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Die Lage der ungarischen Minderheiten.:

In document Die Revision der Friedensverträge (Pldal 71-121)

Folgende Zusammenstellung veranschaulicht die Be­

völkerungsverhältnisse der von Ungarn abgetrennten Gebiete: Südslawien mit Ausnahme Kroatiens:

Serben . gewesenem ungarischen Boden als Staatsvolk betrachtet

— obgleich sie den Tschechen gegenüber eigentlich nur als Minderheitsvolk gelten können —, den übrigen Minderheiten gegenüber bloß 47,7 Prozent der Bévölke- rung ausmachen, während die Ungarn allein einen starken Minderheitsstock von 30 Prozent bilden. Was

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die ehemals ungarischen Gebiete Südslawiens anbelangt, sind hier die als Staatsvolk geltenden Serben und Kroaten mit 30,9 Prozent in starker Minderheit und selbst den 30,2 Prozent Ungarn kaum gewachsen. Nur auf dem neurumänischen Besitz erreicht das neue Staats­

volk eine geringe Mehrheit der noch immer sehr starken ungarischen Bevölkerung (31,8 Prozent) gegenüber.

Die Abtrennung ist überall ohne Befragen der Be­

völkerung erfolgt. Ihre Ungerechtigkeit aber wird noch erhöht durch den Umstand, daß die ungarischen Minder­

heiten in den Staaten der kleinen Entente überall in unmittelbarem geographischen Zusammenhang mit dem Mutterlande stehen und nur als Ausläufer der kontakten Masse des Ungarntums, nicht aber als abgesonderte Volkssplitter eingeschätzt werden müssen.

Natürlich beziehen sich die angeführten Zahlen auf den ursprünglichen, bei der Zerstückelung des Landes vorliegenden Tatbestand. Seither hat sich das Verhältnis infolge der Austreibung ungarischer Familien und der Ansiedlung von Angehörigen des Staatsvolkes zu­

ungunsten des Ungarntums einigermaßen verschoben, doch noch immer nicht in dem Ausmaß, daß der ursprüngliche Charakter der ehemals ungarischen Ge­

biete von Grund auf umgestaltet worden wäre.

In religiöser Hinsicht ist die Lage ebenso verworren.

Diesbezüglich sollen auch die Zahlen sprechen:

Tschechoslowakei :

K a t h o li s c h ... 2 112 000

603 000 618 000 232 000 3 000 Griechisch-Katholisch

Protestanten . . ...

Israeliten . . . . Andere . . . . .

Südslawien:

Griechisch-Orthodox... 461 000 K a t h o li s c h ... 845 000 Protestanten... 172 000 Is ra e lite n ... 23 000 A n d ere... 17 000

Rumänien:

Griechisch-Orthodox... 1 809 000 Griechisch-Katholisch . . . . 1 226000 Römisch-Katholisch... 990 000 Protestanten... 1320 000 Is ra e lite n ... 178 000 A n d ere... 5 000 In der der römisch-katholischen Kirche feindlich gegenüberstehenden tschechischen Republik sind die Katholiken und Protestanten in den ehemals ungari­

schen Gebieten fast gleichmäßig auf die Slowaken, die Deutschen und Ungarn verteilt, während die Ruthenen durchweg der griechisch-katholischen Kirche angehören.

Die Römisch-Katholiken umfassen 59,2 Prozent, die Pro­

testanten 17,3 Prozent und die Griechisch-Katholiken 16,9 Prozent der Bevölkerung.

In Rumänien fallen nur 34,5 Prozent der Bevölke­

rung der ehemals ungarischen Gebiete auf die Staats­

religion, während die beiden katholischen Konfessionen 42,3 Prozent, die protestantischen Konfessionen 19,6 Pro­

zent betragen und so der Staatsreligion zusammen weit überlegen sind. Die Orthodoxie und der griechische Katholizismus sind ausschließlich unter den Rumänen verbreitet, während sich die Römisch-Katholischen und die Protestanten aus Ungarn und Deutschen zusammen­

setzen.

