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DER BEZIEHUNGEN

Am Anfang dieses Kapitels soll zunächst der Titel selbst näher beleuchtet werden.

Wie dies bereits erörtert wurde,1ist es problematisch über verschiedene Wirkungen oder Einflussnahmen zu sprechen, da sich die Kontakte zwischen den Regionen desOrbis Lati-nus, also zwischen dem Zentrum und den gewissen Gebieten der kirchlichen Peripherie eher als Interaktion beschreiben lassen.2Das Begriffspaar Zentrum und Peripherie wird in der Arbeit im Sinne eines inneren Abstandes angewendet, demnach ist das Zentrum im Sinne einer von den Päpsten und von ihren Mitteln (Kurie, Kardinäle usw.) geprägten zentralen Administration zu verstehen, die mit den Territorien des westlichen Christen-tums in Interaktion von verschiedenen Stufen stand.3In den Beziehungen Ungarns zum Papsttum soll dementsprechend der zweiseitige Charakter betont werden. In Anbetracht dieser Überlegungen sollen aber gewisse Felder bestimmt werden, aufgrund deren sich die wechselhaften Wirkungen greifen lassen. Bezüglich der päpstlich-ungarischen Beziehun-gen können im engeren Sinne solche Kontakte und Situationen verstanden werden, in denen ungarische Akteure, oder die Umstände bestimmter Lagen auf die angewandten Maßnahmen des Heiligen Stuhles, oder grundsätzlich auf das päpstliche Agieren Einfluss ausüben konnten, also der Impuls außerhalb der Kurie stammte. Eine mögliche Wirkung aus Ungarn bezieht sich dementsprechend nicht auf die Gestaltung der Verhältnisse des Papsttums, sondern darauf, dass im Feld von Agieren und Reagieren beide Seiten als Im-pulse eine Rolle spielten. Die konkreten Beispiele in den späteren Teilen des Buches wer-den diese Überlegung näher erörtert.

Zunächst sollen aber noch einige theoretische Überlegungen in Bezug auf die Begriffe der Kommunikation, Räume und Kommunikationsräume hinzugefügt werden. Unter Kommunikation versteht man im weiten Sinne „alle Formen von Verkehr, Verbindung, Vermittlung und Verständigung”.4Bezüglich der Erforschung des Mittelalters soll aber ein weiterer Aspekt ebenfalls berücksichtigt werden, nämlich der Raum, der mit der mit-telalterlichen Fernkommunikation eng verknüpft war. Kommunikation ist in dieser Weise als „jede Form des Austauschs in einer Zeit” zu interpretieren5und unter Kommu-nikationsraum ist „ein Raum zu verstehen, der durch längerfristige Austauschbeziehun-gen” politisch, kulturell und sprachlich zu definieren ist.6Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass die Kommunikation näher betrachtet auch als die Akzeptanz päpstlicher Entscheidungen interpretiert werden kann.7Bei der Entstehung der verschiedenen Räu-me der Westkirche spielte nicht nur der Abstand von der Kurie eine Rolle, sondern auch

1Vgl. Kapitel I.

2Vgl. Johrendt-Müller,2008, 9-10.

3Vgl. Johrendt-Müller,2008, 9-10; Müller,2012, 156.

4Wetzstein,2008, 47.

5Wetzstein,2008, 48.

6Wetzstein,2008, 49.

7Drossbach,2008, 44.

die Verhältnisse wurden durch die unterschiedlichen Bedürfnisse und durch die örtliche Anwendung der politischen Institutionen formiert.8

Zurückkommend auf die Frage der Wirkung und der Einflussnahme, soll noch dar-auf hingewiesen werden, dass statt eines gleichwendigen Kontakts danach gefragt werden soll, welchen Anteil das Papsttum in der Entstehung von Räumen hatte9und welche Rol-le die jeweilige andere Seite in den Prozessen spielte. In der Untersuchung solRol-len die Bezie-hungen des Papsttums mit dem Königtum statt des Bildes eines zentralen hierarchischen Kommunikationssystems eher als ein dezentrales kommunikatives Netzwerk behandelt werden10, sie gelten ferner als ein interaktiver11Prozess des „Gebens und Nehmens” zwi-schen dem Zentrum der Westkirche und ihren Regionen.12

