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Bemerkungen zur Zweckoptimistischen Philosopischen Variante des Mensch - Technik- Bildung Problem in WestDeutschland

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Academic year: 2022

Ossza meg "Bemerkungen zur Zweckoptimistischen Philosopischen Variante des Mensch - Technik- Bildung Problem in WestDeutschland"

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BEMERKUNGEN ZUR ZWECKOPTIMISTISCHEN PHILOSOPHISCHEN VARIANTE DES MENSCH — TECHNIK

— BILDUNG PROBLEMS IN WESTDEUTSCHLAND*

OTTOMAR M1NKA, Dozent,

P ä d a g o g . I n s t i t u t E r f u r t , D D R

Zwei Grundtendenzen prägen das Leben der Menschen im 20.

J a h r h u n d e r t : die Grosse Sozialistische Oktoberrevolution u n d die damit im dialektischen Z u s a m m e n h a n g stehende wissenschaftlich- technische Revolution. „Das Zukunftsbild der Menschheit wird durch den Sozialismus u n d die technische Revolution b e s t i m m t " EU.

Die wissenschaftlich-technische Revolution erfasst alle hochindu- strialisierten Länder. „Der Ausgang des friedlichen Wettstreits zwi- schen den beiden Weltsystemen wird im wesentlichen dadurch be- stimmt, welche Gesellschaftsordnung die Wissenschaft u n d Technik am besten voranbringt und die durch sie geschaffenen Möglichkeiten in diesem Wettstreit am besten n u t z t " 121.

Dabei wird offensichtlich, dass wir nicht von Wissenschaft und Technik schlechthin — wie Hans Köhler schreibt C3I — das „Heil"

erwarten, auch nicht, wie Theodor Litt meint [4] — die Dämonie der Technik" in die „Philantropie der Technik" umgepolt haben. Erst die sozialistischen Produktionsverhältnisse geben der Wissenschaft und der Technik qualitativ neue Entwicklungsmöglichkeiten. Im bürger- lichen weltanschaulichen Lager gibt es seit J a h r e n vielfarbige, einan- der widersprechende Versuche zur K l ä r u n g philosophischer Fragen des Verhältnisses von Wissenschaft — Technik u n d Mensch. Die Bour- geoisie steht der Technik deshalb widerspruchsvoll gegenüber, weil u n t e r kapitalistischen Verthältnissen die Technik sowohl T r i e b k r a f t des gesellschaftlichen Fortschritts als auch T r i e b k r a f t des u n v e r m e i d - lichen historischen Untergangs der kapitalistischen Produktionsweise ist. Die Analyse der „Technik-Philosophie" zeigt den gemeinsamen Nenner aller heutigen bürgerlichen philosophischen Ideologie als In-

* A z E g r i T a n á r k é p z ő F ő i s k o l a , 1965. m á j u s 5 - i T u d o m á n y o s Ü l é s s z a k á n e l h a n g z o t t e l ő a d á s .

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s t r u m e n t der Monopolbourgeoisie. Die bürgerliche Ideologie spiegelt aber auch die staatsmonopolistische Gesellschaft verzerrt wider [5].

Diese Widerspiegelung d r ü c k t sich in einer übertriebenen, u n - gerechtfertigten Verallgemeinerung einiger Erscheinungen der wissen- schaftlich-technischen Revolution aus. Das zeigt sich besonders d e u t - lich in der pessimistischen Sicht der Technik u n d ihrer Umwälzung.

Zu den Kritikern der „Dämonie"-Auffassung von der Technik Die pessimistischen A u f f a s s u n g e n w e r d e n in der herrschenden Ideologie der Bundesrepublik e t w a seit der Mitte der 50er J a h r e zurückgedrängt, da sie nicht zu der notwendigen Aktivität der Wis- senschaftler und Techniker im Dienst des monopolkapitalistischen westdeutschen S t a a t e s f ü h r t e n .

Die anhaltende K o n j u n k t u r und die Interessen der militaristi- schen Politik v e r d r ä n g e n mit d e r Mystifizierung gesellschaftlicher Z u s a m m e n h ä n g e u n d den illusionären Perspektiven, mit einem p a r -

tiellem Optimismus d e r A n e r k e n n u n g des Fortschritts in der Technik d e n Pessimismus d e r „Ohnmacht", der „Unheimlichkeit", der „Un- sicherheit".