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Noch krasser sticht dies in Südslawien in die Augen, wo die griechisch-orthodoxe Staatsreligion nicht einmal die relative Mehrheit in den von Ungarn abgetrennten Gebieten auf weisen kann, da hier die serbische Ortho­

doxie bloß mit 30,4 Prozent dem auf Ungarn, Deutsche und Kroaten verteilten Katholizismus (56,6 Prozent) gegenüber vertreten ist.

Die Friedensverträge haben diesen verschiedenen Minderheiten gewisse Rechte zugesichert, die die neuen Staatsvölker jedoch in den seltensten Fällen respek­

tieren. Um nachträglich ihre Ansprüche auf die neu­

erworbenen Gebiete rechtfertigen zu können, sind feie ge­

zwungen, ihren Minderheiten gegenüber eine I weit­

gehende Ünterdrückungs- und Entnationalisierungs­

politik zu befolgen. Die Entnationalisierungspolitik der neuen Staaten äußert sich in dreifacher Beziehung: in der Nichtachtung der politischen, der kulturellen und der persönlichen Rechte der Minderheitsbevölkerung.

I. Politische Entrechtung.

In der tschechoslowakischen Republik sind die politischen Rechte der einzelnen gesetzlich geschützt, so daß dort auch die Minderheiten sich politisch organi­

sieren können. Weder das aktive noch das passive Wahl­

recht ist ihnen Vorbehalten, und so könnte auf diese Weise die Entrechtungspolitik nicht durchgeführt wer­

den. Die politische Schwächung der Minderheitsbevölke­

rung erfolgt daher auf Grund eines mit den Minderheits­

verträgen in direktem Widerspruch stehenden neuen Ge­

setzes, das die tschechische Staatsbürgerschaft an die Gemeindezuständigkeit, die Erwerbung der Gemeinde­

zuständigkeit aber an eine schriftliche Aufnahmebestäti­

gung knüpft. Da die wenigsten Ungarn schriftliche Unterlagen für ihre im alten Ungarn automatisch er­

worbene Gemeindezuständigkeit beibringen können, wer­

den sie massenweise ihrer politischen Rechte beraubt und oft auch des Landes verwiesen.

In Rumänien besitzen die Minderheiten ebenfalls politische Rechte, die aber eher nur auf dem Papier stehen, weil die als Staatsbürger zweiter Klasse qualifi­

zierten Ungarn in der Ausübung ihrer Rechte durch die Einschränkung der persönlichen Freiheit verhindert werden.

In Jugoslawien standen der ungarischen Minderheit anfangs überhaupt keine politischen Rechte zu. Mit der Zeit wurden die Ungarn den Buchstaben nach der Seg­

nungen der „neuen demokratischen Freiheit“ ebenfalls teilhaftig, doch wußte man durch administrative Maß­

nahmen es noch immer zu verhindern, daß das jugo­

slawische Ungarntum sich seiner politischen Rechte hätte bedienen können.

II. Persönliche Entrechtung.

Die zielbewußte Entnationalisierungspolitik der Staaten der kleinen Entente äußert sich in unmittelbarer Auswirkung auf die persönlichen Yerhältnisse der An­

gehörigen der Minderheitsbevölkerung

a) in den noch immer üblichen Ausweisungen,

b) in den Verfügungen der Agrarreform, die überall minderheitsfeindliche Ziele verfolgt,

c) in der den Angehörigen des Staatsvolkes gegenüber unvei’hältnismäßig schwereg Steuerbelastung, d) in der Nichtzulassung zu staatlichen Aemtern und

der absichtlichen Hemmung der Minderheitswirt­

schaft und

e) in den mannigfachsten Formen der Einschränkung der persönlichen Freiheit.

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III. Kulturelle Entrechtung.

a) Schulwesen. In der Tschechoslowakei herrscht das Prinzip des staatlichen Unterrichts vor. Die kon­

fessionellen Schulen sind zwar zugelassen, doch müssen sie sich selbst erhalten. Die Minderheitsbevölkerung ist den Lasten der Schulerhaltung nicht gewachsen, und so gehen die Schulen nacheinander in den Besitz des Staates übei-. Die Verstaatlichung ist aber gleichbedeutend mit Entnationalisierung, da auch dort, wo der Minderheits­

unterricht bestehen bleibt, tschechische Parallelklassen errichtet werden, die dem Minderheitsunterricht starken Abbruch tun.