Nach diesen theoretischen Feststellungen werden im Folgenden die einzigen Wege berücksichtigt, durch die die Aspekte und die Einzelheiten der vielseitigen Kontakte des Papsttums mit den Peripherien der lateinischen Kirche, in diesem Fall mit Ungarn, zu beschreiben sind. Bezüglich dieser Frage kann sogar über Instrumentarien, Institutionen und dadurch über das Institutionalisieren der Beziehungen die Rede sein, die seit den An-fängen des Reformpapsttums als Folgen einer mehrphasigen Entwicklung zustande ka-men.13Diese Aspekte waren die Folgenden: 1.) das Legationswesen, 2.) die Verbreitung des neuen Kirchenrechtes sowie damit eng verbunden die Entstehung und Gestaltung des systems der delegierten Gerichtsbarkeit und 3.) die Diplomatik.14Daneben darf über den unmittelbaren Kontakt, der durch die in dieser Periode immer zunehmenden Romreisen ungarischer Kleriker (und auch königlicher Gesandten) verwirklicht wurde, auch nicht vergessen werden,15in welchem Prozess die Rolle Innozenz’ III. und des IV. Laterankon-zils besonders bewertet werden soll.16Das IV. Laterankonzil z.B. fand zu einem Zeitpunkt statt, als das lateinische Christentum zum ersten Mal als geografische Einheit erschien.17 Dieser Bestandteil der Beziehungen wird nicht separiert, sondern in Bezug auf weitere konkrete Themen behandelt. Diese Aufzählung kann noch mit einem weiteren Aspekt ergänzt werden, da in gewissen Regionen des westlichen Christentums die Beziehungen zum Zentrum der römischen Kirche auch durch die Präsenz des Papstes selbst geprägt waren, wie z. B. im Falle Apuliens,18einem Phänomen, das aber bezüglich der Geschichte Ungarns in dieser Periode keine Rolle spielte.

8Vgl. Müller,2012, 56.

9Wetzstein,2008, 51; Herbers,2007, 32.

10Drossbach,2008, 41.

11Unter Interaktion wird ein wechselseitiges Aufeinanderwirken von Akteuren verstanden, was mit dem Begriff Kommunikation eng verknüpft zu interpretieren ist. Allerdings muss dies damit ergänzt werden, dass die Begriffe Kommunikation und Interaktion nicht gleichbedeutend sind und in der untersuchten Periode nur spätere Beispiele zur Verfügung stehen. Vgl. Wetzstein,2008, 47.

12Johrendt-Müller,2012, 3; Märtl,2012, 457.

13Johrendt-Müller,2008, 6-9.

14Herbers,2007, 32-34; Johrendt-Müller,2008, 8, 14; Fleisch,2006, 48, 62.

15Diese Tendenz kann mit königlichen Beauftragungen, aber auch mit demvisitiatio liminum apostolorum und mit gewissen Rechtsangelegenheiten in Zusammenhang gebracht werden. Schieffer2008, 30.

16Schieffer,2008, 29-33.

17Johrendt-Müller,2008, 12. Über die Frage der Homogenität des Christentums vgl. 8.

18Vgl. Alraum,2013

II.2.1. Allgemeine Eigenschaften und Tendenzen des Legationswesens Um auf die Institutionen der Beziehungen zurückzukommen, wird zuerst die Bedeu-tung der päpstlichen Legaten aufgrund ihrer Tätigkeit und ihres rechtlichen Status erör-tert.

