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Textverstehen auf kommunikativ-funktionaler Ebene

In document Budapest 1994 (Pldal 114-118)

TEXTKONSTITUTION UND TEXTKOMPETENZ

3. Textverstehen auf kommunikativ-funktionaler Ebene

Es geht dabei weniger um die mentalen Abläufe bei der Rezeption von T exten selbst, als vielmehr um die vom sprachlichen Handlungssystem bedingten Voraussetzungen und Bedingungen solcher Textverstehenspro- zesse. Die Frage lautet: W elche konventionell geltenden und damit zur Textkompetenz des (idealen) Sprecher-Hörers gehörenden textuellen und kontextuellen, sprachlichen und nichtsprachlichen Mittel steuern das Er­

fassen des Textsinns bzw. der Textfunktion?

Diese Problemstellung wird in der gegenwärtigen textlinguistischen Forschung in unterschiedlicher W eise behandelt. Zu nennen sind hier vor allem das Illokutionstrukturkonzept und der textfunktionale Ansatz.

Das Illokutionsstrukturkonzept3 definiert den T ext als hierarchisch struk­

turierte Abfolge von elementaren sprachlichen Handlungen (sog. illoku- tiven H andlungen); es wird also eine dominierende Handlung angenom­

men, die das Gesamtziel bzw. die Gesamtfunktion des T extes bezeichnet.

D as Illokutionsstrukturkonzept wirft eine Reihe von kritischen Fragen auf, etwa zum Zusammenhang von Illokutionsstruktur und syntaktischer wie thematischer Struktur des T extes, aber auch zur Beziehung zwischen Illokutionsstruktur und textueller Gesamtfunktion. Mein Haupteinwand besteht darin, daß man Sätzen nur bei einer isolierten Betrachtung eine illokutive Rolle zuordnen kann. Sind sie in die Ganzheit "T e x t” integriert, besitzen sie in der Regel keine unmittelbare Handlungsqualität; sie erfüllen vielmehr bestimmte textinterne Funktionen, vor allem im Hinblick auf den thematischen Aufbau des T extes (Situierung-, Spezifizierung- oder Begründungsfunktion usw.). Der Handlungscharakter kommt dem T ext als Ganzem zu und wird durch die Textfunktion bezeichnet. Ich vertrete deshalb den textfunktionalen Ansatz.4

Unter Anknüpfung an die Arbeit "T ex t un Kommunikation” (1976) von E.U. Große definiere ich die Textfunktion als die im T ext mit be­

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stimmten, konventionell geltenden, d.h. in der Kommunikationsgemein' schaft verbindlich festgelegten Mitteln ausgedrückte Kommunikations- absicht des Emittenten. Es handelt sich also um die Absicht, die der Rezipi­

ent erkennen soll, sozusagen um die Anweisung des Emittenten an den Rezipienten, als was dieser den T ext insgesamt auffassen soll. Die Text- funktion ist von der ‘’wahren” Intention des Emittenten (Große spricht von der "geheimen Intention”) zu unterscheiden, die zwar der Textfunktion entsprechen kann, nicht aber unbedingt mit ihr übereinstimmen muß.

Unter handlungstheoretischen Aspekten können nun die folgenden fünf textuellen Grundfunktionen aufgestellt werden:5

die Informationsfunktion (konstitutiv für Nachrichten, Berichte, Beschrei­

bungen, G utachten usw.), die Appellfunktion (konstitutiv für W erbe­

anzeigen, Propagandatexte, Anleitungen, Gesetze, Predigten, Anträge usw.), die Obligations- oder Selbstverpflichtungsfunktion (konstitutiv für Vor­

träge, Garantie-Erklärungen, Angebote usw.), die Kontaktfunktion (kon­

stitutiv für Gratulations-, Kondolanzschreiben, Ansichtskarten usw.) und die Deklarationsfunktion (konstitutiv für Ernennungsurkunden, Bevoll­

mächtigungen, Bescheinigungen usw.).

Diese von mir vorgeschlagene Klassifikation von Textfunktionen geht zwar von der Illokutionstypologie Searles aus6, beruht aber (im Unterschied zu Searle) auf einem einheitlichen Kriterium, und zwar auf der A rt des kommunikativen Kontakts, den der Emittent mit dem T ext dem Rezi­

pienten gegenüber zum Ausdruck bringt. So läßt sich eine homogenere Klassifikation erreichen.