Die herrschende Ideologie sucht neue Wege zur bewussten „Ge- w i n n u n g " , „Mitarbeit", „Integration", also zur Gleichschaltung der Naturwissenschaftler u n d Ingenieure mit der imperialistischen Gesell- schaftsordnung. So w i r d z. B. nach Friedrich Pollock die „Zweite industrielle Revolution" —• mit Automatisierung und elektronischen R e c h n e r n als S c h r i t t m a c h e r einer v e r n ü n f t i g e n gesellschaftlichen O r d n u n g — positive soziale Veränderungen bringen. Sie ist f ü r ihn ein Weg, die A r m u t abzuschaffen und die d r ü c k e n d e Arbeit zu b e - seitigen. In diesen A u f f a s s u n g e n zeigt sich Zweck-Optimismus, teil- weise sogar B e w u n d e r u n g . Bei „zielbewusster gesellschaftlicher In- t e r v e n t i o n " w e r d e n nach Pollock die „segensreichen Aspekte der Automation" die O b e r h a n d b e h a l t e n [6].

Aber Pollock e m p f i n d e t die Technik zugleich noch als Bedrohung, w e n n er in der „Machtzusammenballung bei der Minderheit" (pro- duktive Ingenieure u n d Administratoren!) die Gefahr sieht, dass sie an einem b e s t i m m t e n P u n k t e ,,in ein autoritäres gesellschaftliches S y s t e m " übergehen könne. Er b e f ü r c h t e t nämlich zugleich eine „Mas- senarbeitslosigkeit, die f ü r lange Zeit anzuhalten droht", und „ h e u t - zutage der sicherste Wegbereiter eines totalitären Umsturzes ist" [7].

So verbindet sich also bei Pollock Optimismus im Hinblick auf d e n Technikfortschritt und als Konjunkturillusion, mit stark pessi- mistischen Zügen d e r gesamtgesellschaftlichen Entwicklung gegen- ü b e r . Die „2. industrielle Revolution" soll eben die sozialistische Re- volution überflüssig machen.

O. Kraemer b e t r a c h t e t A u f f a s s u n g e n „ ü b e r die von einigen be- h a u p t e t e Dämonie d e r Technik, ihre angebliche Naturwidrigkeit und ihr sträfliches U n m a s s " als ü b e r w u n d e n . „Man darf feststellen, dass

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diese Zeit hinter uns liegt und dass die Technik ihren Platz auf der Anklagebank mit B e w ä h r u n g s f r i s t hat verlassen k ö n n e n " [8]. Die K r i - tik des „Technik-Pessimismus", der „Technik-Kritik" setzt sich durch;

man sucht nach „rationalen" Einschätzungen. Die Technik-Philosophie soll zum wirksameren Instrument der staatsmonopolistischen H e r r -

schaft werden.

Friedrich Dessauer, der sich zum „kritischen Realismus" zählt, entwickelt eine Alternative zu den bereits skizzierten „ k u l t u r k r i t i - schen" Zeitströmungen. Er deutet die Technik religiös-optimistisch.

Bei ihm heisst es: „Der Mensch lebt in der N a t u r ; sie ist das grosse Haus der Schöpfung, das ihm Gott zur Forschung und Nutzung a n - v e r t r a u t e ; in sie senkte unser Schöpfer unermessliche Möglichkeiten der Gestaltung als A u f t r a g ein. Der Mensch lebt aber auch in der Gesellschaft, ist nicht n u r Einzelperson; er ist offen, er teilt Leid u n d F r e u d e mit den a n d e r e n Menschen. Er lebt in Schicksalsgemeinschaft, und zwar jetzt m e h r als jemals. Und d a r u m e n t s t e h t wahre, volle Bil- dung des Menschen nur, wenn beide grossen Aspekte im Gleich- gewicht berücksichtigt w e r d e n " [9].

In diesem Z u s a m m e n h a n g wird Dessauer von D. Brinkmann be- scheinigt, dass er die Technik zum erstenmal als „menschliche A u f - gabe" gesehen und gelehrt habe. Er habe die Technik in das Stadium der Selbstbesinnung h i n e i n g e f ü h r t und die Überzeugung formuliert, dass die Technik nicht w e r t n e u t r a l ist, sondern eine bedeutsame Wertsetzung in sich trägt [10].