Über ihre Aufgaben – hier abgesehen von der rechtlichen Typologie – kann allgemein in erster Linie die Vielfältigkeit festgestellt werden. Sie konnten nämlich u. a. Visitatio-nen durchführen, sammelten Steuer, betätigten sich als Heerführer. Ihre Aufgabe war die Einberufung von Synoden, Protektion von päpstlichen Vasallen und Territorien, Aus-übung der Aufsicht über exemte Kirchen und über Prälaten, außerdem nahmen sie als Richter oder als Delegierte an Rechtsangelegenheiten aus eigener Jurisdiktion teil.19 Be-züglich der Lage in Ungarn soll noch betont werden, dass die päpstlichen Legaten auch mit Kreuzzugspredigten betraut werden konnten,20ein Umstand, der nicht als ungari-sches Spezifikum verstanden werden kann.21

In Anbetracht der rechtlichen Klassifikation der Legationen lässt sich feststellen, dass die Legaten in erster Linie als dieAugen der Päpsteund als diealter egoder Nachfolger Petri bezeichnet werden können, die ihren Auftraggeber mit der höchsten Autorität vertraten.

Dies war sogar mehr als einfache Vertretung, da die Legaten in ihren Personen die Päpste in administrativen, richterlichen und weiteren Funktionen vergegenwärtigten.22Die Le-gaten können ferner als eine neue Dimension des Papsttums betrachtet werden, die den geografischen Sprengel der Päpste ausdehnten.23Die Legaten führten ihre Aufgaben kraft apostolischer Autorität (cum apostolica auctoritate) durch und sie fällten im Namen der Päpste Entscheidungen. Daneben sollten die päpstlichen Legaten von allen in fast jeder Hinsicht genauso behandelt werden, wie der römische Pontifex selbst.24Die päpstlichen Legaten können in mehrere Typen und Kategorien unterteilt werden. Nach den früh-mittelalterlichen Anfängen (dieapocrisiariiin Konstantinopel, die apostolischen Vikare, diedefensores,rectores, außerdem die Legaten mit für Einzelfälle begrenzten Beauftragun-gen)25erhielten die Entwicklung der apostolischen Repräsentationspraxis und die Diffe-renzierung des Amtes seit dem 11. Jahrhundert Impulse vom Reformpapsttum.26Bei den Schismen des 12. Jahrhunderts spielten die Legaten bereits eine Hauptrolle.27

19Figueira,1991, 56-57; Schmutz,1972, 451; Fleisch,2006, 58-60.

20Vgl. Schmutz,1972, 451.

21Vgl. Schmutz,1972, 451, Figueira,1991, 56-57.

22Vgl. Weiss,1997, 29; Figueira,1991, 56.

23Wetzstein,2008, 64.

24Vgl. Zey,2008a, 81-82; Figueira,1986a, 527-532; Figueira,1989, 191-192; Schmutz,1972, 448, 455;

Weiss,1995, 342-343; Figueira,2006, 74.

25Vgl. Schmutz,1972, 446; Kiss,2010, 195.

26Weiss,1995, 330-336.

27Z. B. in der Durchdringung des Pontifikats Alexanders III. Zey,2008b, 65-88.

Im 13. Jahrhundert sind aufgrund der früheren Entwicklung grundsätzlich drei Kate-gorien der päpstlichen Legation zu differenzieren,28die danach zu bestimmen sind, ob die Aufträge entweder Einzelvollmächte oder Dauer-Bevollmächtigungen sein konnten. Die oberste Klasse der Legaten, also die so genanntenlegati a latere, gehörte zu der vorherigen Gruppe. Träger dieses Amtes waren alle Kardinäle, sie verfügten über Vollmacht sowie betätigten sich mit vollem Recht (pleno iure) als bevollmächtigtealter egoder Päpste, so dass ihre Entscheidungen rechtmäßig apostolische Entscheidungen waren,29ausgenommen einige päpstliche Reservatrechte, wie z. B. die Angelegenheiten von Bischöfen, die Einbe-rufung von Generalsynoden oder die Dispense von schweren Verbrechen.30In Bezug auf die Kardinallegaten soll noch betont werden, dass sie in ihrem Amt alle drei Aspekte der päpstlichen Jurisdiktion vereinigten. Diese waren die aus der päpstlichen Würde ent-springende ordentliche (iurisdictio ordinaria), die von den Päpsten übertragene (iurisdictio mandata) und die für konkrete Angelegenheiten delegierte kasuelle Jurisdiktion (iurisdictio delegata).31

