• Nem Talált Eredményt

der an Polen verpfändeten Zipser Städte

12

Als der ungarische König, Sigismund von Luxemburg (1387—

1437), Mittel zur Führung des Krieges mit der venezianischen Re­

publik zwecks der Wiedererlangung Dalmatiens Geldmittel benö­

tigte, verpfändete er im Jahre 1412 16 Zipser Städte an den König von Polen, Wladislaw Jagiello, u. zw. gegen die Summe von 88.000 ungar. Gulden.

Im Laufe der folgenden Jahrhunderte blieb man ungarischer- seits fortwährend bemüht, diese Städte von Polen loszukaufen, jedoch wurde diese Angelegenheit von Polen als verjährt angesehen.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts beschäftigte sich der Wiener Hof mit dem Loskauf dieser Städte und der Kanzler Kaunitz beschloss, die Zipser Städte um jeden Preis wiederzuerringen und liess im Jahre 1768 die Rechte (deductio iuris) der ungarischen Krone auf die Zipser Städte bearbeiten. Diese Arbeiten wurden tat­

sächlich beendet, und es wären wieder entsprechende Schritte zur Wiedererlangung der Zipser Städte durch die Zahlung der Pfand­

summe unternommen worden, wenn die osteuropäischen Ereignisse und die mit diese verbundene polnische Frage dieser Angelegenheit nicht eine andere Wendung gegeben hätten.

Zu Beginn des Jahres 1768, noch vor Ausbruch des türkisch—

russischen Krieges, gelangten aus der Türkei nach Wien beunruhi­

gende Nachrichten über die dort herrschende Pest, und so sah sich die Regierung gezwungen entsprechende Massregeln auf der unga­

risch—türkischen bezw. ungarisch—polnischen Grenze zu treffen.

Auf diese Weise entstanden längs der ungarischen Grenze Qua­

rantäne-Stationen („iContumax-stationen“ ), wodurch die verpfän­

deten Zipser Städte von Polen abgeschnitten wurden. Die sanitäre

— wurde bald zur militärischen Grenzlinie. Mittlerweile siedelten sich vor dem russischen Heer zurückgewichene Konfoederierte aus Bar in Ungarn in der Nähe der polnischen Grenze an. Ein Teil dieser Konfoederierten, mit Joseph Bierzyhski an der Spitze, drang in die Zipser Städte ein und bemächtigte sich der Stadt Lubló, des Sitzes

der Zipser Starostei und legte den verpfändeten Städten eine Kon­

tribution auf. Die durch die Konfoederierten in diesen Städten ent­

standenen Unruhen und ausgeübten Gewalttaten einerseits, und die Tatsache der Ueberschreitung der ungarischen Grenze durch das.

russische Heer und der daraus folgenden Kämpfe zwischen den Russen und den Konfoederierten (bei Granasztó) anderseits, be­

stärkten die Wiener Regierungsbehörden in der Ueberzeugung, dass, eine Abgrenzung der Zipser Städte vor den Konfoederierten durch eine militärische Grenze notwendig sei.

Gleichzeitig mit der Anordnung einer militärischen Linie erhielt Oberst Baron Seeg er den Auftrag, auf der Zipser Linie eine genaue Grenze festzulegen. Nach einiger Zeit benachrichtigte Seeger die Wiener Behörden, dass seinen Forschungen gemäss, die polnisch—

zipser Grenze irrtümlich in die Gegend von Uj-Béla fest gelegt wurde, und dass die Grenze vorzurüeken wäre.

Mit der Prüfung dieser Angelegenheit in den Archiven wurde der königl. Hofrat, Joseph Török, von Maria Theresia als Sachver­

ständiger betraut. E r sollte diese Sache in den Archiven genau stu­

dieren.

Inzwischen erhielt der Kanzler Kaunitz vom österreichischen Gesandten in Paris, Mercy d ’Argenteau, die Nachricht, dass dec General Mokronowski, der in der Angelegenheit der Konfoederierten nach Paris gereist wrar, erklärte, dass die konfoederierte Republik die Zipser Städte gern gegen eine gewisse Summe zurückgeben würde..