Jedoch auch f ü r Dessauer ist das Ganze der Technik doch irratio- nal. Er verweist auf den „Schöpfer", der „die Erde viel reicher ge- macht als wir jemals ahnten. Unermessliches schläft in ihr, h a r r t auf den Menschen, dass er es finde. Und der Sinn ist, dass der Mensch ,Mensch' werde in seiner Wanderung durch die Jahrtausende, das heisst, emporwachse zur Ebenbildlichkeit seines Schöpfers" [11]

So stellen Dessauers Auffassungen, die in der westdeutschen Tech- nik-Philosophie wegweisend und massenwirksam sind, den Versuch dar, naturwissenschaftlich-technisches und religiöses Denken m i t - einander zu verbinden.

Auch H. G a r t m a n n formulierte schon 1955 mit religiösem Pseudo- optimismus die Bestrebungen theologischer Kreise nach Neuorien- tierung ähnlich, wenn er schreibt: „Der Mensch wird stärker bleiben als die Technik, denn alle Dinge, die er schuf, m ü n d e n in den A u f t r a g der Genesis: macht euch die Erde Untertan . . ." [12].

Interessant sind zum aufgezeigten Problem auch Auffassungen von Klaus Tuchel, G e s c h ä f t s f ü h r e r der V D I - H a u p t g r u p p e „Mensch u n d Technik" der 1961 gegründeten VDI-Ausschuss „Philosophie und Technik". Seiner Meinung nach s t a m m t der „bahnbrechende, a n - regende u n d wegweisende" philosophische Beitrag zum Technikprob- lem von Friedrich Dessauer. Tuchel t r i t t gegen die technikkritische Literatur, gegen die Dämonisierung der Technik auf. Von einer ob- jektiv-idealistischen Grundposition aus wendet er sich gegen den subjektiven Idealismus. Er orientiert die philosophische Ideologie auf

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die b e d e u t e n d e K u l t u r f u n k t i o n der Technik, begreift die Technik als

„Ausdruck menschlicher S c h ö p f e r k r a f t " , die dem Menschen eine Chance zur V e r n u n f t gibt. Obzwar Tuchel die Technik auch n u r „aus dem Miteinander von rationaler Zweckbestimmtheit u n d irrationalem Daseinsvollzug" versteht, scheint bei ihm das irrationale Moment eine untergeordnetere Rolle zu spielen [13].

Zu den sophistisch-optimistischen Auffassungen in der Sicht der Technik Nach der sophistisch-optimistischen Auffassung der Technik, nach dem Optimismus der illusionären Perspektive bringt die Automation

„keine E r s c h ü t t e r u n g e n " , hat sie „kein revolutionäres Gepräge", ü b e r - windet sie die „Monotonie" der Arbeit. In den „modernen Industrie- betrieben" gäbe es „keine Vermassung der Arbeiter" m e h r ; im Gegen- teil, es gelingt angeblich bereits die „Befreiung aus der Vermassung".

Maschinenwelt und Technik „ e n t f r e m d e n " den Menschen der „ H u - mangesellschaft" nicht m e h r . Der Übergang vom Fliessband zur A u t o - mation beseitige die „Namenlosigkeit", die „Unüberschaubarkeit", die

„Angst" u n d „Verlassenheit" u n d es entstehen „menschliche Bezie- h u n g e n " . Etwa d r e i f ü n f t e l der Bevölkerung Westdeutschlands f i n d e n

— nach solch einer Version — in ihrer Arbeit bereits „Erfüllung".

Diese zweckoptimistisch-demagogischen, politisch-pragmatistischen Auffassungen Gipfeln in der These: die Technik bringe das goldene Zeitalter f ü r alle!

Bei Theodor Litt z. B. drückt sich die Besorgnis ü b e r die K r i s e n - zeichen in K u l t u r u n d Ideologie in der Auffassung aus, dass Technik und Naturwissenschaft „ O b j e k t e " sind, die die Vergewaltigung des Menschen zur Folge h ä t t e n bzw. h a b e n könnten, so dass der Mensch in „seinem personalen Dasein in einem verhängnisvollen Masse e n t - f r e m d e t " sei [14].

Litt v e r d a m m t aber nachdrücklich die offen-, ,kultur-pessimisti- schen" Auffassungen, weil sie zur „Schwächung der A b w e h r k r ä f t e "

gegen den K o m m u n i s m u s beitragen [15].

