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Die Anfänge des Humanismus in Süd- und Westböhmen

Während sich in Italien im Verlauf des 15. Jahrhunderts der Humanismus als eine neue Strömung entwickelte, die nach und nach zur inneren Erneuerung der europäischen Bildung und Kultur führte, begann seine Rezeption in Mitteleuropa nur langsam. Dies war nicht nur durch die geographische Entfernung gegeben, sondern auch durch andere Umstän­

de: Das Königreich Ungarn mußte sich immer intensiver mit der Türken­

frage auseinandersetzen, das Königreich Böhmen erlebte eine Zeit innerer Unruhen und gedanklicher Gärung, die man als Hussitenepoche zu bezeichnen pflegt.

Im Böhmen des 15. Jahrhunderts hielt sich der größte Teil der Bevölke­

rung an die Lehre von Jan Hus, ein kleinerer Teil, besonders in Süd- und Westböhmen, blieb der römischen Kirche treu, deren Hauptstütze in Südböhmen die Herren von Rosenberg waren, in Westböhmen die könig­

liche Stadt Pilsen, die in Verbindung mit dem katholischen Adel der umliegenden Gebiete den größten Teil Westböhmens beherrschte. Diese beiden Enklaven hielten enge Verbindungen mit dem Metropolitankapitel zu Sankt Veit auf der Prager Burg aufrecht und boten in den Kriegszeiten seinen Mitgliedern Zuflucht. Materiell und militärisch wurden sie durch den römischen Kaiser und ungarischen König Sigismund (+1437) unter­

stützt, und nach der Beendigung der Kriegsereignisse konnten sie mit den übrigen europäischen Ländern, besonders mit Italien, intensivere kulturel­

le Wechselbeziehungen pflegen als die Anhänger der Lehre von Jan Hus.

Davon zeugen unter anderem auch die Kontakte von Personen aus Süd- und Westböhmen mit dem führenden europäischen Humanisten Eneas Silvius Piccolomini, der für einen bedeutenden Verbreiter der humanisti­

schen Ansichten in den transalpinen Ländern gehalten wird. In dieser Hinsicht war allerdings die Stellung Österreichs und Ungarns günstiger als die des Königreichs Böhmens, weil dieses von Italien weiter entfernt war und weil die hussitisch denkende Bevölkerung zur römischen Kirche und zum Humanismus im 15. Jh. meist eine ablehnende Haltung einnahm: dies kann auch über seine Beziehung zu Ungarn gesagt werden, weil die

ungarischen Könige Sigismund und Matthias Corvinus in ihrer Außenpoli­

tik als Verbündete der römischen Päpste in ihrem Kampf gegen den böhmischen Utraquismus auftraten. Wenn wir also über den Humanismus und seine äußeren Beziehungen in Böhmen in der 2. Hälfte des 15. Jh.

nachdenken sollen, muß unsere Aufmerksamkeit besonders auf Süd- und Westböhmen gerichtet sein.

Südböhmen war der Rezeption von humanistischen Bestrebungen mehr als die übrigen böhmischen Regionen aufgeschlossen: die geogra­

phische Lage erleichterte den Herren von Rosenberg und ihren Untertanen ungestörte Beziehungen zu Österreich und Italien, die bereits im 14. Jh.

zur Rezeption von frühhumanistischen Anregungen geführt hatten.1 Diese Tendenzen setzten sich auch im 15. Jahrhundert fort, obwohl während der Hussitenkriege die gemeinsamen Beziehungen eher den Charakter von diplomatischen und anderen rein zweckgebundenen Missionen hatten.

