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Die Literatur zum Tabulaturbuch Vietoris

In document Tabulatura Vietoris saeculi XVII (Pldal 61-64)

Die Handschrift selbst bietet wenige Anhaltspunkte über ihre Entstehungsumstände.

Deshalb halten wir die ersten Berichte aus der Zeit, als das Tabulaturbuch Vietoris nach Budapest gelangte, für wichtig. János Csiky war der erste, der die Handschrift im Tage-blatt Pesti Hírlap (Pester Nachrichten) am 15. Dezember 1903 besprach: „Nicht nur aus musikalischer, sondern auch literaturgeschichtlicher Sicht ist diese Handschrift von unschätzbarem Wert, die wir unlängst durch eine zufällige Entdeckung erwarben. Der Band stammt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts und enthält Lieder und Tänze mit ungarischen, slowakischen und lateinischen Überschriften, deren Melodien mit Buch-staben aufgezeichnet sind.“9 Über den Ursprung der Handschrift stellt er fest: „… aus der wertvollen Bibliothek einer oberungarischen Adelsfamilie gelangte sie in den Besitz der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. In den Bänden dieser Bibliothek befin-det sich das folgende Exlibris: Ex Bibliotheca Ladislai Vietoris de Kiss-Kovalocz et in Horocz.10… Dieses Exlibris fehlt jedoch in unserem Band.“11

Im Akzessionskatalog des Handschriftenarchivs der Bibliothek der Ungarischen Aka-demie der Wissenschaften ist der Band unter Nummer 5/1903 zu finden,12 ohne ir-gendeine Eintragung, die über die früheren Besitzer oder die Provenienz der Handschrift etwas aussagen würde. Dem Katalog ist nur zu entnehmen, daß die Bibliothek der Aka-demie die Handschrift von Bertalan Fränkel (Fabó) erworben hat.13 Es ist daher merk-würdig, dass der nämliche Fabó im August 1904 die Feststellung machte: „Vor einigen Wochen hat es Gott und ein glücklicher Zufall so gefügt, dass ich ein Gesangbuch des Palatins Paul Esterházy, entstanden wahrscheinlich um 1670, entdecke und entziffe-re.“14In seinem 1908 erschienenen Buch A magyar népdal zenei fejlõdése (Musikalische Entwicklung des ungarischen Volksliedes) beschäftigt er sich in einer Studie mit der Handschrift und gibt schon 1903 als Zeitpunkt an, an dem das Tabulaturbuch nach Budapest gelangte, und ergänzt auch seine Herkunftsangaben: „Die Handschrift gelangte aus der Bibliothek der Familie Vietoris zu einem Budapester Antiquar und von ihm zu mir.“15 Die Benennung der Handschrift bringt er nach dem sicher später in sie einge-legten Zettel16mit dem Namen von Paul Esterházy in Verbindung: „Es ist wahrschein-lich, dass man ihm [= dem Fürsten Paul Esterházy] das Buch mit diesem Zettel zurück-geschickt oder zurück-geschickt (eher das letztere) habe als eines, das auch neue, modische, ihm

9CSIKY 1903, 9.

10Für die Ortsnamen s. MAJTÁN 1998.

11CSIKY 1903, a. a. O.

12CSAPODI 1973, 88.

13Csiky erwähnt 1903 Fabó nicht namentlich; der im Zusammenhang mit der Problematik Esterházy verwendete Ausdruck „Musikforscher“ dürfte sich allerdings auf diesen beziehen. CSIKY 1903, a. a. O.

14FABÓ 1904, 2.

15FABÓ 1908, 93.

15Den Inhalt des Zettels s. in unserer Ausgabe auf S.XXXund Faksimile 23.

unbekannte Lieder enthalte.“17 Fabó veröffentlichte hier als Erster Stücke aus dem Ta-bulaturbuch, und zwar fünf ungarische Tänze und einen Oláh Tanz. Seiner falschen paläographischen Deutung zufolge sind seine Übertragungen ungenau.18János Seprõdi berichtigt die Irrtümer Fabós in einem Kapitel seiner mit Fabós identisch betitelten Studie noch im gleichen Jahr.19 In seinem folgenden Artikel über die Handschrift da-tiert Fabó die annähernde Entstehungszeit des Tabulaturbuches in die 1660–1670er Jahre.20 Als stärkstes Argument führt er die Entstehungszeit der ungarischen Gedichte an, die man aufgrund erhalten gebliebener zeitgenössischer handschriftlicher Gedicht-sammlungen eindeutig datieren kann.21