In diesem Z u s a m m e n h a n g heisst es in seinem Buch „ N a t u r w i s - senschaft u n d Menschenbildung": „Aber welche Torheit, dieser Wis- senschaft (der zur Technik fortgebildeten Naturwissenschaft, D. V.) zu Lasten zu schreiben, was in den ü b e r ihre Ergebnisse v e r f ü g e n d e n Willen seinen U r s p r u n g hat — den Versucher statt in dem auf V e r - nichtung sinnenden Menschenherzen in der von Liebe und Hass u n - b e r ü h r t e n E r k e n n t n i s f i n d e n zu wollen" [16].

Technik und N a t u r w i s s e n s c h a f t sind also f ü r Litt „ w e r t - n e u t r a l " . Sie w e r d e n losgelöst von den Produktionsverhältnissen. In völliger Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t anderen reaktionären Auffassungen, f ü r die die Automation n u r eine q u a n t i t a t i v e Fortsetzung der Mechanisie- rungsprozesse ist u n d zu keiner K a t a s t r o p h e f ü h r e n kann, bagatelli- siert Litt die sozialen Probleme der technischen Revolution im staats- monopolistischen Kapitalismus u n d schreibt, dass der Siegeszug der

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Automation f r e i sei von allen Erschütterungen, die ihm ein r e v o l u - tionäres Gepräge geben könnten [17].

Litt wendet sich gegen die Auffassung, wonach das Menschsein n u r jenseits der Arbeit „Obdach und N a h r u n g " f i n d e n könne. Man könne die „Bildung zum Menschen" nicht neben die Ausbildung zum sachkundigen F u n k t i o n ä r setzen [18].

Eine besondere A r t illusionär-optimistischer Aussöhnung m i t der Technik ist Friedrich Oetingers Partnerschaftslehre. F ü r Oetinger ist die P a r t n e r s c h a f t eben „die aussichtsreichste Möglichkeit" in unserer

„technisierten Welt", eine haltbare politische Gesellschaft zu bilden.

Dabei gehe es vor allem darum, dass in der westdeutschen Gesell- schaftsordnung eine Entwicklung nachgeholt werde, bei der die „Tech- nik der letzten 100 J a h r e in weitem Vorsprung vorangegangen ist" [19].

Dass die bisherige ideologische Variante von der „Dämonie", der Technik und der „industriellen Arbeitswelt" den f ü h r e n d e n K r ä f t e n des westdeutschen staatsmonopolistischen Kapitalismus nicht mehr zusagt, dass nach neuen, sophistisch-optimistischen Versionen gesucht wird, wird immer eindeutiger erkennbar. Der staatsmonopolistische Kapitalismus in Westdeutschland hat die Wissenschaft und Technik umfassend f ü r seine Profitinteressen eingespannt, aber er b e f ü r c h t e t die der technischen Revolution innewohnenden objektiven Konse- quenzen, die nach Umgestaltung der Gesellschaft drängen. So schreibt Helmut Schelsky zweckoptimistisch: „Das so oft in Verbindung mit der Automatisierung beschworene historische Gespenst einer technolo- gischen Arbeitslosigkeit findet keine verbindliche Bestätigung..." [20].

Vielmehr rechnet Schelsky damit, dass der „gegenwärtige chronische Mangel an A r b e i t s k r ä f t e n " auch nicht behoben w e r d e n wird. Auf pädagogischem Gebiete verlangt er -— f ü r das 9. Schuljahr — eine konsequente „Erziehung zur Maschine". So f o r d e r t e er bereits 1957 die allgemeine technische Berufsvorbereitung" in der Oberstufe der Volksschule, eine starke Verschmelzung von allgemeinbildendem und berufserziehendem Schulwesen, ein allgemeines berufliches G r u n d - ausbildungsjahr f ü r alle Absolventen der 8 jährigen Volksschule, nicht aber ein neuntes Volksschuljahr schlechthin [22],

Im 1964 veröffentlichten „Gesamtplan zur Neuordnung des deut- schen Bildungswesens" betont d a n n das „Deutsche Institut f ü r Bil- dung und Wissen", dass der Berufseintritt noch nicht im u n m i t t e l - baren Anschluss an die Volksschule erfolgen sollte. „Es muss daher die Forderung gestellt werden, ein zehntes Volksschuljahr zur Pflicht zu machen, wobei dieses Schuljahr freilich nicht der Volksschule, sondern der berufsbezogenen Schule zugewiesen w e r d e n soll. Es ge- hört zu den dringendsten Erfordernissen unserer Zeit, den J u g e n d - lichen besser und realistischer in die Berufs- u n d Arbeitswelt ein- z u f ü h r e n , als das h e u t e weithin geschieht" [23].