Dieses Angebot wrnrde von Kaunitz nicht ausgenützt, aber es be­

stärkte ihn vielmehr in seinem Entschluss, die Zipser Städte einzu­

verleiben.

Török unterbreitete nach kurzer Zeit lange Berichte über die Resultate seiner Nachforschungen, nach welchen — wie er behauptete

— die frühere ungarische Grenze weiter reichte, und dass eine Vor­

rückung der Grenze notwendig wTäre. Seine Berichte waren jedoch oberflächlich wüe die eines Dilettanten und nicht eines Geschichts­

schreibers.

Da. Töröks Dokumente nicht als ausreichend erklärt wurden, wurde die Durchführung der Prüfung der Wiener sowie anderer Archive angeordnet.

Mittlerweile erfuhren die Ansichten der Wiener Centralorgane, die sich auf die Erweiterung der Grenze bezogen eine gänzliche

Aenderung. Töröks Berichte wurden nicht mehr als oberflächliche Berichte und mit Misstrauen behandelt, man war vielmehr der Meinung, dass, man mit den Vorarbeiten auf Grund der die Okku­

pation rechtfertigenden Dokumente beginnen müsse.

Persönlich war Maria Theresia gegen eine Grenzerweiterung, jedoch unter dem ständigen Einfluss Ihres Sohnes, Josephs, be­

auftragte sie am 19. Juni 1770 Graf Lacy, den Vorsitzenden des Kriegrates mit den kaiserlichen Adlern vorzurücken und die Ge­

biete in einer AVeise einzunehmen, dass die südlichen Teile der Kreise Nowytarg, Czorsztyn und Sandecz zum Gebiete innerhalb der Grenze gehören. Maria Theresia begründete diesen Befehl damit, dass diese Gebiete, gewissen Dokumenten gemäss — früher zu Ungarn gehörten.

Bis dahin wurde polnischerseits kein Hindernis gegen die Ein­

nahme der Zipser Städte gestellt. Jetzt aber, als es sich um die Antastbarkeit der Staatsgrenze Polens handelte, Hessen die polni­

schen Proteste nicht mehr auf sich warten. Der Posener Bischof und polnische Grosskanzler, Mlodziejowski, richtete auf den Befehl des Königs Stanislaw August an die Wiener Regierung ein Schreiben, in welchem er Maria Theresia bat, ihre Verordnungen betreffs der Kreise Nowytarg, Czorsztyn und Sandecz zurückzuziehen.

Inzwischen wurde mit der Vorrückung der kaiserlichen Adler, gemäss der von Seeger festgelegten Grenze, begonnen. Die neue Grenze umfasste 96 polnische Gemeinden, 7 Städte, d. h. einen Flä­

chenraum von 16 Meilen Länge und 3—5 Meilen Breite. Die neue Grenze reichte über Nowv-S^cz hinweg bis an die Gemeinde Moglino.

Die Verwaltung der okkupierten Gebiete wurde Török als „ad­

ministrator ex parte politica“ anvertraut. General Graf Esterházy wurde an die Spitze der Heeresabteilungen gestellt, die dieses Gebiet besetzt hatten.

Auf die Nachricht hin, dass der „schwarze Tod“ sich nähert, wurde die sanitäre Grenze auf die neue vor kurzem eingenommene Linie verlegt.

Mittlerweile überlegte Kaunitz, was für eine Antwort er auf Mlodziejowskis Brief, der ihn sehr unangenehm berührte, geben solle. Die Antwort war umsichtig: die Königin hätte keine Absichten, die polnischen Rechte anzufechten, jedoch könne man apdererseits nicht von ihr verlangen, auf die Rechte Ungarns Verzicht zu leisten.

Es wären nur die Gebiete besetzt, die polnischerseits von Ungarn losgerissen wurden. Sie wäre aber zu einer friedlichen und freund­

schaftlichen Erledigung dieser Angelegenheit bereit. Die Antwort des Kanzlers Kaunitz befriedigte den polnischen Hof keineswegs, und Mlodziejowski warf Kaunitz inj einem neuen Briefe vor, dass das Besetzen der polnischen Gebiete nichts anderes als Eroberungs­

sucht wäre.

