• Nem Talált Eredményt

1. Die Suche nach Journalistengeschichten – Eine Einleitung

1.3 Der Untersuchungszeitraum 1945–1956: Charakteristika einer Zeitspanne

Als Untersuchungszeitraum dient die Zeitspanne der alliierten Besatzung28 1945 bis 1955 einschließlich 1956 – eine Phase, in der sich Österreich an der Schnittstelle zwischen Ost und West befand. Eine Periode, die von einer militärisch hochgerüsteten und ständig in Alarm befindlichen Konfrontation zwischen zwei Großmächten geprägt war und sich keinesfalls als homogen beschreiben lässt. Die Viermächtebesatzung bedingte eine enge Verschränkung von außen- und innenpolitischen Themen. Die innenpolitische Situation war von der Politik der Großmächte abhängig und beeinflusst, die Einwirkung und Formung von außen lässt sich demnach für den Untersuchungszeitraum 1945 bis 1956 als sehr stark beschreiben. Besondere Krisenpunkte prägten die angespannte Atmosphäre des Kalten Krieges: unter anderem die angespannten Jahre zwischen 1947 und dem Koreakrieg (1950–

1953); die Machtübernahme der Kommunisten in China (1949); die „seismischen Erschütterungen“29, die die sowjetischen Länder nach Stalins Tod 1953 und vor allem Mitte der fünfziger Jahre heimgesucht hatten.

Diese weltpolitischen Ereignisse wurden von den österreichischen Journalistinnen und Journalisten im Zuge ihrer täglichen Arbeit beobachtet, analysiert und niedergeschrieben. Ihre journalistische Tätigkeit wurde ebenso von ausländischen Einflüssen beherrscht (beispielsweise durch die Medienpolitik der Alliierten) als auch durch innenpolitische Veränderungen (Regierungswechsel), die sich wiederum auf die Rahmenbedingungen des Journalismus auswirkten.30 Gleichzeitig handelte es sich um Veränderungen und Einschnitte, die sowohl den privaten als auch den beruflichen Alltag

28 Siehe u. a.: Alfred Ableitinger/Siegfried Beer/Eduard G. Staudinger (Hg.), Österreich unter alliierter Besatzung 1945-1955, (Studien zu Politik Verwaltung 63), Wien-Köln-Graz 1998.

29 Eric Hobsbawm, Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, München10 2010, 306.

30 S. Hans Heinz Fabris, Journalismus im „neuen“ Österreich, in: Hans Heinz Fabris/Fritz Hausjell (Hg.), Die Vierte Macht. Zu Geschichte und Kultur des Journalismus in Österreich seit 1945, (Österreichische Texte zur Gesellschaftskritik 53), Wien 1991, 4.

eines Menschen beeinflussten. Einschneidende Veränderungen kennzeichneten Stationen eines Privatlebens und wirkten prägend auf ein gesamtes Leben.

Neben den oben angeführten Entwicklungen sind es unter anderem folgende Merkmale, die den Zeitraum 1945 bis 1956 kennzeichnen:

1. In vielerlei Hinsicht bedeutete das Jahr 1945 für Österreich einen Neubeginn auf politischer und wirtschaftlicher Ebene, aber auch einen Neuanfang für die gesellschaftlichen Kommunikationsmedien. Der Bruch mit der Vergangenheit war hier besonders stark, denn das NS-Regime hatte seine Macht vor allem auf eine durchgreifende Instrumentalisierung der Massenmedien gegründet. Das Jahr 1945 bedeutete für die Medienlandschaft Österreichs einen immensen Einschnitt. Am 5. August des Jahres 1945 durften erstmals Parteizeitungen erscheinen, so auch die „Österreichische Volksstimme“.

Für die kommunistische Presse in Österreich beginnt mit der Gründung ihres neuen Zentralorgans ein neues Kapitel.

2. Die Untersuchungsperiode stellt jene Zeitspanne in der Geschichte der KPÖ dar, in der die Partei über den größten Einfluss auf die innenpolitische Entwicklung verfügte.31 1945 wurde die KPÖ Regierungs- und Massenpartei. Es war der KPÖ gelungen, „ihre im Exil entwickelte Orientierung auf eine breite Zusammenarbeit der demokratischen Kräfte auf Regierungsebene zu realisieren.“32 Als Hauptträgerin des Widerstandes gegen die NS-Herrschaft ging die Kommunistische Partei gestärkt aus Exil und Illegalität hervor. Die KPÖ hoffte auf eine günstige Entwicklung der inneren Kräfteverhältnisse in SPÖ und ÖVP und der politischen Zusammenarbeit33 – Hoffnungen, die sich jedoch nicht erfüllen sollten.

