• Nem Talált Eredményt

Die Anschauung des athenischen Bürgers über das Verhältnis von

In document Zur Sozialpolitik der Attaliden (Pldal 104-108)

Ptolemy I and the Battle of Gaza

1. Die Anschauung des athenischen Bürgers über das Verhältnis von

Homer verkündete die aristokratische Lehre von der völlig unter-schiedlichen Herkunft des menschlichen Geschlechts und der Götter.5 Hesiod aber schrieb schon: „Die Götter und Menschen sind eines Stammes“

(Erga 108). Und dieser Gedanke taucht auch bei Pindar auf:

žn ¢ndrÏn,

žn qeÏn génoj: æc miâj d pnéomen matrÕj ÞmfÒteroi (Nem. VI).6

Aus Pindars Worten strahlt die immer populäre Theorie der Orphik.7 Diese Theorie entsprach sehr gut der anthropozentrischen griechischen Weltanschauung,8 in der man so oft das Aufeinander-angewiesen-Sein der Götter und Menschen betont. Im Symposion (190C) legt Platon Aristophanes jene Meinung in den Mund, nach der Zeus das menschliche Geschlecht deshalb nicht vernichtet, weil dann keiner mehr existiere, der die Götter verehren könnte. Die Götter – das ist die vorherrschende griechische Ansicht – sehnen sich nach den Ehrungen der Menschen (Eur., Hipp. 7 f.: Alexis, fr.

245, 13), und wesentlich in diesem Sinne benötigen sie die Menschen.

Aber wie sieht nun diese Beziehung von der Seite der Menschen aus?

Was können sie von den Göttern erwarten? Der Prometheus des Aischylos haßt alle Götter, und dies steht im Zusammenhang mit den Mythen, welche die Dichtkunst der archaischen und klassischen Epoche aufgreifen, wo die Götter als Wesen dargestellt sind, die zu Haß, Rache und Schwelgerei neigen. Nachdem der Mensch beobachtet hatte, daß viele unverdient leiden,

3 K. J. Dover, Greek Popular Morality in the Time of Plato and Aristotle, Oxford 1974, 81.

4 Dazu s. K. J. Dover, a. W., 75 ff.; D. Roloff, Gottähnlichkeit, Vergöttlichung und Erhöhung zu seligem Leben. Untersuchungen zur Herkunft der platonischen Angleichung an Gott, Berlin 1970; Ch. Habicht, a. W.; F. Taeger, Charisma, Stuttgart 1957, I; M. P. Nilsson, Geschichte der griechischen Religion, I–II, München 1941–1950; L. R. Farnell, Greek Hero Cults and Ideas of Immortality, Oxford 1921.

5 Hom., Ilias V, 440 f.; s. I. Hahn, Götter und Völker, Budapest 1977, 236 f.

6 D. Roloff, a. W., 162 ff. Zu Pindar s. U. v. Wilamowitz-Moellendorff, Pindaros, Berlin 1922; W. Nestle, Griechische Religiosität vom Homer bis Pindar und Aischylos (Sammlung Göschen 1032), Berlin 1930; E. Thummer, Die Religiosität Pindars, Innsbruck 1957; G. B. Bury, Pindar, Nemean Odes, Amsterdam 1965.

7 M. P. Nilsson, Gesch., I. 705.

8 Darüber s. B. C. Dietrich, Death, Fate and the Gods, London 1965, 6.

und daß die Korrelation zwischen Tugend und Wohlergehen so oft fehlt, bildete sich die Überzeugung heraus, daß der Hauptfaktor des Verhaltens der Götter zu den Menschen eine bösartige Eifersucht sei. Die Werke von Herodot (I. 32,1; III, 40,2; VII, 10e, 46,3 f.), Thukydides (IV, 62,4; VIII, 24,5), Xenophon (Hell. IV, 4,12) spiegeln diese Auffassung gut wider, die sich in der Zeit der Krise der Polis noch umfassender ausbreitete. Im Zeichen dieser Ansicht ist der „Reichtum“ bei Aristophanes blind (Pl. 87-94).

Die Menschen sind Spielzeug in den Händen der Götter. In der Phaidra des Euripides fallen die Helden des Dramas der Gehässigkeit von Aphrodite und Artemis zum Opfer, anderswo übt Poseidon an Minos dadurch Rache, daß er die Leidenschaft Phasiphaes für einen Stier erweckt (Eur., fr. 82). Es wäre möglich, hier eine lange Reihe von Beispielen aus der attischen Literatur des 5.-4. Jh. v. u. Z. anzuführen. Adkins stellt zutreffend fest, daß sich die Götter der Mythen oft in einer Weise verhalten, die für den athenischen Bürger vom ethischen Standpunkt her nicht akzeptabel ist.9

In der archaischen Epoche führte das Mißbehagen an dem traditionellen religiösen Bild unmoralischer Götter zu der Kritik des Xenophanes auf moralischer Grundlage. Selbst Pindar strebt danach, die Mythen mit den moralischen Normen seiner Epoche in Einklang zu bringen. Der Anspruch der Annäherung an die Götter, welcher den athenschen Bürger in der Krise immer mehr durchdrang, führte bis zur Negation der Vergehen in den Mythen. Im 4.