Beim Lesen dieses Briefes gestand Maria Theresia offen ein, dass sie von den mutmasslichen Rechten („ j’ai trés mince opinion de nos titres“ ) wenig überzeugt sei. In ihrer Antwort an König Stanislaw erklärte sie, dass — sobald die Verhältnisse in Polen sich beruhigen, sie bereit wäre, an den freundschaftlichen Beratungen mit dem polnischen Reich teilzunehmen.

Mittlerweile erhielt Török den Titel „Administrator Provinciae reincorporatae“. Später jedoch, sei es infolge der polnischen Proteste, sei es, dass Friedrich II. gegen die Besetzung 'der polnischen Gebiete und den neuen Titel Töröks protestierte, wurde dieser Titel in

„Administrator districtuum territorii Sandecz, Nowytarg et Czor- sztyn etc. qui linea militari caesarea regia includuntur“ umgeändert.

Török war 2 Jahre Verwalter dieser besetzten Gebiete, denn im Jahre 1772, während der ersten Teilung Polens, wurde Sandecz an Galizien einverleibt und die Zipser Städte an Ungarn.

Diese Einverleibung wurde dokumentarisch erst im Teilungs­

vertrag zwischen Polen und Oesterreich bestätigt. Dieser Vertrag wurde am 18. September 1773 in Warschau unterzeichnet.

Der 4-te Punkt dieses Vertrages betrifft die Zipser Städte. Laut desselben erklärt Maria Theresia, dass'durch die Abgabe der Gebiete und Kreise, zu welchen auch die Städte und die Umgegend der

„Grafschaft Zipsen“ gehören, alle Ansprüche der ungarischen Krone ausgeglichen wären, und sie (Maria Theresia) in ihrem sowie im Namen ihrer Nachfolger auf alle Ansprüche, welche Polen gegenüber bestehen könnten, Verzicht leiste.

Die Einnahme der Zipser Städte sowie des Sandeczer Gebiets durch den Wiener Hof war nicht von lokaler Bedeutung im Lande selbst, sie brachte 'auch die Höfe in Berlin und Petersburg in Be­

wegung und war mit der Teilung Polens verbunden.

Der Ausbruch des russisch—türkischen Krieges im Jahre 1768 war Friedrich II. sehr ungelegen, da das russisch—preussische Bünd­

nis im Jahre 1764 und die geheime Konvention im Jahre 1767 ihm schwere Verpflichtungen Russland gegenüber auf erlegten. Die Lage der Auslandspolitik in Osteuropa war nämlich sehr unsicher und diese Lage wmrde geradezu gefährlich nach dem Ausbruch des rus­

sisch—türkischen Krieges und nach den andauernden russischen Siegen.

Trotzdem Friedrich mit Russland im Bündnis stand, erweckten die Siege der Russen in ihm ernste Unruhe und Befürchtungen.

Er wollte Russland nicht beistehen, um nicht etwa dadurch zur grös­

seren Entwickelung dieses Landes beizutragen, er konnte demnach Russland nur in seinem Siegeszuge hemmen oder aber aus der augen­

blicklichen Lage Nutzen ziehen. Dieses letztere war politisch vorteil­

hafter, denn anders würde er sich einen Feind gemacht haben — und Friedrich II. lag viel daran, mit Katharina II. in guten Ver­

hältnisse zu bleiben: so blieb er mit allen Mitteln bemüht, einen Krieg zu verhüten, umsomehr als sein Land und Heer sich nach den Mühen des siebenjährigen Krieges noch nicht erholt hatte.

E r wählte also die zweite Lösung. Wenn Russland sich terri- torialisch erweitert, so müsse Preussen eine territoriale Entschä­

digung erhalten. Diese Entschädigung sollte Polen sein. E r begann nunmehr eine komplizierte und raffinierte diplomatische Arbeit zur Umkreisung Polens, um auf Kosten dieses Landes Gebiete zu erhalten.