Zum Beispiel in der Korrespondenz Ulrichs von Rosenberg kommen mehrere Belege vor, die über seine ziemlich regen Kontakte mit den Kaisern Sigismund und Friedrich III. und deren Höfen Zeugnis ablegen.2

Eine neue Qualität brachte in diese Kontakte das Wirken von Eneas Silvius in der Kanzlei Friedrichs III. Schon angesichts seiner Sekretärfunk­

tion mußte sich Eneas Silvius nicht nur mit der Korrespondenz beschäfti­

gen, die er unter anderem auch mit dem Königreich Böhmen und dem Königreich Ungarn führte, sondern auch mit politischen Angelegenheiten, unter denen damals sowohl die ungarische als auch die böhmische Frage eine bedeutende Rolle spielten. Die erstere war mit dem türkischen Problem verbunden, die letztere mit dem Hussitentum. Böhmen kannte Eneas Silvius aus Autopsie, und er hatte persönliche Kontakte mit den führenden Vertretern des damaligen politischen Lebens angeknüpft - unter anderem mit dem Landesverweser und späteren böhmischen König Jiri von Podébrady sowie mit seinem Rivalen, dem südböhmischen Magnaten Ulrich von Rosenberg (tl4 6 2 ) und vielen anderen. Die Bedeutung, die Eneas Silvius der böhmischen Frage beimaß, ergibt sich aus der Tatsache,

1 Eduard Wi n t e r, Frühhumanismus. Seine Entwicklung in Böhmen u n d deren europäische Bedeutung f ü r die Kirchenbestrebungen im 14. Jahrhundert, Berlin, 1964, p. 52; Josef He j n i c, Das Zisterzienser-Stift Hohenfurt u n d d er Frühhumanis- mus, in „Philologus“ 115(1971), pp. 114-117; derselbe, Antike Autoren in südböh­

mischen Handschriften des 14. und 15. Jhs., in „Philologus“ 123(1979), pp.

184-186 (mit Hinweisen auf weitere Forschungsliteratur).

2 Blazena Ry n eSo v á, Listára listinár Oldricha zRozmberka, 1 4 1 8 - 1 4 6 2 {Urkunden und Briefe Ulrichs von Rosenberg), I—IV, Praha, 1929-1954 (Band IV. in Zusam­

menarbeit mit Josef Pe l ik á n) .

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daß er im Jahre 1458 eine Abhandlung über die böhmische Geschichte schrieb (H istoria B ohem ica), das erste und bis in die Mitte des 16.

Jahrhunderts eigentlich einzige Werk über die böhmische Geschichte, das nach humanistischen Prinzipien konzipiert war, wie Eneas Silvius - bereits als Pius II. - in seinen Memoiren ausdrücklich bemerkte.3 Er zögerte dabei nicht, in der „Historia Bohemica“ seine Zeit als eine gewisse Wende zu bezeichnen - er war sich dessen bewußt, daß die humanistische Aktivität in die historische Entwicklung neue Qualitäten bringen und auch in der mitteleuropäischen Geschichte eine neue Epoche eröffnen wird.7* Die ungarische und böhmische Problematik hingen dabei nach Silvius eng zusammen und sollten in gegenseitiger Verknüpfung gelöst werden.

Übrigens strebten sowohl der ungarische König Matthias Corvinus als auch der böhmische König Jiri von Podebrady eine komplexe Lösung der Zeitproblematik an, die den Rahmen eines Staates überschreiten würde.5 Wie man sieht, handelt es sich um einen Komplex von Fragen, die man kaum in einem Referat lösen kann. Mein Ziel ist deshalb wesentlich bescheidener. Es geht mir nur um eine kurze Überlegung über die Bedeutung, die die beginnenden humanistischen Studien in Süd- und Westböhmen für die spätere kulturelle und teilweise auch politische Orientierung dieser Gebiete hatten.

Im Vergleich zum 14. Jahrhundert, wo sich die frühhumanistischen Tendenzen in Böhmen mittels des königlichen Hofes, der Kircheninstitu­

tionen und der bedeutenden Adelssitze verbreiteten, haben sich die Verhältnisse in der Hussitenzeit (1419-71) verändert. Man kann nicht den königlichen Hof in Betracht ziehen, der sich meistens nicht in Prag aufhielt oder dem Hussitenkönig Jiri von Podebrady (1458-71) diente. Seine

3 Pii II. Commentarii rerum tnemorabilium que temporibus suis contigerunt, ed.

Adriano van He c k, II, Citta del Vaticano, 1984 p. 562 (Studi e testi 313): audiret (seil. Georgius, rex Bohemorum) cum toto regno Pii pastoris vocem sciretque illum bohemice gentis amantissimum esse, qui et in Bohemia aliquando versatus fuisset et historiam bohemicam barbare scriptam romano illustraverit eloquio non sine magna regni laude...