In Südslawien wurde das Prinzip des staatlichen Unterrichtes auf der ganzen Linie verwirklicht und der konfessionelle Unterricht vollständig vernichtet. Für die Minderheiten wurde in einer beschränkten Anzahl von Schulen ein stark mit dem Serbischen vermischter Unter­

richt in der Muttersprache bewilligt, doch wurde der höhere Unterricht in der Muttersprache unmöglich.

In Rumänien wurden sämtliche vom ungarischen Staat erhaltenen Schulanstalten in staatlichen Besitz übernommen und rumänisiert. Die konfessionellen Minderheitsschulen blieben dem Prinzip nach als Privat­

schulen bestehen, doch wurde eine ganze Reihe von ihnen gesperrt, in den zahlreichen katholischen Ordensschulen wurde das Rumänische als Unterrichtssprache ein­

geführt, und nur eine beschränkte Zahl konnte natürlich mit stark gemischtem sprachlichem Unterricht eine ge­

wisse Selbständigkeit bewahren, die aber rein illusorisch ist, weil diesen Schulen das Recht zur Ausstellung von Abgangszeugnissen entzogen wurde, was gleichbedeutend mit der Entziehung der Oeffentlichkeit ist.

h) Minderheitskultur. In allen drei Staaten der Kleinen Entente ist die Einführung von ungarischen Zeitungen und ungarischen Büchern zum Teil verboten, zum Teil einer strengen Zensur unterworfen. Die kul­

turelle Verbindung der ungarischen Minderheiten mit dem Mutterlande ist vollständig unterbunden.

c) Kirchengüter. Die Besitztümer der Minderheits­

kirchen wurden aus Anlaß der Agrarreform auf der ganzen Linie enteignet. Dadurch wurde den Kon­

fessionen die Möglichkeit zur Erhaltung ihrer eigenen Schulanstalten und zur Wahrung ihres ursprünglichen Kulturbesitzes genommen.

Ein trauriges Bild, das sich aus dieser flüchtigen Zusammenstellung ergibt. Die Friedensdiktate haben an Stelle des einstigen Oesterreichisch-Ungarischen Natio­

nalitätenstaates eine ganze Reihe von kleinen neuen Nationalitätenstaaten geschaffen, die eine einseitige aggressive Minderheitspolitik befolgen und durch ihren ungezügelten Chauvinismus eine ständige Beunruhigung für Ost- und Mitteleuropa bedeuten.

So sehen wir nun die Wirkungen des Tria­

nonéi' Friedensvertrages. Die Abtrennungen des größten Teiles vom ungarischen Staatskörper sind veder rechtlich, noch historisch, noch geographisch oder ethnographisch, noch auch wirtschaftlich ge­

rechtfertigt. Ungarn ist eine natürliche geographische und historische Gestaltung, die alle Stürme eines Jahrtausends siegreich Überstunden hat. Die Inte­

grität dieses Staatskörpers ist eine Bedingung des all­

gemeinen Friedens und ein eminentes Interesse der euro­

päischen Politik. Kein einsichtiger Staatsmann kann sich der absoluten Notwendigkeit der Erhaltung dieser Integrität verschließen. Das gilt von jedem Gesichts­

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punkte, von dem der Strategie so gut wie vom wirt­

schaftlichen Gesichtspunkte.

Für die ehrliche Lösung der ungarländischen Natio­

nalitätenfrage bietet die erste und auch einzige Grund­

lage der Geist der uralten ungarischen Verfassung, die auch unter den Anforderungen der neuen Zeit nicht zu­

sammenbrechen wird. Ihre Kraft liegt in der Gerechtig­

keit!

Bulgarische Minderheiten.

Die folgenden Hauptgruppen von bulgarischen Minderheiten sind zu unterscheiden:

I. Die bulgarischen Minderheiten im SHS.-Staate:

a) in Serbisch-Mazedonien;

b) in den auf Grund des Friedensvertrages von Neuilly an Serbien abgetretenen altbulgari­

schen Gebieten (in den Bezirken Tzaribrod, Bossilegrad).

