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Eine „kleine” Großmacht im frühneuzeitlichen Europa

In document Small Nations on the Borderlines (Pldal 65-81)

– Die Niederlande zwischen 1579–1713

1648 ist ein neuer Staat auf der Karte von Europa entstanden: die Sieben Verei-nigten Provinzen der Niederlande. Schon vor der Anerkennung der Unabhängig-keit des Landes spielte das Gebiet eine besonders wichtige politische und wirt-schaftliche Rolle unter den europäischen Großmächten. Die Geburt des Landes ist mit der Idee verflochten, zwischen zwei Großmächten einen Pufferstaat zu kreie-ren, der für das Machtgleichgewicht auf dem Kontinent sorgen und die territoriale Expansionslust der Großmächte einschränken kann.

Niemand hat aber damit gerechnet, dass dieses Land im Laufe des siebzehnten Jahrhunderts trotz seines kleinen Territoriums eine Zeit lang eine Großmachtposi-tion einnehmen würde. Im Folgenden versuche ich zu erklären, welche Bedin-gungen die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande erfüllen musste, um ei-ne führende Rolle in der europäischen Politik spielen zu könei-nen. Für die Analyse versuchte ich auf Grund sekundärer Literatur über die frühneuzeitliche histo-rische Entwicklung der nördlichen Niederlande bezüglich ihrer Großmachtpo-sition einen Überblick zu geben.

Sehen wir uns zuerst an, was die Charakteristika eines Kleinstaates und einer Großmacht sind. Es gibt unterschiedliche Definitionsmöglichkeiten dieser Begrif-fe. Die Theoretiker sind sich aber in dem Punkt einig, dass einer der wichtigsten Bestandteile die Dimension der Macht ist. Um diese Aussage näher zu beleuch-ten, möchte ich hier die drei fundamentalen Komponenten zur theoretischen De-finition der Macht von Raymond Aron nennen:

1. Milieu: der von der politischen Einheit besetzte Raum;

2. Quellen: die Qualität und Quantität der zu erreichenden Materialien, ein-begriffen die Techniken, mit denen sie zu Waffen umgestaltet werden kön-nen; die Anzahl der Leute und die Möglichkeit, sie zu Soldaten zu machen, bzw. die Quantität und Qualität der Mittel und des Personalbestandes;

3. kollektive Aktion: die Kollektive Handlungsfähigkeit, die die Organisation der Armee, die Disziplin der Soldaten, die zivile und militärische Befehls-führung im Frieden und im Krieg, deren Qualität und die Solidarität der Einwohner in der Krise umfasst.

Nach Aron erfüllen die Kleinstaaten die Bedingung des Begriffs Kleinstaat-lichkeit wegen der begrenzten Mittel der aufgelisteten Relationen.1

Arons Definition beschränkt sich auf die militärische Handlungsfähigkeit. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass eine Machtposition auch durch die wirtschaftli-che Handlungsfähigkeit erreicht werden kann, wobei die militäriswirtschaftli-chen Aktionen in erster Linie zur Verteidigung des freien Handels und nicht unbedingt zur terri-torialen Expansion dienen. Dies galt (größtenteils) auch für die Sieben Vereinig-ten Provinzen im 17. Jahrhundert. In Ergänzung und Umformulierung von Arons Machtdefinition um den wirtschaftlichen Faktor möchte ich die Position der Sie-ben Vereinigten Provinzen unter den Kleinstaaten und Großmächten vom Ende des 16. bis Anfang des 18. Jahrhunderts im Folgenden definieren.

Die Definition des Milieus kann ohne weiteres in der ursprünglichen Bedeu-tung, also als von der politischen Einheit besetzter Raum, gebraucht werden. Die Quellen müssen mit der Qualität und Quantität der finanziellen und geistigen Mit-tel ergänzt werden, die zum erfolgreichen Handel nötig sind. Hier darf man auch nicht die praktische Organisation des Handels vergessen. Der Begriff der kollektiven Aktion muss um die notwendigen außenpolitischen Maßnahmen erweitert werden.