Friedrich teilt am 2. Februar 1769 seinem Gesandten in Peters­

burg, Graf Solms, mit, dass Graf Lynar, ein bedeutender Politiker, vor einigen Tagen in Berlin weilte und während seiner Anwesenheit dort einen Plan unterbreitete, in welchen vorausgesehen wird, dass Russland Wien für seine Hilfe gegen die Türkei Lwów (Lemberg) mit Umgegend sowie die Zips anbietet. Preussen würde das Protek­

torat über die Polnisch-Preussen, Ermland und Danzig erhalten.

Russland würde sich eigenwillig Territorien als Kriegsentschädigung zuerkennen. Graf Lynar bittet Friedrich II., Panin mit diesem Pro­

jekt bekannt zu machen und 'seine diesbezügliche Meinung zu erfahren.

Der Urheber diesen Planes, der zur Erforschung der Ansichten des russischen Hofes dienen sollte, war nicht Graf Lynar, sondern Friedrich II. selbst, der sich dieses Pseudonyms bediente und dies in seinen Memoiren selbst zugesteht („Le Roi . . . . avait envoyé ä

Pétersbourg un projet politique, qu’il attribuait ä un comte de Lynar“ ).

Panin nahm diesen Plan nicht an, da er ganz Polen an sich reissen wollte.

Diese negative Antwort entmutigt Friedrich II. nicht, er ver­

folgt vielmehr mit grösster Aufmerksamkeit den Verlauf der Be­

setzung der Zipser Städte und des Gebietes Sandecz, — mit grosser Beunruhigung dagegen die Ereignisse im Osten.

Friedrich ist mit allen Mitteln bemüht, sich einem Kriege zu enthalten, umsomehr beunruhigten ihn die von Katharina II. bei Ausbruch des russisch—türkischen Krieges an ihn gerichteten Worte: „Je me tiens pour assurée que Votre Majesté reste fidele a notre alliance“ .

Russlands Friedensbedingungen, welche eine gänzliche Unter­

werfung der Türkei bedeuteten, empörten Friedrich geradezu, da er weitere Komplikationen, die ihn in den Krieg hineinziehen könnten, befürchtete.

Die äusserst ernste Lage zwang ihn, seinen Bruder, den Prinzen Heinrich, in einer bedeutungsvollen politischen Mission nach Peters­

burg zu senden, wo dieser im Herbst 1770 eintraf.

Während seines Aufenthaltes in Petersburg verbreitete sich die Nachricht über die Besetzung der Zipser Städte und der anliegenden polnischen Gebiete.

Wahrscheinlich war es die Nachricht über die Erteilung des neuen Titels an Török („Administrator Provinciae reincorporatae“ ), was nur bei einer Besetzung möglich war. Am 8. Jänner 1771 war Prinz Heinrich offiziell bei der Versammlung bei der Zarin zugegen.

Im Gespräch erwähnte die Zarin, dass die Oesterreicher 2 polnische Kreise eingenommen hätten. Dann fügte sie hinzu: „Mais pourquoi tout le monde ne prendrait-il pas aussi?“ Während dieses Gesprächs sagte Graf Czemyszew, dass jeder sich etwas nehmen müsste.

Dieses Gespräch wurde Friedrich II. von Prinz Heinrich un­

verzüglich mitgeteilt. In diesem Briefe gab Prinz Heinrich seiner Uebuerzeugung Ausdruck, dass sein Bruder von der ausgezeichneten Gelegenheit die nun entstand, einen Nutzen ziehen würde. Diesen Brief beantwortet Friedrich mit einem längeren Schreiben, in wel­

chem er seine Ansichten und Sorgen für die Zukunft deutlich zu erkennen gibt. E r schreibt, dass die Oesterreicher sich nie mit der

Unterjochung der Türkei einverstanden erklären werden. Sollte Russland von diesen Plänen nicht Abstand nehmen wollen, so setzt er voraus, dass noch in demselben Jahre ein Krieg mit Oesterreich unvermeidlich wäre. Dies würde ihn in grosse Verlegenheit bringen.

E r wäre gezwungen, in diesen Wirrnissen neutral zu bleiben, denn dieser Krieg wäre für ihn noch verfrüht.