II. Die bulgarischen Minderheiten in Griechenland:

a) in Griechisch-Mazedonien;

b) in Griechsich-Thrazien.

III. Die bulgarischen Minderheiten in Rumänien:

in Nord- und Siiddobrudscha.

IV. Die bulgarischen Minderheiten in der Türkei.

Während es sich bei der letzten Gruppe um eine völlige Wiederherstellung der früher von der Türkei an­

erkannten, nach dem Friedensvertrag von Lausanne ge­

wissermaßen beschränkten oder aufgehobenen Rechte der in der Türkei lebenden Bulgaren handelt, eine Wieder­

herstellung, die man auf Grund freundschaftlicher Aus­

gleiche und Vereinbarungen zwischen der türkischen und der bulgarischen Regierung zu regeln hofft, ist es bei der Gruppe I I I so, daß sich die bulgarische Bevölke­

rung in Rumänien, welcher an sich rein juristisch ein ge­

wisses Maß von Rechten zugestanden worden ist, de facto eine Denationalisierungs-, Kolonisierungs-, Enteig- nungs- und Agrarpolitik sowie eine systematische Unter­

drückung gefallen lassen muß.

Die Bulgaren in den beiden Teilen Dobrudschas (Nord und Süd) bilden die kompakte Masse der Bevölke­

rung. Was den nördlichen Teil Dobrudschas anbetrifft.

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der durch die Bestimmungen des Berliner Vertrages 1878 an Rumänien als Tausch für die Abtretung Bessarahiens an Rußland zugeteilt worden ist, so führen wir eine, wenn auch alte Statistik an, welche lediglich das Ver­

hältnis der Nationalitäten uns aufzuzeigen vermag.

Die Bevölkerung von Norcldobrudscha im Jahre 1877 (nach Teploff, Documents pour une statistique de la Bulgarie, la Thrace et la Macedoine — St. Petersburg

1877, S. 204—205):

T ü rk e n ... 2 2 900 B u lg a re n ...5 1 1 0 0 R u m än e n ... 28 500 G rie c h e n ... 3 250 T a r t a r e n ... 43 300 D e u ts c h e ... 1700 Is ra e lite n ... 2 900 A rm e n ie r... 800 Z ig e u n e r ... 650 Tscherkessen... 6 600 Selbstverständlich entsprechen diese Zahlen den heu­

tigen Verhältnissen nicht, da sich die Bevölkerung mehr als verdoppelt hat und da in der Zwischenzeit große Ver­

schiebungen stattgefunden haben (so Auswanderungen zumal der Türken; Zustrom von rumänischen Kolo­

nisten).

Was den südlichen Teil Dobrudschas betrifft, der durch den Friedensvertrag von Bukarest 1913 sowie durch den Friedensvertrag von Neuilly 1919 wiederum an Rumänien zugeteilt wurde, so ist dort die Bevölkerung nicht von derselben Buntheit wie in der Norddobrudscha.

Das bulgarische Element in Siiddobrudscha ist das meist - und schwerwiegende. Hierüber statistische Daten anzu­

führen, wäre überflüssig, weil, wie bereits erwähnt, bei der Frage der bulgarischen Minderheiten in Rumänien es sich nicht um eine Frage der prinzipiellen An­

erkennung der Minderheiten handelt, sondern um die faktische Garantierung der Rechte derselben.

Was dagegen die beiden ersten Gruppen betrifft, so ist folgendes zu unterscheiden und zu bemerken:

Sowohl in bezug auf Griechenland als auch auf Jugo­

slawien existiert eine grundsätzliche Frage — denn in den beiden Staaten sind die bulgarischen Minoritäten überhaupt nicht als solche anerkannt. Der Standpunkt der griechischen Regierung (nach einem diesbezüglich sehr bemerkenswerten Schwanken, welches in der ur­

sprünglichen Annahme und der späteren Verwerfung eines unter dem Protektorat des Völkerbundes im Jahre 1924 zwischen der griechischen und bulgarischen Regie­

