• Nem Talált Eredményt

sation (Kohärenz) auf, als daß man sie in dem gleichen Kaße formalisieren könnte wie Sätze.

3.6. Aus 3.5. folgt die Bequemlichkeitshypothese der For­

schung, und damit ist ein weiterer Beweis für die Behauptung 1.4. (die Beschränkung auf die Abhängigkeit bzw. auf die Syn­

tax ist ein notwendiges Kittel der Sprachbeschreibung) er­

bracht. Bequemlichkeit ist kein pejorativer Begriff, sondern eine conditio sine qua non methodologischer Feinheit (dazu sinngemäß Gauger 1976, S. 161).

3.7. Obwohl die Einbeziehung des Textes in die linguisti­

sche Forschung a) ins Uferlose führen und b) die methodolo­

gisch notwendige Grenze zwischen Linguistik einerseits und Kommunikationsforschung bzw. Informationstheorie andererseits verwischen kann, darf der Linguist nicht außer acht lassen, daß das Phänomen Sprache, d.h. ein historisch entstandenes Ge­

bilde, das zu keiner anderen sozialen und psychischen Er­

scheinung ein symmetrisches Verhältnis aufweist, nur unter Berücksichtigung sehr vieler und sehr heterogener, in ihrer Gesamtheit eklektisch anmutender Gesichtspunkte und Methoden (vgl. 2.6.) zu beschreiben ist (vgl. Danes/Viehweger (Hrsg.) 1976; Weinrich 1976; DaneS 1982, S. 132 ff.; u.v.a.m.).

3.8. Dies bezieht sich auch auf die Valenz-Forschung.

Das Problem besteht darin,

a) wie weit die Valenz-Forschung gehen kann, oh sich die Be­

hauptung, daß es eine Satzgrammatik und eine textbezogene Grammatik gibt (vgl. Isenberg 1974, S. 5 ff., 43 ff.), auch unter dem Blickwinkel der Valenz vertreten laßt;

b) wie weit sich die Bequemlichkeitshypothese mit der Ganz- heitlichkeit der Beschreibung bzw. mit der Repräsentati­

vität des Materials vereinen läßt.

3.9. Die Ausarbeitung einer auch nur einigermaßen zuver­

lässigen Methode zur Feststellung dessen, in welchem Grade der Satz und in welchem der Text für eine Valenzanalyse re­

präsentativ ist, wird u.a. dadurch erschwert, daß sprachli­

che Produkte in unterschiedlichen TextSorten unterschiedli­

che signifikante Textmerkmale haben, ja daß selbst in gleichen Textsorten die Signifikanz unterschiedlich sein kann. Allein die Intuition sagt z.B., daß in mündlichen Dialogen die Valenz weniger gut aufgrund von Einzelsätzen beobachtet werden kann als in schriftlichen Beschreibungen

(Nikula 1978, S. 17 ff.; Helbig 1982, S. 73; u.v.a.m.; da­

gegen die überzeugenden Analysen bei Schwitalla). Da es prinzipiell keinen sprachliche^ "Durchschnitt" geben kann, der für "die Sprache" repräsentativ wäre, ist jedes pauschale Urteil ab ovo falsch.

3.1o. Es gilt also, ein Verfahren zu finden,

3.10.1. mithilfe dessen den unterschiedlichen Textsorten Rechnung getragen wird;

3.10.2. das innerhalb ein und derselben Textsorte Valenz­

unterschiede zu berücksichtigen imstande ist;

3.10.3. das Verallgemeinerungen mit einer gerade noch er­

träglichen Großzügigkeit zuläßt, das es ermöglicht, den kognitiven wert der Valenz herauszustellen, ohne allzu große Restriktionen anwenden zu müssen.

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4. Valenz und Lexikographie

4.1. Wenn das Ziel wissenschaftlicher Forschung unbe­

kannt oder verschwommen ist (2.1.) und Lexikographie wissen­

schaftliche Arbeit ist, so entsteht ein Widerspruch; denn weder das Ziel noch die Methode des Lexikographen sind un­

bekannt oder verschwommen. Der Widerspruch wird auch dadurch nicht aufgehoben, daß man einen Unterschied zwischen

"rainer" und "angewandter" Wissenschaft macht, da beim heutigen Stand der Arbeitsteilung die Linguistik nur noch selten so eingeteilt werden kann und die Lexikographie so­

wohl aus der "reinen" Linguistik schöpft als auch sie be­

reichert.