So soll die „Ausbildung" im „Gesamt der Bildung" v e r a n k e r t werden. Dabei hat die berufsbezogene Schule einmal Fragen des „ p e r - sönlichen Berufsethos" und der „berufseigenen sozialen V e r a n t - w o r t u n g " in den Mittelpunkt zu stellen, zum anderen die Arbeit der

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Volksschulen d u r c h G e w i n n u n g von „Einsichten" fortzusetzen, die zum

„richtigen H a n d e l n i m Staat, in der Berufswelt und im persönlichen Lebenskreis" A n s p o r n sind [24].

Man ist sich klar darüber, dass die „Leistungsgesellschaft" die

„Leistungsausbildung" erfordert. Aber eine „reine Leistungsausbil- d u n g " ist danach genau so verhängnisvoll w i e ein Rückgang in der Leistungsfähigkeit. Deshalb f o r d e r t das „Institut f ü r Bildung und Wissen" als Äquivalent, als Ausgleich f ü r die qualitativ bessere Aus- bildung des Schülers auch eine ausgeprägtere unwissenschaftlich- weltanschauliche, religiös g e b u n d e n e Erziehung, „die ihn vor einem Missbrauch seiner Kenntnisse u n d Fähigkeiten b e w a h r t " [25].

Im Gegensatz zur gesellschaftlichen Realität der kapitalistischen

„industriellen A r b e i t s w e l t " wird immer nachdrücklicher behauptet, dass die Maschinenwelt und die Technik den Menschen der „ H u m a n - gesellschaft" nicht m e h r e n t f r e m d e n .

Das aufgezeigte ideologische Bedürfnis r u f t verschiedene illu- sionistische A u f f a s s u n g e n hervor.

Jacobus Wössner z. B. stützt sich in seinem Buch „Mensch und Gesellschaft" auf B e f r a g u n g e n des Bielefelder Emnid-Instituts. Nach diesen B e f r a g u n g e n sollen sich neuen Z e h n t e l der Berufstätigen in Westdeutschland in ihrem derzeitig ausgeübten Beruf auf dem „rich- tigen Arbeitsplatz" befinden. R u n d drei F ü n f t e l der Werktätigen aber f ä n d e n in ihrer beruflichen Tätigkeit volle Befriedigung [26]. Solche Auffassungen w e r d e n in die Lehrbücher d e r Schule aufgenommen.

So heisst es z. B. in „Die Gemeinschaft u n d du": „ N u r ganz wenige Menschen e m p f i n d e n die Arbelt als d r ü c k e n d e Last. Es sind ent- w e d e r arbeitsscheue, von N a t u r aus f a u l e Glieder der Gesellschaft, vielleicht auch kränkliche, schwache Menschen, denen die zugemutete Arbeit zu s c h w e r ist, oder sie sind ihrer Arbeit geistig nicht gewach- s e n " . „In der A r t der Arbeit bestehen Unterschiede, die Ehre der A r b e i t aber ist f ü r alle gleich" [27].

Das „ R e s u l t a t " des Bielefelder Instituts aber ist sehr vorsichtig a u f z u n e h m e n , wie ähnliche Befragungen in den USA zeigen.

Erich F r o m m berichtet ü b e r solche Erhebungen auf nationaler Ebene, bei d e n e n sich 41% d e r Fabrikarbeiter, in einem anderen Fall 5 6 % der g e l e r n t e n u n d 48% der angelernten Arbeiter, als von ihrer A r b e i t befriedigt ausgeben. F r o m m betont dabei noch, dass u n t e r - schieden w e r d e n müsste, was der Mensch über seine „Zufriedenheit d e n k t " und w a s er „unbewusst f ü h l t " [28].

Auf derselben Ebene liegt die demagogisch-optimistische Auf- fassung Karl Abrahams, dass im modernen Industriebetrieb zu be- obachten sei, wie „schrittweise die B e f r e i u n g aus der Vermassung gelingt" [29]. Diese Apologetik wird auch bei Arnold Gehlen sehr deutlich sichtbar, w e n n er meint, dass h e u t e in der „Industriegesell- s c h a f t " Westdeutschlands sich ja j e d e r m a n n „oben" und niemand m e h r „ u n t e n " befindet. Er betont, dass angstvolle Vorstellungen von d e r Vermassung, vom Verlust der Person weit verbreitet seien, und dass dabei die Technik in die Rolle des Angeklagten verwiesen wird.