Mitte Februar 1771 kehrte Prinz Heinrich von Petersburg nach Potsdam zurück. Von diesem Zeitpunkt an erfuhren die Pläne Friedrichs eine plötzliche Aenderung, wras dem Einfluss des Prinzen Heinrichs zuzuschreiben war, dem Katharina anempfiehl, Friedrich zur Teilnahme an der Teilung Polens zu bewegen.

Es gelang Prinz Heinrich, Friedrich für dieses Projekt Katha­

rinas zu gewinnen, und mit diesem Augenblick war das Schicksal Polens entschieden.

So war also Prinz Heinrich einer der hauptsächlichsten Anstif­

ter der Teilung Polens. E r selbst betont dies mit Genugtuung Ségur gegenüber und sagt, dass dies sein Werk sei („c’est mon ouvrage“ ).

Von nun an arbeitet Friedrich systematisch und konsequent an der Teilung Polens und benützt den Vorwand der Besetzung der Zipser Städte und der anliegenden polnischen Gebiete. Bisher küm­

merte er sich wenig um die Besetzung der polnischen Gebiete, nun aber erscheint ihm die Fläche des besetzten Gebietes viel grösser, er übertreibt sogar hierin. E r ist der Ansicht, dass Oesterreich diese Gebiete an sich reissen wolle. Von jetzt ab kann also von einer Inte­

grität Polens nicht mehr die Rede sein; es müsse nur noch darauf geachtet werden, bei Zerstückelung nicht das Gleichgewicht zwischen Preussen und Oesterreich zu verlieren. Es bliebe also nichts anderes übrig, als dem Beispiel Oesterreich zu folgen, wie er an seinen Gesandten in Petersburg schreibt. („Je ne vois d ’autre moyen pour assurer la conservation que d ’imiter 1’exemple que la cour de Vienne me donne.“ )

Ais Friedrich die Zusicherung Katharinas bezigl. der Teilnahme an der Teilung Polens erhielt, ging er sofort ans Werk. Als Vorwand zur Teilung Polens diente ihm die Besetzung der Zipser und San- deczer Gebiete durch den Wiener Hof. Friedrich zögerte mit der Teilung nicht, da er der Ansicht war, dass Russland nach Friedens­

schluss mit der Hohen Pforte Krieg mit Oesterreich beginnen würde, in welchem Falle er daran teilnehmen müsste. Dieser Krieg

liesse sich doch dadurch verhüten, wenn ein jeder gewisse Gebiete zu­

erkannt bekäme.

Vergleicht man die Korrespondenzen, die Friedrich mit Wien einerseits und mit Petersburg andererseits führte, miteinander, so kann man aus ihnen ersehen, welch zweideutige Politik er in An­

gelegenheit der besetzten Gebiete führte. Einerseits war er bemüht, den Wiener Hof zu beruhigen und ihn zur Entdeckung von recht­

lichen Unterlagen aufzumuntern, andererseits bauschte er in Peters­

burg die Angelegenheit der Zipser Städte und der angrenzenden Gebiete in übertriebener Weise auf, um dadurch Katharina noch mehr für die Teilung Polens zu gewinnen, was übrigens schon ein Leichtes war.

In einem Gespräch mit dem österreichischen Gesandten in Ber­

lin van Swieten, fordert Friedrich den Wiener Hof auf, in den Archiven Rechtstitel zur Besetzung eines noch grösseren Gebietes zu suchen. („Voyez, faites chercher dans vos archives si n ’y trouverez pas encore de ti tres sur quelque de plus, que ce que vous avez déja occupé, sur quelque palatinat qui puisse vous con- venir.“ )

Inzwischen schreibt er an Solms nach Petersburg, dass der Wiener Hof mit der Besetzung dieser Gebiete Russland und ihm (Friedrich) zu einer ähnlichen Handlungsweise Beispiel gebe. („Ceci est' clair, ceS gens donnent l ’exemple, la Russie ainsi que moi, nous sommes autorisés ä en faire autant.“ )

Was Russland anbelangt, so war dieses Land zunächst mit der Besetzung der polnischen Kreise nicht einverstanden, denn es wollte selbst von ganz Polen Besitz ergreifen. Später jedoch, als Russland die Unmöglichkeit der Durchführung dieses Planes einsah, erklärte es sich mit einer Teilnahme des Wiener Hofs an der Zerstückelung Polens einverstanden. Es war Russland doch sehr daran gelegen, mehrere Teilnehmer an der Zerstückelung zu haben.