1 /Eneas Sy i.v ii Opera omnia. Basileas, 1551, p. 143 (Historia Bohemica, cap. LXXII):

Mira rerum mutatio et syderum influxus. Duo potentissima regna eodem tempore rege orbata ex nobilissimo atque altissimo sanguine ad mediocris homines pervenere. Nos divinae providentiae cunta tribuimus. Utriusque regis electionem nonnuili calumniantur, vim adhibitam dicunt neque iure valere, quod metus extorserit. Nobis persuasum est armis acquiri regna, non legibus.

5 Prehled dejin Ceskoslovenska (Geschichte der Tschechoslowakei in Übersicht), red. Jaroslav Pimä, Miroslav Kk o p i l ä k, I 1, Praha, 1980, pp. 4521. und 576.

Hofleute zeigten Interesse an den humanistischen Studien nur in Ausnah­

mefällen, und zwar meistens nur dann, wenn sie sie während ihrer früheren Studien in Italien oder am Kaiserhof in Wien durch Verdienst von Eneas Silvius kennengelernt hatten, der z.B. freundschaftliche Beziehun­

gen mit dem Prager Domherrn Vaclav von Krumlov (+1450), seinem Landsmann Jan Simänek (+1488), sowie mit Kaspar Schlick (+1449), Hanus von Kolovraty (+1483), Vaclav von Bochov, Hilarius von Litomefice (+1468) und mit anderen pflegte. Alle diese Männer stammten aus Süd­

oder Westböhmen, bzw. sie waren mit diesen Regionen durch ihre Lebensschicksale oder durch ihre literarische Tätigkeit und durch humani­

stisch orientierte bibliophile Interessen eng verknüpft.6 Man darf auch Prokop und Jan von Rabstejn nicht vergessen, dessen Bibliothek, mit zahlreichen Werken antiker Autoren ausgestattet, ursprünglich in der südböhmischen Stadt Prachatice aufbewahrt wurde und sich heute zum größten Teil im Kloster Schlägl in Oberösterreich befindet.7 Die

humani-6 Vaclav von Krumlov und Jan (Simänek) von Krumlov: Antonin Podlaha, Series prcepositorum ... s. metropolitance ecclesias Pragensis ..., Pragas, 1912, Nr. 577, p.

90 sowie Nr. 581, p. 93; Josef Hejnic, Ceskokrumlovskä latinskä skola v dobe rozmberske(Die Lateinschule von Krumau zur Zeit der Herren von Rosenberg), in Rozpravy Ceskoslovenske akademie ved 82, 1972, Het 2, p. 52 (mit Hinweisen auf weitere Forschungsliteratur); derselbe, K dopisu Jana ze Stfedy c. 122 Piur (De Iohannis Noviforensis ad Arnestum de Pardubice epistula - Piur n, 122), in „Listy filologicke“ 96(1973), p. 165, Anm. 3; Kaspar Slik, Josef Truhläü, Pocätky buma- nismu v Cechäch (Die Anfänge des Humanismus in Böhmen), in „Rozpravy III.

tfidy Ceske Akademie“ 1(1893), Nr. 3, pp. 19, 22, 30; Frantisek Smaiiel, H um anis­

mus v dobepodebradske (Humanismus zur Zeit des Königs Jiri von Podebrady), in

„Rozpravy Ceskoslovenske akademie ved. Rada spolecenskych ved“ 73(1963), Heft 6, p. 46; Hanus von Kolovraty, Antonin Podlaha, Series prcepositorum... s.

metropolitance ecclesias Pragensis Pragas, 1912, Nr. 604, pp. 95-100. - Hilarius von Litomefice: Josef Hejnic, Miloslav Poli'vka, Plzen v husitske revoluci (Plzen am Ende der hussitischen Revolution), Praha, 1987 (Rotaprint des Instituts für böhmi­

sche und Weltgeschichte der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaf­

ten), pp. 6-45; Jindrich und Jiri Egrerz: Andela Fialovä, Josef Hejnic, Z korespon- dence Jindricha Egrerze Litomenckeho 1 4 6 4 -6 7 (Aus der Korrespondenz Hein­

richs Egrerz von Litomefice), in „Listy filologicke“ 103(1980), pp. 167-176; diesel­

ben, Z korespondence Hilaria Litomefickeho, Jindficha Egrerze, Bartolomeje z Roudnice a Väclava z Rokycan 1466-1470 (Aus der Korrespondenz des Hilarius Litomericensis, Heinrich Egrerz, Bartholomäus aus Roudnice und Vaclav aus Rokycany 1466-1470), in „Strahovskä knihovna“ 16-17(1981-82), pp. 75-98;