Milieu

Zur Festlegung der Grenzen der politischen Einheit müssen wir zuerst mit einem historischen Rückblick beginnen. Die niederländischen Territorien wurden unter der Herrschaft der burgundischen Herzöge und der Habsburger vereinigt. Als ers-ter wichtiger Schritt wäre hier die Ehe des burgundischen Herzogs Philipp des Kühnen mit Margaretha, Tochter des flandrischen Ludwig von Male, im Jahre 1369 zu erwähnen. Hiermit gerieten neben Flandern das Artois, Nevers, Rethel sowie die Städte Antwerpen und Mecheln unter burgundische Herrschaft.2 Die aus dieser Ehe geborenen Kinder folgten der Heiratspolitik ihrer Eltern. Mit der burgundisch-wittelsbachschen Doppelhochzeit von Philipps Sohn Johann von Nevers (Johann ohne Furcht) mit Margaretha von Bayern und Philipps Tochter Margaretha mit Wilhelm von Oostervant legten die burgundischen Herzöge die Grundlage für die Erweiterung des burgundischen Anspruchs auf die von den Wittelsbachern regierten Grafschaften Holland, Seeland und Henegauen. Zur tat-sächlichen Machtübernahme in diesen Grafschaften kam es erst 1433, als die

1 István Hüvely, A kisállamiság politikaelméleti és történeti dimenziói [Die politisch-ideologischen und historischen Dimensionen der Kleinstaatlichkeit], In: Kisállamok a glo-balizálódó nemzetközi rendszerben [Kleinstaaten im globalisierenden internationalen Sys-tem], Red. István Hüvely, Budapest, 2003., 34.

2 Liek Mulder, Anne Doedens, Yolande Kortlever, Geschiedenis van Nederland. Van pre-historie tot heden, Apeldoorn, 1989., 109.

fin Jacoba van Bayern, Frau des Neffen des Herzogs Johann ohne Furcht, von ih-ren Titeln Abstand nahm. So konnte Philipp der Gute, der Sohn von Johann ohne Furcht, die Macht in Holland, Seeland und Henegauen übernehmen. Drei Jahre zuvor, 1430, wurde Philipp der Gute auch in Brabant und Limburg als Erbherr anerkannt und noch früher, 1421, kaufte Philipp der Gute die Grafschaft Namur, wodurch 1441 auch das Herzogtum Luxemburg unter burgundische Herrschaft geriet.3 Er konnte auch 1435 Pikardien erwerben.4 Karl dem Kühnen, dem Sohn Philipp des Guten, gelang es, sich kurzzeitig Geldern (1473) einzuverleiben. Sei-ne Tochter Maria von Burgund heiratete Maximilian von Habsburg. Mit dieser Ehe machten die Habsburger ihren Eintritt in die niederländische Geschichte. Ma-ria verlor die tatsächliche Macht über das Herzogtum Burgund sowie Pikardien, Artois, Geldern und Lotharingien.5 Ihr Enkelsohn, Kaiser Karl V., fügte seinem Reich 1521 das Bistum Doornik hinzu, erwarb 1528 die weltliche Herrschaft über das Stift Utrecht und gliederte 1543 das Herzogtum Geldern ein. Noch 1523 hatte Friesland ihm die Herrschaft übertragen, Groningen mit Drenthe unterwarf sich 1536.6 „Die Absicht Karls V., aus der Landmasse ein Königreich zu formen, ist niemals konkretisiert worden, und die Territorien haben sich lediglich bereit ge-funden, die Pragmatische Sanktion von 1549 anzunehmen, in der die einheitliche Erbfolge für alle Territorien geregelt und damit eine Trennung in Einzelherrschaf-ten ausgeschlossen wurde.“7 Hiermit ist der burgundische Kreis entstanden, der bis zur Aufteilung des Gebietes aus konfessionellem Grund bestand.

Als territorialer Ausgangspunkt der späteren Republik können die in der Uni-on vUni-on Utrecht vereinigten aufständischen Gebiete betrachtet werden, auch wenn am 23. Januar 1579 zum Verband noch Gent, Antwerpen, Breda und Lier zählten und einige „Territorien der späteren Republik erst mit einiger Verzögerung der Union beitraten. (…) Die Partner der Union waren es dann, die dem spanischen König als Landesherren 1581 abschworen. (…) Zwar war die Republik damit noch nicht proklamiert, aber die Entscheidung über Staats- und Regierungsform war voll in die Hände der Städte gelegt.“8 Die Utrechter Union war nichts ande-res als ein Zusammenschluss souveräner Territorien, ein Inteande-ressenverband, des-sen Aufgabe der Kampf gegen Spanien war. Nach dem militärisch bedingten Ausscheiden Brabants und Flanderns (1585/86) erreichten die Generalstände erst 1595 mit dem Beitritt von Stadt und Land Groningen die endgültige