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In den USA und in der SU aber e r f r e u e sich dieselbe Technik u n - g e h e u r e r P o p u l a r i t ä t [30].

Solche Auffassungen philosophischer Autoritäten f i n d e n dann auch sehr schnellen und u m f a s s e n d e n Eingang in Schulbücher oder L e h r e r h e f t e , wie z. B. in Wolfgang Hilligens „Didaktische und metho- dische Handreichungen zur politischen Bildung und Sozialkunde":

„Wenn m a n sich diese G e f a h r e n des technischen Zeitalters klarmacht, übersieht m a n (im Westen) allzu häufig seine Chancen (auf die der Osten eine zugkräftige P r o p a g a n d a gründet)." „Dass die Erziehung die Chancen weit m e h r in den Vordergrund rücken muss als bisher, sei h i e r vorweggenommen" [31].

Oder: „Die Automation setzt die Menschheit in den Stand, alle Menschen mit technischen G ü t e r n zu -versorgen: J e m e h r Menschen diese Güter k a u f e n können, desto billiger w e r d e n sie . . . Die Auto- mation verlangt Planung. Wichtiger noch als die technische ist die wirtschaftliche P l a n u n g " [32],

So und ähnlich wird von der Schule der neue weltanschauliche A u f t r a g verwirklicht: Der Mensch muss zur Technik und über sie zum staatsmonopolistischen Herrschaftssystem in ein positives Ver- hältniss gebracht werden.

Wie bei der Mobilisierung der westdeutschen Intelligenz f ü r die antikommunistischen Ziele des westdeutschen Imperialismus die Ver- t e u f e l u n g und Dämonisierung der Technik zum Hinderniss geworden ist, zeigt z. B. auch sehr deutlich die religiös-weltanschauliche Offen- sive auf dem Philosophie-Kongress in Münster 1962.

H e r m a n n Lübbes leistet seinen Beitrag in der politisch-ideolo- gischen U m r ü s t u n g der bürgerlichen Philosophie, indem er die An- passung der Religion an den wissenschaftlich-technischen Fortschritt vollzieht. Dabei f o r d e r t er die A u f h e b u n g des Gegensatzes von Glau- b e n und technischer Revolution. Religion und Glauben w e r d e n als T r i e b k r a f t der „weltlichen" Entwicklung bezeichnet. Die „säkulari- sierte Welt" mit ihrer gesellschaftspolitischen Ordnung aber wird zum eigentlichen Ort des Glaubens erklärt [33]. Der Präsident der Arbeitgeberverbände, der ehemalige Atomminister Balke, t r i t t bereits 1957 gegen die Dämonisierung der Technik und gegen die Diffa- m i e r u n g der Ingenieure auf. 1964 schreibt Balke, dass die „Integra- tion der Ingenieure . . . in die Gesellschaft zu den wichtigsten Vor- bedingungen gehört, u m . . . u n s e r e wirtschaftlichen und wissenschaft- lichen Grundlagen zu sichern, auf denen unsere Existenz b e r u h t " [34].

Als „einsichtiger Ingenieur" fasst er die Technik als ein „Mit- einander von Rationalität und Irrationalität" auf und betont, dass die

„technische Wirklichkeit" n u r eine „Teilwirklichkeit" ist, der die empirischen Denkmethoden entsprechen. Die „ganze Wirklichkeit"

aber erfordert eine „universale Denkmethode" [35].

Von der Philosophie e r w a r t e t er die A n e r k e n n u n g der f ü h r e n d e n Rolle von Kirche und Religion. Die Wende zur Religion wird akzen- t u i e r t vollzogen. Auch hierbei zeigt sich die Verträglichkeit eines partiellen Optimismus einer rationalen A n e r k e n n u n g des Technik-

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fortschritts mit der Mystifizierung des gesellschaftlichen G e s a m t z u - sammenhangs [35a],

Erich Fromm kritisiert die zweckoptimistisch-illusionistischen A u f f a s s u n g e n : „So verlockend diese Art Optimismus ist, so ist er nichts destoweniger eine ausgeklügelte Art d e r Verteidigung des status quo; . . ." [36].

