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Bei der Bewertung der Tätigkeit von György Enyedi ist von den vielen Aspekten für die ungarische Literaturgeschichte derjenige von besonderer Wichtigkeit, daß er neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit in lateinischer Sprache - in einer Reihe von literarischen Gattungen wie in Historiengesängen mit verschiedener Thematik bis hin zu rethorisch meisterhaften Predigten - auch die Literatur in der Muttersprache bereicherte und dadurch eine wichtige Tradition ins Leben rief.

Offensichtlich seinem Beispiel - und zum Teil seinen Anweisungen - folgend erzogen seine Mitarbeiter und Nachfolger im Bischofsamt Mate Toroczkai und Pal Csanadi neben ihrer vielseitigen literarischen Tätigkeit eine neue Generation, damit diese durch die Pflege zahlreicher literarischer Gattungen aus dem welt-lichen und kirchwelt-lichen Bereich dem Erbe der antitrinitarischen geistigen Strö-mung sowie den aktuellen Zielen ihrer Kirche dienen, insbesondere indem sie in der Muttersprache der Mehrheit sprechen. Über die Kriege und innere Unruhen hinaus erschwerte auch das durch den erdrückenden kalvinistischen Angriff und durch die fürstliche Unterstützung entstandene Übergewicht die Bestrebungen der unitarischen Anführer, daß nämlich auch Institutionen einen literarischen Auf-schwung unterstützen und stabilisieren sollen (in längerer Zeitspanne unüber-windliche Schwierigkeiten bereitete insbesondere die Erhaltung der gut und si-cher funktionierenden Druckerei). Der unvoreingenommene Betrachter sollte also die weltliche und kirchliche literarische Produktion in Kenntnis gerade dieser schweren Hindernisse und zeitweiligen Desaster beurteilen und auswerten.

Die Beurteilung würde erschwert, würde die zu untersuchende Zeitspanne nicht näher bestimmt. Als Anfangsdatum nehmen wir Enyedis Todesjahr 1597 und als Abschluß dient das Ableben der besten Vertreter der auf ihn folgenden zwei Generationen im Jahre 1636, als sowohl Pal Csanadi als auch sein hervor-ragendster Schüler, der Schriftsteller Janos Thordai starben. Um dieselbe Zeit fängt auch die Produktion in der Heltai-Druckerei an zu stocken und es zeigen sich die ersten Zeichen jenes schicksalhaften inneren Konflikts, der zwei Jahre darauf zu derartig schweren Repressalien geführt hat. Mitte-Ende der l 630er Jahre ist auch nach der Logik der unitarischen Literatur eine Wende zu konsta-tieren: Neben der Reformation sind die Ideen des Humanismus maßgebend, in der bis dahin entstandenen Literatur dominieren Geschmack und Stil der Renaissance (oder des Manierismus), selbst in den anspruchsvolleren Stücken der Gelegen-heitsdichtung, und verblassen oder „sinken" (z. B. in die populäre Sphäre der Dichtung) danach. Wir richten also unsere Aufmerksamkeit auf die ungarische

Literatur der vier Jahrzehnte nach Enyedi, behandeln jedoch nur einen kleineren Teil, die aus der Sicht der Kirchen- und Ideengeschichte relevanten Schriften aus-führlicher.

Als Einleitung sollen aber zunächst - mit Ausblick auf eine breitere Zeitspanne - die Veränderungen in der Benutzung des Lateinischen und der Muttersprache in Literatur und Wissenschaft sowie die Forschungsgeschichte des Themas erörtert, dann das kirchliche Leben des Sachsentums und abschließend das unitarische Druckwesen in Siebenbürgen behandelt werden.

György Enyedis in Klausenburg auf Latein verfaßte und erschienene Explica-tiones sind nach dem Erscheinungsjahr 1597 für ein gutes Jahrhundert sowohl in Siebenbürgen als auch im Ausland auf starken Widerhall gestoßen. Ein Beispiel für eine positive Resonanz ist bis zur Neuauflage dieser lateinischen Schrift im Ausland im Jahre 1670 und danach bei den Vertretern der Frühaufklärung zu sehen. Die negative Reaktion ist jedoch noch viel intensiver und nachhaltiger. (Es soll hier bemerkt werden, daß diese große Wirkung in den Bibliographien wie auch in den anspruchsvollen Bearbeitungen zum Ausdruck kommt.) Unter den Nachfolgern von Enyedi gibt es niemanden, der einen nur ähnlichen Erfolg er-reicht hätte. Dieses Faktum hängt mit der Umstrukturierung der literarischen Tätigkeit in der lateinischen und in der Muttersparehe zusammen, die sich ab Anfang des 17. Jahrhunderts in den intellektuellen Kreisen der beiden „nationes"