rung vereinbarten Protokolls zum Schutze der Minori­

täten seinen Ausdruck findet) ist der, daß die mazedoni­

schen und thrazischen Bulgaren „slawophone“ oder „bul- garophone“ Griechen seien und aus diesem einfachen Grunde sich keiner besonderen Stellung erfreuen sollen, daß es folglich vielmehr eine Aufgabe der griechischen mütterlichen Herrschaft sei, sie zur griechischen Mutter­

sprache und -nation zurückzuführen. Aus diesem Grunde sind ja in Griechenland sämtliche Rechte (kirchliche Rechte, Schulrechte, Autonomien, nationale kulturelle Einrichtungen), die die mazedonischen und thrazischen Bulgaren unter türkischer und bulgarischer Herrschaft besaßen, aufgehoben worden. Unter diesen Voraus­

setzungen hat sich insbesondere in den letzten Jahren ein besonderes Flüchtlingswesen ausgebildet, das zumal durch einen eigenartigen Gebrauch der „vertrags­

mäßigen“ sog. „Austauschbefugnis“, betreffend den Um­

tausch der Bevölkerungen, noch tiefer gefördert wird.

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Ein fast ganz rechtloses Regime, dessen Erscheinungen Unterdrückung, Denationalisierung, Ausweisung, Ver­

treibung aus den heimatlichen Herden u. dgl. sind.

Aehnlich und noch krasser ist die Lage der bulgari­

schen Minderheiten im SHS.-Staate gestaltet. Unter der Parole des „Südslawentums“ leugnet die SHS.-Regierung ein jegliches Vorhandensein in den mazedonischen wie auch in den neu- oder alterworbenen altbulgarischen Ge­

bieten ab. Diesem gestrengen Standpunkte konsequent, betreibt die serbische Regierung die radikale Denationali- sierungs- und Gewaltpolitik gegenüber den bulgarischen Bevölkerungsschichten. Gerade hier sind die Ausweisun­

gen, Vertreibungen am Platze, welche mit einem be­

sonderen chauvinistischen Uebereifer, zumal gegenüber den aufgeklärten, der allgemein betriebenen „Ver- serbung“ schwer nachgebenden Elementen vorgenommen werden. Hierin muß man auch die tieferen Ursachen für das Wiederaufleben der inneren mazedonischen revolutionären Bewegung suchen, eint* Bewegung, welche in objektiver Ermangelung von rechtlichen Mitteln zur Erlangung der elementarsten nationalen, religiösen und kulturellen Rechte, die Fahne der politischen Un­

abhängigkeit Mazedoniens erhebend, der Rechtlosigkeit und den chauvinistisch inspirierten serbischen Gewalt­

methoden mit den Waffen zu begegnen sucht.

Den Kern des bulgarischen Minderheitenproblems bildet somit die sogenannte mazedonisch - thrazische Frage. Nach folgenden Statistiken für Mazedonien in seinen geographischen Grenzen (der alten türkischen administrativen Einteilung nach in 53 Distrikten) beläuft sich seine Bevölkerung:

Nach einer tschechisclen Statistik (s. Vladimir Sis, Mazedonien, Zürich 1918):

Für das Jahr 1912:

Bulgaren (Christen und Mohammedaner) 1 047 012 G r ie c h e n ... 520 845 A lb an eser... 184 000 W alac h en ... 67 865 Z ig e u n e r ... 43100 Verschiedene (Tscherkessen usw.) . . . 106 360

Für das Jahr 1917:

B u lg a r e n ... 996 890 T ü r k e n ... 480 000 Griechen . . .. ... 333 360 A lb an eser... 130 000 W alac h en ... 58 000 Z ig e u n e r ... 43 370 Verschiedene... 106 360

Nach einer amerikanischen Statistik von 1917 (siehe L. Dominian, The frontiers of language and nationalitv in Europe. Published for the American Geographical Society of New York 1917) verteilen sich die christlichen Bewohner von Mazedonien in vier Gruppen — je nach ihrer Muttersprache:

Bulgaren . . 1 172136 oder 81,5 % \ von der Griechen . . 190 047 „ 13,22 % ( christ-Walachen . . 63 895 „ 4,44% ? liehen Be-Albaneser . . 12 006 „ 0,84%) völkerung.