Die im Rang nächste Gruppe der Legaten bildeten die so genanntenlegati missi, deren determinative Abweichung von denlegatis a laterewar, dass sie im Allgemeinen keine Kardinäle waren, so befanden sich unter ihnen Kleriker auch außerhalb von Rom. Die Gesandten dieser Kategorie verfügten über fast gleiche Befugnisse, wie die Kardinallega-ten, obwohl sie keinengemeinsamen Körpermit dem Papst bildeten, wie die Mitglieder des Kardinalkollegs. Dielegati missiwaren also im engeren Sinne nur die Vertreter der Päpste in gewissen Angelegenheiten.32

Die dritte Gruppe bildeten die so genannten geborenen Legaten (legati nati), die über ständiges Mandat verfügten. Die Ursprünge dieses Amtes sind unter den erwähnten frühmittelalterlichen Formen (vicarii) zu suchen. Bedeutendste Prälaten (Metropoliten, Erzbischöfe, Bischöfe) gewisser Gebiete erhielten anfangs vor allem diese Würde für ihre Personen, welche Praxis sich später so veränderte, dass das Legatenamt mit den kirchli-chen Würden verbunden und als Ehrentitel vererbbar war.33

Nach der Darstellung der verschiedenen Arten der päpstlichen Gesandten soll noch hinzugefügt werden, dass diese Differenzierung der Befugnisse in der Terminologie im 13.

Jahrhundert nicht als beendet bezeichnet werden kann. In der untersuchten Periode ka-men also die Stabilisierungsprozesse des theoretischen Hintergrundes noch nicht zum Ende, es ist also nicht erstaunlich, dass, wie dies später näher erläutert wird, auch in Bezug auf die Tätigkeit gewisser Legaten in Ungarn einige Schwebezustände auftauchen.34

28Wie es im Späteren aufgrund der bekannten Legationen sichtbar wird, ist die praktische Verwirklichung viel komplexer, als eine theoretische Typologie.

29Schmutz,1972, 453-457; Kiss,2007b, 128; Zey,2008a, 85, 92, 99-106; Kiss, 2010b, 39-40.

30Vgl. Figueira,1989, 194-205; Schmutz,1972, 450; Weiss,1995, 357; Zey,2008a, 101.

31Vgl. Weiss,1995, 356; Figueira,1986b, 125-128.

32Schmutz,1972, 453-457; Figueira,1986a, 579; Kiss,2007b, 128; Zey,2008a, 105-106; Kiss,2010a, 196;

Kiss,2010b, 39-40.

33Vgl. Kiss,2010a, 196; Kiss,2007b, 129; Zey,2008a, 100-101; Schmutz,1972, 454.

34Vgl. Kapitel II.2.2.

Wenn man die Legaten generell ins Auge fasst, lässt sich feststellen, dass dieses Instru-ment eines der wichtigsten der primären Vermittler der Einflussnahme und der Primats-vorstellungen des Heiligen Stuhles und Vollstrecker des päpstlichen Willens war. Zudem soll noch kurz auch auf die an die einzelnen Legaten gebundenen personalen Netzwerke hingewiesen werden, die den bestehenden sonstigen Abstand von der päpstlichen Kurie ersetzen konnten,35welche Feststellung auch dadurch zu bestätigen ist, dass die Legaten generell während ihrer Legationen durch Briefverkehr mit den Päpsten kommunizier-ten.36Dazu soll noch die vielfältige Wirkung der Tätigkeit der Legaten und ihrer Mitar-beiter auf die Kirchen des besuchten Landes ebenfalls betont werden.