Hejnic, Pouvka, op. cit., pp. 7, 11, 14, 15, 27, 81, 172 und die Anm. 18 und 20.

7 G. Vielhaber, G. Indra, Catalogus codicum Plagensium, Lincii, 1918, passim;

F. Smahel, Humanismus v dobe podebradske..., pp. 81-83.

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stisch orientierten bibliophilen Bemühungen fanden ihren Höhepunkt auf südböhmischem Boden in der Tätigkeit des rosenbergischen Kanzlers Vaclav von Rovné (tl5 3 1 ), die allerdings erst in das letzte Viertel des 15.

und in den Beginn des 16. Jh. fällt und durch enge Beziehungen mit dem italienischen Humanisten Philippus Beroaldus dem Älteren charakterisiert wird. Václav von Rovné erwarb für seine Bibliothek auch mehrere italienische Wiegendrucke aus dem Besitz seiner älteren Zeitgenossen Alexander von Krumlov und Mikulás von Tele sowie seines jüngeren Verwandten Martin Mares ( t 1499), der zuletzt Domherr in Breslau war.

Diese Männer hatten in Bologna bei Philipp Beroaldus dem Älteren studiert und vermittelten ihrem Gönner Václav von Rovné die Korrespon­

denz mit diesem italienischen Humanisten. Die Bibliothek wurde schließ­

lich in den 20er Jahren des 16. Jh. vom aus Krumlov stammenden und dort als Kaplan wirkenden Ambrosius Kitzhäupel geordnet.8 In den Jahren 1497-1500 weilte im südböhmischen Zisterzienserkloster Goldenkron der niederländische Humanist Jacob Cant (+1539), der in dem dramatischen Spiel Rosa Rosensis die Sage über die fiktive italienische Herkunft der Herren von Rosenberg bearbeitete. Die Buchkultur wurde damals in Cesky Krumlov und in den umliegenden Klöstern vom aus Westböhmen stam­

menden Buchbinder Bartoloméj Trnka gefördert, der mit Erfolg die italienischen Einbände der Renaissancezeit imitierte und schließlich einen eigenständigen Stil geschaffen hat.9

Von ähnlicher Bedeutung wie das rosenbergische Zentrum war in Westböhmen die königliche Stadt Pilsen, die während der ganzen Hussi- tenzeit ihre Treue zur römischen Kirche bewahrt hatte. In den 60er Jahren des 15. Jh. stellte sie sich gegen den König Jiri von Podébrady und bot Hilarius von Litomérice Zuflucht, der die Verbindung Pilsens mit dem ungarischen König Matthias aushandelte, wie davon die erhaltene Rede von Hilarius Zeugnis ablegt. Diese Rede, in der Hilarius öfters Silvios

8 Josef Hk jn ic, O knihovné Václava z Rovného (Über die Bibliothek Václavs von Rovné), in Sborník Národního muzea v Praze, Rada A - Historie XXIK1968), Nr. 5, pp. 229-356.

9 Iacobus Ca n t e rFrisius, Rosa Rosensis, ed. Bohumil Ry i i a, Budapest, 1938; J. Hejn ic;,

Ceskokrumlovská latinská skola..., p. 46 und Anm. 230, p. 54 und Anm. 287, pp.

55 f. und Anm. 292-296, p. 58, 59 und Anm. 322 mit Hinweisen auf weitere Literatur; Rukovét humanistického básnictví v Cechách a na Moravé, zalozili Antonín Tr u i il áR a Karéi Hr d i n a, pokraőovali Josef He jn i c a Jan Ma r t ín e k (Enchiri- dion renat;e poesis Latinas in Bohemia et Moravia culta:, Opus ab Antonio Tr u iil á r

et Carolo Hr d i n a inchoatum Josef He jn i c et Jan Ma r t ín e kcontinuaverunt) - weiter nur als Rukovét zitiert - 1, Praha, 1966, p. 297.

