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Einige philosophische Themen

In document Pázmány Irodalmi (Pldal 44-48)

PÉTER PÁZMÁNY ALS PHILOSOPHIEPROFESSOR

5. Einige philosophische Themen

Das Autograph enthält auf den Vorsatzblättern kurze, mit verschiedenen Tinten ge-schriebene Exzerpte aus Hippokrates, Julius Caesar Scaligers Schrift gegen Girolamo Cardano, Plinius und Seneca, womit die Breite von Pázmánys Interessen illustriert wird. Seneca wird in den Vorlesungen Pázmánys häufig zitiert.33 Das Zitat aus Scali-ger ist nicht in die Edition der Opera übernommen worden, es lautet:

fol. 181v: In quattuor libros de Coelo; und cod. 1329: [Johannes Ostorpius,] In Duobus libros Aristo-telis De Generatione et Corruptione, 273 mit Bleistift gezählte Bll., darin ab fol. 83r in meteorum Aristotelis l. 4, ab fol 107r de anima disputationes septem, ab fol. 240 in Quatuordecim libros meta-physicorum Aristotelis; datiert fol. 273r: 4. Maii MDCVII. – Vgl. Anton KERN, Die Handschriften der Universitätsbibliothek, 2 Bde. Graz/Leipzig 1942–1956; Maria MAIROLD, Die Handschriften der Universitätsbibliothek, Nachträge und Register, Graz 1967. (An dieser Stelle sei Frau Hofrat Mairold für Rat und Hilfe gedankt.)

31 Cod. 1329, fol. 213r.

32 Zu diesem Zweck seien hier die namentlich bekannten zumindest zeitweiligen Teilnehmer seines Kurses 1597–1600 genannt: Jesuiten (nach LUKÁCS, wie Anm. 17, 576, 587, 602): Herman-nus Volmari, Abraham Köberle, Fridericus Hunecken, StephaHerman-nus Nagy, Adam Prionius, Albertus Capedines (Capen<n>ides), ab 1599: Ioannes Trescherus, ab 1600: Franciscus Öllerus; weitere Stu-denten (nach ANDRITSCH, Matrikeln, wie Anm. 9, 103 Nr. 223–228, 104, Nr. 246–251): Henricus Scultetus, Silesius; Romedius Benedetto, Tyrolensis; Martinus Chronitius, Austriacus; Martinus Hawenzweigk, Prutenus; Nicolaus Kaldi, Ungarus; Franciscus Scholtz, Ungarus; Valentinus Coroni-us SJ; Joannes Kymbar, LithwanCoroni-us.

33 Vgl. auch Vince LAKATOS, L. Aeneas Seneca Pázmány prédikációiban [Seneca in P.s Predig-ten] in: A keszthelyi katolicus gymnázium Értesítöje 1906, 9–54.

Scaliger Exercit. 324 / <Qui>Aristoteli (ait Cardano) fabrum antetulisti, <non mi-nus illis ipsis artibus erudito> et Joanni Duns Scoto qui fuit lima veritatis, et Joan-ni Suisset Calculatori, qui pene modum excessit ingeJoan-nii humaJoan-ni. qui ocham prae-teriisti, cuius ingenium ingenia omnia vetera subvertit, nova ad invictas insanias, ob incomprehensibilibus subtilitates fabricavit atque conformavit.34

Der Vorwurf Scaligers gegen Cardano, den Pázmány übrigens auch sonst zitiert, kreist um die Frage der Originalität und der empirischen Praxis der Wissenschaften

Bekannt ist, daß Pázmány in seiner Physikvorlesung ausführlich die Theorie des Nikolaus Kopernikus referiert, wonach die Erde nicht im Mittelpunkt der Welt steht, sondern sich um die Sonne als Zentrum dreht.35 Ende des 16. Jahrhunderts war die kopernikanische Lehre noch nicht förmlich verboten, vielmehr galt sie als interessante Hypothese.36 Und als solche behandelt sie auch Pázmány.37 Er erwähnt unter Beru-fung auf Kopernikus das folgende Gedankenspiel: Das Auge, das sich auf der Ober-fläche der Erde befindet, enthält in sich die Mitte des Himmels, so daß auf sinnlicher Ebene das Auge von der Oberfläche der Erde aus soviel vom Himmel sieht, wie es braucht, als ob das Auge im Zentrum stünde.38 Pázmány hebt hier einen Gedanken hervor, aus dem Giordano Bruno kurz zuvor das Argument bezogen hatte, daß die Welt unendlichviele Zentren hat, da das Zentrum der Welt immer dort ist, wo der Betrachter steht.39 Das naturtheoretische Thema, das hier abgehandelt wird, ist der Geltungsanspruch physikalischer Theorien für die Realität. Die klassische Physik hat sich immer schwer getan, auch noch bei Isaac Newton, sich mit bloßen Hypothesen

34 Spitze Klammern markieren ausgelassenes aus der Vorlage: Julius Caesar SCALIGER, Exoteri-carum exercitationum lib. XV. De Subtilitate, ad Hieronymum Cardanum. Frankfurt (Wechel) 1576, 1028.