Siebenbürgens, so unter den deutschsprachigen Siebenbürger Sachsen wie bei der allmählich (auch durch Madjarisierung) an Zahl zugenommenen ungarischen Bevölkerung bemerkbar macht. Das Latein wurde immer mehr in die Welt der Geschichtsschreibung, der naturwissenschaftlichen Kenntnisse und im allge-meinen in das Schulwesen gedrängt; demgegenüber mußte die Muttersprache eine Terminologie schaffen, die ihr - insbesondere dem Ungarischen - bislang kaum oder gar nicht geläufig war. Die Fachprosa in der Muttersprache, die für die Erläuterung abstrakter philosophischer und theologischer Zusammenhänge ge-eignet war, war auch in anderen Ländern Ostmitteleuropas zu dieser Zeit in Entstehung begriffen.

Es gibt jedoch einen Vergleich, der den Prozeß in Siebenbürgen als einen spezi-ellen darstellt. Es handelt sich dabei um die Polnischen Brüder, die den Sieben-bürgern in Gesinnung am nächsten standen, deren wissenschaftlich-literarischen Bemühungen denen der Siebenbürger gerade entgegengesetzt waren. Die neue Generation dieser Polnischen Brüder ausgezeichneten, hochgebildeten Elite, die aus verschiedenen Nationen stammte, verfaßte ihre wichtigsten Schriften weiter-hin auf Latein (im Exil gehen sie sogar so weit, daß sie - angeblich - bei der Redaktion der Bibliotheca Fratrum Polonorum geneigt waren, die ursprünglichen Texte in der Vulgärsprache, aus denen zu kanonisierende lateinische Texte ent-standen, zu vernichten). Es soll hier nicht in Frage gestellt werden, daß das Latein auch nach 1600 ein dominantes, wenn auch kein ausschließliches Instrument der philosophischen und theologischen Abhandlungen war. In diesem Zusammen-hang ist es vielleicht gar nicht unbegründet, den siebenbürgischen Prozeß, die Zurückdrängung der lateinischen Sprache von vornherein als Niedergang zu be-trachten, aber nur insofern, daß der Gebrauch der nur wenigen geläufigen ungari-108

sehen Sprache gewissermaßen die Isolation von der wissenschaftlichen Elite des Westens mit sich brachte. Sehen wir jetzt von der Untersuchung dessen ab, inwie-weit die Beziehungen der Siebenbürger Unitarier - wenn auch nur passiv, im Sinne der Rezeption - zu den Universitäten in Italien, Deutschland, England und den Niederlanden und zu den dortigen Gleichgesinnten erhalten blieben. Dabei steht es außer Zweifel, daß die antitrinitarische Bewegung und die sich daraus recht schwierig entfaltende Kirche schon zu dieser Zeit den Rahmen für beach-tenswerte geistige Produkte schufen.

Das Vordringen der Muttersprache in der Literatur der religiösen Gemeinden ist eine allgemeine, gesamteuropäische Erscheinung; dies wird durch die Polemik und Rivalisierung der Konfessionen beschleunigt, in unserem Fall durch die regelrechte literarische Invasion der Reformierten, die sie recht wirksam organi-sierten, indem sie sie fast immer in der Sprache der Leser und Hörer der Predigten verfaßten. Die siebenbürgischen Unitarier brauchten nicht unbedingt gegen den internationalen Widerstand, weder den aus Rom noch aus den Wittenberg, auftre-ten. Was sie vielmehr vor Augen halten mußten, war die Expansion der sich ent-faltenden Staatsreligion des Fürstentums.

Wir, ungarische Forscher, sind wegen der Vorgehensweise unserer ausländi-schen Kollegen, wegen der absolut negativen Beurteilung der Entwicklung der Kultur und Literatur des siebenbürgischen Unitariertums nach 1600 (oder schon nach dem David-Prozeß 1579) oft geneigt zu nörgeln. Es ist jedoch nicht fraglich, daß dabei die Ungarn, insbesondere die ungarischen Unitarier viel versäumt haben: Die programmatische Geringschätzung der Literatur nach dem Prozeß gegen Ferenc David und insbesondere die Vernachlässigung der Erforschung des 17. Jahrhunderts müssen in diesem Zusammenhang unbedingt erwähnt werden.