II.2.2. Die Formen der päpstlichen Repräsentation in Ungarn und die Schwierigkeiten der Interpretation der Legationen Die letzten Überlegungen führen von den allgemeinen Tendenzen zur Verwirkli-chung des Systems in Ungarn und zur Vorstellung der einzelnen Legaten. In diesem Ka-pitel wird die Tätigkeit der betroffenen päpstlichen Gesandten deren Art gemäß vorge-stellt, es wird also eine begriffliche Differenzierung vorgenommen. Ferner werden dadurch die Charaktereigenschaften der Legationen sowie der Ablauf der Tendenzen be-rücksichtigt, die in der Periode zu bestätigen sind. Die konkreten Ereignisse, die mit den kirchenpolitischen und „politischen” Betätigungen der Legaten zu verbinden sind, wer-den in wer-den späteren Kapiteln im Hinblick auf die Felder der Erscheinung der Rückwir-kungen untersucht, obwohl einige Tätigkeiten auch hier zu bewerten sind.37An dieser Stelle werden dementsprechend vor allem die rechtlichen Einzelheiten und teilweise die voneinander trennbaren Perioden des erforschten Zeitraums betrachtet.38

Zunächst werden die Legaten – und ihre Legationen – berücksichtigt, die als die höchsten Repräsentanten der Päpste mit vollem Legationsoffizium, also alslegati a latere in Ungarn ankamen.

Unter den drei Personen,39die von Innozenz III. nach Ungarn (oder bezüglich Un-garn betreffender Angelegenheiten) entsandt wurden, sind zwei – Gregorius de Crescen-tio Cabbali Marmorei, der Kardinaldiakon von s. Marie in Aquiro und Leo Brancaleonis, der Kardinalpresbyter von s. Crucis in Jerusalem40– zu finden, die überplenitudo potestatis verfügten.41

35Vgl. Figueira,1986a, 565.

36Vgl. Weiss,1995, 361-363.

37Vgl. Kapitel III.

38Vgl. Zey,2012, 159.

39Die Tätigkeit des päpstlichen Kaplans, Johannes de Casamaris, wird später dargestellt. Vgl. Zimmer-mann,1913, 55-56; Elze,1950, 181-182; Fraknói,1901, 38.

40Zimmermann,1913, 36; Maleczek,1984, 137-139.

41Vgl. z. B. Zey,2008a, 104-105.

Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass sich die Legaten Innozenz’ III. mit den An-gelegenheiten der ungarischen Herrscher beschäftigten, entweder mit dem Streit der Kö-nigsbrüder42oder mit der Beziehung Ungarns zu den Herrschaften auf dem Balkan.43

Gregorius de Crescentio kam im Jahre 1199 (oder 1200) zum ersten Mal in Ungarn als Legat an44und wurde mit einer Friedensvermittlung zwischen dem ungarischen König und seinem Bruder beauftragt.45Die am 2. März 1200, dem Kapitel von Spalato geschick-te Urkunde des Papsgeschick-tes46beinhaltet drei Elemente, die die Beurteilung dieser Legation ermöglichen. Innozenz III. bezeichnete nämlich Gregor als seinen Kardinal, der von sei-ner Seite mit einem Sprengel nach Dalmatien und Ungarn geschickt wurde, außerdem beschrieb er seine Bevollmächtigung.47In diesem Fall sind also alle drei Kriterien zu fin-den, aufgrund deren ein päpstlicher Gesandter alslegatus a laterebewertet werden kann.

Der Erfolg Gregors48mag die Hauptrolle gespielt haben, dass er zum Kardinaldiakon einer anderen Kirche, s. Vitalis49erhoben wurde, welchen Titel er auch im Jahre 1207 während seiner zweiten ungarischen Legation trug.50Diese Beauftragung ist das erste und einzige Beispiel dafür, dass Innozenz III. wegen der Fragen der Kirchenherrschaft und der Kirchendisziplin einen Legaten nach Ungarn entsandte. Innozenz III. ließ nämlich am 7.

