• Nem Talált Eredményt

In diesem Buch geben wir eine genaue Beschreibung unserer ge-meinsamen Arbeit zwischen 2012 und 2017, die sich die genetische Identifizierung von Königen aus dem Arpadenhaus zum Ziel gesetzt hatte. Die primäre Aufgabe unserer Forschung bestand in der Identi-fizierung der aus der Marienbasilika von Székesfehérvár stammen-den und in der Unterkirche der Liebfrauenkirche (Matthiaskirche) in Budapest gehüteten Skelette. Das hatte schließlich zur Folge, dass ein Skelett als ein bislang noch unbekannter König aus dem Arpa-denhaus identifiziert werden konnte, und all das führte zu einer Prü-fung der Abstammung aus dem Geschlecht der Arpaden. Die Arbeit verlief – wie allgemein jede Forschungsarbeit – nicht immer nur ge-radlinig; sie hielt für uns zahlreiche Hürden, Rückschritte und Neu-anfänge bereit.

Wir brauchten viel Ausdauer und eine unerschütterliche Zu-versicht, um die gesetzten Ziele zu realisieren. Um die regelmäßig wiederkehrenden Kritiken und Gegenmeinungen zu ertragen und um berechtigte Einwände zu akzeptieren. Wir rechneten auch mit Kritik und Anfeindungen, weshalb wir uns entschlossen hatten, ein ausländisches Institut mit unbestreitbarer Kompetenz, das Jo-hann-Friedrich-Blumenbach-Institut für Zoologie und

Anthropolo-gie, Abteilung Historische Anthropologie und Humanökologie (Ge-org-August-Universität Göttingen, Deutschland) in die Forschung einzubeziehen, was auch mit dem Vorteil einherging, dass die von ihnen übermittelten Ergebnisse sich in vielen Fällen als wegweisend erwiesen. Zuallererst wurde von den Kritikern aufgeworfen, wa rum die genetische Untersuchung der königlichen Gebeine nicht in ei-nem Fachinstitut, sondern in dem über ein ganz anderes Profil ver-fügenden Landesinstitut für Onkologie in Budapest vorgenommen wurde. Viele, unter ihnen beispielsweise auch Kinga Éry, hatten ihre starken Zweifel zum Ausdruck gebracht, ob wir die geplante Arbeit überhaupt beenden können. Ihre Zweifel waren vor allem deshalb groß, weil es bereits im Vorfeld Versuche gab, ausländische Partner in die genetische Untersuchung der königlichen Gebeine mit ein-zubeziehen, die jedoch zu keinem Ergebnis geführt hatten. Andere wiederum bezweifelten, ob die hauptsächlich aus Ärzten bestehende Forschergruppe überhaupt in der Lage sein würde, die einzelnen menschlichen Skelette voneinander zu unterscheiden. Jemand gab sogar Ratschläge dazu, wie man eine solche Forschung beginnen sollte. Als Beispiel erwähnen wir die Studie „Wie man die Könige aus dem Arpadenhaus nicht identifizieren sollte?“ von Balázs Mende, in der er als Kontrolle die Untersuchung von Reliquien vorschlägt.

Reliquien wollten wir allerdings – selbst wenn wir die Möglichkeit dazu gehabt hätten – nicht nur aus Pietätsgründen nicht anrühren, sondern auch, weil wir sie nicht unbedingt benötigten, da wir uns zur Kontrolle auf die genetischen Daten des Skeletts des eindeutig identifizierten Königs Béla III. stützen konnten.

Wir mussten ständig lernen, was durch unsere regelmäßigen Konsultationen gefördert wurde. Besonders nützlich waren die

kri-tischen und strengen, aber wohlwollenden und vorwärts weisenden Anmerkungen von Herrn Gábor Tusnády, Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, die uns dabei halfen, die uns gerade zur Verfügung stehenden Daten von immer anderen Gesichtspunk-ten wieder und wieder zu bewerGesichtspunk-ten.

Um ein eindeutiges Endergebnis zu bekommen, benötigten wir auch die Fähigkeit, voneinander entfernte Daten miteinander in Ver-bindung zu bringen und diese bei Bedarf mit neuen Untersuchungs-methoden zu ergänzen. Diese Lösungsart haben wir bei der moder-nen Diagnostizierung von Tumoren entwickelt.