Die wissenschaftliche Aufdeckung der Denkmäler der Literatur (sowie der Wissenschaft und Kunst) wurde von weltlichen Experten initiiert und in die Wege geleitet. - Ungarische unparteiische Experten verschiedenster Fachbereiche (aus der Philologie, Textologie, Poetologie, Dramentheorie, Geschichte des Unterrichts-wesens bzw. der Naturwissenschaften und nicht zuletzt aus der Musikwissen-schaft), die die unitarische Kirchengeschichte nicht einfach über Generationen hindurch wiederholen, haben sich in den letzten ca. 40 Jahren des öfteren mit siebenbürgisch-unitarischen Texten, Dokumenten, Daten beschäftigt und nicht zuletzt mit solchen, die im 17. Jahrhundert für breitere Schichten verfaßt worden waren, um das überleben dieser vielfach bedrohten Gemeinden zu sichern.

Es gibt auch tiefgreifende Analysen von Detailfragen; das vor 35 Jahren er-schienene Handbuch der Geschichte der älteren ungarischen Literatur, zu dessen Mitarbeitern erfreulicherweise auch Antal Pimat, der damals beste Kenner anti-trinitarischer Quellen Siebenbürgens gehörte, ist z. B. bis heute brauchbar.1

Über den Antitrinitarismus in Siebenbürgen und über die daraus entstandene unitarische Kirche und Kultur gibt es seit langem Werke in englischer oder deutscher Sprache (oder Kapitel von umfangreichen Zusammenfassungen), das Schrifttum in der Muttersprache wurde aber fast in jedem Fall außer acht

gelas-1 KLANICZAY, Irodalomtörtenet, II.

sen.2 Die Ursache der Außerachtlassung der ungarischsprachiger Werke kann natürlich auch sein, daß es sich um eine kleine, isolierte Sprache handelt; ent-scheidend ist aber, daß auch die ungarische Forschung sich lange nicht darum bemüht hatte, über die Literatur in der Muttersprache, die für ein breiteres Lese-publikum gedacht war, in der Fremdsprache wenigstens minimale Informationen zugänglich zu machen. Seit einigen Jahren wurde beim Koerner Verlag mit der Reihe begonnen, die die ungarischen unitarischen Autoren des 16. Jahrhunderts vorstellen, indem über die Angabe der Titel und Fundorte der Dokumente und Schriften hinaus auch der Inhalt bekanntgegeben wird, damit sich der der ungari-schen Sprache nicht mächtige Leser ein Bild über diese Werke machen kann.3 In bezug auf das unitarische Schrifttum nach 1600 kam es bislang noch nicht zu einem derartigen Durchbruch, und dies ist umso schmerzlicher, da sich beide Nationen (die ungarische wie die sächsische) des siebenbürgischen Schrifttums in dieser Zeit bei ihrer organisatorischen Tätigkeit, um die gesellschaftliche Basis ihrer Institutionen, Kultur und Literatur auszubreiten, immer stärker der Mutter-sprache zuwenden.4

Anfang des 17. Jahrhunderts wird die Madjarisierung von Klausenburg beschleu-nigt,s und dieser Prozeß erstreckt sich auch auf andere, von Unitariern bewohnte Gebiete Siebenbürgens.6 Gleichzeitig nimmt auch die Zahl der in sächsischen Krei-sen entstandenen Literatur ab.7 Dies ist der Grund dafür, daß die deutschsprachigen Werke im weiteren kaum gedacht werden. Der Hauptgrund ist aber noch viel

ein-2 So auch bei WILBUR, History. - Die auf deutsch überlieferten Dokumente und Schriften blieben ebenfalls oft unbeachtet. Dieses Material muß demnächst auch extra bearbeitet werden, zumal die siebenbürgischen Unitarier, und insbesondere die Klausenburger Sachsen durch Konver-sionen und durch die Einsclunelzung in das Ungartum erst allmählich verschwanden; im 17.

Jahrhundert waren sie noch da und vertraten eine eigenartige Farbe auf der Palette.