3 Ebd., 109–111.

4 Maarten Prak, Hollandia aranykora [Das goldene Zeitalter der Niederlande], Budapest, 2004., 13.

5 Mulder, Doedens, Kortlever, Geschiedenis van Nederland, 114–116.

6 Horst Lademacher, Geschichte der Niederlande, Darmstadt, 1983., 13.

7 H. Lademacher, Geschichte der Niederlande, 31.

8 Ebd., 75–76.

setzung der ’sieben vereinigten Provinzen’ (Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Friesland, Overijssel, Stadt und Land Groningen).9

In der Staatsformung der Niederlande – und dadurch auch in ihrer Machtposi-tion – müssen zwei wesentliche Wendepunkte erwähnt werden. Die Spanier er-kannten 1609 die Unabhängigkeit der Republik für die Dauer des 12-jährigen Waffenstillstandes an, der Ostindien-Handel blieb frei und die Bekenntnisfreiheit für Katholiken wurde nur für die begrenzten Gebiete Brabants und Flanderns ver-einbart. Bei den Waffenstillstandsgesprächen im Haag waren England, Frank-reich, Dänemark, die Pfalz, Hessen und Brandenburg zugegen. Mit der Anwesen-heit wichtiger europäischer Mächte erhob sich die Republik aus der Rebellion und präsentierte sich als international anerkannter Partner.10

Zur tatsächlichen Unabhängigkeit kam es erst 1648, weil diese territoriale Einheit bis zum Westfälischen Frieden offiziell einen Teil des Deutschen Reiches ausmachte.11 „Die einzelnen Artikel des Friedens benannten die durch die Repu-blik eroberten Gebiete, regelten die Schließung der Schelde, bestimmten, dass Spanien die Schiffahrt im Monopolbereich der Ost- und Westindischen Kompanie verboten war.“12 Hiermit ist der neue Staat offiziell geboren und wurde als poli-tisch souveräne Einheit von den europäischen Mächten anerkannt.

Weiterhin dürfen wir nicht vergessen, dass das Gesamtgebiet der nördlichen Provinzen mit dem Polderbau vergrößert wurde. Im Laufe des 17. Jahrhunderts wurde das Gebiet der Provinz Holland um ein Drittel größer. Die Einpolderung war wegen der Ausdehnung der Landbaugebiete unvermeidlich. Als die extensive Agrarwirtschaft in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts abnahm, wurde auch mit den weiteren Einpolderungsarbeiten aufgehört.13

Im Vergleich zu den europäischen Großmächten der Zeit verfügte also die Re-publik über eine verhältnismäßig kleine Fläche. Wenn man nur den durch die po-litische Einheit besetzten Raum betrachtet, gehörte die Republik also eindeutig zu den Kleinstaaten.

Quellen

Um eine Machtposition unter den europäischen Großmächten einnehmen zu kön-nen, brauchte man eine leistungsfähige Wirtschaft und eine erfolgreiche Außen-politik. Um die wirtschaftliche Expansion verstehen zu können, sehen wir uns ei-nige statistische Daten an. Die Einwohnerzahl nahm ab dem 16. Jahrhundert

9 Ebd., 78.

10 Ebd., 134–135.

11 M. E. H. N. Mout, Het Duitse Rijk 1519–1648, In: Republiek tussen vorsten. Oranje, Opstand, Vrijheid, Geloof, Red. Frouke Wieringa, Zutphen, 1984., 95.

12 H. Lademacher, Die Geschichte, 143.

13 M. Prak, Hollandia aranykora, 93.

überall in Europa zu. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert stieg diese Zahl in Eng-land und Wales von 3,75 Millionen auf 5,67, in Frankreich von 15 auf 21 Millio-nen und in den Niederlanden von 0,9 auf 2 MillioMillio-nen. Die Anzahl der Einwohner der Niederlande blieb also immer geringer als die der zwei wichtigen Großmächte der Zeit. Doch war die Bevölkerungsdichte in den Niederlanden, vor allem in der Provinz Holland, die höchste in Europa mit einer Bevölkerungsdichte von 37 Per-sonen/km2.14 Die ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zunehmende Bevöl-kerungszahl ist größtenteils den protestantischen Flüchtlingen aus den südnieder-ländischen Gebieten zu verdanken.15 Sie siedelten sich vor allem in Holland an und trugen in großem Maße zum wirtschaftlichen Aufschwung der Provinz bei.