4.2. Die Lexikographie hat ihre souveränen Ziele und Methoden. Durch diese wird vieles von dem explizit, was die

"reine" Linguistik benötigt.

4.3. Von den Schwierigkeiten der Bestimmung eines ange­

messenen Verhältnisses zwischen Ziel und Methode gilt für die Lexikographie insbesondere 2.6.1. (Vermischung von na­

türlicher Sprache und Metasprache) und 2.6.2. (die Sprache allein dient so gut wie nie der Kommunikation).

4.4. Die Lexikographie hat zudem eine zusätzliche spezi­

fische Schwierigkeit: Da der Umfang von Wörterbüchern not­

wendigerweise beschränkt ist, um überhaupt einen Gebrauch zu ermöglichen, ist auch der Umfang ihrer Beispiele beschränkt.

3s ist aber eben eine der Funktionen der Beispiele, die Kompatibilitäten und die Distribution des Lemmas so zu ver­

anschaulichen, wie es anders nicht möglich ist. Die Beispie­

le erscheinen zumeist in Form von ovntagmen und bätzen und fast nie in Form von Texten. Dies hat zwei Folgen:

4.4.1. Die Verwendung des Stichwortes wird idealisiert.

4.4.2. Das Beispiel muß so konstruiert oder ein solcher Beleg sein, daß die •erwendung hoch frequent ist und darum eine hohe Repräsentanz besitzt.

4.5. £in Valenz-Wörterbuch muß nicht nur deshalb die Beispiele auf Sätze beschränken, weil sein Umfang keine grö­

ßeren Einheiten ermöglicht, sondern auch deshalb, weil der

gegebene Stand der Forschung die Einbeziehung des Textes nicht gestattet (dagegen aber schon Projektgruppe Verbvalenz 1981, S. 43, 55 etc.). Wenn der Valenz-Lexikograph die Ambiguitäten erkennt (vgl. aber 5.2.), so kann er sie mit folgenden Verfahren aufdecken, bewußt machen und so zum effektiveren Gebrauch des Wörterbuchs beitragen:

4.5.1. Er gebraucht Symbole für die Kennzeichnung der semantischen Möglichkeiten der Lexeme in der Distribution des Verbs.

4.5.2. Er unterteilt das Verb in eine womöglich große Zahl von Anwendungsmöglichkeiten.

4.5.3. Er "interpretiert" die einzelnen -oedeutungen bzw. Anwendungsweisen des Verbs durch seine Synonyme.

4.5.4. Er gibt in einer Einleitung Hinweise für die Be­

rücksichtigung textueller Elemente.

4.6. Diese Verfahren l Ö B e n das grundlegende Problem nicht: es wird nie möglich sein, aufgrund eines Valenz- Wörterbuchs nur grammatikalische und akzeptable (« wohlge­

formte) Sätze zu bilden, weil selbst in einer komplexen lexikographischen Erfassung die sprachliche Kreativität des uenschen prinzipiell nicht ausgeschöpft werden kann und die Segmentierung der Sprache Idealisierungen voraussetzt.

4.7. Die Erkenntnis der Grenzen eines Valenz-Wörterbuchs ist nicht gleichbedeutend mit der Einsicht seiner Überflüs­

sigkeit. Wenn auch Sprache per se nie Gegenstand der For­

schung sein kann (2.?.), ja selbst wenn die Untersuchung von Segmenten ohne Idealisierung nicht auskommt, so ist doch eben mit der Kodifizierung der Zahl und der Semantik der Er­

gänzungen, mit der Möglichkeit der Monosemierung des Verbs innerhalb des Satzes usw. die Grundlage für den weiteren Aus­

bau der Beschreibung gelegt. Insofern ist es nicht nur eine objektiv bedingte Hotwendigkeit sondern auch zweckdienlich, in der Lexikographie den Satz auch weiterhin als Grundein­

heit der Valenz zu betrachten.

4.8. Der unter 4.1. erwähnte Widerspruch erhält durch die Arbeit der Valenzwörterbücher eine besondere Aktualität;

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seine Erkenntnis trügt zu einer differenzierteren Themati- sierung der Forschung bei und hebt diese auf ein höheres Niveau.