3 Bibliotheca Dissidentium, XII.

4 Es ist beachtenswert, daß dies in den anspruchsvolleren Bibliographien des 18. Jahrhunderts noch nicht außer acht gelassen wurde. So ist die sorgfältige Arbeit von Kenosi bis heute nicht überholt, die in bezug auf die Auflistung der muttersprachlichen Schriften des 17.

Jahrhunderts in der unitarischen Kirchenhistoriographie eine erfrischende Ausnahme darstellt. Neuerdings ist dieses Werk nicht nur in Manuskript zugänglich: KENOSI, Biblio-theca. (Leider werden bei Kenosi die manclunal langen ungarischen Titel nicht einmal in reduzierter Form übersetzt, obwohl dies auch den Nutzen der Feststellung von Gegenstand und Gattung mit sich brächte.) Im weiteren geben wir bei den einzelnen Werken die Seitennummern dieser Bibliographie an.

5 Siehe dazu A. Kiss, G. Sipos im vorliegenden Band.

6 Zur allmählichen Abschwächung der sächsischen Nation trugen auch die Konversionen bei.

Der Fall Caspar Graffius ist deshalb ein interessantes Beispiel, weil durch seinen Glaubens-wechsel die Minorität der sächsischen Kalvinisten zunahm. Apaczai es kortarsai. Herepei Janos cikkei (Apäczai und seine Zeitgenossen. Studien von Jänos Herepei), Budapest-Szeged 1966, 206-213 (Adattär, 2).

7 Dazu trug der Eingang zahlreicher deutscher Bücher aus den sozinianischen Druckereien bei; der Possessoren-Index der ausgezeichneten Bibliographie liefert nicht selten Beweise dafür: Alodia KAWECKA-GRYCZOWA, Arianskie oficyny wydawnicze Rodeckiego i Sterna-ckiego, Wrodaw-Warszawa-Krak6w 1973.

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facher: Es fehlt eine grundlegende bibliographische und textologische Bearbeitung der Geschichte und v. a. der literarischen Produktion der immer noch nicht unwe-sentlichen sächsischen Gemeinden.8 Es steht außer Zweifel, daß unser Bild über die unitarische Kultur im 17. Jahrhundert nach Behebung dieses Mangels grundsätz-lich geändert wird, zumal z. B. die verhältnismäßig wenig Sachsen in Klausenburg eine wesentliche Rolle dabei gespielt haben, daß sich die ausgezeichneten Gelehr-ten und Lehrer aus dem Ausland (Radecius, Baumgart) auffallend schnell akkli-matisiert hatten, im ersten Drittel des Jahrhunderts sogar sehr aktiv am öffentlichen Leben der Stadt teilnahmen.9

Exkurs: Das siebenbürgische unitarische Druckwesen im 17. Jahrhundert Der Erscheinungsort der Drucke ist die ganze Zeit hindurch Klausenburg, wo das Niveau der vom namhaften Reformator-Schriftsteller Gaspar Heltai im Jahre 1550 gegründeten Druckerei weder von den Erben noch von der Leitung der uni-tarischen Kirche und der Stadt gewährleistet werden konnte. Die Tätigkeit der Druckerei wurde in den zwei Jahrzehnten nach dem Erscheinen des Hauptwerkes von Enyedi 1598 praktisch eingestellt. Der Großteil der Lettern wurde schließlich von Janos Makai Nyfrö (um 1590-1622), dessen Studium in Prag und in den Druckereien von schlesischen und polnischen Städten die Stadt finanzierte, neu gegossen. Nach dem Tod dieses Meisters ging die Produktion in der „officina Heltaiana" schleppend voran, endgültig wurde sie dann im Jahre 1660 eingestellt.

Bis zu dieser Zeit tat die Führung der siebenbürgischen Unitarier beachtenswerte, wirksame Schritte; man hat die Spaltung der führenden Gruppen am reformierten Fürstenhof 1619-1620 sowie das Interregnum auf dem Fürstenthron um 1630 geschickt ausgenutzt. In diesen zwei Perioden hatten sie unter den reformierten, jedoch gewissermaßen liberalen Hochadeligen und Hofbeamten vorübergehend aktive Unterstützer. So kann behauptet werden: Die in religiös-geistlichem Sinne empfindlichen Werke kamen nur ab und an so weit, daß sie gedruckt wurden.10 In den Jahrzehnten nach dem Tode von Makai Nyfrö zeichnen Andras Valaszuti und besonders György Abrugyi als Drucker unitarischer Bücher. Nicht selten wurden aber von den Anführern der Kirche auch schwere Fehler begangen, man brachte weder genug Opfer noch schenkte man entsprechende Aufmerksamkeit der Aufgabe, die Bedingungen für die Kommunikation zu sichern, insbesondere in