Der neugeborene Staat musste die politischen und finanziellen Verhältnisse unter den Provinzen regeln. Die für den 18. Januar 1651 einberufene große Ver-sammlung (Grote Vergadering) bekräftigte die provinziale Selbstständigkeit und bestätigte praktisch auch die Hegemonie der Provinz Holland.16 Eine der wich-tigsten Verabredungen war die Erhebung der Steuer, weil ein wesentlicher Teil des Geldes die militärischen Kosten deckte. Der Staat hatte bis 1805 kein einheit-liches Steuersystem, die einzelnen Provinzen konnten selbst Steuern erheben. Je-de Provinz musste jeJe-des Jahr ihren Beitrag zu Je-den Verteidigungskosten genehmi-gen. Schon zu der Zeit von Karl V. wurde der Beitrag jeder Provinz im Verhältnis zu dem der anderen festgelegt. 58,3% aller Kosten trug die Provinz Holland allei-ne, währenddessen sich die anderen sechs Provinzen die übrig gebliebenen Kos-ten unter einander teilKos-ten.17 So ist es kein Wunder, dass Holland, das die größte wirtschaftliche Last trug, die führende Rolle in allerlei politischen Beschlüssen – auch die Wirtschaft und die Außenpolitik betreffend – spielen wollte.

Auch in der Verteidigung galten die holländischen Interessen. In den Admira-litäten, die während des 80-jährigen Krieges zur Leitung der Flotte gebildet wur-den, besaßen die Holländer drei Büros von den 5. Die Matrosen der niederländi-schen Flotte waren sehr gut ausgebildet, aber sie hatten auch Glück darin, dass sie bis 1648 keinem Gegner von Format begegneten. Die Flotte war ursprünglich nicht unterteilt in eine Kriegs- und Handelsmarine, auch Handelsschiffe hatten Kanonen an Bord. Erst nach dem Ersten Englisch–Niederländischen Handelskrieg wurden 64 Schlachtschiffe mit 40–60 Kanonen ausgerüstet und weitere 80–90 Schiffe als Konvoi-Flotte gebaut.

14 Nyugat-európai gazdaság- és társadalomtörténet. [Westeuropäische Wirtschafts- und Ge-sellschaftsgeschichte], Red. H. A. Diederiks et al., Budapest, 1995., 34–37. Hierzu hat beigetragen, dass die maritime und städtische Ökonomie der Provinz Holland ab den 1640 Jahren eine immer zunehmende Arbeitskraft benötigte. Siehe: Jonathan I. Israel, The Dutch Republic. Its Rise, Greatness, and Fall 1477-1806, Oxford, 1998., 622.

15 M. Prak, Hollandia, 102.

16 Ebd., 47.

17 Ebd., 74–76. und J. Israel, The Dutch Republic, 712.

Die Landmacht von 35.000 Soldaten wurde im Laufe des 17. Jahrhunderts verdreifacht. Die höchste Anzahl erreichte sie während des neunjährigen Krieges gegen Frankreich.18

Wirtschaftlich gesehen lag eine der wichtigsten wirtschaftlichen Regionen im Mittelalter im östlichen Teil der Niederlande an der Ijssel entlang. Städte wie Kampen, Harderwijk, Zwolle, Zutphen, Deventer und Elburg gehörten zur Hanse.