Jh. v. u. Z. lehnte Isokrates die von Dichtern erzählten Geschichten ab und äußerte, daß die tugendhaften Götter nicht an dem vielen Negativen Anteil hätten, das ihnen zugeschrieben wird. Bei Euripides bezweifelt Iphigeneia die Wahrheit jener Mythen, wo die Götter Menschen opfer fordern, und erklärt:

„Kein Gott kann ein Sünder sein“ (Iph. Taur. 380-391).

Dieses Zitat konfrontiert mit den bisherigen Beispielen von Euripides, beweist die Zwiespältigkeit des religiösen Bildes des Dichters. Einerseits schimmert die Ablehnung der Götter in den Mythen durch, andererseits verlangt es ihn danach, moralisch untadelige Götter verehren zu können. Ein schöner Ausdruck für die letztere Gesinnung ist die Schilderung der Liebe des Hippolytos zur Artemis.10

Eine gleichartige religionsphilosophische Erklärung der Abweichung von dem traditionellen Götterbild in der Sehnsucht der Menschen während der verworrenen politischen Verhältnisse am Anfang des 4. Jh. v. u. Z. war die Interpretation als ohnehin schon zu einer großen Rolle gelangten

9 A. W. H. Adkins, Merit and Responsibility: a Study in Greek Values, Oxford 1960, 62–70.

10 Siehe A.–J. Festugière, Personal Religion among the Greeks, Berkeley – Los Angeles 1954, 10–16.

kosmischen Kraft „Schicksal“, „Verhängnis“.11 Diese alte Erscheinung der griechischen Religion erlangte damals ihre wahre Bedeutung.

All das führte dazu, daß die Menschen gegenüber diesen Göttern meistens nur Furcht, nicht aber Liebe verspürten. Aristoteles leugnet offen, daß es zwischen Gott und Mensch eine philia gäbe: „Über Freundschaft können wir nämlich nur dort sprechen, wo Gegenliebe existiert. Im Fall einer für die Götter gefühlten Freundschaft ist jedoch Gegenliebe, sogar allgemein Liebe nicht möglich. Es wäre ja doch Unvernunft, wenn jemand sagen würde: Er liebt Zeus“ (N. E. 1159a, 4; M. M. 1208b, 30). Dodds bemerkt im Zusammenhang mit dieser Äußerung von Aristoteles, daß es vollkommen verständlich sei, wenn die Griechen statt an die unfreundlichen Götter sich in der Regel an die hilfsbereiteren Heroen, in erster Linie an Herakles um Schutz gewandt hätten.12

Nach dem Bisherigen kann man sich mit Dickinson einverstanden erklären, nach dessen Meinung die Beziehung des griechischen Menschen an die überlieferten Götter nicht innerlich und seelisch war, sondern im Gegenteil äußerlich und mechanisch.13 Der Hauptfaktor dieses mechanischen Charakters war nach Dickinson und ebenso nach Dover der Umstand, daß die Götter die Menschen nicht in moralischen oder gefühlsmäßigen Eigen-schaften überragten, sondern in äußeren Zeichen: in Kraft, Unsterblichkeit, Schönheit. Der Glaube an solche Götter hielt sich lange in der großen Masse des Volkes. Und weil man die Sterblichkeit und die Unsterblichkeit nicht als sich diametral gegenüberstehende, natürliche Sache, sondern eher als entgegengesetzte Pole auf einer Skala angesehen hat,14 bevölkerte man die Mitte dieser angenommenen Skala mit Wesen, die in ihrer äußeren Form und in ihrer Kraft zwar den Götter, bieten aber oftmals der Menschheit eine Hilfe. Charakteristisch für sie ist die Gottähnlichkeit, einzelne von ihnen erreichen auch den Zustand der Vergöttlichung.15

Auf dem Boden der Ansichten von Pindar, Euripides und Platon bildete sich dagegen der Begriff eines transzendenten Gottes heraus. Die Ähnlich-keit dazu setzt bei ihnen schon geistige und moralische Höherstellung voraus.

11 Siehe K. J. Dover, a. W. 80.

12 E. R. Dodds, The Ancient Concept of Progress and other Essays on Greek Literature and Belief, Oxford 1973, 153.

13 G. L. Dickinson, The Greek view of Life, New York 1961, 21.

14 G. L. Dickinson, a. W., 21; K. J. Dover, a. W., 75 f. Vgl. Pindar, Nem. VI, 4: Die dynamis unterscheidet den Gott vom Menschen.