H istoria B o h ém ica befolgte, wurde in Pilsen am 10. Mai 1467 gehalten.10 Für seine erfolgreiche Tätigkeit hatte Hilarius in Pilsen günstige Bedingun­

gen, teilweise durch vorherige Korrespondenz von Eneas Silvius mit dem Pilsner Pfarrer Jan vorbereitet, der jedoch absolut kein Interesse am Humanismus zeigte und ihn als noch verderblicher als das hussitische Ketzertum ansah.11 Der Pilsner Pfarrer hat so auf seine Weise die spätere Abkehr Silvius’ vom Humanismus vorgezeichnet.12 Auch Hilarius stützte sich in seiner oben erwähnten Rede absichtlich viel mehr auf die Belege aus der Bibel als auf die antiken griechischen und römischen Autoren, obwohl er diese gut kannte.13 Dieses gedämpfte Interesse am Humanis­

mus, den wir Kirchenhumanismus bezeichnen könnten, hielt sich in Pilsen fast bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, wo die lateinischen Verse des Pilsner humanistischen Dichters Simon Fagellus Villaticus trotz einigen traditionellen Elementen nicht nur durch italienische, sondern auch unga­

rische Renaissancereminiszenzen eine deutliche Anlehnung an humanisti­

sche Traditionen andeuteten.14 Etwa zu der gleichen Zeit ersetzte der Pilsner Buchdrucker Mikulás Bakalár, Slowake aus dem Königreich Ungarn, die ältere, vorwiegend durch kirchliche Ziele bestimmte Produk­

tion der Pilsner Buchdmckerei (spätestens 1476 gegründet) durch

Herstel-10 He j n i c, Po l í v k a, op. cit., pp. 85-136 (Edition).

11 F. Sm a h e l, Hum anism us v dobépodébradské.. . , p. 47, Anm. 82.

12 Vgl. Georg Vo i g t, Enea Silvio d e ’Piccolomini, als Papst Pius II. u n d sein Zeitalter, III, Berlin, 1863, pp. 127 f. und 606 ff.

13 Hilarii de Lit h o m e r z i c z, Hystoria civitatis Plznensis, 5-10: Nec velim vos, o cives invictissimi, exemplis ethnicorum aut Romanorum civium ad fidei sancte defensio- nem invitare. Quid enim? Si bella Púnica, si navalia, si civilia commemorem, quid Ayas fortissimus, quid Pompeyus aut Cesar et ille Affricanus Hanibal imperterritus fecerit, frustra tempus tererem: Plena sunt laudum Titi Lyvii, Commentariorum Cesaris, Virgilii nostri, Stacii aliorumque Volumina. Posteaquam omnia dicerem, nihil tanen in laudem cliei nostre dicere possem. Et ubi ex Sacra hystoria nobis comonendum esset, que ars est sufficientissima et fidei conservationis et heresis coniutationis, in penas beatissimi viri Hieronimi incidisse me damnarem, qui libros gentilium legere et figmentum paganorum non intendere astruebat...; He j n i c, Po l ív k a, op. cit., pp. 8 6 f.

11 J. He j n i c, Simon Fagellus Villaticus a Frantova práva (Simon Fagellus Villaticus und die Regeln der Franta-Schelmenzunft), in „Listy filologické" 101(1978), pp.

25-38; derselbe, Simon Fagellus Villaticus. Literatura, dílo, úkoly (Simon Fagellus Villaticus. Literatur, Werk, Aufgaben), in „Strahovská knihovna“ 11(1976), pp.

189-205; derselbe, Básen Simona Fagella Villatika Ad Musas a jejipfedlohy (Das Gedicht von Simon Fagellus Villaticus Ad Musas und seine Vorlagen), in „Zprávy Jednoty klasickych filologü“, 21(1979), pp. 46-50.