Der Wiener Hof konnte sich jedoch noch immer nicht entschlies­

sen, den Verlockungen des preussischen und russischen Hofes zu unterliegen. Besonders Maria Theresia war gegen diese Pläne und wollte sich nicht für die Teilung Polens entschliessen. Joseph II.

schreibt sogar in einem Briefe an seinen Bruder Leopold, dass die Mutter für die Untastbarkeit der polnischen Grenzen wäre, und es

sogar vorziehen würde, auf ihre Rechte zu den besetzten Gebieten zu verzichten, falls von anderer Seite ähnlich gehandelt würde.

Am preussischen Hofe wurde erwartet, dass Wien in gieriger Weise die russische Proposition ergreifen würde, und man war sehr erstaunt, dass Wien diese Gelegenheit nicht ausnütze, um die be­

setzten Gebiete zu behalten.

Die preussische Diplomatie führte in diesem Spiel eine zwei­

deutige Politik, denn vor Wien stellt Friedrich Petersburg als den Urheber dieses Planes dar, während er andererseits die Russen an- spomt, dem Beispiel des Wiener Hofes zu folgen, dessen Verhalten sie dazu berechtigte. Gleichzeitig forderte er den Wiener Hof auf, in der Besetzung fortzufahren und sich mit dem Gedanken der Teilung vertraut zu machen.

Darauf wollte aber der Wiener Hof nicht eingehen, da er die Besetzung der Zipser Städte als rechtlich ansah und sich auf die Rechte des Loskaufs berief. Gleichzeitig protestierte Wien gegen die Annahme einer Analogie zwischen der Besetzung der Zipser Städte einerseits und der Teilung Polens andererseits, wie das der preus­

sische und russische Hof dies darstellte. Trotz mehrerer Aufklärun­

gen seitens des Wiener Hofs hielten jedoch Berlin und Petersburg krampfhaft an ihren Ansichten fest, dass die Besetzung der Zipser Städte den Anfang einer Teilung Polens gleich ist, und dass sie (Berlin und Petersburg) diesem Beispiel folgen müssen.

In dieser Zeit waren schon seit längerem Beratungen Friedrichs mit dem Zarenhof im Gange, und im Februar 1772 wurde ein die Teilung Polens betreffender Vertrag geschlossen.

Oesterreich befand sich in einer schwierigen Lage angesichts dieses schon fertigen Planes. Es hätte zum Kriege kommen müssen, und diesen wollte Maria Theresia um jeden Preis verhüten. Um also der territorialen Vergrösserung zweier Mächte ein Gleichgewicht zu geben, erklärte sich Maria Theresia schweren Herzens, nach län­

geren inneren Kämpfen, Kaunitz, — besonders aber den Zureden Josephs — nachgebend, mit der Teilung Polens einverstanden.

Sobald Maria Theresia, obgleich mit Widerwillen, auf die Tei­

lung eingegangen war, arbeitete die preussische Politik mit aller Kraft daran, das ganze Odium der Teilung Polens auf Maria The­

resia zur Anstifterin dieses Werkes — durch die Einnahme der

Zipser Städte — zu erklären, ungeachtet dessen, dass Friedrich seihst Maria Theresia anspornte, möglichst viel Gebiete an sich zu reissen.

Zahlreiche Beispiele dieser Zweideutigkeit der preussischen Diplomatie finden wir in ihrer Korrespondenz, in welcher wir öfters der Behauptung begegnen, dass der Wiener Hof durch die Besetzung der Zipser Städte und der Sandeczer Kreise das Beispiel zur Teilung

Zahlreiche Beispiele dieser Zweideutigkeit der preussischen Diplomatie finden wir in ihrer Korrespondenz, in welcher wir öfters der Behauptung begegnen, dass der Wiener Hof durch die Besetzung der Zipser Städte und der Sandeczer Kreise das Beispiel zur Teilung