15 Zu den Motiven der Gottähnlichkeit der Heroen und Menschen s. hauptsächlich D. Roloff, a. W.

Als man im Griechentum die Erscheinung der Gottähnlichkeit auf die Heroen und bald von ihnen auf die Menschen übertragen hat, nährte sich dies aus zwei Quellen. Einerseits entsprang dies dem an Überlieferungen festhaltenden Volksglauben, andererseits der neuen Auffassung des Gottes-begriffes. Das verursachte, daß die Erscheinung der Gottähnlichkeit zu Anfang in einer gegebenen Person nicht unbedingt eine positive ethische Beurteilung nach sich ziehen mußte, wie das Beispiel von Theagenes aus Thasos und andere zeigen. Bei Pindar dagegen erscheint das Streben nach Gottähnlichkeit als das Ziel der Selbstverwirklichung durch körperliche oder geistige Tätigkeit. Dieses „Gottähnlichkeit durch Leistung“ nimmt am pla-stischsten zuerst in den selbstbewußten Sätzen von Empedokles Form an.16

Natürlich gibt es Grenzen der Verwirklichung der Gottähnlichkeit.

Jener Mensch, der nach der völligen Gleichheit mit den Göttern strebt, fällt in die Schuld des hybris und büßt dafür bitter. Auch bei Platon ist das Maß der moralischen Beurteilung des Menschen die Ðmoíwsij qeù catà tÕ dunatÒn.17 Das bedeutet das bewußte Streben des Menschen danach, sich selbst in den Zustand der Gottähnlichkeit zu erheben. Jedoch wegen des unaufhebbaren Unterschieds von menschlichem und göttlichem Wesen verneint Platon die Möglichkeit der völligen Verwirklichung. Dies drückt die Wendung catà tÕ dunatÒn aus: Angleichung an Gott, aber nur nach Möglichkeit (Theaitetos 176b, 1 f.; Politeia 500d, 1; 613b, 1; Nomoi 716c, 6-8).

Der bedeutende Satz der platonischen Ethik, daß die unerläßliche Bedingung der Gottähnlichkeit die richtige Erkenntnis der Welt und die Tugendhaftigkeit sei, ist vom Standpunkt unseres Themas sehr wichtig.

Politiker können „durch Leistung“ und vor allem „durch Macht“ gottähnlich werden. In Verbindung damit spiegelt auch das die athenische Anschauung des 5. Jh. v. u. Z. gut wieder, daß der despotische „barbarische“ Herrscher ob in der Person des Xerxes von Herodot (VIII, 140, 2 usw.), ob in der Person des Dareios von Aischylos (Pers. 620 ff., 709 ff. usw.), gottähnlich vorge-stellt wird. Mit der Zersetzung der auf der Verfassungsgleichheit der Bürger beruhenden Staatsordnung gelangt aber die philosophische Begründung monarchischer Ideale in den Vordergrund. Hier erachtet der Verfasser den Standpunkt von Nilsson für maßgebend: „Diese Strömung hatte ihre Wurzeln in der Forderung des Sachverständnisses, die Platon für die Regierenden in seiner Weise aufgestellt hatte, ferner in Gedanken der Kyrupädie des Xenophon und in einer denkwürdigen Stelle der Politik des Aristoteles, wo er sagt, daß, ‘wenn es jemanden gäbe, der alle anderen an

16 Diog. Laert., VIII, Empedokles 62 = fr. 112,1 (D). Siehe D. Roloff, a. W., 192 f.; F.

Taeger, a. W., I. 75 f.

17 D. Roloff, a. W., 200 ff.; F. Taeger, a. W., I, 143 ff.

Tüchtigkeit überrage, er gleichwie ein Gott unter den Menschen sei, er müssen herrschen und alle ihm gehorchen, so daß solche Männer ewige Könige in den Städten seien’.“18

Platon involvierte also eine solche Auffassung des Verhältnisses zwischen der göttlichen und menschlichen Sphäre, welche unter den veränderten politischen Verhältnissen in Athen am Ende des 4. Jh. v. u. Z.

die kultische Ehrung eines hellenistischen Königs nicht mehr als fremd empfand.

Natürlich finden wir in der Geschichte Athens parallel zu der vorher skizzierten religionsphilosophischen Entwicklung umso mehr Beispiele dafür, daß man Sterblichen kultische Ehrungen zuteil werden ließ.

2. Konkrete Beispiele zur Ausstattung Sterblicher mit

In document Zur Sozialpolitik der Attaliden (Pldal 104-108)