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lung von Büchern, die den niederen Schichten hinsichtlich der Sprache (Tschechisch), der Form (kleinere, preisgünstigere Formate, meistens Oktav) und des Inhalts (Übersetzungen durch die tschechischen Humani­

sten Viktorin Kornél von Vsehrdy und Rehor Hruby von Jeleni, belehrende und moralisch erbauliche Literatur) besser entsprachen.15 Der lateinische Humanismus begann sich hier also relativ bald mit dem in der National­

sprache verbreiteten Humanismus zu verflechten.

Dies ist nicht überraschend. Die Bibliothek der Pilsner Stadtschule war bereits in den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts durch zahlreiche Wiegen­

drucke antiker, mittelalterlicher und hunanistischer Autoren ausgestattet und die Absolventen dieser Schule - ebenso wie die der von Cesky Krumlov - besuchten nicht nur die Leipziger, Krakauer und Wiener Universität, sondern auch italienische Hochschulen.16 Der Musterautor blieb auch weiterhin Eneas Silvius, dessen Verse, im Abschluß der Nürn­

berger Ausgabe von Briefen Silvius’ aus dem Jahre 1481 abgedmckt (Hain-Copinger 151 = Goff P-717), der erwähnte Pilsner Buchdrucker Mikulás Bakalár in seinem lateinischen autobiographischen Vierzeiler mit einer kleinen Verändemng nachahmte, die er 1498 am Ende seines tschechischen Wiegendruckes „Zivot Mohamedüv“ (Knihopis, Nr. 5) ab­

druckte.17 Übrigens schon fast vierzig Jahre früher konnte dem bezwin­

genden Zauber, der aus der humanistischen Korrespondenz von Silvius ausstrahlte, auch der utraquistisch orientierte Anhänger des Königs Jiri von Podébrady, Simon von Slany, nicht widerstehen, der in der westböhmi­

schen Stadt Klatovy lebte und der in seinem Brief, den er irgendwann in den Jahren 1459-60 an seinen Landsmann, Mag. Éliás von Slany, schickte, seine humanistische Überzeugung auf die Weise äußerte, daß er aus dem bekannten Brief, den Silvius am 5. Dezember 1443 an den Herzog

15 Josef H r jN i c , Renesancnt Plzen a kniha. Prúvodce vystavou Západoceského muzea v Plzni od 4. ünora - 1 1 . dubna 1982 v Plzni (Das Pilsen der Renaissancezeit und das Buch. Führer durch die Ausstellung des Westböhmischen Museums in Pilsen vom 4. Februar bis 11. April 1982 in Pilsen), Rotaprint des Westböhmischen Museums in Pilsen, pp. 8 ff.

16 Josef Hu jn ic, Latinskä skola v Plzni a jejipostaveni v Cechäch, 13-18. stoleti (Die Lateinschule in Pilsen und ihre Stellung in Böhmen im 13-18. Jh.), in Rozpravy Ceskoslovenské akademie véd. Rada spolecenskych véd 89(1979), Heft 2, pp.

59-62; derselbe, Pocätky renesancniho hum anism u v okrubu latinské skoly v Plzni (Die Lateinschule und die Anfänge des Renaissance-Humanismus in Pilsen), in „Minulostí Západoíeského kraje" X IX 0983), pp. 117-135.

17 Josef Hu jn ic, K prvotisku Mikulásé Bakaláre Zivot Mohamedüv (Zum Wiegendnick MikuláS Bakaláfs Das Leben Mohameds), in „Listy tilologické“ 107(1984), pp. 41—44.

Sigismund von Österreich sandte,18 lange Passagen wortwörtlich übernahm, ohne allerdings - wie im Mittelalter üblich - seine gleichzeitige Quelle zu zitieren. Anklänge an das Werk von Silvius kommen auch bei Bohuslav von Lobkovice vor, dessen bibliophile Interessen und literarische Beziehungen zum Königreich Ungarn schon einige Male untersucht wurden.19