Dies hat zur Blüte des Handels und der städtischen Kultur beigetragen. Diese Städte verbanden zwei wichtige Handelsgebiete: die Hanse auf der einen und Holland-Flandern auf der anderen Seite.19 Erst im 13. Jahrhundert kann von einer Stadtentwicklung in der Grafschaft Holland gesprochen werden. Drei Faktoren haben diese Entwicklung gefördert: die Verbesserung des interlokalen Verkehrs, die Sundfahrt und die zunehmende Bedeutung des holländisch-seeländischen He-ringsfangs. Die Städte der Grafschaft erwarben einen wachsenden Anteil am in-ternationalen Handel, vor allem am hansischen Transitverkehr zwischen Flandern und Hamburg, Pommern und Livland. Im Süden der Grafschaft entwickelte sich Dordrecht zum wichtigsten Rheinhafen und Stapelmarkt. Durch die starke Erwei-terung des Seehandels mit den baltischen Ländern konnte die Tuchindustrie der Grafschaft enorm expandieren.20

Nach der Einwanderung der flämischen Flüchtlinge nach dem Ausbruch des 80-jährigen Krieges übernahm Holland von Flandern die führende Rolle in der Textilindustrie. Die Flüchtlinge brachten sowohl ihre Initiativkraft als auch ihr

„know-how“ ein.21 Die Händler aus Brabant, vor allem aus Antwerpen, trugen auch zum Aufschwung der Warenbörse bei. Die holländischen und brabantischen Händler konnten zusammen neue Märkte erobern. Dazu gehörte das Mittelländi-sche Meer und Ostindien.22

Im 15. Jahrhundert wurde aus Frankreich noch drei- bis viermal so viel Ge-treide in die Niederlande gebracht wie aus dem Baltikum. 1636, als man in Ams-terdam versuchte, die Einfuhr aus Europa zu schätzen, stellte man fest, dass von 30 Millionen Umsatz 12,5 Millionen, also 40 Prozent des gesamten Umsatzes, aus dem baltischen Handel stammten. Zu dieser Zunahme trug die Entwicklung eines neuen Schifftyps, des sog. Flötenschiffes (fluit), bei. Der Rauminhalt eines solchen Schiffes hatte zugenommen, der gesamte Tonneninhalt belief sich auf 40–50.000, zweimal so viel wie der eines venezianischen Schiffes. Die

18 Ebd., 62–69.

19 Koggen, kooplieden en kantoren. De Hanze, een praktische netwerk, Red. Hanno Brand und Egge Knol, Hilversum, 2010., 119.

20 H. Lademacher, Die Geschichte, 4–5.

21 Ebd., 127.

22 M. Prak, Hollandia, 32.

schen Schiffe brauchten aber nur 9–10 Personen als Mannschaft, während engli-sche Schiffe derselben Größe 30 Leute benötigten.23

Ab den 1590er Jahren ist der Handel in den Mittelmeerraum wieder frei ge-worden, weil Spanien das Embargo gegen die niederländischen Rebellen aufhob.

Die niederländischen Kaufleute nahmen Getreide und immer häufiger Textilien in die Region mit und transportierten von dort Gewürz, Seide und Luxusartikel in die baltischen Gebiete, wo sie einen reißenden Absatz fanden.24

Ende des 16. Jahrhunderts entstand in den Nordniederlanden der Bedarf, un-mittelbare Handelskontakte mit Asien herzustellen. Die asiatischen Produkte wurden bis dahin durch portugiesische Kaufleute in die Niederlande transportier-te. Nach unterschiedlichen erfolglosen Versuchen, einen Seeweg über Nordruss-land zu finden, sind vier Schiffe nach Asien gefahren. Obwohl auch diese Unter-nehmung – zumindest wirtschaftlich – von wenig Erfolg begleitet wurde, bewies diese Reise, dass unmittelbare Handelskontakte mit Asien möglich sind. Nach der Einfuhr eines neuen spanischen Embargos wurden Handelskompanien gegründet, um den Handel mit Asien zu sichern.25

Aus diesen unterschiedlichen „Vorkompanien“ ist 1602 auf Initiative des Ratspensionärs Johan van Oldenbarnevelt die Vereinigte Ostindische Kompanie entstanden, die sich dann im 17. Jahrhundert zu einer der wichtigsten Handelsge-sellschaften der Welt entwickelte.26 Die Kompanie erhielt zum einen das Schiff-fahrts- und Handelsmonopol für das Gebiet zwischen dem Kap der Guten Hoff-nung und der Magellanstraße. Die VOC durfte im Namen der Generalstände im Haag Verträge mit den Fürsten Asiens schließen, Festungen anlegen, eine Armee rekrutieren und unterhalten sowie Gouverneure anstellen. Die Niederländer bau-ten ein Handels- und Verkehrsnetz auf mit – seit 1619 – Batavia auf Java als Zentrum und beherrschten die Sundastraße, wozu später mit der Eroberung des portugiesischen Forts Malakka die Kontrolle der Durchfahrt vom Indischen zum Stillen Ozean kam. Die Erweiterung des asiatischen Handels und der Ausbau des innerasiatischen Handels erfolgten in den 1620er Jahren. Als Zeichen für die wirt-schaftliche Blüte der VOC mag auch die günstige Entwicklung der Aktienkurse an der Amsterdamer Börse gelten. Der noch Anfang der 1630er Jahre auf 200 (in