Nach einer bulgarischen Statistik für das Jahr 1912 (s. La Question macédonienne par J. Ivanoff Parts 1920) beläuft sich die Bevölkerung in ganz Mazedonien (in 53 Distrikten) wie folgt:

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B u l g a r e n ... , ...1 103111 T ü r k e n ... 548 225 G r i e c h e n ... 267 862 W a la c h e n ... 79 4Ö1 A lb a n ese r... 194195 Z ig e u n e r ... 43 370 Verschiedene... 106 360

2 342 524 Nach der durch den Friedensvertrag von Neuilly geschaffenen Lage sind von den alten 53 25 Distrikte bei Griechenland, 23 bei Serbien und 5 Distrikte mit einer Bevölkerung von nur 214 770 bei Bulgarien ver­

blieben.

Nach einer Statistik für das Jahr 1906 war die Zahl der Kirchen, Kapellen und Klöster in Mazedonien folgen­

derweise verteilt:

Fxarchistische (bulgarische) Kirchen und Kapellen 1232 K lö s te r ... 51

Patriarchistische Kirchen und Kapellen . . . . 569 K lö s te r... 40

Serbische Kirchen und K ap ellen ... 68

K lö s te r ... 9 Allgemeine Kirchen und K a p e lle n ... 44

K lö s te r ... 1 Gemischte Kirchen und K apellen... 31

K lö s te r ... — Im ganzen: Kirchen und Kapellen 1944 K lö s te r ...101 Während die Exarchisten ausschließlich Bulgaren (Schismatiker) sind, ist der Begriff der Patriarchisten viel weiter, weil er auch sehr viele Bulgaren umfaßt. Je nach der kirchlichen Verschiedenheit kann man die

Christen in Mazedonien folgenderweise verteilen — nach der Statistik des Richard v. Mach: Der Machtbereich des bulgarischen Exarchats, Leipzig-Neuchatel 1906, S. 80 bis 81 -— in den damaligen 15 Diözesen:

Exarchisten:

B ulgaren... 817 000 W a l a c h e n ... . 2 382 A lb a n e s e r ... 2 718 Z igeuner... 936 Im ganzen 823 036 Patriarchisten:

Bulgaren, griechische Partei . . 261036 Bulgaren, serbische Partei . . . 77 072 G riechen... 35 930 Serben... — W a l a c h e n ... 53 736 Z igeuner... 7 614 A lb a n e s e r ... 3 318 Gagausen... 3 048 Im ganzen 441 754 Katholische Bulgaren . . . . 2 816 Protestantische Bulgaren . . . 2 400 Christliche im ganzen . . . . 1 320 784

Nach den Friedensverträgen von Bukarest und von Neuilly sind von den damaligen 15 Diözesen nur 2 unter bulgarische Herrschaft gekommen. Das ganze exarchis- tische Kirchwesen wurde von den Friedensverträgen von Bukarest und Neuilly vernichtet — die meisten exar- chistischen Geistlichen vertrieben, die Kirchen griechi- siert oder serbisiert. Damit wurde aber auch das Schiü- wesen auf das tiefste berührt.

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Die Zahl der mazedonisch-bulgarischen in ganz Mazedonien (in den 14 Diözesen, in die das exarchistische Mazedonien vor dem Balkankrieg geteilt war) die folgende (s. Vladimir Sis op. cit. S. 90 ff.):

In ganz Mazedonien.

Für das Jahr Schulen Lehrer Schüler

1886—1887 353 516 18 315

1891—1892 473 734 21070

1896—1897 696 1081 37 917

1899—1900 781 1221 39 973

1901—1902 859 1359 45 112

1911—1912 1141 1776 63 869

Dagegen hatten die Griechen in Mazedonien:

Im Jahre Schulen Lehrer Schüler

1903—1904 538 994 35 610

1911—1912 590 1230 39 910

Die Serben hatten in Mazedonien:

Im Jahre Schulen Lehrer Schüler

1903—1904 135 265 3 612

1911—1912 141 283 3 305

Dabei muß man nicht außer Betracht lassen, daß sehr viele von den bulgarischen (patriarchistischen) Schulkindern in griechischen Schulen instruiert wurden.