Diese sophistisch-optimistische Sicht will die Illusion erwecken, dass die Arbeit im Kapitalismus schon f r e i ist und vor allem der Einsicht entgegenwirken, dass gesellschaftliche Arbeit auch gesell- schaftliches Eigentum an den Produktionsmitteln erfordert. Diese

„Betrachtung der Entwicklung der technischen Revolution als n u r technische Entwicklung, losgelöst von der ökonomischen Basis, bringt kein wissenschaftliches Weltbild. Sie ist ein Versuch, die „ Ü b e r l e b t - h e i t " der sozialistischen Revolution darzutun. Sie weist aber indirekt auch darauf hin, dass die wissenschaftlich-technische Revolution im modernen Kapitalismus beginnt, ohne sich u n t e r seinen P r o d u k t i o n s - verhältnissen vollenden zu können. Es gibt eben nicht schlechthin eine Eigengesetzlichkeit der technischen Entwicklung.

Es gibt aber auch kein Mensch-Technik-Problem schlechthin — wie es alle a n g e f ü h r t e n bürgerlich-ideologischen Auffassungen d a r - stellten — sondern es gibt ein P r o b l e m in der Gesellschaftsordnung, in der sich die technische Revolution vollzieht.

Die Produktionsverhältnisse entscheiden letztlich über die u n t e r - schiedlichen A u s w i r k u n g e n auf den Menschen, über Inhalt, T e m p o u n d U m f a n g des technischen Fortschritts.

Die Analyse des Problems zeigt u. E. n.:

1. Die neue sophistisch-optimistische Variante in der T e c h n i k - P h i - losophie soll auf ihrem Gebiet der wirksameren P r a k t i z i e r u n g der politischen Funktion der gegenwärtigen bürgerlichen P h i l o - sophie dienen.

2. Die Wende zur theologisch f u n d i e r t e n imperialistischen Technik- Philosophie m i t ihrem religiösen Pseudooptimismus — von Des- sauer bis Lübbes vollzogen — ist als eine Erscheinung der Selbst- aufgabe einer theoretisch-wissenschaftlichen Philosophie Aus- druck der t i e f s t e n Krise der bürgerlichen Philosophie, aber auch ein Versuch i h r e r illusionären Bewältigung [37].

3. Der Verschleierung des grundlegenden Widerspruchs zwischen technischer Revolution und reaktionären staatsmonopolistischen Verhältnissen d i e n t besonders der Versuch der „Bewältigung d e r Bildungskrise". Die diesbezügliche Ultra-Linie in der Pädagogik k a n n etwa so f o r m u l i e r t w e r d e n : Notwendige wissenschaftlich- technische B i l d u n g und optimale antikommunistische Erziehung bei A u f r e c h t e r h a l t u n g des Bildungsmonopols [38].

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Literaturnachweis

[1] Walter U l b r i c h t : Festrede zum 15. J a h r e s t a g der DDR. I n : Neues Deutsch- land, V. 7. 10. 1964, S. 6 (A)

[2] Walter U l b r i c h t : Die D u r c h f ü h r u n g der ökonomischen Politik im P l a n j a h r 1964 u n t e r besonderer Berücksichtigung der chemischen Industrie. I n : Neues Deutschland, vom 5. 2. 1964, S. 6 (A)

[3] H a n s K ö h l e r : Das Menschenbild des dialektischen Materialismus, München 1963, S. 63

[4] Theodor L i t t : Wissenschaft u n d Menschenbildung im Lichte des West—Ost- Gegensatzes. Heidelberg 1958, S. 132

[5] Vgl. auch Filipez—Kon: Der Mensch in der Industriegesellschaft. I n : P r o b - leme des Friedens u n d des Sozialismus. 3/1965, 8. Jg., S. 240, S. 242 ff [6] Friedrich Pollock: Automation. F r a n k f u r t a. M. 1956, S. 57

[7] Ebenda, S. 106 und S. 68

[8] O. K r a e m e r : Aussprache auf Münster Sondertagung VDI. I n : Dessauer, K r a e m e r u. a.: Der Mensch im K r a f t f e l d der Technik. Düsseldorf 1956, S. 117—118

[9] Friedrich Dessauer: Der Mensch i m K r a f t f e l d der Technik. Düsseldorf 1956, S. 14—15.