35 Es haben sich noch keine Nachweise gefunden, daß der Jesuit dem damals in Graz wirkenden Astronomen Johannes Kepler begegnet ist: Johann ANDRITSCH, Gelehrtenkreise um Johannes Kepler in Graz, in: Johannes Kepler 1571–1971, Gedenkschrift der Universität Graz, Graz 1975, 159–195; 180.

36 Um 1600 wurde für das Grazer Jesuitenkolleg eine Handschrift angefertigt: Nicolai Copernici Von den revolutionibus das erste Buch. Vgl. KERN (wie Anm. 30) Bd. 1, cod. 560.

37 POO, III, 65–70, de coelo, disp. 2, qu. 1, als Quarta sententia.

38 POO, III, 80, de coelo, disp. 3, qu. 2: „Nunc autem oculus in superficie terrae existens mediet-atem coeli continetur, ita ut quoad sensum tantam coeli partem ex superficie terrae videt, quantam si in centro esset oculus constitutus.”

39 Vgl. POO, III, 2–3, De coelo, gegen die Pluralität der Welten: Zwar gilt, „de facto extra hoc universum non dari portionem materiae, demonstrari non potest”, dennoch ist – wegen der aristoteli-schen Annahme der natürlichen Schwere – der Gedanke, „centrum terrae alterius mundi fore centrum huius mundi, ridiculum”.

zu befassen. Eine gute Theorie handelt von der Wirklichkeit, nicht von der Stimmig-keit der möglichen Annahmen. Pázmány polemisiert deshalb gegen die Behauptung, die sphärische Form des Himmels sei daraus zu beweisen, daß die astronomischen Geräte, die mit einem sphärischen Himmel rechnen, funktionieren. Kopernikus ist für ihn ein Beispiel, daß man dennoch die gängigen astronomischen Hypothesen in Zwei-fel ziehen kann.40

Pázmány hat sich intensiv mit der Frage der zentralen Stellung der Erde befaßt. So trägt er das Gedankenexperiment vor: Denken wir uns eine Ameise, die sich ganz alleine fortbewegt, ohne daß sich irgendetwas anderes bewegt. Dann wird die Mitte der Erde, zu der die Ameise hingeht, jetzt schwerer, und die, von der sie sich wegbe-wegt, leichter. Die Folge ist, daß die Frage des Zentrums relativ zu sehen ist.41

Die Kopernikanische Lehre scheint auch in Pázmánys Disputation über die Kör-per durch. Denn im ersten Paragraphen faßt er den Begriff KörKör-per so, daß er sowohl die irdischen, aus Materie und Form zusammengesetzten Körper, als auch den Him-melskörper umfaßt, obwohl er weder Materie noch Form hat.42 Folglich ist der Him-mel auch nicht beseelt.43 Vor allem aber war die substantielle Gleichheit von Himmel und sublunarer Welt eine Grundvoraussetzung der Astronomie Galileis. Ob der Him-mel von einer Intelligenz bewegt wird, wie es die arabische Philosophie vor allem lehrte, ist für ihn nur durch Autorität wahrscheinlich gemacht. Ob nun die Sterne sich frei bewegen (das ist die sachliche Implikation der kopernikanischen Lehre) oder in vielfachen Umkreisen bewegen, ist für ihn Gegenstand der laufenden Diskussion.

Wenn sie allerdings von Intelligenzen bewegt werden, dann ist ihre Bewegung weder natürlich noch gewaltsam, sondern übernatürlich (und folglich kein Gegenstand der Physik mehr.)44

40 POO, III, 76, De coelo, disp. 2, qu. 2: „maxime si quis vulgatas astronomorum hypotheses quas ipsi efficaciter probare non possunt in dubium revocet, et dicat v.gr. stella per se moveri et non infixas simul cum orbibus etc.” Dazu in der Hs. am Rand: „Copernici sententia.”

41 POO, III, 371, de gen. et corr. disp. 3, qu. 4, dub. 2.

42 Philosophicae assertiones de speciebus corporis naturalis, 1600, § I: „tota naturalium corporum universitas [...], Coeli nimirum, Elementa, et quae ex Elementorum mistione sunt generata [...]”.

43 Ibid. § II: „Caelos, ut [...] nullam enim materiae et formae compositionem admittunt, sed simplices sunt, ex quo nec animatos esse facile colliges.” Vgl. POO, III, 4–23, De coelo, disp. 1, qui 1.

