiedene Sprachfamilien berücksichtigt.

Der onomasiologische Ansatz zur Beschreibung von Possession ist derjenige, wel-cher auch primär in den Handbüwel-chern, Grammatiken und Chrestomathien in der Ura-listik herangezogen wurde und sich für einen kurzen Einblick in das Thema im Rahmen einer gesamtsprachlichen Beschreibung prinzipiell anbietet. Im Allgemeinen wird hier unter dem formalen Gesichtspunkt auf die Markierung mittels Possessivsuffixen hin-gewiesen, der Fokus der Beschreibung liegt jedoch auf der Semantik der Konstruktion.

Auf andere Konstruktionsarten, in welchen Possessivsuffixe beteiligt sind, zum Beispiel Verbalnomina oder Postpositionen, wird oft in einem abschließenden Satz verwiesen.

Hier werden exemplarisch zwei Handbücher, zwei ungarische Grammatiken sowie je-weils eine Chrestomathie einer ob-ugrischen Sprache vorgestellt.

Im einleitenden Kapitel zum Handbuch »The Uralic Languages« (Abondolo (Hg.) 1998) werden Possessivsuffixe als Personalmarker der nominalen Wortarten geführt, deren am meisten verbreitete Funktion die des Ausdrucks des Possessors ist (Abondolo 1998b: 22). Die Aufsätze zu den obugrischen Sprachen verweisen auf ein nominales Personalparadigma (zum Beispiel Abondolo 1998a: 438), welches am häufigsten den Possessor ausdrückt und schon für das Ur-Ob-Ugrische belegt ist (Honti 1998: 341).

Während in der allgemeinen Einleitung das Konzept Possession erwähnt wird, welches durch die Verbindung von Nominalphrasen ausgedrückt wird, wobei der Possessor auf verschiedene Weise markiert wird (Abondolo 1998b: 32), ist in den Beschreibungen zum Ob-Ugrischen die Syntax der Nominalphrase der Ausgangspunkt, von denen eine

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Konstruktionsart als Ausdruck von Possession genutzt wird, zum Beispiel bei Abon-dolo 1998c zum (Tremjugan) Chantischen:

Noun phrases can be linked in two basic ways. One type of linkage forms posses-sive constructions. (Abondolo 1998c: 378f.)

In den einzelnen Kapiteln zu den jeweiligen Sprachen, welche einen umfassenden Über-blick der wichtigsten linguistischen Kategorien zu jeder Sprache ermöglichen sollen, kann eine detaillierte Beschreibung der Possessivsuffixe und ihrer Verwendung kaum erwartet werden; dennoch muss hier auf kleinere Inkonsistenzen hingewiesen werden.

Auf den ersten Blick ist die Beschreibung in allen vier Kapiteln zu den ugrischen Spra-chen relativ einheitlich, das heißt es, wird in denselben ThemenbereiSpra-chen – nominale Deklination und Syntax – Bezug auf Possessivsuffixe genommen. Während Abondolo 1998a und 1998c jedoch analog zur Einleitung den Terminus »possessed« gebraucht, bezieht sich Keresztes 1998 mit dem Begriff »possession« auf das Possessum (Keresztes 1998: 418) und spricht von »Possessiver Deklination« (Keresztes 1998: 410), wohingegen Abondolo 1998a und 1998c von der nominalen Kategorie Person sprechen. Im Kapitel zu Ungarisch fügt er den Ausdruck »Possessive Suffixes« mit hinzu (Abondolo 1998a:

438), im Kapitel zu Chantisch hingegen nicht – im Beispielparadigma tauchen die Be-zeichnungen »Possessor« und »Possession« auf (Abondolo 1998c: 365 und 366).

