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3. Die deutschsprachige Regionalpresse mit Schwerpunkt auf Banat und Temeswar in

3.2. Der regionale Kontext: Banat und Temeswar

3.3.2. Die Aufwertung des Lokalen: Ära Sternberg (1871–1887)

Die einflussreichsten Hauptschriftsteller der Zeitspanne bis zur Jahrhundertwende waren Adolf Silberstein (alias Ötvös), Adolf Sternberg und Armin Barát. Silberstein, obwohl nur kurzfristig bei der Temesvarer Zeitung tätig, und Sternberg, der mehr als ein Jahrzehnt Leiter des Blattes war, haben mit eigenen wie auch fremden Beiträgen die dann insbesondere von Barát und Nachfolgern fortgeführte Tradition eines gepflegten Feuilletons der Temesvarer Zeitung begründet.

164 Ebd.

165 Szendi, Zoltán: Deutschsprachige Presse in Branau. In: Obad, Vlado (Hg.): Regionalpresse Österreich-Ungarns und die urbane Kultur. Vorwort. Wien 2007. S. 270.

166 Temesvarer Zeitung Nr.1. vom 1. Januar 1891. S. 3.

Nach Silbersteins Ausscheiden im Mai 1871 übernahm wieder Uhrmann für kürzere Zeit die Leitung. Nach der wechselvollen Geschichte167 der Zeitung bis 1871 begann eine solidere Phase in der Entwicklung des Blattes: Adolf Sternberg (1839–1903) blieb elf Jahre an der Spitze der Zeitung.

Während der Ära von Adolf Sternberg (1871–1882) erlebte das Blatt einen bis dahin nicht gekannten Aufschwung. Der Redakteur selbst schrieb für die Temesvarer Zeitung nicht nur Leitartikel, Tages- und Reiseberichte und Theaterchroniken, sondern auch Essays und Gedichte. Er trat im Juli 1871 an die Spitze der Zeitung. Vorher war er Mitarbeiter der Pester Zeitung, Redakteur der Agramer Zeitung und der Drau und des Ungarischen Lloyd. 1882 kehrte er nach Budapest zurück als Miteigentümer des Pester Journals. Ein Jahr später hat er an der Redaktion des Budapester Tagblatts teilgenommen, dann am Neuen Pester Journal bis zu seinem Tod, bis 1903.168 Das Neue Pester Journal charakterisiert ihn als einen Mann mit

„umfassendem Wissen, großer Begabung und außerordentlichem Pflichteifer, (der) […] jedem Blatt, in dessen Verband er gehörte, zur Zierde (gereichte). Seine Arbeitsfreudigkeit kannte keine Grenzen, er schrieb Leitartikel, Feuilletons, oft an einem Tage beides, Müdigkeit war ihm ein unbekannter Begriff.“169 An anderer Stelle heißt es: „Als Mann von lauterem Charakter und edelster Gesinnung, führte er die Feder mit besonderer Virtuosität und Schwung […] (Er) war Idealist als Dichter wie als Mensch, trotzdem die Menge dieser Richtung weder in der Literatur, noch als Lebensrichtung aufgefaßt, huldigt.“170

Sternberg versuchte sein Blatt „ohne ausgesprochene Parteifärbung, in liberalem Geiste auf literarischem Niveau zu halten und verstand mit außerordentlichem Geschick, durch fesselnde Lokalartikel den bürgerlichen Mittelstand anzusprechen.“171 In solcher Weise gewann die Zeitung auf Lokalpolitik und Stadtverwaltung bedeutenden Einfluss.

Die journalistische Tätigkeit Sternbergs wurde durch einen Konkurrenzkampf in der Temeswarer Publizistik herausgefordert. Ein Jahr nach dem Ausgleich 1868 erschien das zweite große deutsche Tagblatt in Temeswar, die Neue Temesvarer Zeitung. Zwischen den zwei Vertretern der Temeswarer Publizistik in den 70er Jahren gab es einen krassen Unterschied:

Sternberg, ein gebildeter Schriftsteller, Kenner der Weltliteratur; seine poetischen Leistungen beachtete man in Österreich-Ungarn und im Deutschen Reich, während Strasser auch als

167 Zwischen 1867–1871 hatte die Zeitung sieben Schriftleiter.

168 Szinnyei, József: Magyar írók élete és munkái. [Leben und Werke der ungarischen Schriftsteller]

http://mek.oszk.hu/03600/03630/html/ (Zugriff am 15. 07. 2016)

169 Neues Pester Journal Nr. 167 vom 20. Juni 1903. S. 4. Zit. nach: Krischan 1969, S. 37.

170 Temesvarer Zeitung Nr. 140 vom 23. Juni 1903, S. 5. Zit. nach: Krischan 1969, S. 37.

171 Krischan 1969, S. 38.

Redakteur Offizier blieb; sein Stil war scharf, klar, militärisch. „Die stärkere Persönlichkeit unter den zerstrittenen Duumviren war der jüdisch-betriebsamere, leidenschaftlichere, ungleich intellektuellere Sternberg.“172 In mehreren Beiträgen von Sternberg erscheint ihre publizistische Schlacht, meistens in satirischem Ton:

„Zeuch nicht den dunklen Wald hinab!“ riefen mir meine Freunde in Pest zu, als ich ihnen meine Absicht mittheilte, nach Temesvar zu gehen. „Du bist verloren!“ warnte mich mein Freund Dr. Paul Zilahy, der Strasser frißt dich bei lebendigem Leibe; der kleine Silberstein bekam das Fieber, wenn man nur den Namen Strasser aussprach, Max Kohn beschwor mich bei allen Heiligen des alten Testamentes auf mein junges Leben zu achten, und überall warnte man mich vor dem grimmen Minotaurus, der im Labyrinthe Temesvars hause und die Redakteure der „Temesvarer Zeitung“ mit Haut und Haar, mit Knochen und Federn verzehre und Nichts von ihnen übrig lasse, als eine lächerliche Fratze zum abschreckenden Beispiele für Andere.173

Ihr publizistischer Kampf wurde auch vom Lesepublikum verfolgt:

Im Lloydcafé erwarteten alle Stammgäste mit Spannung die Blätter, selbst im Deutschen Theater, bei den sensationellen Gastspielen Sonnenthals oder eines Gallmayer … sprach man weniger über die berühmten Gäste als über die Zeitungspolemiken der Redakteure, in denen sich die Stadt mit ihren Eigenheiten und Sonderbarkeiten, guten und schönen, aber auch spöttischen und ironischen Eigenschaften verkörpert sehen konnte.174

Trotz des Konkurrenzkampfes wollten sie Temeswar kulturell entwickeln und zur Metropole der Banater Intelligenz machen. Das bedeutete harte Arbeit, aber Sternbergs Arbeitsfreudigkeit kannte keine Grenzen.

Außer des Konkurrenzkampfes mit Strasser sah sich die „Alte“ auch anderen Gefahren gegenüber: in Temeswar erschienen weitere deutsche und ungarische Blätter, wie z.B. die Temesi Lapok (Temescher Blätter)175 zwischen 1872–1880. Heim, der Eigentümer des Blattes hoffte auf einen Aufschwung, als er den Südungarischen Lloyd aufkaufte und mit seiner Zeitung fusionierte. Die Leitung des neuen Blattes, das im Untertitel den Namen der neu aufgekauften Zeitung trug, übernahm Armin Barát. Unter diesen Umständen und Änderungen musste Sternberg im März 1887 ausscheiden; er kehrte nach Budapest zum Pester Journal zurück. „In der Ära Sternberg – die mit dem politischen und wirtschaftlichen Aufschwung des Landes zusammenfiel – errang die Temesvarer Zeitung größere Bedeutung und unbestrittenes Ansehen als eine Stätte modernen Journalismus.“176

172 Krischan 1969, S. 38.

173 Pater peccavi! In: Temesvarer Zeitung Nr. 134 vom 14. Juni 1871. S. 1.

174 Weiß, Julian: Das gute, alte Temesvar. Zwei Zeitungen – zwei Redakteure. In: Temesvarer Zeitung Nr. 293 vom 25. Dezember 1930. S. 3.

175 Das Blatt wurde durch die Initiative des Obergespans Sigismund von Ormós gegründet. Titeländerungen in der Folge: Délmagyarországi Lapok (Südungarische Blätter) zwischen 1880–1887 und Délmagyarországi Közlöny (Südungarische Mitteilungen) zwischen 1887–1918. Vgl. A magyar sajtó története. [Die Geschichte der ungarischen Presse] Redigiert von Szabolcsi Miklós u. Kókay György.

http://mek.oszk.hu/04700/04727/html/404.html (Zugriff am 12. 08. 2016).

176 Krischan 1969, S. 40.

Sternberg beschrieb die Umstände seines Ausscheidens, die Ursache der Verschmelzung beider Zeitungen:

Der Hauptfehler der hiesigen journalistischen Verhältnisse schien mir darin zu liegen, daß auf einem verhältnismäßig so engen Raum zwei deutsche Blätter mit derselben Tendenz, derjenigen der liberalen Partei nämlich, existierten. So erfreulich dieser Umstand nun unter anderen Verhältnissen gewesen wäre, so war derselbe doch hier nicht ohne schwere Übelstände. Die Temesvarer Zeitung und der Südungarische Lloyd, welche ihrer Tendenz nach berufen gewesen wären, Schulter an Schulter die Interessen der Partei zu schützen, konnten diesem Berufe nicht vollständig nachkommen, weil zwischen ihnen der Natur der Sache nach ein geheimer Konkurrenzkampf bestehen mußte und was noch schädlicher war, weil durch denselben auch eine Spaltung der Partei in zwei Lager zu befürchten war.177