Oktober 1207 zwei Urkunden ausfertigen. Die erste wurde an die Prälaten, die Kleriker und auch an alle Laien im Königreich Ungarn adressiert.51Laut Wortlauts des Textes war der Grund der Beauftragung von Gregor die Not der ungarischen Kirche, weshalb der Papst einen Legaten bestellte, der über volle Verfügungsgewalt verfügte. Im Text ist zwar kein direkter Hinweis darauf zu finden, dass Gregor mitplenitudo potestatisden Papst ver-treten hätte,52aber Innozenz III. stellte zumindest fest, dass Gregor von seiner Seite (a

la-42Gregorius de Crescentio Cabbali Marmorei, der Kardinaldiakon von s. Maria in Aquiro wurde 1200 als le-gatus a latere(„[…]communicato fratrum consilio legatum illuc duximus a nostro latere cum potestatis plenitudine desti-nandum, dilectum videlicet filium mostrum G. Sancte Marie in Aquino diaconum cardinalem”. ÁÚO I. 88.) mit der Friedensvermittlung zwischen König Emmerich und Prinzen Andreas betraut (DL 361 21, Potthast,Nr.

966. und 977.). Über die Rolle der Legaten im Frieden stiftenden Papsttum vgl. Zey,2012, 165. Gregor wurde sonst 1188 zum Kardinal erhoben und einige Schwierigkeiten sind zu erwähnen, wenn seine Legation in der Fachliteratur näher berücksichtigt wird. Es ist ein oft vorkommender Fehler, dass er mit dem Legaten vor ihm, Gregorius de Sancto Apostolo, dem Kardinaldiakon von Maria in Portico (Maleczek,1984, 93.) oder mit sei-nem Neffe, Gregorius de Crescentio Kardinaldiakon von s. Theodori (Maleczek,1984, 183.) verwechselt wird.

43Vgl. Kapitel III.2.

44Vgl. Maleczek,1984, 91, 339.

45Diese Aufgabe war eine der wichtigsten Pflichten der Legaten. Vgl. Weiss,1995, 338.

46DL 361 21, Potthast,Nr. 966.

47„[…]communicato fratrum consilio legatum illuc duximus a nostro latere cum potestatis plenitudine destinandum, dilectum videlicet filium mostrum G. Sancte Marie in Aquiro diaconum cardinalem”. ÁÚO I. 88.

48Vgl. Kapitel III.1.1.1.

49Zimmermann,1913, 30; Maleczek,1984, 91, 339.

50Vgl. Zimmermann,1913, 40-41; Potthast,Nr. 3195, RI X. Nr. 137; Potthast,Nr. 3196, RI X. Nr. 138.

51Potthast,Nr. 3195, RI X. Nr. 137. Die zweite Urkunde wurde an die Kirche von Halitsch-Wolhynien adressiert: Potthast,Nr. 3196, RI X. Nr. 138.

52Vgl. Zey,2008a, 104-105; Figueira,1989, 193-195; Figueira,1986a, 533-536.

tere) geschickt wurde.53Der Papst bestimmte also keine konkreten Aufgaben in diesem Fall, er befahl bloß dem Adressaten, seinem Legaten bei all seinen Angelegenheiten zu helfen und seine Befehle treu zu befolgen, was ebenfalls dieplenitudo potestasvon Gregor bestätigte.54In Bezug auf die Beurteilung dieser Legation – und generell ihren rechtlichen Hintergrund – muss aber noch eine weitere Hinsicht kurz berücksichtigt werden und zwar die Rolle Gregors, die er in der kanonischen Examination der Elektion Bertholds, des gewählten Erzbischofs von Kalocsa spielte.55Der Legat wurde nämlich in diesem Fall mit einer konkreten Aufgabe betraut und diese kasuelle Ermächtigung (iurisdictio delega-ta) spiegelte sich im Wortgebrauch der Papsturkunde auch wider, in welchem Text er nur als Legat des Apostolischen Stuhles (Apostolice Sedis legatus) bezeichnet wurde.56Der Name Gregor ist nur in einer einzigen überlieferten ungarischen Quelle auffindbar. Kö-nig Andreas II. bestätigte im Jahre 1209 eine Maßnahme des Legaten,57durch die Gregor dem Abt von Garamszentbenedek und seinen Nachfolgern verschiedene Prä-lat-Insignien zu tragen erlaubte.58Bezüglich der Klassifikation der Legationen und der Typologie muss darauf hingewiesen werden, dass im Text der königlichen Urkunde Gregor nicht als Legat, sondern lediglich als Amtsträger des Papstes (functus officio domini pape) bezeichnet wurde. Diese Überlegungen stellen aber die Beurteilung Gregors als lega-tus a laterenicht in Frage, stattdessen ergänzen sie nur die Kenntnisse über seine Legation und generell über die Komplexität der Bevollmächtigungen.