[10] D. B r i n k m a n n : Ebenda, S. 124

[11] Friedrich Dessauer: F o r m e n d e K r ä f t e . I n : Ebenda, S. 16

[12] H. G a r t m a n n : Stärker als die Technik. Düsseldorf 1955. Zitiert n a c h : Deut- sche Zeitschrift f ü r Philosophie, 5/1965, S. 614

[13] K l a u s Tuchel: Die Philosophie der Technik bei Friedrich Dessauer. F r a n k - f u r t a. M. 1964, S. 125, S. 93, S. 115

[14] Theodor L i t t : Technisches Denken und menschliche Bildung. Heidelberg o. J. (1960), S. 81

[15] Theodor L i t t : Wissenschaft u n d Menschenbildung im Lichte des West—Ost- Gegensatzes. S. 18

[16] Theodor L i t t : N a t u r w i s s e n s c h a f t und Menschenbildung. Heidelberg 1963, S. 68

[17] Theodor L i t t : Technisches Denken und menschliche Bildung. Heidelberg o. J. (1960), S. 31

[18] Theodor L i t t : Ebenda, S. 26 u n d S. 91

[19] Friedrich Oetinger: P a r t n e r s c h a f t . S t u t t g a r t 1956, S. 89, S. 103

[20] H e l m u t Schelsky: Schule u n d Erziehung in der industriellen Gesellschaft.

S. 65

[21] Vgl. H e r m a n n Rohrs: Die Schule u n d ihre Reform in der gegenwärtigen Gesellschaft, Heidelberg 1962, S. 33

[22] H e l m u t Schelsky: Schule u n d Erziehung in der industriellen Gesellschaft.

S. 46

[23] Deutsches Institut f ü r Bildung und Wissen: G e s a m t p l a n zur Neuordnung des deutschen Bildungswesens. F r a n k f u r t a. M. 1964, S. 34

[24] Ebenda, S. 35 [25] Ebenda, S. 26

[26] J a k o b u s Wössner: Mensch u n d Gesellschaft. Berlin (West) 1963, S. 58 [27] A. Gerhard—H. S c h r ä d e r : Die G e m e i n s c h a f t u n d du. S. 22, S. 24 [28] Erich F r o m m : Der m o d e r n e Mensch und seine Z u k u n f t . S. 262—263 [29] K a r l A b r a h a m : Der Betrieb als Erziehungsfaktor. Freiburg im Breisgau

1957, S. 129

[30] Arnold G e h l e n : Die Seele im technischen Zeitalter. H a m b u r g o. J. (1957) S. 7

[31] Wolfgang Hilligen: Didaktische und methodische H a n d r e i c h u n g e n zur poli- tischen Bildung und Sozialkunde. F r a n k f u r t a. M. o. J., S. 13

[32] Wolf gang Hilligen: Sehen — Beurteilen — Handeln. Teil 2, Ausgabe B f ü r das 7—9. S c h u l j a h r . F r a n k f u r t a. M. 1965. 8. Auflage, S. 189

[33] Siehe D. D ü n g e r u n d W. Müller: Politik u n d „Philosophie und Fortschritt".

I n : Deutsche Zeitschrift f ü r Philosophie, 5/1965, S. 611

[34] Siegfried Balke: Ingenieure — Ersatzteile der Zivilisations-maschinerie?

(10)

I n : I n d u s t r i e k u r i e r , v o m 11. 6. 64; zitiert n a c h : Theoretische P r o b l e m e der w i s s e n s c h a f t l i c h - t e c h n i s c h e n Revolution. Protokoll einer Arbeitstagung des I n s t i t u t s f ü r M a r x i s m u s — L e n i n i s m u s , Universität Rostock S. 79

[35] Siegfried Balke: Die i m p e r f e k t e P e r f e k t i o n der Technik. München—Düs- seldorf— Oldenburg—VDI-Verlag 1961, S. 15. Zitiert nach Klaus Tuchel: Die Philosophie der T e c h n i k bei F r i e d r i c h Dessauer, S. 114

[35a] W o l f g a n g Heise: A u f b r u c h in die Illusion. Berlin 1964, S. 428—29 f [36] Erich F r o m m : D e r m o d e r n e Mensch u n d seine Z u k u n f t . S. 186—187 [37] Siehe Dieter B e r g n e r : Philosophie als imperialistischer Ungeist. I n : Deut-

scher Zeitschrift f ü r Philosophie, 4/1960, S. 432

[38] Vgl. D. Dünger u n d W. Müller: Politik u n d Philosophie und Fortschritt.

I n : Deutsche Z e i t s c h r i f t f ü r Philosophie, 5/1965, S. 613—617

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