Die schon angeführten Tatsachen zeigen, daß sowohl Süd- als auch Westböhmen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts humanistische Impulse - ähnlich wie das Königreich Ungarn unter der Regierung des Matthias Corvinus - vor allem aus italienischen Quellen schöpften. Dies betrifft nicht nur literarische Impulse, sondern auch Analogien auf dem Gebiet der Buchkultur. In der Fachliteratur wurde bis jetzt die Frage nicht gründlich untersucht, ob und wenn ja, in welchem Maße, in West- und Südböhmen die vom ungarischen Königshof ausgehenden humanistischen Anregungen wirksam wurden. Diese Frage sollte schon aus dem Grund gestellt werden, weil sich Süd- und Westböhmen wenigstens eine gewisse Zeit vor den Vereinbarungen von Olmütz (1478) mit ihrer politischen Orientiemng zum ungarischen König Matthias Corvinus bekannten. Wie bereits angeführt, konnten diese beiden Gebiete an gute Kontakte mit der ungarischen Krone vom Beginn des 15. Jahrhunderts anknüpfen, wo sowohl Pilsen und der umliegende Adel als auch der südböhmische Magnat Ulrich von Rosenberg im engen Bündnis mit dem ungarischen König Sigismund standen. Diese Tradition wurde auch in den 60er Jahren des 15. Jh. durch die Verbindung mit dem Prager Metropolitankapitel zu

18 Andela Fia l o v ä, Josef He j n i c, Jiri z Litomeric a jeho Oratio a d studiosos (Quo modo Georgius de Litomericio Orationem ad studiosos compusuerit), in „Listy filolo- gicke“ 102(1979), pp. 141-144. Die Abhängigkeit Simons von Slany von Eneas Silvius wurde von Milan Kopecky weder in seinem Buch Pokrokove tendence v ceske literature od konce husitstvi do Bile hory (Fortschrittliche Tendenzen in der tschechischen Literatur vom Ende des Hussitentums bis zur Schlacht am Weißen Berge), Brno, 1979, p. 12 noch in seinem Werk Cesky humanismus (Der tschechi­

sche Humanismus), Praha, 1988, pp. 12 ff. berücksichtigt. Kopecky stützte sich lediglich auf die ältere Abhandlung von Rudolf Ur ü ä n e k, Primi utrakvisticky humanista Simon ze Slaneho (Der erste utraquistische Humanist Simon aus Slany), in „Listy filologicke“ 65(1938), pp. 335-340.

1 ’ Rukovet 3. Praha, 1969, pp. 170-203; Jan M arti'nek, Bohuslav z Lohkovic a severozäpadnt Cechy (Bohuslav von Lobkovice und Nordwestböhmen), in „Zprävy a Studie Krajskeho muzea v Teplicich“ 15(1982), pp. 55-62; Bohnslai Hassensteinii a Lohkovicz Epistulce, edd. Jan M a rtin e k , Dana M arti'n k o v ä, I-II, Leipzig, 1969- 1980. Ursula B r u c k n e r , Zn Bohuslaus von Lobkowicz u n d /Eneas Silvius Piccolo­

mini, in „Listy filologicke“ 103(1980), 79-81. Weitere belege bei Zdenök K a u s ta , Siena e la Boemia nel Quattrocento, in „Terra di Siena" XX(1966), pp. 30 ff.

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St. Veit fortgesetzt, in dem eine entscheidende Stellung Hilarius von Litomérice innehatte, Mitglied der Vereinigung von Grünberg (Zelenohor- skä jednota), Freund von Eneas Silvius und also auch Parteigänger des ungarischen Königs Matthias.

Die Kontakte der süd- und westböhmischen Humanisten mit dem ungarischen Königshof wurden auch während der Regierung der Jagiello- Dynastie gepflegt. Wenn wir sie heute im südböhmischen Gebiet lediglich aus den Fragmenten der nach Ofen geschickten Korrespondenz sowie anhand der Aufzeichnungen über die Reisen des böhmischen Vizekönigs Peters IV. von Rosenberg und seiner Diener zum ungarischen Königshof

Die Kontakte der süd- und westböhmischen Humanisten mit dem ungarischen Königshof wurden auch während der Regierung der Jagiello- Dynastie gepflegt. Wenn wir sie heute im südböhmischen Gebiet lediglich aus den Fragmenten der nach Ofen geschickten Korrespondenz sowie anhand der Aufzeichnungen über die Reisen des böhmischen Vizekönigs Peters IV. von Rosenberg und seiner Diener zum ungarischen Königshof