Ich gehe nun davon aus, daß der Kommunikationsmodus des T extes insgesam t in der Regel nur durch e i n e Funktion bestim m t wird (dominierende Kommunikationsfunktion oder Textfunktion), wenn auch für einen T ext durchaus mehrere Funktionen (sog. Zusatzfunktionen) charakteristisch sein können, z.B. die Kontaktfuntion im Geschäftsbrief mit dominanter Obligationsfunktion (Auftragsbestätigung mit Dank für den A uftrag).7

D ie T extfu n k tio n als die im T e x t kon ven tion ell au sged rü ck te (dominierende) Handlungsabsicht des Emittenten kann entweder durch bestimmte sprachliche Formen und Strukturen direkt im T ext signalisiert werden oder auch nur indirekt zum Ausdruck kommen und ist dann aus anderen innertextlichen (sprachlichen und nichtsprachlichen) sowie aus außertextlichen (kontextuellen) Merkmalen zu erschließen. Ich spreche hier - im Anschluß an die Illokutionsindikatoren der Sprechakttheorie, die allerdings nur auf einfache sprachliche Handlungen bezogen sind - von In d ik ato ren der T e x tfu n k tio n .s Es handelt sich dabei also um sprach- liehe und nichtsprachliche Merkmale von Texten. Sie sind Teil der prag­

matischen Komponente der Textkompetenz und steuern insofern das T ex t­

verstehen, als sie direkt oder indirekt auf die kommunikative Gesam t- funktion des T extes und ggf. auf weitere Funktionen (sog. Zusatzfunktio­

nen) hinweisen, diese sozusagen anzeigen.

Es liegt innerhalb der Forschung noch keine Zusammenstellung mög­

licher Indikatoren für die verschiedenen textuellen Grundfunktionen vor, so daß hier nur einige Beispiele genannt werden können.

Es sind zunächst textuelle und kontextuelle Indikatoren zu unterscheiden, die jeweils sprachlicher und nichtsprachlicher A rt sein können. Textuelle Indikatoren sind z.B. auf der grammatischen Ebene sog. explizit performative Formeln und äquivalente Satzmuster, Modi, bestimmte Adverbien und Partikelwörter sowie Einstellungsbekundungen. A u f der them atischen Ebene wären z.B. zu nennen die Art des Texthem as, die Auswahl und Anordnung der Teilthemen (oft nur durch Textvergleich als Indikator erkennbar - etwa in Zeitungsberichten), die W ahl des thematischen M us­

ters (deskriptiv, narrativ, argumentativ usw.), der Typ der thematischen Einstellung (evaluativ, epistemisch, doxastisch, normativ, emotiv usw.).

Zu den textuellen Indikatoren gehören auch bestimmte nichtsprachliche M erkmale wie z.B. das Layout oder bildliche Darstellungen (etwa in W er­

beanzeigen oder Bedienungsanleitungen).

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Kontextuelle Indikatoren betreffen zum einen die Einordnung des T extes in umfassendere sprachliche Zusammenhänge (etwa bei Zeitungstexten in bestimmte Rubriken mit entsprechenden Überschriften), zum anderen die mediale und situative Einbettung dés T extes (Kommunikationsformen wie Brief, Zeitungstext, Plakat, Buch usw. sowie die Zuordnung zu einer Textsorte und zu einem T extbereich).9

Ergänzend soll noch angemerkt werden, daß zwischen stilistisch mar­

kierten und stilistisch unmarkierten Indikatoren unterschieden werden kann. Stilistisch markiert ist z.B. die Verwendung bestimmter Stilfiguren;

aber auch andere sprachliche Elemente können in bestimmten Kontexten stilistisch markiert sein. Stilistische Markierung hat häufig eine indikato- rische Funktion, indem sie die thematische Einstellung des Emittenten ausdrückt, die wiederum auf die Textfunktion hinweist - wenn auch nicht immer eindeutig.

Ein wesentlicher Aspekt der Indikatorenproblematik ist folglich die Frage nach der Eindeutigkeit und Relevanzabstufung von Indikatoren. A uch hier sind die Erkenntnisse noch recht vage. Es läßt sich aber soviel sagen, daß den Kontextindikatoren (insbesondere der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Textsorte und zu einem bestimmten Text- bzw. H andlungs­

bereich) die ausschlaggebende Rolle bei der kommunikativ-funktionalen Interpretation von T exten zukommt. W eist der T ext nämlich keine expli­

ziten sprachlichen Indikatoren auf, oder enthält er konkurrierende sprach­

liche Indikatoren, d.h. Indikatoren, die au f verschiedene kommunikative Funktionen hindeuten, so läßt sich letztlich nur aufgrund von Kontext­

indikatoren bestimmen, welche Textfunktion tatsächlich vorliegt.

Es ist festzuhalten: Eine wichtige Aufgabe künftiger textlinguistischer Forschung besteht darin, die Indikatoren bzw. Indikatorengruppen für die textuellen Grundfunktionen im einzelnen zu bestimmen und sie - diffe­

renziert nach Textsorten und Textbereichen - hinsichtlich ihrer A ussa­

gekraft zu gewichten. Um hier weiterzukommen, ist es notwendig, Text- verstehensanalysen durchzuführen.

Ich möchte nun an einem Textbeispiel illustrieren, wie eine solche Analyse auf der kommunikativ-funtionalen Ebene durchgeführt werden kann (sie ist auch auf der thematischen Ebene möglich - das kann im Rahmen dieses Vortrags aber nicht gezeigt werden.)

In document Budapest 1994 (Pldal 114-118)