8 Die Ausnahme ist das bis heute nützliche biographische Lexikon, das die Autoren von Drucken detailliert darstellt: Josef TRAUSCH, Schriflstellerlexikon [. . .] der Siebenbürger Deutschen, Bde 1-3, Kronstadt 1868-1871.

9 Dies bezieht sich auch auf die Ausländer, die ethnisch nicht zum Deutschtum gehören. Es ist z. B. typisch, daß der in den Klausenburger Dokumenten unter dem Namen Johannes Bohemus auftauchende Jan Hradecky, das mit äußerster Sorgfalt verfertigte, mit Noten versehene Manuskript Hertzliches Seyten-Spiel von Johann Preuss, dem bedeutendsten Werk der deutschen unitarischen Dichtung mitbrachte.

10 Siehe dazu Kälman T6TH, Könyvnyomtat6 Makai Nyirö Janos deak (Der Buchdrucker J. Makai Nyir6), in: Kelemen Lajos Emlekkönyv (Festschift für L. Kelemen), Kolozsvär 1957, 587-606.

den Jahrzehnten nach 1660, als - jedoch aus den Niederlanden - bedeutsame Mitarbeit von hohem Niveau zu erwarten war: man zeigte in der Abwicklung der Heimkehr vorn aus Siebenbürgen ausgewanderten berühmten Experten Adam Franck genauso wenig Beflissenheit wie in der Besorgung von angebotenen Ausrüstungen für die Druckerei. Typisch ist, daß die Gemeinde der nach Sieben-bürgen geflohenen Polnischen Brüder, v. a. die Familie von Andras Kmita mit Hilfe einer kleinen, in Danzig erworbenen Offizin erreichen konnten, daß von 1693 bis 1704 auch einige wichtige unitarische Werke in Klausenburg erscheinen konnten.

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Sehen wir uns also die wichtigsten Dokumente von den siebenbürgischen ungarischsprachigen unitarischen Schriften an, zunächst die in geistesgeschicht-licher, religionsphilosophischer Hinsicht relevanten, dann aber auch die Werke von speziell in dieser Gemeinde tätigen Schriftsteller und Dichter.11 Die Wichtig-keit dieser und inwieweit sie verbreitet waren, wird an der Produktion der recht unregelmäßig arbeitenden Klausenburger unitarischen Druckerei „gemessen".

Dabei bedienen wir uns des ausgezeichneten bibliographischen Unterfangens,12 den Katalog13 über die in Manuskript gebliebenen Schriften ziehen wir jedoch erst in den seltenen Fällen heran, wenn es zur Darstellung einer Arbeit kommt, die mangels einer Druckerei durch Massenabschriften verbreitet wurde.

/.Die Herausgabe der Explicationes-Übersetzung von Enyedi

Das größte Unterfangen sowohl der erneuerten Druckerei unter der Leitung von Makai Nyfro als auch der literarischen Tätigkeit von Mate Toroczkai war die Übersetzung und Publikation des Enyedi-Textes.14 Eine Angabe in einem Rats-sitzungsprotokoll aus dem Jahre 1607 weist bereits auf die Besorgung der nötigen Papiermenge, was darauf schließen läßt, daß der Text zu dieser Zeit zumindest teil-weise fertig gewesen sein kann. Das entschiedene Auftreten der Reformierten zögerte die Realisierung der Publikation in nicht geringem Maße hinaus, schließ-lich aber wurde das Gießen von neuen Lettern gerade dadurch bewirkt. Diese Arbeit wurde neben dem Stadtrichter noch von Toroczkai geleitet, der jedoch den

11 Hier soll angemerkt werden, daß wir die siebenbürgische Literatur der Sabbatarier voll-ständig unbeachtet lassen, vor allem, weil dies im 17. Jahrhundert auf der Hand liegt, zumal die religiös-philosophische Orientation der ungarischen „Judaisierenden" zu dieser Zeit schon vollkommen selbständig ist und auch von den Radikalen unter den Unitariern markant abweicht (ihr gemeinsames tragisches Schicksal Ende der 1630er Jahre ist eine andere Frage).