Sándor Payr erwähnt das Tabulaturbuch 1911 mit Berufung auf das Musikleben von Sopron. Auch er bedient sich des Namens Vietoris, bringt aber die Handschrift im Gegensatz zu Csiky nicht mit Ladislaus Vietoris in Zusammenhang: „Auch Fürst Paul Esterházy hatte ein Notenheft aus dem Jahre 1690 [!], das aus der Bibliothek von Jonat-han Wietoris, Lehrer am Lyzeum in Sopron, zum Vorschein kam und das Dr. Bertalan Fabó erst unlängst entdeckte und beschrieb.“22 Aus der Beschreibung von Payr geht leider nicht klar hervor, worauf er seine Behauptung stützte, als er sich auf den Zusam-menhang zwischen Jonathan Wietoris und der hier behandelten Handschrift berief.

Die erste wissenschaftliche Zusammenfassung des Tabulaturbuchs Vietoris stammt von Bence Szabolcsi, betitelt Probleme der alten ungarischen Musikgeschichte.23 Im Ver-gleich zu den vorigen bietet Szabolcsi keine weiteren Angaben zur Entstehung der Hand-schrift, er leistet aber einen wesentlichen Beitrag zur Bekanntgabe des Musikmaterials.

Dem ungarischen Material besondere Aufmerksamkeit widmend, aber auch die Merkma-le der Musik anderer Nationen berücksichtigend, stellt er die weltlichen Lieder und Tänze des Tabulaturbuches anhand einer Vielzahl von Musikbeispielen vor. In seiner folgenden diesbezüglichen Arbeit A XVII. század fõúri zenéje (Musik der ungarischen Magnaten im 17. Jahrhundert)24 beschäftigt sich Szabolcsi mit dem Musikleben und erforscht die Rolle der erhalten gebliebenen instrumentalen Denkmäler des 17. Jahrhun-derts im gegebenen gesellschaftlichen Milieu. Bei der Rekonstruktion der Musikpraxis jener Zeit stützt er sich auf zeitgenössische Gedichte, Tagebuchaufzeichnungen, Korre-spondenzen und Reiseberichte. In einer weiteren einschlägigen Studie A XVII. század magyar világi dallamai (Ungarische weltliche Melodien des 17. Jahrhunderts)25 gibt Szabolcsi bereits einen Überblick über das Musikmaterial der gesamten Sammlung, wobei er das Repertoire der wichtigsten fünf Handschriftensammlungen des 17. Jahr-hunderts aus dem Gebiet Ungarns miteinander vergleicht. Er stellt Varianten der Tänze und lyrischen Lieder einander gegenüber und weist auf die wechselseitige Beziehung dieser Quellen der Instrumentalmusik hin.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erweckt das Tabulaturbuch auch die Aufmerksamkeit ausländischer Forscher. Dessen reichen und interessanten Inhalt teilt Charlotte Abel-mann in ihrer Monografie (Der Codex Vietoris, Ein Beitrag zur Musikgeschichte des

unga-17FABÓ 1908, 94.

18FABÓ 1908, 97, 99–108, 197–199.

19SEPRÕDI 1908, 108–121.

20FABÓ 1911, 289.

21FABÓ 1911, 292.

22PAYR 1911, 11; dieser Hypothese widmet sich später auch Bónis: BÓNIS 1957, 269.

23SZABOLCSI 1925–1926.

24SZABOLCSI 1928.

25SZABOLCSI 1950.

risch-tschechoslowakischen Grenzgebietes) in zwei große Kapitel auf: weltlicher Teil, kirch-licher Teil.26 Sie führte gründliche Forschungen bezüglich der Bezeichnung, der Gat-tung und des Inhalts der Handschrift durch und machte als erste auf die Widersprüche zwischen den verschiedenen Feststellungen über die Erklärung des Ursprungs des Tabu-laturbuches Vietoris aufmerksam.