Die Idee der genetischen Untersuchung der Könige aus dem Ar-padenhaus wurde von Dr. Miklós Kásler auf der 2012 in Szeged ab-gehaltenen Ärztekonferenz nach dem Vortrag von Herrn Professor Dr. István Raskó über die genetische Untersuchung von aus ungari-schen Gräbern entnommenen Knochen aufgeworfen. Wir dachten damals, diese Idee könnte aus folgenden Gründen auch im Landes-institut für Onkologie ausgeführt werden: (a) Die für die genetische Untersuchungen benötigten Mittel standen hier bereits zur Verfü-gung. (b) Die aus den Knochen isolierte DNA war offensichtlich zersplittert, doch hatten wir im Zentrum für Tumorpathologie des Landesinstituts für Onkologie bereits umfangreiche Erfahrungen mit molekulargenetischen Untersuchungen von in Formalin fixier-ten und in Paraffin eingebettefixier-ten, aus Gewebeproben isolierfixier-ten und ebenfalls zersplitterten DNA gemacht. (c) Wir waren (im Interesse einer erfolgreichen Krankenversorgung) bereits an schwierige Dia-gnoseprobleme und deren möglichst eindeutige Lösung gewöhnt, auch wenn uns anfangs nicht alle erforderlichen Informationen zur Verfügung standen. In solchen Fällen kehrten wir später zu dem

Problem zurück, wenn es uns gelungen war, neue klinische Infor-mationen zu bekommen bzw. Vorrecherchen in der Fachliteratur zu betreiben, oder wir suchten neue Verfahren und führten sie ein.

Diese Praxis führte oftmals zu eindeutigen und brauchbaren Diag-nosen. Bei unserer vorliegenden Arbeit erwies sich diese Fähigkeit als sehr nützlich.

Die Voraussetzung für die geplanten Untersuchungen war die neuerliche Öffnung der in der Matthiaskirche gehüteten Sarkophage.

Hier werden nämlich in der im Erdgeschoss der Kirche ausgebauten Kapelle die Gebeine von König Béla III. und Anna von Antiochia aufbewahrt. Mit Hilfe der aus den Knochen des Königspaares gewon-nenen genetischen Proben konnte man jetzt auch die Identifikation all der Skelette vornehmen, die in den Sarkophagen der Unterkir-che aufbewahrt wurden und die vermutlich königliUnterkir-che oder in einer königlichen Beziehung stehende Personen sein konnten. Von dem Aspekt, dass sie eventuell aus dem Arpadenhaus stammen, war es wichtig, dass alle Skelette aus der Marienbasilika von Székesfehérvár in die Matthiaskirche gebracht worden waren. Der Forschungsleiter Dr. Miklós Kásler konnte zur Öffnung der Sarkophage die Erlaub-nis von Kardinal Péter Erdő, Erzbischof von Esztergom-Budapest und Primas von Ungarn, einholen und die Deckung der Kosten der deutschen Untersuchungen mit einer einmaligen Beihilfe durch die Regierung sicherstellen.

Bei der Öffnung der Sarkophage in 2014 und der Probenahme von den Skeletten wurden zahlreiche Fotos und Videoaufnahmen sowie Computertomographiebilder (CT-Aufnahmen) gemacht und bei den Untersuchungen mehrere genetische, mathematische und spezielle morphologische Methoden angewendet. Die erhaltenen

ge-netischen Daten brachten wir in Einklang mit historischen, archäo-logischen, anthropologischen und Radiokarbondatierungsdaten. Die logische Aneinanderreihung der zu den einzelnen Teilergebnissen gehörenden Beweise, die Klärung der Zusammenhänge und deren Formulierung in einer verständlichen Sprache sowie die Veröffent-lichung einer großen Zahl von Bilddokumenten zur Untermauerung dessen ist – abgesehen von den in der Zwischenzeit eingereichten Publikationen – nur in Buchform möglich. Wir sind uns im Klaren darüber, dass andere die zur Verfügung stehenden Daten vielleicht in einem anderen Zusammenhang auslegen würden, wir blieben je-doch auf dem Boden der wissenschaftlichen Methoden und Ethik.

Obwohl wir uns bemühten, möglichst klar zu formulieren, können doch die speziellen genetischen und vielen anderen Daten die Ver-ständlichkeit erschweren. Deshalb versuchten wir, mit dem beige-legten Glossar sowie mit einer zusammenfassenden Bewertung am Ende jedes Kapitels dazu eine Hilfe zu geben.

Nachdem wir all das vorausgeschickt haben, können wir dieses Buch mit gutem Gewissen all denen empfehlen, die sich für die be-deutendste Epoche der ungarischen Geschichte interessieren, die mehr über unsere namhaftesten Könige erfahren möchten bzw. die den nunmehr identifizierten Überresten in einem himmlischen Pan-theon und später hier auf Erden, an einem Ort, an dem die Geschich-te ihre ewige Ruhe gestört hat, die Ehre erweisen wollen. Wir emp-fehlen dieses Buch auch all jenen, die einen Einblick in eine Art der Anwendung der modernen Genetik bekommen möchten.

Budapest, August 2019

Miklós Kásler und Zoltán Szentirmay

AN DEN

UNTERSUCHUNGEN