12 RMNy; für spätere Drucke: RMK.

13 The Manuscripts. Die Listennummern der Ausgabe stimmen mit den auch heute noch gülti-gen Signaturen überein.

14 RMNy 1187 und 1222 beschreiben ausführlich das 804 4° Seiten umfassende Werk.

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Druck nicht mehr erlebte.15 Nach seinem Tode führt eine aus neun Klerikern beste-hende Kommission Anfang 1617 die Revision des Textes durch, damit der refor-mierte Klerus sowie der Fürstenhof möglichst keine radikalen Thesen auszusetzen hat.16 Selbst unter diesen Umständen. wagte man das Werk erst 1619 zu drucken, die Edition wurde strengstens verzögert. Die Vorsteher von Stadt und Kirche suchten monatelang immer wieder den Fürstenhof auf, und konnten schließlich im Herbst 1620 - durch die Hilfe des noch amtierenden Kanzlers Simon Pechi - das Einverständnis des Statthalters des Fürsten, der zu dieser Zeit noch auf Kriegs-zügen war, erwerben. Dies bezog sich nicht auf die Verbreitung außerhalb der Kreisen der unitarischen Kirche, und selbst in diesem Bereich wurde der Druck nur mit dem veränderten Titelblatt aus dem Jahre 1620 verschickt. Das Werk wurde nur in einem bescheidenen Kreis verbreitet; jedenfalls stand es unter den Bedingungen bei der Genehmigung der konfiszierten Exemplaren, daß diese aus-schließlich innerhalb der (siebenbürgischen oder klausenburgischen unitarischen) Kirche gebraucht werden dürfen.17 Die Geschichte der Übersetzung, der Heraus-gabe sowie der Verbreitung des Enyedi-Textes ist also abenteuerlich, und einige Kapitel dieses „Romans" weisen darauf hin, daß die Übersetzung und dann die Ausgabe mit der Gegenüberstellung mit den zwei Testamenten der ursprünglichen Absicht des Verfassers gegenüber immer weniger gegen die herkömmliche Auf-fassung aufwiegeln. Die „für die inneren Kreise", für unitarische Kleriker, Drucker, Stadtvorsteher bestimmten Briefe und Schriften sprechen unmißver-ständlich über mehrmalige Überprüfung, Änderung, eine Art Selbstverstümme-lung der Übersetzung.18 Alles, was uns heute darüber bekannt ist, läßt ahnen, daß zwar die Übersetzung und Herausgabe der Explicationes die bedeutendste Unter-nehmung der siebenbürgischen Unitarier im 17. Jahrhundert war, ein „nach außen

15 Kaiman T6th, der die gegebene Phase der Geschichte der Druckerei dokumentierte, weiß noch von weiteren Enyedi-Übersetzungen, die Toroczkai zuzuschreiben seien, die uns jedoch bislang nicht bekannt waren. Kälmän Törn, Könyvnyomtat6, 593.

16 Die diesbezüglichen Dokumente werden bei K. T6th nicht eingehend dargestellt. Feststeht, daß der Druck an manchen Stellen sowohl von Enyedis lateinischem Text als auch vom (heute nicht mehr bekannten) Original der Toroczkai-Übersetzung abweicht. Zu einem detail-lierten Vergleich des Lateinischen mit dem Ungarischen kam es bislang noch nicht.

17 Die Maßnahme, „das beschlagnahmte Buch soll freigegeben werden, damit unsere wohl-gesonnenen Landsleute es benutzen können", wird von Kälmän T6th aus dem Archiv der Stadt Klausenburg zitiert (op. cit., 509).

18 Kaiman T6th erwähnt wiederholte „innere Zensur", bei der die Kommissionsrevision in den letzten sechs Januar-Tagen im Jahre 1617 nur den Schlußakt spielte; und es deutet auf „die neue Situation seit dem Vordringen des Kalvinismus sowie auf die Abwehr der

18 Kaiman T6th erwähnt wiederholte „innere Zensur", bei der die Kommissionsrevision in den letzten sechs Januar-Tagen im Jahre 1617 nur den Schlußakt spielte; und es deutet auf „die neue Situation seit dem Vordringen des Kalvinismus sowie auf die Abwehr der