Der nächste in Ungarn anwesende Legat war Leo Brancaleonis, der Kardinalpresby-ter von s. Crucis in Jerusalem.59Seine Tätigkeit zeigt einige Änderungen im Vergleich zu der Tätigkeit Gregors auf und zwar hinsichtlich der ungarischen Quellen, die seine

Lega-53„Quum igitur necessitas regni Ungarie illuc exegerit legatum a nostro latere destinari, nos ad exaltationem et com-modum tam regis, quam regni specialiter et efficaciter intendentes, cum ad partes illas non immerito duximus transmit-tendum, quem inter fratres nostros sincera diligimus in domino charitate, dilectum videlicet filium nostrum G. tituli Vitalis presbiterum cardinalem, virum genere nobilem, litterarum scientia preditum, morum honestate preclarum, discre-tum et providum, et suis exigentibus meritis, nobis et fratribus carum admodum et accepdiscre-tum, concessa sibi plenaria pote-state, ut evellat et destruat, edificet et plantet, que in regno illo evellenda et destruenda, edificanda cognoverit et plantanda”. Fejér,III/1. 55, Potthast,Nr. 3195, RI X. Nr. 137.

54„Monemus proinde universitatem vestram, attentius, et exhortamur in domino, per apostolica scripta precipiendo mandantes, quatinus prefatum cardinalem, tanquam legatum Apostolice Sedis, et magnum in ecclesia Dei locum haben-tem, immo personam nostram in eo recipientes humiliter et devote, ipsius salubribus monitis, et preceptis pronis mentibus intendentes, que inter vos statuenda duxerit, tanquam devotionis filii, recipiatis firmiter et servetis, de cuius nimirum cir-cumspectione provida, et providentia circumspecta indubitatam fiduciam obtinemus, quoniam dirigente domino gressus eius, ita regia via curabit incedere, quod non declinatus ad dextram vel sinistram, ipsi Deo, nobis quoque, ac vobis pariter, merito poterit complacere. Ipsi proin universi ac singuli reverentiam debitam et devotam obedientiam impendere sataga-tis”. Fejér,III/1. 55-56. Vgl. Figueira,1989, 192-194.

55Vgl. Potthast,Nr. 3252, RI X. Nr. 177. und Kapitel III.3.1.

56Am 24. Dezember 1207 an Berthold. „[...]ut postquam dilectus filius Gregorius, tituli Vitalis presbiter cardinalis, Apostolice Sedis legatus, quod est a nobis dispositum, ipsis denunciaverit observandum, tibi, tanquam pastori suo, a nobis concesso et confirmato, tam in spiritualibus, quam temporalibus obedire procurent”. Fejér,III/1. 53, Potthast,Nr.

3252, RI X. Nr. 177.

57RA Nr. 241.

58„[...]Et quoniam nostro tempore Gregorius de Crescentio cardinalis, functus officio domini pape, regnum nostrum visitaturus intravit, consentaneum equitati fore perpendit, ut ad preces nostras abbas, nomine Ivo, qui tum temporis

58„[...]Et quoniam nostro tempore Gregorius de Crescentio cardinalis, functus officio domini pape, regnum nostrum visitaturus intravit, consentaneum equitati fore perpendit, ut ad preces nostras abbas, nomine Ivo, qui tum temporis