44 Philosophciae assertiones, § V: „Stellaene autem per sese ac solutae, an orbes ipsi varijs ac multiplicibus motionibus in orbem resolvantur, magna iam pridem contentione, non sine probabilibus utriusque partis rationibus disputatur. Ab Intelligentia autem circumagi, tantorum virorum, qui id asserunt, autoritas probabile facit. Quod si ita sit, eius motum nec naturalem nunc esse, nec violen-tum, sed praeternaturalem censemus, quietem illius postmodum fore naturalem.” – Vgl. die inhaltlich ähnliche Aussage in Theses de vario ac multiplici ente, 1600, § XXII: „Caelum [...] secundum se

Pázmány las über die Logik unter dem humanistischen Titel Dialectica. In der einleitenden Disputation (qu. 1, art. 1) vergleicht er die inhaltlichen Vorzüge der Be-zeichnungen Logik, Dialektik und Organon. Logik heißt so, ut significat sermonem etiam internum rationis, seu intellectus operationes;45 Dialektik, sofern sie beweist,

„dari locos, qui ex se non magis determinati sunt ad unam partem contradictionis, quam ad aliam concludendam”;46 „instrumentum seu Organum” heißt sie schließlich, insofern sie jeden, der sich mit einer Wissenschaft befassen will, lehrt, „quales in ea scientia probationes expectare debeat”.47 In einem eigenen Artikel (disp. prooem, qu.

1, art. 4) behandelt er die logische Invention – das wichtigste Thema humanistischer Wissenschaftstheorie – und verbindet die beiden Bedeutungen ‘Findung von logi-schen Argumenten’ und ‘Erfindung der Logik’ miteinander: Die Logik wurde aus der Erfahrung erfolgreicher Überlegungen erfunden, bei der die richtigen gedanklichen Operationen auf ihren modus operandi hin untersucht wurden, und dadurch entdeckt wurde, daß es die Operationen sind, die in allen Forschungsbereichen richtige Schlüs-se erzeugen.48 So stellt Pázmány eine wissenschaftstheoretische Frage, nämlich die nach den materialen oder formalen Wahrheitsansprüchen der Logik, in der Form einer genetischen Erklärung dar. Auch dies ist ein moderner Ansatz im Rahmen der Schul-philosophie. Dies bestätigt sich auch darin, daß Pázmány die regressus-Lehre des Jacopo Zabarella positiv aufnimmt. Dieser Regreß sieht zunächst wie ein Zirkelschluß aus, er erhält aber seine wissenschaftliche Beweiskraft daher, daß vor dem Rückgang auf die Wirkungen die zunächst angenommenen Ursachen auf ihre Bedeutungen und Implikationen hin analysiert werden, deshalb wissen wir beim Rückgang in den empi-rischen Bereich mehr als vorher und haben somit die Ursachen für die Wirkungen wissenschaftlich bewiesen.49 Pázmány legt den Akzent darauf, daß in beiden Fällen von Prämissen auf Folgen geschlossen wird, zunächst durch Induktion, also

absolute spectatum a propria forma cieri repugnantiam nullam importare videtur”; ebenso Theorema-ta philosophica de mundo et eius partibus, 1600, § IV: „Et quamvis ad generationem et corruptionem inferiorum concurrat, tamen sua natura ingenerabile, et incorruptibile, nihil omnino Sacrae Scrip-turae, veritatisque maiestati paeiudicantes, asseveramus.” – POO, III, 14, De coelo, disp. 1, qu. 1, dico primo.

45 POO, I, 3.

46 POO, I, 5.

47 POO, I, 7.

48 POO, I, 13, disp. proeom, qu. 1, art. 4: „in huiusmodi rectis operationibus advertisse modum homines, qui in operando observaretur [...]. [...] deprehenderunt tandem velut a priori causam, cur hi modi essent necessarii quoad consequentiam [...]”.

49 Vgl. Heikki MIKKELI, An Aristotelian Response to Renaissance Humanism. Jacopo Zabarella on the Nature of Arts and Sciences, Helsinki, 1992.

nehmen vorgefundener Fakten, sodann werden die Schlüsse selbst zu Prämissen, in-dem die erschlossenen Ursachen durch Definition zerlegt werden.50 Mit dieser Erklä-rung kann Pázmány die humanistische Wissenschaftsmethode übernehmen, wie es auch schon seine Lehrer in Rom getan haben.

Dies sind einige Beispiele dafür, wie Pázmánys Philosophie gerade darin innova-tiv ist, daß er auch viele nichtscholastische Quellen einarbeitet und seinen Schülern weitergibt, und gerade darin ist er wiederum ein guter Scholastiker. Félegyházy hat ihn deshalb einen großen Eklektiker im guten Sinne des Wortes genannt.51

In document Pázmány Irodalmi (Pldal 44-48)