23 Ebd., 95.

24 Ebd., 97.

25 Ebd., 98.

26 Kaufleute als Kolonialherren: Die Handelswelt der Niederländer vom Kap der Guten Hoffnung bis Nagasaki, Hg. Eberhard Schmitt, Thomas Schleich, Thomas Beck, Balberg, 1988., 5.

Gulden) stehende Kurs stieg im Jahre 1643 auf 470 und beim Abschluss des Münsteraner Friedens gar auf 539.27

Das handelsgesellschaftliche Pendant für die Neue Welt, für beide Amerikas und Westafrika, wurde die 1621 gegründete Westindische Kompanie. Das eigent-liche Motiv zur Bildung dieser Kompanie war ein militärisches, darüber hinaus ging es auch darum, den afrikanischen Gold- und Sklavenhandel sowie die Er-zeugung von und den Handel mit brasilianischem Zucker an sich zu reißen. We-sentliches Ziel war die militärische und wirtschaftliche Schwächung der Spanier.

Herausragendes Ereignis war 1628 die Aufbringung der spanischen Silberflotte durch die Niederländer unter Piet Heyn. Dieser Kompanie gelang es aber nie, wirtschaftlich, handels- und kolonialpolitisch den Rang der ostindischen Schwes-ter zu erreichen.28 Die Niederländer eroberten Gebiete in Nordamerika, im karibi-schen Gebiet und auch in Südamerika. Die auf brasilianischem Boden gegründete niederländische Kolonie war nur kurzlebig, hatte aber trotzdem eine wichtige Rolle in der niederländischen Kolonialgeschichte, weil ab 1635 hierher Sklaven – vor allem von der Goldenen Küste – angefahren wurden. Von diesem Zeitpunkt an nahmen die Niederländer am Sklavenhandel aktiv teil und sind einer der größ-ten Sklavenhändler geworden.29

Beide Kompanien entwickelten sich nach dem Staat zum größten Arbeitgeber und bereicherten den für den niederländischen Handel so wichtigen Stapelmarkt mit tropischen Erzeugnissen. Von besonderer Bedeutung war auch das internatio-nale Prestige, das die Republik durch solche Unternehmungen gewann, die nicht nur finanziell attraktiv waren, sondern schlicht auch als Unternehmungen zur Entdeckung neuer Schifffahrtrouten den Namen der niederländischen Republik in alle Welt trugen.30

Der Aufschwung des Handels inner- und außerhalb Europas vermehrte die Nachfrage nach Produkten der Textilindustrie und des Schiffbaus. Neue Indust-riezweige entstanden, die auf Rohstoffen basierten, die bisher in der Republik un-bekannt waren: z. B. die Zuckerraffinerie, Tabakindustrie, Seidenweberei und die Diamantschleiferei.31

Zum Erfolg der niederländischen Kaufleute trugen zwei Institutionen wesent-lich bei: die Wechselbank und die Börse. Die Amsterdamer Wechselbank entwi-ckelte einen besonderen Grad der Vertraulichkeit und Präzision beim Feststellen des richtigen Wertes der Münzen aus aller Welt. Die wichtigste Funktion der

27 H. Lademacher, Die Geschichte, 144–146. In der Periode 1621-1647 schienen die Nieder-länder im asiatischen Handel sogar die größte europäische Macht zu sein. Siehe Israel, The Dutch Republic, 941.

28 Ebd., 146–147.

29 P. C. Emmer, De Nederlandse slavenhandel 1500–1850, Amsterdam, 2007., 39–41.

30 H. Lademacher, Die Geschichte, 145.

31 M. Prak, Hollandia, 99–100.

se war es, Leute zusammenzubringen: Hier wurden nicht nur Waren, sondern

se war es, Leute zusammenzubringen: Hier wurden nicht nur Waren, sondern

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