Honti 1998 bespricht im Abschnitt Syntax die –  im heutigen Ob-Ugrischen kaum noch vorkommende – lokale Habeo-Konstruktion als Possessivkonstruktion, erwähnt die adnominale Konstruktion hingegen nicht (Honti 1998: 350). Problematisch ist mei-nes Erachtens, wie auch unter Berücksichtigung der komprimierten Beschreibung auf die Verwendungsweise des Paradigmas der Possessivsuffixe hingewiesen wird. Dass die Suffi-gierung mittels Possessivsuffix nicht obligatorisch ist, ist in jedem Kapitel vermerkt, doch nur im Kapitel zum Ungarischen wird auf die Verwendung des gesamten Paradigmas hingewiesen und auch hier nur im Zusammenhang mit der nominalen Personalmarkie-rung. Ansonsten wird als mögliche Markierung von Person in einer (possessiven) No-minalphrase nur auf das Possessivsuffix dritte Person Singular hingewiesen, teilweise mit einer Formulierung, die meines Erachtens suggeriert, dass die Möglichkeit der Markie-rung durch andere Possessivsuffixe ausgeschlossen ist, zum Beispiel Keresztes 1998 zum (Pelym) Mansischen (verglichen auch Abondolo 1998c: 379 und Abondolo 1998a: 451):

In possessive constructions the possessor is similarly unmarked. The possession, on the other hand, may be marked with the third person singular suffix. (Keresztes 1998: 418) Ähnlich ist die Beschreibung zu Possessivsuffixen im Handbuch von Sinor (Hg.) 1988.

In den Kapiteln zu den ob-ugrischen Sprachen wird auf Possessivsuffixe im Zusam-menhang als morphologische Marker der nominalen Kategorie hingewiesen, sowie im Bereich der Syntax als Bestandteil von Possessivkonstruktionen. Anders als bei Abon-dolo (Hg.) 1998 wird hier auf den Zusammenhang der Markierung mittels Possessivsuf-fixen und Personalpronomen hingewiesen, zum Beispiel (Surgut) Chantisch:

Wenn das Possessivattribut ein Personalpronomen ist, welches auch fehlen kann, muss das possessive Verhältnis am Besitzwort durch Possessivsuffix bezeichnet werden […]; wenn das Possessivattribut ein Nomen ist, kann das Besitzwort mit oder ohne Possessivsuffix stehen. (Honti 1988a: 193)

Weitere Handbücher der Uralistik sind Lytkin/Majtinskaja (Hg.) 1966, Benkő/Samu (Hg.) 1972, Hajdú/Domokos (Hg.) 1987 oder Csepregi 1998/2011.

In der »Ungarischen Grammatik« von Tamás Forgács (im Folgenden Forgács 2007) sind Possessivsuffixe Thema mehrerer Kapitel und Abschnitte. Die Deklination unter-teilt Forgács 2007 in Grund- und Endsuffixe, wobei Possessivsuffixe zu den Grundsuf-fixen der Substantive (da sie den KasussufGrundsuf-fixen, das heißt EndsufGrundsuf-fixen vorangehen) zählen (Forgács 2007: 60f.). Im Zusammenhang mit anderen Wortarten, zum Beispiel Infinitiven, Pronominaladverbien (possessivsuffigierte Postpositionen), wird auch auf die Suffigierung mit Possessivsuffixen hingewiesen; hier werden sie jedoch als Endsuf-fixe klassifiziert, da keine weiteren SufEndsuf-fixe folgen können (Forgács 2007: 64f.). Die Bil-dung des Mehrbesitzes erhält ein eigenes Kapitel, kontrastiv zur PluralbilBil-dung in der absoluten Deklination. Ein ausführliches Paradigma der Possessivsuffixe – im Ein- und Mehrbesitz – befindet sich im anschließenden Kapitel »Die paradigmatischen Besitzer-zeichen«. Hier wird auch die attributive Possessivkonstruktion behandelt. Unter dem Unterpunkt »Besonderheiten im Gebrauch der Besitzerzeichen« beschreibt Forgács 2007 weitere, »noch kompliziertere« (Forgács 2007: 135) Aspekte im Zusammenhang mit der Possessivsuffigierung. Darunter fallen unter anderem die Vorkommen des Bin-degliedes -j- bei Stämmen mit Konsonantauslaut, aber auch die Habeo-Konstruktion (Forgács 2007: 135f.). Die Grammatik von Forgács 2007 ist als Lehrwerk für Ungarisch-Lernende Muttersprachler des Deutschen konzipiert; die Beschreibung der Verwen-dung der Possessivsuffixe ist demnach stark an den Vergleich mit der Possessivkon-struktion des Deutschen angelehnt. Die Struktur der attributiven PossessivkonPossessivkon-struktion wird im Vergleich zur Genitivkonstruktion des Deutschen beschrieben (Forgács 2007:

132), die für das Deutsche verwendeten Typen, welche in der Genitivkonstruktion aus-gedrückt werden können, werden auf die in der ungarischen Possessivkonstruktion vorkommenden Relationen abgeleitet (Forgács 2007: 425). Auf den dependent- marker wird somit als Genitivsuffix verwiesen. Beide Konstruktionstypen (mit und ohne dependent-marking) werden zwar als »gleichwertig« (Forgács 2007: 391) beschrieben, dann jedoch eine detaillierte Auflistung gegeben, wann das sogenannte Genitivsuffix obligatorisch ist und wann nicht. Außerdem wird das dependent-marking in der unga-rischen Konstruktion im Zusammenhang mit der Satzstellung (Possessor unmittelbar vor dem Possessum bzw. durch einen Artikel getrennt) erläutert, ebenso wird auf das Vorkommen von Personalpronomina in dieser Hinsicht verwiesen.

Im Rahmen der Routledge-Reihe »Descriptive Grammars« ist auch eine Grammatik für das Ungarische erschienen (im Folgenden Kenesei/Vago/Fenyvesi (Hg.) 1998). Hier sind Possessivsuffixe Thema der Beschreibung mehrerer Kapitel, unter anderem zur Syntax, Morphologie und zum Lexikon. Im Kapitel zur Syntax beispielsweise wird wie erwartet auf die verschiedenen Konstruktionstypen zum Ausdruck von Possession im Ungarischen eingegangen. Die Possessivkonstruktion wird in ihren zwei Konstrukti-onstypen40 beschrieben und auf die Terminologie im Hinblick auf die Grammatiktra-dition wie folgt verwiesen:

40 Typ (1.b) und (1.c) der vorliegenden Arbeit; bei Kenesei/Vago/Fenyvesi (Hg.) 1998 als »compact« und

»extended construction« bezeichnet (Kenesei/Vago/Fenyvesi (Hg.) 1998: 94).

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Grammatical tradition regards possessive constructions as ›attributive‹, though not adjectival, and lumps them together with adjectival attributes […]. However, they have nothing in common with the well-known possessive adjectives of, for example, a number of Slavic languages. […] the possessor in […] the ›compact‹

possessive construction, has nominative case and it has a definite article to its left, at least in some dialects […]. In […] the ›extended‹ construction, the possessor has dative case and the article is to its right. (Kenesei/Vago/Fenyvesi (Hg.) 1998: 94)

In Hinblick auf die Realisierung des Possessors in der Konstruktion vermerkt Kenesei/

Vago/Fenyvesi (Hg.) 1998, dass bei Koreferenz mit einer anderen Nominalphrase der Possessor meist als Leerstelle realisiert wird und eine Realisierung mit Personalprono-men meist auf fehlende Koreferenz mit anderen Referenten (»disjoint reference« Ke-nesei/Vago/Fenyvesi (Hg.) 1998: 124) im Satz hinweist. Auf das Possessivsuffix selbst wird nicht weiter eingegangen (Kenesei/Vago/Fenyvesi (Hg.) 1998: 124). Das Kapitel zur Morphologie verweist auf die Bildung der attributiven Possessivkonstruktion (»The possessive relationship is expressed with personal possessive suffixes […] attached to the thing possessed« Kenesei/Vago/Fenyvesi (Hg.) 1998: 214), im Unterpunkt »Pos-sessed« (Kenesei/Vago/Fenyvesi (Hg.) 1998: 216) wird die Verteilung der Allomorphe dargelegt. Im Kapitel fünf »Lexicon« wird beim semantischen Feld »Kinship termi-nology« auch auf die Suffigierung mit Possessivsuffixen verwiesen (Kenesei/Vago/Fe-nyvesi (Hg.) 1998: 456f.).