In der slowakischen musikwissenschaftlichen Literatur erschien nach den Teiluntersu-chungen von Ján Põstényi, Konštantín Hudec und Jozef Kresánek eine zusammenfassen-de Abhandlung von Ján Fišer im Handbuch über die Musik zusammenfassen-des 17. Jahrhunzusammenfassen-derts in zusammenfassen-der Slowakei.27 Fišer untersucht vor allem den Ursprung der slowakischen Kirchenlieder und vergleicht sie mit den Cantionalen der Zeit, mit besonderer Berücksichtigung der Gesangbücher Cithara Sanctorum (1636) und Cantus Catholici, gedruckt für die Slowa-ken im Jahre 1655. Da er die Originalhandschrift nicht kannte, ist seine inhaltliche Beschreibung des Tabulaturbuches Vietoris nicht vollständig, im Vergleich zu den bishe-rigen Publikationen ist aber seine Beispielsammlung am reichsten.28

Die Problematik der Tänze im Tabulaturbuch wird von Ferenc Bónis und Ëuba Ballová erörtert. In seiner Studie A Vietórisz kódex szvit-táncai (Suitentänze des Kodex Vietoris) gab Bónis das Material des zweiten Kapitels der Handschrift (Sequuntur Cur-rentes et id genus Alia) in Übertragung heraus und stellte die Varianten der Stücke der aus den ungarischen und den Nachbargebieten stammenden handschriftlichen und gedruck-ten Quellen sowie die Versionen im Tabulaturbuch einander gegenüber.29 Ballová ver-gleicht die Tänze mit weiteren slowakischen Tanzsammlungen des 17. und 18. Jahrhun-derts und untersucht die Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen zwischen den Tänzen verschiedener Nationen.30

Aus dem dritten Teil der Handschrift – Sequuntur Choreae – veröffentlichen Zofia Ste˛szewska und Jan Ste˛szewsky die polnischen Tänze in ihrer Publikation Tan´ce polskie z Vietoris-Kodex (Polnische Tänze aus dem Kodex Vietoris, 1960).31Aufgrund der melodi-schen und rhythmimelodi-schen Merkmale stellen sie den polnimelodi-schen Charakter außer bei den mit polnischen Überschriften versehenen Tänzen auch in mehreren weiteren Stücken fest.

Im Katalog der „ungarischen Kodizes“ (1973) hat Csaba Csapodi die inhaltliche Beschreibung des ganzen Tabulaturbuches Vietoris vorgenommen. Das Material aus dem Einband hat Csapodi mit einer eigenen Nummer, der Benennung Vietoris Kodex II versehen.32 Die Bekanntgabe des Inhaltes des Einbandes ist auch deshalb von großer Wichtigkeit, da dieses Material von den Musikhistorikern, die sich mit dem Tabulatur-buch Vietoris beschäftigten, bisher nur kurz in einigen Sätzen – und auch dann nicht zutreffend – erwähnt wurde.33 – Die nach der Herausgabe der vollständigen Quelle

26ABELMANN 1946.

27PÕSTÉNYI 1934, 222, wo er am Ende der Bekanntgabe von Anna Szirmay-Keczers Melodiarium das Tabulaturbuch Vietoris als Handschrift von Pál Esterházy behandelt. HUDEC 1949, 25; KRESÁNEK 1951, 54–56; FIŠER 1954, 23–54; Beispielsammlung 157–208.

28FIŠER 1954, 32; als Endergebnis werden 211 Stücke angeführt. Seine Übertragungen sind stellenweise ungenau.

29BÓNIS 1957.

30BALLOVÁ 1961.

31TAN´ CE POLSKIE 1.

32CSAPODI 1973, 85–88 bzw. 88–89. – Dementsprechend wird hier die Benennung Tabulatura Vietoris II benutzt. Die Stücke des Fragments wurden mit römischen Ziffern versehen.

33Der Zusammenhang zwischen dem Tabulaturbuch Vietoris und dem Material des Einbandes wird bei der Beschreibung der Handschrift und in dem Kapitel über die slowakischen Kirchenlieder noch gesondert erörtert.

(1986) entstandenen Studien in slowakischer und ungarischer Sprache erweitern vor allem unsere Kenntnisse über die Kapitel der Kirchenlieder.34

In obiger Zusammenfassung wurde die der Untersuchung des Tabulaturbuches Vieto-ris gewidmete Literatur annähernd chronologisch angeführt. Die einander widerspre-chenden Ansichten, die sich auf den Ursprung, die Benennung, die Schreibweise und die Gliederung usw. der Handschrift beziehen, werden in den weiteren Kapiteln ausführ-licher besprochen.

Zeit und Ort der Entstehung und die Provenienz

In document Tabulatura Vietoris saeculi XVII (Pldal 61-64)