Bald machten sich Zurückdrängung und Ausgrenzung deutlich. Als Hauptgrund für das Scheitern der KPÖ-Politik kann das Naheverhältnis der KPÖ zu den sowjetischen Alliierten genannt werden.

3. Die Parteipresse spielte im Zeitraum 1945 bis 1956 eine besondere Rolle in Österreich;

man kann von einem langjährigen Monopol in Ost- und Südösterreich sprechen. Der von der Parteipresse praktizierte Journalismus konzentrierte sich auf die Vermittlung politischer

31 S. Manfred Mugrauer, Die Politik der KPÖ 1945 bis 1955/56, in: Manfred Mugrauer (Hg.), 90 Jahre KPÖ.

Studien zur Geschichte der Kommunistischen Partei Österreichs, (Alfred Klahr Gesellschaft Quellen &

Studien, Sonderband 12), Wien 2009, 37–52, 37.

32 Manfred Mugrauer, Die Politik der Kommunistischen Partei Österreichs in der Provisorischen Regierung Renner, in: Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft 2 (2005), 1–8, 2.

33 Ebda, 3.

Themen und war geprägt von ideologisierten Standpunkten und programmatischen Unterschieden zwischen den einzelnen Parteien.34

4. Der Untersuchungszeitraum 1945 bis 1956 kann als Spannungsperiode angesehen werden. Dieser Ideologiekonflikt zwischen Ost und West spiegelte sich auch in der publizistischen Debatte der Parteipresse. Die Presse vermittelte sowohl Innen- als auch Außenpolitik an ihre Leserinnen und Leser – in der jeweiligen, der Blattlinie des Mediums angepassten, politischen Farbe. Die Parteizeitungen – vor allem „Österreichische Volksstimme“ und „Arbeiter-Zeitung“35 – machten im Zuge dieses Konflikts auch nicht davor halt, sich gegenseitig auf sehr direkte Weise anzufeinden.36

5. Brüche und Einschnitte prägten diese Periode, sowohl im In- als auch im Ausland: die Gründung kommunistischer Regierungen in Ungarn und der Tschechoslowakei, die Ankündigung des Marshallplanes, der Oktoberstreik 1950, der Tod Stalins, der 17. Juni 1953, die endgültige Teilung Deutschlands, die Machtübernahme der Kommunisten in China, der Koreakrieg, die Staatsvertragunterzeichnung und der Abzug der Alliierten, die Blockeinbindung der deutschen Teilstaaten, das Krisenjahr 1956. Durch die Besatzung der vier Alliierten und seine geographische Lage war Österreich mit den außenpolitischen Entwicklungen eng verflochten. Der Tod Stalins löste „Sorgen, aber auch Hoffnungen auf Entspannung und die Lösung des globalen Konflikts aus.“37 Mit den Aufständen in den sowjetisch geprägten Ländern zwischen 1953 und 1956 trat der Kalte Krieg in eine neue Phase ein.38

6. Das Krisenjahr 1956 kann für diese Untersuchung nicht ausgeklammert werden, da sich nicht nur in der Partei, sondern vor allem auch im Zentralorgan Konflikte und Personalwechsel zugetragen haben. Die Enthüllungen rund um den 20. Parteitag der KPdSU und die Ereignisse in Ungarn führten zu einer Vertrauenskrise in der KPÖ, die Partei musste in den folgenden Jahren eine hohe Anzahl an Parteiaustritten hinnehmen.39

34 S. Fritz Plasser/Peter A. Ulram, Öffentliche Aufmerksamkeit in der Mediendemokratie, in: Fritz Plasser (Hg.), Politische Kommunikation in Österreich. Ein praxisnahes Handbuch, (Schriftenreihe des Zentrums für angewandte Politikforschung 29), Wien 2004, 37–99, 39.

35 Die „Arbeiter-Zeitung“ war das Zentralorgan der SPÖ. Sie wurde 1889 von Victor Adler gegründet, ab 1934 erschien sie illegal.

36 Siehe dazu das Kapitel dieser Arbeit „Der Kalte Krieg der Worte – Eine journalistische Debatte“.

37 Bernd Stöver, Der Kalte Krieg 1947–1991. Geschichte eines radikalen Zeitalters, München 2007, 117.

38 Gemeint sind damit: Der Volksaufstand in Ost-Berlin und mehreren Städten der DDR am 17.6.1953; der Aufstand in Posen (Poznan/Polen) am 28./29.6.1956; die Revolution und die blutige Niederschlagung des Aufstandes in mehreren ungarischen Städten und Dörfern zwischen 23.10.1956 und 4.11.1956.

39 S. u. a. Mugrauer, Die Politik der KPÖ 1945 bis 1955/56, 49–50.