Die »Northern Ostyak Chrestomathy« von Károly Rédei (im Folgenden Rédei 1965) stellt die Possessivsuffixe anhand des Paradigmas des Muži-Subdialektes des Šuryškary-Dialektes vor. Auf viereinhalb Seiten wird das gesamte Paradigma in allen möglichen Kombinationen von Person und Numerus des Possessors und Numerus des Possessum beispielhaft für zwei Substantive durchdekliniert. Danach folgt eine ausführliche Er-läuterung des Systems mit Hinweisen zu Synkretismus, Stammveränderungen (zum Beispiel Wegfall des Schwa in der letzten Silbe), Wahl des Bindevokals (zum Beispiel SG<1SG -em verglichen mit -әm bei Verwandtschaftstermini) sowie zur »unregelmä-ßigen Bildung« (»irregular inflection« Rédei 1965: 46) der possessivsuffigierten For-men von neː ~ neːŋ- ‚Frau‘ und xuː ~ xuːj- ‚Mann‘, welche meines Erachtens ebenso regelmäßig (verglichen Mansisch xum ‚Mann‘, Rédei 1965: 28) wie der paradigmatische Vokalwechsel bei Substantiven mit Auslaut auf -i ist: eːwi ‚Mädchen‘ eːwe-m ‚Mädchen‘-SG<1SG. Abschließend wird die zusätzliche Kasusdeklination thematisiert (Rédei 1965:

44f.). Des Weiteren wird explizit auf die Suffigierung durch Possessivsuffixe bei den Verbalnomen hingewiesen (Rédei 1965: 74), wohingegen sie bei der Auflistung der Postpositionen unerwähnt bleibt, obwohl hier auch Beispiele mit Possessivsuffix aufge-listet sind, zum Beispiel maː eltem ‚von mir‘ (Rédei 1965: 75).

Béla Kálmán beschreibt in seiner »Chrestomathia Vogulica« (im Folgenden Kálmán 1963) die possessive Deklination, wie er die Possessivsuffixe bezeichnet. Zunächst stellt er das Paradigma des singularischen Besitzes vor, jeweils mit einer Form für Stämme mit Vokal- und für Stämme mit Konsonantauslaut, und gibt die Marker für Dual- und Pluralbesitz an; er trennt demnach das Suffix in zwei Bestandteile. Danach geht er auf Stammveränderungen bei der Suffigierung und die Allomorphe des Suffixes selbst ein, als dritte Bemerkung gibt er an, dass auch Postpositionen mit Possessivsuffixen versehen werden können und verweist weiter auf das Ungarische. Zuletzt gibt er die

Reihenfolge von Kasussuffixen (bei Kálmán 1963 »Adverbialsuffixe«) und Possessiv-suffixen an. Abschließend folgt eine weitere, welche das gesamte Paradigma mit sämt-lichen Numeri des Possessum und Personen und Numeri des Possessors angibt, jeweils an einem Beispiel mit Vokal- und einem mit Konsonantauslaut (Kálmán 1963: 30f.).

Die gesamte Beschreibung der Possessivsuffixe ist sehr kurz, sie erstreckt sich insgesamt über zwei Seiten, wobei hier sowohl eine ungarische als auch eine deutsche Version der Beschreibung geliefert wird, den Großteil der Beschreibung nehmen die Tabellen ein (etwa eine halbe Seite Beschreibung gegenüber eineinhalb Seiten an Paradigmen). Hin-weise auf andere Konstruktionsarten, zum Beispiel mit Verbalnomina, fehlen.

Die Beschreibung in Kálmán »Vogul Chrestomathy« (Kálmán 1965) ist im Prinzip eine englische Übersetzung der Beschreibung in seiner ungarischen/deutschen Chres-tomathie zwei Jahre zuvor (Kálmán 1963). Auch hier besteht die Abhandlung zu den Possessivsuffixen größtenteils aus (denselben) Paradigmen, und bei weiteren Konstruk-tionsarten wird nur auf Postpositionen verwiesen.

Die beiden Chrestomathien zu den ob-ugrischen Sprachen sollen exemplarisch für die Beschreibung der Possessivsuffixe in den Chrestomathien bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts dienen, sind jedoch nicht die einzigen Werke. Der Vollständigkeit halber sei hier zum Beispiel auf Gulya 1966, Murphy 1968 und Honti 1984 verwiesen.41 Neuere Grammatiken, die aktuelle Forschungsströmungen mitberücksichtigen, wer-den in einem späteren Abschnitt dieses Kapitels thematisiert.