Von den im ganzen 1919 Städten und Dörfern in Mazedonien, die mit Bulgaren verwandt sind, sind im Jahre 1913 unter serbische Herrschaft 1180 mit 507 Schulen, unter griechische Herrschaft 422 mit 331 Schulen, unter bulgarische Herrschaft 300 gekommen;

jedoch sind nach dem Friedensvertrag von Neuilly noch eine Reihe bulgarischer Städte und Dörfer (Strumitza- Distrikt) unter serbische Herrschaft gefallen.

Das mazedonisch-bulgarische Schulwesen wurde im Jahre 1913 und wiederholt im Jahre 1919 durch den Friedensvertrag von Neuilly vollständig vernichtet.

Thrazien in seinen geographischen Grenzen faßte nach der alten türkischen administrativen Einteilung 31 Distrikte um, deren Bevölkerung bis zum Balkan­

kriege 1912 je nach der Sprache so verteilt war:

Türken... 382 028 Bulgaren, Christen und Mohammedaner . 410 724 Griechen Die christliche Bevölkerung Thraziens war in kirch­

licher Beziehung — in 12 Diözesen — folgendermaßen

Bulgarische Katholiken . . . . 2 682 Christliche im g anzen... 492 432

Bis zum Friedensvertrage von Neuilly — 1919 — standen unter bulgarischer Herrschaft 14 Distrikte vom ganzen Thrazien, deren Bevölkerung mit kleinen Ab­

weichungen folgende war:

Türken... 230 112 Bulgaren, Christen und Mohammedaner . 302140 G riec h en ... 88385 W alachen... 764 Albaneser... 2 610 Israeliten ... 16 457 Z ig e u n e r... 468 A rm enier... 4 209

Nach den Bestimmungen der Friedensverträge von Neuilly und Lausanne ist auch ein großer Teil von diesen thrazischen Bulgaren unter griechische Herrschaft (mit Ausnahme eines kleinen Teiles, der unter die Türkei gekommen ist) gefallen und teilt dasselbe Schicksal wie seine mazedonischen Brüder.

Trotz jahrelanger, mühseliger Kämpfe befindet sich die Minoritätenfrage auf einem solchen Stand, welcher zu den größten und berechtigsten Klagen der unter fremder Herrschaft lebenden Bevölkerungen Anlaß gibt.

Eine strenge Denationalisierungspolitik wird von den meisten Siegerstaaten geführt, welche sich nach zwei Richtungen hin kundtut. Entweder wird die Tat­

sache der Existenz von Minoritäten überhaupt nicht anerkannt und geleugnet, oder aber es wird, trotzdem dies zugegeben wird, eine offene und geheime Politik der

Unterdrückung, der Beeinträchtigung jeglichen kultu­

rellen, geistigen, wirtschaftlichen, ja auch religiösen Lebens der Minoritäten betrieben.

Als Folge dieser Politik hat sich ein besonderes Flüchtlingswesen in allen durch die Verträge belasteten Ländern entwickelt. Noch sind in der Erinnerung frisch die massenhaften Ausweisungen der deutschen Bevölke­

rung aus Elsaß-Lothringen, vom Rhein, von der Saar und Ruhr, aus Posen und Westpreußen. Noch ist ganz Ungarn voll von Flüchtlingen, deren Leben unter den Fremdherrschaften unmöglich gemacht worden ist. Noch strömen tagtäglich nach Bulgarien Tausende und Aber­

tausende von Flüchtlingen aus den in revolutionären Flammen glühenden Griechisch-Mazedonien und Thra­

zien und aus Serhisch-Mazedonien und der Dohrudscha.

Alle diese Flüchtlinge werden aber wegen der großen, allzu großen Not der Mutter Staaten selbst dem eigenen Schicksal und der Misere überantwortet, um nach den verzweifeltesten Versuchen ein wirtschaftliches Unterkommen zu finden, das Kontingent einer radikalen Bewegung zu bilden, wie dies uns die fürchterlichen E r­

eignisse in Bulgarien zeigten.

Die Auswirkungen der Friedensverträge.

Die Auswirkungen der Friedens ver träge zeigen sich nicht bloß in den großen und gefährlichen sozialen,

Die Auswirkungen der Friedens ver träge zeigen sich nicht bloß in den großen und gefährlichen sozialen,

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